Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Das Weiheschwert.

        Als durch den Rhein gewallt, geritten
Die Jugend Deutschlands weihetrunken,
War, von Franzosenblei durchschnitten,
Ein Mann in Reben hingesunken.

Nun ihn umweht des Todes Odem,
Reißt aus der Scheid' er seinen Degen,
Die Spitze bohrend in den Boden,
Zu sprechen drauf Gebet und Segen.

So muß das Schwert als Kreuzbild ragen,
Drob Reben wölben die Kapelle;
Durch die durchbrochne Kuppel schlagen
Vom Himmel Sonnenlichter helle.

Ein schönes Opfer ist gefallen,
Ein Held, umrauscht von Kampfesliedern!
Als süße Opferdüfte wallen
Die Sterbeseufzer eines Biedern:

»Wie bist du schön, mein Volk, entlodert
In Hassesglut, in Kampfesmute!
Was Greifenschwäch' entäußert, fodert
Die Jugend rück mit ihrem Blute.

Nicht weil's ein Volk von andrem Namen,
Von andrer Sitt' und andrer Sprache,
Nein, weil sie uns als Dränger kamen,
Drum sucht sie heim jetzt unsre Rache.

Mein Volk, das an des Louvres Raine
Zerschlägt die Ketten, die es engen,
Es trifft, tut's Not, auch nähre Steine,
Die hart genug zum Kettensprengen.

O daß die Schlack' aus edlen Erzen
In diesem großen Brand sich trenne!
Einst diese Racheglut in Herzen
Rein als Begeistrung fort noch brenne!

Daß aus des Hasses Dorn, der modert,
Die Lieb' einst ihre Rosen triebe!
Denn wo so viel des Hasses lodert,
Muß tiefer glühn noch viel der Liebe!

O daß sich – wie im West erstanden
Ein Held in Ruhm und Haß – erhübe
Gewaltig einst in deutschen Landen
Ein Held der Ehre und der Liebe!

In dessen Herzen Taubenpaare
Der milden Volkesliebe wohnten,
In dessen Haupt die Sonnenaare
Urfürstlicher Gedanken thronten!

Mit meinem Blute, meinem Segen
Möcht' ich für ihn dies Kampfschwert feien;
Wie Rolands oder Artus' Degen
Soll es ein fester Zauber weihen.

Erhebt er's, soll die Fessel springen
Wie Glas, in Scherben fein zersplissen,
So jene edlen Schmiede bringen,
Die selbst nicht sie zu brechen wissen.

Verstummen solln im Prunkgemache
Die Worte, die zu kriechen wagen:
Der schöne Rheinstrom deutscher Sprache
Darf keine Sklavenschiffe tragen!

Zieht er das Schwert im Sonnenglanze,
Dann wirble, dran zurücke prellend,
Der Glast in dichtem Funkentanze,
Der Fürstenräte Häupter hellend!

Daß Flammenzungen sprühn in Bächen,
Daß es ein andres Pfingstfest scheine,
Und die jetzt tausend Zungen sprechen,
Fortan nur sprechen mögen eine!

Und schwingt er's wo in deutschen Landen
Von einem Berg nach den vier Winden,
Sei neu die tote Saat erstanden,
Soll neue Glut die Rebe zünden!

Und um den Berg rings soll sich scharen
Das ganze Volk zum heil'gen Bunde!
Dann wird der Herr sich offenbaren
Aus seines Abgesandten Munde.«

Dies Schwert mocht' er als Kreuz umfassen,
Als sich vom Leib die Seele trennte,
Sein Nachlaß ward es uns gelassen
Und seinem Grab zum Monumente.

Vermag des Helden Blut zu feien,
In Füll' ist dann gefeit der Degen;
Und konnten Sterbehauche weihen,
Dann birgt er kräft'gen Wundersegen.

Längst ist das Schwert versenkt, verloren,
Umrankt ist von der Reben Wucht es!
Doch wird dem Schwert sein Held geboren,
Dann holt es ihm, geht hin und sucht es!


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