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5. Kapitel.
Von Calatafimi nach Palermo

Am 16. Mai 1860 wurde das von den Feinden geräumte Calatafimi von uns besetzt. Der größte Teil unserer Verwundeten war nach Vita gebracht worden. In Calatafimi fanden wir die feindlichen Schwerverwundeten, die von uns wie Brüder verpflegt wurden.

Empfanden etwa die in Italien herrschenden Dynastien Gewissensbisse darüber, daß sie unsere unseligen Völker wie Schäferhunde widereinander hetzten? Gewissensbisse! Wie sollten sie wohl? Ging nicht ihr Absehen gerade darauf, im eigenen persönlichen und im dynastischen Interesse die Beherrschten einander zu Feinden zu machen? Und befindet sich nicht der »Haufe aus Kot und Blut«, wie Guerrazzi Francesco Domenico Guerrazzi aus Livorno, Zeitgenosse Garibaldi's (1804–1873), patriotischer Dichter, Verfasser der wirkungsvollen vaterländischen Romane: Die Schlacht von Benevent und die Belagerung von Florenz, die das Thema der Unterdrückung Italiens durch die Fremden behandeln. das Papsttum nennt, dort in Rom, so recht im Herzen Italiens, um dieses dem Meistbietenden zu verkaufen und es für immer in der Spaltung zu erhalten? – Ermüdend und unerquicklich wäre es, die Geschichte aller jener Herrscher zu verfolgen, die heute zum Glück für unser Vaterland fast sämtlich als Bettler einherziehen oder, wenn nicht dies, noch als Verräter und Verderber der Völker sich betätigen.

Am 17. kamen wir nach Alcamo, einer ansehnlichen Stadt, wo wir mit großer Begeisterung aufgenommen wurden. In Partinico war das Volk vor Freude außer sich. Die Einwohner von Partinico, die vor der Schlacht von Calatafimi von den bourbonischen Soldaten übel behandelt worden waren, hatten sich, als die nämlichen flüchtig und aufgelöst zurückkamen, auf sie gestürzt, so viele von ihnen, wie sie vermochten, getötet und den Rest bis gegen Palermo hin verfolgt. Erbärmlicher Anblick! Wir fanden unterwegs die Leichen der bourbonischen Soldaten von den Hunden benagt. Es waren Leichen von Italienern, von gewaltsam umgebrachten Italienern, die, wären sie als freie Bürger aufgewachsen, der Sache ihres unterdrückten Landes wacker gedient hätten: statt dessen endeten sie als Frucht des von ihren nichtswürdigen Herren erzeugten Hasses ihr Leben unter den Stößen und Hieben ihrer eigenen Brüder, die mit einer Leidenschaft gegen sie wüteten, daß Hyänen darüber hätten Entsetzen empfinden können!

Von den schönen Ebenen vor Alcamo und Partinico ging der Marsch über Borgetto auf das Plateau von Renne empor, das die Conca d'Oro D. i. Goldmuschel, Name der ungemein fruchtbaren, kleinen Ebene, die Palermo südlich im Halbkreis umzieht. und die prächtige Königin der Vesper überschaut. Wenn Italien ein halbes Dutzend Städte wie Palermo besäße, so würde der Fuß des Ausländers schon seit langem nicht mehr unser Vaterland betreten, und die Regierungen der Schergen und Spione würden sicherlich entweder geradezu verfaulen oder der Teufel würde sie holen!

Renne würde eine uneinnehmbare Lage haben, wenn es nicht, während es die Straße Palermo–Partinico beherrscht, selbst von überragenden Höhen unmittelbar im Süden und Westen beherrscht würde, von Teilen der unregelmäßigen Bergzüge, die das reiche Tal der Hauptstadt umgeben. Das Plateau von Renne ist in dem Feldzug der Tausend bemerkenswert durch zwei Tage strömenden Regens, die wir dort zubringen mußten ohne genügende Ausrüstung gegen die Unbilden des Wetters. Die Leute wurden daher sehr belästigt, doch zeigte sich jene Handvoll Tapferer den Beschwerden ebenso gewachsen wie den blutigen Schlachten.


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