Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Sonntagmorgen.

        Zu dem Dome wallt die fromme Menge,
Sonntag ist's! Horch Glocken, Orgelklänge
Übers Meer hinzittern auf und nieder
Glockentöne, Orgelkläng' und Lieder.

Und ein neues Glanzmeer scheint zu liegen
Auf der Flut und tönend sich zu wiegen:
Rauschen Sonnenstrahlen klingend nieder,
Oder glänzen Orgeltön' und Lieder?

Wie so ruhig ist die ew'ge Weite!
Wie so feierlich die Ufer heute!
Von dem grünen Strand zum Meere schwingen
Blütenflocken sich mit Schmetterlingen.

Sonne ward zur Ampel heut' im Dome,
Und das Goldgewölk' zum Weihrauchstrome;
Wehnde Flaggen, Rosenfinger, deuten
Meiner Sehnsucht in die fernen Weiten!

Tauben dort, die überm Meere kreisen,
Sonst nur Bettler, die nach Nahrung reisen,
Heute doch im silbernen Gewande
Flügelpilger zum gelobten Lande!

Und es schaukelt sanft im Lilienkahne
Meine Seele auf dem Ozeane,
Liebespsalme, Friedenshymnen singend,
Myrtenzweig' und weiße Fahnen schwingend.

Wie die Gläub'gen in den Kirchengängen
Fromm mit heil'gem Weihbronn sich besprengen,
Netz' ich meine Hand im Flutenspiegel:
Stirn und Herz, empfangt der Weihe Siegel!


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