Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Wandergruß.

        Dort am Bergschloß, daß ich raste,
Lädt der Blütenbaum mich ein,
Freundlich winkt der Vogt zu Gaste
Mit dem vollen Becher Wein.

Den Urahn und seine Gäste
Hat dies Kelchglas schon geletzt,
Und an ihrem Hochzeitfeste
Ahnfrau diesen Baum gesetzt.

Drum wie seinen Blütenregen
Über mich der Baum jetzt streut,
Dünkt's mich wie ein Ahnensegen
Aus der alten fernen Zeit.

Und wie ich, vom Born zu nippen,
Mit dem Glas berührt den Mund,
Ist's, als ob des Ahnherrn Lippen
Böten mir den Gruß zum Bund.

Die in weiter Welt sich mieden,
Einte dieses Glases Kreis;
Was durch Zeit und Land geschieden,
Drückt hier Lipp' an Lippen leis.

Von Geschlechten zu Geschlechten
Schlinge sich der heil'ge Bund!
Fort und fort sein Band zu flechten,
Weiht, o Glas, dich Herz und Mund!

Diesen Kuß, zu fernen Tagen,
Wenn zu Staube längst ich bin,
Sollst du auf die Lippen tragen
Einer späten Enkelin.

Für den Enkel Gruß und Segen
Will ich dir, o Baum, vertraun,
Daß du ihn als Blütenregen
Um sein Haupt magst niedertaun.


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