Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Ungleicher Tausch.

                Alpensöhne, frei und bieder,
Wenn in unsre Städt' ihr wallt,
Jauchzt ihr auch das Lied hernieder,
Das aus euren Bergen hallt;

Wollt auch unsern Augen bieten,
Was auf euren Alpen blüht:
Rosen auf den grünen Hüten,
Und wohl Rosen im Gemüt.

Jetzt, da ich erklommen habe
Eurer Berge Hochgebiet,
Bring' auch ich euch würd'ge Gabe?
Kranz für Kranz, und Lied für Lied?

Blumen mag ich zwar auch bieten,
Aber frostig, steif und kalt,
Wie der Winter solche Blüten
Höhnend uns ans Fenster malt.

Kranz um Kranz auch mag ich tauschen,
Aber dürr und ohne Duft,
Knisternd wie Zypressenrauschen
An gestorbner Hoffnung Gruft.

Denn des Tals Gedanken drängen
Sich um mich hier oben auch,
Und als eis'ge Blumen hängen
Sie sich rings an Fels und Strauch.

Auf der Bank der Alpenhütte
Sitz' ich nun zur Abendrast,
In der grünen Triften Mitte,
Schönste Hirtenmaid, dein Gast.

Stolz sehn dort die Tannen nieder,
Ihr Gewand vertauschend nie!
Freiheitsdurst'ge Waffenbrüder,
Haltet Farben so wie sie!

Fällt auch eine gleich von diesen
Hier und dort der Äxte Spiel,
Ist's vom Haupt des Bergesriesen
Nur ein Haar, das ihm entfiel.

Seht den Quell Demanten stäuben
Im Gebirg', wo frei er fleußt,
Doch verdämmt nur Mühlen treiben! –
Stäub Demanten, Menschengeist!

Ha, wie fest die Sennenhütte,
Steinbeschwert, im Sturm sich hält!
Seht's, ihr Bauherrn, die zum Kitte
Eures Baues Blut ihr wählt!

Seht auch dort das Bergschloß schimmern,
Dessen Mörtel lautrer Wein!
Wollt ihr auch so dauernd zimmern,
Nehmt auch Kitt, so frisch und rein!

Horch, ein Knall! die Felsenadern
Dort am Bergwerk sprengen sie!
Pulver sprengt wohl einzle Quadern,
Doch ein Volk von Felsen nie!

Stolzen Haupts im Silberstrahle
Stehn die Riesen unbesiegt,
Während etwas Staub im Tale
Ihnen von den Sohlen fliegt!

Adler, hoch im Blau dich wiegend,
Lieblingslied im Fürstentraum,
Doppelt ihrem Stolz kaum g'nügend
Und erreicht doch einfach kaum!

Tier, flieg in die Sonnenauen,
Laß im Staub den Menschen gehn!
Doch ein Lamm in deinen Klauen!
Ha, war's also zu verstehn? –

Ferne Abendglocken singen
Frieden ins Gebirg hinein,
Und die Alpenhörner klingen
Und die Blumen nicken ein.

Glocke voll der Zauberklänge,
Menschenwort! O daß so traut
Frieden durch das Tal es sänge,
Wo die Menschheit Hütten baut!

Guten Abend, schöne Dirne,
Ei und bringst du Röslein mir?
Eine Maid mit heitrer Stirne
Ist die Freiheit auch, gleich dir!

Ach, wann wird sie Rosen pflücken
Aller Welt, so wie du mir?
Wann die Welt ins Aug' ihr blicken
Ach so gerne, wie ich dir?

Alpenblümlein rings im Moose,
Ei, was sagt denn ihr dazu?
Alpendirnlein, schön und lose,
Und was meinst denn du?


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