Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Auf dem Meere.

            Aufs Meer bin ich gefahren
Im Kahne ganz allein
Begeisterung im Herzen,
Im Korb die Flasche Wein.

Aufs Meer bin ich gefahren,
Zu leeren die Flasche rein!
Sieht man so vieles Wasser,
Schmeckt doppelt süß der Wein.

Den vollen blinkenden Becher
Empor hebt meine Hand:
Hoch, all ihr fernen Lieben!
Hoch, deutsches Vaterland!

Hinaus bin ich gefahren,
Zu sehn, was bewegter wallt:
Mein Herz, wenn's denkt der Lieben,
Das Meer, wenn's in Wogen sich ballt?

Ein Zug von holden Gestalten
Der schreitet über den Plan,
Als Heiland mit dem Ölzweig
Wallt jede von ihnen heran.

Es sind viel Bilder der Lieben,
Sie sitzen zu mir herein;
Gottlob! daß es nicht die Leiber,
Sonst sänke der Nachen ein!

Aufs Meer bin ich gefahren,
Zu schwören festen Eid,
Beständig hier inmitten
Der Unbeständigkeit!

Dem Wahren, Rechten, Schönen
Zum Banner treu zu stehn!
Kann ich zu den Besten nicht klimmen,
Doch nie mit den Schlechten zu gehn!

Wo edel der Kampf, zu kämpfen,
Doch fern, wo Wahnwitz ficht!
Und Herz und Mund und Leben
Für Freiheit, Recht und Licht!

Liegt einer krank am Lager,
Der hat zum Scherzen nicht Zeit;
Trennt wen ein Brett nur vom Tode,
Der schwört nicht falschen Eid.

Aufs Meer bin ich gefahren,
Zu singen nebenbei
Ein Lied in den freien Äther,
Gleich ihm so frisch und frei!

Hat guten Klang das Liedlein,
Dann klingt es doppelt gut,
Wenn's auf den Flügeln der Lüfte
Sanft hinschwebt über die Flut.

Hat üblen Klang das Liedlein,
So hat es ja keiner belauscht,
So wird's ja verweht von den Winden
Und von den Wellen verrauscht.


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