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12. Kapitel.
In Mittelitalien

In Mittelitalien, das damals in offener Feindschaft sich gegen seine Herren erhoben hatte, Der Großherzog von Toskana und die Herzöge von Modena und Parma waren aus ihren Staaten, sowie die päpstlichen Legaten aus der Romagna vertrieben worden, anderseits war in den Marken und Umbrien der Aufstand durch die Schweizer des Papstes blutig niedergeschlagen worden. gab sich wie von selbst das Begehren kund, die Alpenjäger bei sich zu haben. Dieses Korps genoß verdientermaßen die Achtung des Landes: bei der unabhängigen Denkart der Elemente, die es bildeten, konnte man mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit annehmen, daß die Alpenjäger nicht in bestimmter Weise an monarchische Befehle gebunden wären und es daher keine großen Anstrengungen kosten würde, um sie gegen die kleinen Tyrannen und die Priester in Bewegung zu setzen. – Montanelli und Malenchini sprachen nur von Mittelitalien, ja, sie unternahmen beide eine Reise dahin und kehrten dann zurück, um mich zu drängen und mir die Wünsche der Regierungen von Florenz, Modena und Bologna, daß ich nach Mittelitalien kommen möchte, wo das Kommando auch über die dort befindlichen Truppen in meine Hand gelegt werden würde, zu übermitteln. – Als ich Montanelli antwortete, ich würde meine Entlassung nehmen und ohne Verzug dorthin marschieren, umarmte er mich bewegt. Malenchini erschien dann mit einem Briefe Ricasoli's, Bettino Ricasoli war als Diktator an die Spitze des Großherzogtums Toskana getreten, ebenso der weiter unten erwähnte Luigi Carlo Farini Diktator der Emilia und der Romagna geworden. Alle diese Provinzen, wie auch die Herzogtümer, verlangten nach Anschluß an Piemont, das aber internationale Verwicklungen fürchtete, wenn es diesem Begehren nachgäbe. der mich nach Mittelitalien berief, um das dortige Heer »oder einen Teil davon« zu befehligen. Dieser Ausdruck begann mir klar zu machen, daß dort irgendwelche Schwierigkeiten vorlagen, aber wie ich der Sache des Volkes, insbesondere in meinem Vaterlande, niemals bedingungsweise gedient habe, so sagte ich kein Wort darüber. Übrigens sagte mir der wackere Malenchini, daß Farini, mit dem er in Modena gesprochen, und Pepoli, den er in Turin gesehen hatte, ihn versicherten, man würde mir den Befehl über alle in Mittelitalien befindlichen Truppen geben. – So erbat ich meine Entlassung und machte mich auf den Weg; über Genua ging es nach Florenz. In der toskanischen Hauptstadt begann der Zweifel, den ich hegte, bestimmte Gestalt zu gewinnen, da ich wahrnahm, daß ich es mit den nämlichen Leuten zu tun haben würde wie bei meiner ersten Ankunft in Italien. Als ich damals in Montevideo den Oberbefehl über ein Heer, das sich seit 6 Jahren heldenmütig schlug, niedergelegt hatte und mit meinen 73 armen und tapferen Gefährten in Italien gelandet war, war es mir nach mehreren Monaten des Herumziehens von Nizza nach Turin, von Turin nach Mailand, von dort nach Roverbello und dann wiederum nach Turin gelungen, endlich, kurz vor der Kapitulation von Mailand, den Befehl über einige in den Quartieren verbliebene Truppenreste mit dem Range eines Obersten zu erlangen. Dieses Kommando aber erhielt ich, als der Krieg bereits ein halsbrecherisches Ansehen angenommen hatte, und zwar eben deshalb. Ich war aus Amerika gekommen, um meinem Vaterlande zu dienen, auch als einfacher Soldat, und das weitere kümmerte mich wenig. Dagegen lag mir allerdings viel daran, zu sehen, daß Italien in ehrenvoller Weise geholfen werde und das Land nicht gewissen Verbindungen Untauglicher als Beute anheimfiele. In Rom legte mir ein Minister Campello aus niedrigem Mißtrauen, indem er mich noch dazu mit den Meinigen von der Stadt selbst fernhielt, auf, die Zahl von 500 Soldaten nicht zu überschreiten. In Piemont behandelten sie mich zu Anfang des Jahres 1859 wie eine Fahne, die man aufsteckte, um die Freiwilligen anzulocken: die Freiwilligen eilten herbei; aber soweit sie im Alter von 18–26 Jahren standen, wurden sie in die Linie aufgenommen, die zu jungen und die zu alten dagegen mir zugewiesen; dazu befahl man mir, mich nicht öffentlich zu zeigen, um, wie es hieß, nicht die Diplomatie zu erschrecken. Als ich dann aber auf dem Schlachtfelde stand, wo ich hätte etwas ausrichten können, enthielt man mir die Freiwilligen vor, die auf meinen Ruf herbeigeeilt waren.

In Florenz begriff ich ohne Schwierigkeit, daß ich es mit den nämlichen Leuten zu tun hatte: man begann mir von der Möglichkeit zu reden, daß General Fanti den Oberbefehl, mit dem sie geglaubt hatten mich zu ködern, erhalten werde. Die armseligen Schlauköpfe! Vielleicht hätte ich mich auf nichts einlassen und in das Privatleben zurückkehren sollen; aber, wie ich schon sagte, das Land war in Gefahr. Und ferner: war es meine Art, Bedingungen zu stellen, wenn es sich um eine so erhabene Sache handelte? Ich nahm also das Kommando der toskanischen Division an. Als ich in den Palazzo Vecchio einzog, jubelte das brave Volk von Florenz mir zu; aber die Regierenden, denen dieser Jubel natürlicherweise wenig behagte, ersuchten mich, das Volk zu beruhigen und dann sobald als möglich nach Modena aufzubrechen, wo sich das Hauptquartier der Division befand. – In Modena traf ich Farini; er nahm mich leidlich gut auf und unterstellte die Streitkräfte von Modena und Parma, soweit man sie zusammengebracht hatte, meinem Befehl. Farini, ein Mann von hervorragenden Geistesgaben und großer Schlauheit, fühlte sich, wie alle Regierenden von Mittelitalien, auf dem Diktatorsessel jener schönen Provinzen sehr wohl, und es behagte ihm wenig, eine populäre Persönlichkeit neben sich zu haben. Ricasoli zeigte sich mir von Anfang an aufrichtiger als Farini, er war nicht so verschmitzt wie dieser, leider aber gegen mich von gleicher Abneigung erfüllt, die ihre Rechtfertigung in meiner angeblich allzu großen Verwegenheit suchte. Ferner war der Gouverneur von Bologna, Cipriani, ein Anhänger Napoleons von reinstem Wasser, und konnte als solcher mir unmöglich nahe stehen. Zwischen mir und ihm trat daher eine unverhohlene gegenseitige Abneigung vom ersten Augenblick meines Erscheinens in Mittelitalien an zutage, und es war nicht zu besorgen, daß Cipriani sich darauf einlassen werde, mir das Kommando der Truppen aus der Romagna, der er vorstand, zu übergeben. Meine Berufung von selten dieser Herren war also lediglich von der armseligen Volkstümlichkeit eingegeben worden, die ich besaß und der sich jene zu bedienen wünschten, um selbst volkstümlich zu werden. Nichts anderes war die Ursache, wie wir uns bald überzeugen werden. – Farini hatte eines Tages, im Scherz, wie er sich ausdrückte, in einem Briefe an Fanti diesem den Oberbefehl über die Truppen von Mittelitalien angeboten. Fanti hatte, wie es seine unentschlossene Art war, nicht geradezu angenommen, er ließ aber hoffen, daß er annehmen würde, sobald seine Stellung gegenüber der sardinischen Regierung geordnet sein würde. Tatsache ist, daß meine Gegenwart in Mittelitalien der Bevölkerung und dem Heere sehr erwünscht und lieb war; aber je deutlicher diese Gesinnung hervortrat, desto unerträglicher wurde meine Gegenwart den Regierenden. Sie wandten daher alles auf, um das Kommen des Generals Fanti zu beschleunigen, der, wenn er militärisch mein Vorgesetzter wäre, allein meinen Eifer, etwas auszurichten, zügeln und die neuen Regierenden beruhigen konnte, die, wie die früheren, auf die Volksgunst eifersüchtig waren. Ich aber, obschon ursprünglich ein Mann der Revolution – denn wer leidet, kann nicht ruhig und stätig bleiben (und wer leidet nicht, wenn er sein Vaterland geknechtet und ausgeplündert sieht?) – habe gleichwohl nicht versagt, wenn es erforderlich schien, sich der Disziplin zu unterwerfen, die zum Gelingen jeder militärischen Unternehmung unumgänglich ist, und habe, seit ich die Überzeugung gewonnen, Italien müsse, um von der Fremdherrschaft frei zu werden, mit Victor Emanuel gehen, es für meine Pflicht gehalten, mich unter allen Umständen seinen Befehlen zu unterwerfen und mein republikanisches Gewissen zum Schweigen zu bringen. Ich habe ferner die Ansicht vertreten, Italien müsse ihm, einerlei, ob er sich dazu eigne oder nicht, die Diktatur solange anvertrauen, bis der Boden des Landes vollständig von den Fremden geräumt sei. Das war 1859 meine Überzeugung, die gegenwärtig sich einigermaßen geändert hat, weil die Monarchie große Schuld auf sich geladen hat; während wir nämlich recht gut für uns allein bleiben konnten, hat man stets vorgezogen, bald vor diesem, bald vor jenem auf den Knien zu liegen und in kläglichem Flehen das zu erbitten, was uns von Rechts wegen gehörte. Dies vorausgeschickt möchte ich bemerken, daß ich wohl imstande gewesen wäre, in den letzten Monaten des Jahres 1859 in Mittelitalien 100 000 junge Leute um mich zu scharen, und mit ihnen hätte ich die europäische Diplomatie uns sicherlich gewogen gemacht; oder aber ich hätte auch mit nur 30 000, die in den Herzogtümern und der Romagna damals vereinigt waren, das Geschick des südlichen Italiens in 14 Tagen entscheiden können, nämlich das tun, was ich im Jahre darauf mit den 1000 vollbrachte. – Dabei hätten die Regierenden ihre Posten behaupten und inzwischen ihre Provinzen verwalten können; sie hätten, wenn sie unsere Operationen unterstützt, zwar nur eine Nebenrolle gespielt, aber doch eine ruhmvolle. Aber so rechneten sie nicht; sie verbanden sich vielmehr, um mich zu demütigen und mein Eingreifen wirkungslos zu machen – zwei von ihnen, durch kleinliche Erwägungen geleitet, der dritte, Cipriani, aller Wahrscheinlichkeit nach den Befehlen dessen nachkommend, der, wenn ich mich nicht irre, alles andere lieber sieht, als die Einigung Italiens (1859). Augenscheinlich Kaiser Napoleon III.

Mittlerweile führte ich mehrere Monate hindurch ein recht klägliches Dasein, indem ich wenig oder nichts ausrichten konnte inmitten eines Landes, wo so viel auszurichten war. Nichts blieb mir zu tun übrig als die Organisierung von Truppen, eine höchst unerfreuliche Aufgabe für mich, da ich eine angeborene Abneigung gegen das Soldatenhandwerk besitze. Wohl habe ich einige Male den Soldaten spielen müssen, weil ich in einem geknechteten Lande geboren wurde, aber ich habe das stets mit innerem Widerstreben getan, da ich die Ansicht hege, es sei ein Verbrechen, sich gegenseitig abzuschlachten, um zu einem Einverständnis zu gelangen. Ein seltsames Geständnis des tapferen Kriegers!

Genötigt, mich auf die toskanische Division zu beschränken, war ich bemüht, sie in eine bessere Verfassung zu bringen. Fanti erschien, und um die Zeit seiner Ankunft liefen verschiedene Fabeln um: Farini versicherte mich z. B., Fanti werde das Kriegsministerium übernehmen und ich dann den Oberbefehl über die Truppen erhalten. Es erschien auch Valerio, Lorenzo Valerio, Abgeordneter, eins der Häupter der Linken in Piemont. vom piemontesischen Ministerium gesandt, und sagte mir: »Gib acht, wenn du nicht damit zufrieden bist, wird Fanti den Oberbefehl nicht übernehmen!« Ich erwiderte ihm: »Ich bin nicht damit zufrieden« – gleichwohl übernahm Fanti den Oberbefehl. – Kurz, für jene Herren kam es darauf an, mich aus meiner eigentlichen Sphäre zu bringen, ohne gänzlich meinen Namen auszuschalten, dessen sie bedurften, um mit dem Volke schön zu tun. Sie glaubten ein Mittel gegen alles Elend gefunden zu haben, indem sie mich zum zweiten Befehlshaber der Truppen der »Liga« ernannten; unter dieser Liga waren drei Provinzen der Halbinsel verstanden, deren starke Regierungen nicht wagten, sich Italien zu nennen, um nicht bei gewissen hohen Gönnern Anstoß zu erregen. In dieser Weise richtet man unser gedemütigtes, geschändetes Vaterland auf!

Hier setzten nun die nichts würdigen Umtriebe ein, die mir die Sache zu verleiden bezweckten. Fanti weigerte sich, meine hochgemuten Offiziere der Alpenjäger zu übernehmen, die ich mit Zustimmung der Regierung von Modena zu mir berufen hatte, nahm aber jede andere Art von Offizieren an. Meine armen Jäger, die, seit sie mich in Mittelitalien wußten, in Scharen herbeigeeilt waren, um die bestehenden Truppenabteilungen zu vergrößern und neue zu bilden, wurden schlecht behandelt. Sie kamen zum Beispiel aus den entlegensten Teilen der Lombardei herbei – barfuß in leinener Jacke, müde, durch den weiten Marsch mitgenommen, und jedweder kleine Mangel in betreff des Alters, der körperlichen Beschaffenheit, der Größe usw. genügte, um sie zurückzuweisen. Und meint Ihr, man habe sie wenigstens gefragt, ob sie gegessen hätten und ob sie die Mittel besäßen, um zu essen und in ihre Heimat zurückzukehren? Nicht im Traume. Der Gouverneur Cipriani sendet mich ferner, im Einverständnis mit Fanti, nach Rimini, um zwei Handelsschiffe mit Kanonen zu armieren, und läßt mich dorthin von seinem Bruder geleiten, den er mit einer Chiffer ausgerüstet hat, um hinter meinem Rücken mit ihm zu korrespondieren. In Rimini aber erging jede Order, jede Mitteilung an den General Mezzacapo, meinen Untergebenen. – Ich wußte die Schwierigkeiten meiner Stellung wohl zu würdigen, mußte aber das Gift schlucken, da ich die Hoffnung hatte, diesem meinem unseligen Vaterlande nützen zu können. Glücklicherweise entschädigte mich die Liebe und Anhänglichkeit der Bevölkerung und meiner Soldaten einigermaßen für die Kränkungen, die mir eine feige Clique zufügte. – Eine Zeitlang schmeichelte ich mir noch mit der Hoffnung, die unerfreuliche Lage überwinden und etwas Nützliches ausrichten zu können, indem ich mich bemühte, Fanti zum Freunde zu gewinnen, zu welchem Zwecke ich nichts unterließ; aber man wird bald sehen, wie ich mich täuschte und wie jene mit meiner Gutgläubigkeit ihr Spiel trieben.

Noch waren die Marken und Umbrien gesonnen, das päpstliche Joch abzuschütteln, und schon vor meiner Ankunft hatten sie sich mit Cipriani wegen einer Erhebung ins Einvernehmen gesetzt. Die Armierung der beiden Schiffe in Rimini wurde mit diesem Umstand begründet, und ich hatte Weisung erhalten, einem Aufstand in jenen Landschaften Vorschub zu leisten. – Meine Gegenwart in Rimini belebte die Hoffnungen jener braven Bevölkerung. Aber auf unserer Seite, insbesondere was Cipriani anbetraf, bestand offen gesagt nur die Absicht, den Anschein zu erregen etwas zu tun, in Wirklichkeit aber wollte man nicht nur nichts tun, sondern die Bewegung hinhalten und rückgängig machen. Mich aber suchte man mittlerweile an der Nase herumzuführen. Ich weiß nicht mehr, war es Cipriani oder Fanti, der auf den Gedanken kam, die Freiwilligen sich auf 18 Monate verpflichten zu lassen. Die Freiwilligen waren gleich bei Beginn der Ereignisse, die zur Neugestaltung der Dinge geführt, bis auf 6 Monate nach dem Kriege verpflichtet worden. Alle diese wackeren Jünglinge dienten freiwillig und sie würden kein Wort dawider gesagt haben, auch wenn sie hätten 10 Jahre dienen sollen, falls der Krieg so lange gedauert hätte. Aber die 18 Monate fester Verpflichtung behagten ihnen nicht. Ich erfuhr dies und setzte erst Cipriani, dann den Oberbefehlshaber davon in Kenntnis. Aber meinen Angaben wurde keine Bedeutung beigelegt, und es fehlte nicht viel, so hätten wir durch diese unzeitige Maßnahme die ganze Division Mezzacapo verloren. Als ich mich in Bologna befand, wurde ich von dem Intendanten Mayer von Forli und dem Oberst Malenchini herbeigerufen, die erschreckt waren durch die Desertionen und die Urlaubsgesuche bei den um Cattolica Südlich von Rimini am Adriatischen Meere. stationierten Truppenabteilungen. Ich eilte dorthin und es gelang mir auch, die Auflösung, die dort Platz gegriffen hatte, teilweise zum Stillstand zu bringen. Aber während ich mich hierbei abmühte, wandte Mezzacapo alles auf, um das Gegenteil zu erwirken, indem er die Leute für 18 Monate schwören ließ, vielleicht auf Befehl Fanti's. Dabei machte es ihm eine besondere Freude, mir entgegenzuhandeln, und vielleicht hoffte er auch, mich in den Augen derer, die mich nicht kannten, herabzusetzen. Vergebens hatte ich ihn ersucht, wenigstens zurzeit die Eidesleistung auszusetzen.

Mittlerweile dauerte die Erregung bei der Bevölkerung der Marken und Umbriens fort. Der alte, hochgemute Brigadier Pichi, ein Veteran der italienischen Freiheitsbewegung, aus Ancona gebürtig, unterhielt beständige Verbindung mit der unterdrückten Bevölkerung, während gleichzeitig auch Beziehungen in dem Reiche von Neapel und Sizilien angeknüpft wurden. Bei geringerem Widerstand von seiten der Regierenden und ihrer Generale, die es nicht verderblicher hätten treiben können, wenn sie von unseren Feinden dafür bezahlt worden wären, hätten wir jedes Wagnis unternehmen und einen Triumphzug nach dem Süden zuwegebringen können – mit weniger Schwierigkeit und glänzenderem Erfolge, als es ein Jahr später geschah. Allerdings hatte ich von dem General Fanti Instruktionen erhalten, die wörtlich besagten: wenn ich von den päpstlichen Truppen angegriffen würde, sie zurückzuweisen und in das päpstliche Gebiet einzudringen, oder, falls eine Stadt wie Ancona oder eine ganze Landschaft sich erhebe, zur Unterstützung der Erhebung mich dorthin zu wenden. Aber die erste Voraussetzung konnte nicht statthaben, weil die Päpstlichen sicherlich nicht daran dachten, uns ihrerseits anzugreifen. Auch die zweite Voraussetzung war schwer zu erfüllen, denn die Feinde waren wachsam und hatten die Besatzungen von Ancona, Pesaro Pesaro etwa in der Mitte zwischen Rimini und Ancona an der Küste, südöstlich von Cattolica. usw. verstärkt. Nichtsdestoweniger wurden Waffen nach Ancona und in die Marken eingeschmuggelt und dafür gesorgt, die Einwohner bei guter Stimmung zu erhalten. Die jungen Mannschaften aber, die die Vorhut bildeten, hätten die Order, vorwärts zu gehen, mit brausendem Jubel beantwortet – so groß war die allgemeine Begeisterung, den Brüdern zu Hilfe zu eilen und sie frei zu machen. Aber auf unserem armen Vaterland lastete jenes böse Geschick, das es seit so vielen Jahrhunderten in Fesseln schlägt: in der einen oder der anderen Form erwächst in ihm selbst der verderbliche Keim der Zwietracht, der den Fortschritt aufhält. Von jeher hat Italien unter der Zwietracht gelitten; heutzutage kommt dazu noch die Schar der Doktrinäre, die sich des Steuers der öffentlichen Dinge bemächtigt haben und, gehalten von dem, der Italien nicht groß sehen will, Das zielt wiederum auf Napoleon. die hochherzigen Triebe im Lande einschläfern (1859).

Während ich alles vorbereitete, um zu Taten übergehen zu können, erhielten meine Untergebenen insgeheim Weisung, mir nicht zu gehorchen. General Mezzacapo zum Beispiel bekam eine Depesche, in der General Fanti ihm vorschrieb: niemand möge sich ohne besonderen Befehl von ihm rühren, und er solle das auch dem General Roselli mitteilen. Aber nicht nur die Generale Mezzacapo und Roselli, meine Untergebenen, erhielten Befehl, mir nicht zu gehorchen, sondern sogar mein eigener Stab wurde angewiesen, sich dem Oberst Stefanello, der beim Kommando der toskanischen Division stand, zur Verfügung zu stellen. – So war meine Lage in Mittelitalien beschaffen, als in Rimini der General Sanfront ankam, den der König sandte. Er traf mich sehr verdrossen und erbittert über das illoyale Verfahren meiner Gegner an, und ich weiß nicht, welchen verzweifelten Entschluß ich ohne seine Ankunft gefaßt haben würde. Ich begleitete den General Sanfront nach Turin zurück und hatte dort mit Viktor Emanuel eine Besprechung, deren Ergebnis folgendes war: der König sollte dem General Fanti raten, die angebotene Entlassung der Regierungen von Florenz und Bologna anzunehmen; die Gegenwart Ciprianis in der Romagna habe sich als schädlich erwiesen; ich aber sollte an der Spitze der Truppen von Mittelitalien für das Beste der allgemeinen Sache alles das vornehmen, was mir zweckmäßig erscheinen möchte; nur verweigerte er mir die ausdrückliche Einwilligung zum Angriff auf das päpstliche Gebiet – die übliche Zurückhaltung, die in der Lage des Königs einem Revolutionär gegenüber allerdings verständlich erscheint, gleichwie im folgenden Jahre Viktor Emanuel die Expedition nach Sizilien, den Übergang über die Straße von Messina und endlich den Marsch auf Rom (der dann in Aspromonte sein Ziel fand) nicht zugeben wollte. Ich verließ Turin befriedigt und verlor sicherlich keine Zeit, mich nach Modena zu begeben, wo ich Farini und Fanti traf, denen ich das Ergebnis meiner Besprechung unverhohlen mitteilte. Allein meine Widersacher schliefen nicht; ein Telegramm des Kriegsministers wies Fanti an, die Demission nicht anzunehmen, und mittlerweile bearbeitete man Viktor Emanuel, seine zu meinen Gunsten getroffenen Verfügungen zu ändern.

Die erste Maßnahme, die in Mittelitalien zu ergreifen war, bestand darin, Cipriani von der Regierung Bolognas zu entfernen. Er mußte im guten oder im bösen aus dieser Stellung weichen, wie ich das jenen Herren zu verstehen gab. Falls wir im Kirchenstaat hätten kriegerisch vorgehen müssen, konnten wir hinter uns nicht einen feindlich gesinnten Gouverneur belassen, der auf nichts anderes sann, als die nationale Bewaffnung aufzuhalten. Das Vorgehen wider Cipriani wurde auch von allen günstig aufgenommen, weil allen daran lag, daß dieser Mensch entfernt werde, besonders auch Farini und Fanti. Letzterer war, da ich ihm von der Entschließung des Königs Kenntnis gab, denn auch nicht der Mann dazu, einen solchen Widerstand zu leisten. Aber Napoleon, Cavour, Minghetti Marco Minghetti aus Bologna (1818–1886), einer der fähigsten Gehilfen Cavour's, später auch wiederholt Ministerpräsident. und andere hatten ein allzu großes Interesse daran, jenen zu halten. Rattazzi, Urbano Rattazzi (1810–1873), hervorragender piemontesischer Politiker dieser Epoche, mehrfach Minister, allerdings weder ein bedeutender Charakter noch ein weitschauender Staatsmann. vielleicht der einzige unter den Männern der Politik, der mich hätte stützen sollen, war schwach, unschlüssig und vielleicht auch bis zu einem gewissen Grade napoleonisch geworden. – So wurde also – wenn nicht etwa das Ganze eine Finte war – Viktor Emanuel in seinen löblichen Absichten mattgesetzt und gezwungen, ein ferneres Mal vor dem Übergewicht Cavour's Cavour hielt sich damals von den Staatsgeschäften gänzlich fern. zurückzutreten, wie es auch zu Beginn des Krieges geschehen war, als er den Befehl gegeben hatte, meine Streitmacht durch das Regiment Jäger der Apenninen zu verstärken, die mir dann gesandt wurden, als der Krieg zu Ende war.

Der alte Fuchs Farini lavierte. Auf die Frage Minghetti's, wer Cipriani nachfolgen sollte, hatte ich geantwortet: Farini. Und dadurch wäre in der Tat ein doppelter Vorteil erreicht worden: erstens die Vereinigung der Romagna mit den Herzogtümern Parma und Modena unter einem einzigen Gouverneur; zweitens hätte man von Farini, einem Manne von überlegener Einsicht und patriotischem Herzen, erlangt, was von Cipriani niemals zu erwarten gewesen wäre, nämlich eifriges Betreiben der Bewaffnung und Unterstützung der Einheitsbewegung. – Vom ersten Augenblick meiner Ankunft in Mittelitalien an hatte ich Farini durchschaut, und wenn er mir als Italiener kein Vertrauen einflößte, so hatte er mir als persönlicher Freund wenig Vertrauen erweckt, und ich hatte mich schließlich überzeugen müssen, daß er ein falsches Spiel mit mir trieb. Meine letzten Worte an Farini im Palast zu Bologna waren die folgenden: »Ihr seid nicht aufrichtig gegen mich,« und als er mir etwas erregt antwortete, fügte ich noch hinzu: »Jawohl, Ihr habt die Hauptschuld an dieser Verwirrung!« Ich muß jedoch zugeben, daß Farini in Modena während seiner Diktatur viel Gutes zuwege gebracht hatte und daß er auch in Bologna fortfuhr, sich in gleicher Weise zu betätigen. In Modena setzten Farini und Frapolli, was energische Maßnahmen, Bewaffnung, Organisierung angeht, mehr durch, als von anderer Seite in irgendeinem anderen Teile Italiens damals erreicht wurde. – Alles das jedoch bewog den Diktator nicht, von seinem wenig aufrichtigen Verhalten mir gegenüber abzugehen, und während wir – er als Leiter der Verwaltung und ich als militärischer Leiter – über das, was in Bologna zu geschehen habe, uns im Einverständnis befanden, entnahm ich dem Ausdruck seines bleichen Antlitzes, daß er von außenher Einflüssen entgegengesetzter Art unterlag und geneigt war, so zu handeln, wie jeweilig in Piemont der Wind wehen würde. Und der Wind hatte aufgehört, in Turin günstig für mich zu wehen. Meine Gegner hatten den Sinn des Königs überwunden, der augenscheinlich auch von Paris her beeinflußt wurde, wo das Herabsteigen Cipriani's von dem Regierungssessel von Bologna und mein Erscheinen an der Spitze der Truppen nicht gefallen konnten. Ich nun hätte an Stelle meiner Widersacher gesagt: »Garibaldi, tritt zurück!« – aber jene Gesellschaft war einer derartigen Offenheit nicht fähig und suchte statt dessen, mich durch Anwendung aller Arten von Intrigen und jämmerlichen Listen zu entfernen. Mein großes Ansehen bei den Truppen wie auch, wenn ich mich nicht irre, bei der Bevölkerung hätte mich allerdings in die Lage versetzt, auch trotz meiner Gegner zu handeln, und ich hätte an sich kein Bedenken gehabt, mich noch einmal in den Strudel der Revolution zu stürzen, womit ich aller Wahrscheinlichkeit nach Erfolg gehabt hätte. Allein es war doch immer eine Revolution, zu der ich das Signal gegeben hätte; ich hätte bei den Truppen und bei der Bevölkerung alle Bande der Unterordnung lösen müssen. Auch war sowohl vor mir wie hinter mir die französische Intervention, in Rom, Piacenza und anderswo. Kurz, die Besorgnis, die heilige Sache meines Landes zu gefährden, hielt mich zurück. Noch erwartete ich eine Kundgebung des Königs nach dem, was zwischen uns verabredet worden war: wenn nicht ausdrücklich eine Gutheißung meiner Handlungen, so doch mindestens eine Fassung, aus der hervorginge, daß man mich unter eigener Verantwortung gewähren lassen wollte. Ich hätte aber auch, wenn erforderlich, einen Tadel hingenommen: allem war ich bereit mich zu unterwerfen und auf jede Möglichkeit gefaßt. Aber es erfolgte nichts!

Endlich sandte ich den Major Corte zu Viktor Emanuel und wurde dann selbst nach Turin berufen. In der Hauptstadt angekommen, begab ich mich zum König und bemerkte nun sofort die Veränderung, die sich mir gegenüber in ihm seit der letzten Besprechung vollzogen hatte. Er empfing mich zwar mit der gewohnten Güte, suchte mir aber in kurzen Worten begreiflich zu machen, daß die Anforderungen von außen her ihn zur Erhaltung des status quo zwängen und daß er es für besser erachtete, wenn ich für einige Zeit auf die Seite träte. – Der König wünschte, ich möge einen Grad in der regulären Armee annehmen, ich aber lehnte das dankend ab. Dagegen nahm ich eine schöne Jagdflinte an, die er mir schenkte und mir durch den Hauptmann Trecchi von meinem Stabe überreichen ließ, als ich mich schon im Wagen des Zuges nach Genua befand. Ich kam nach Genua, von dort nach Nizza, wo ich 3 Tage mit meinen Kindern verlebte, und kehrte dann nach Genua zurück, um für den Dampfer, der am 28. November 1859 von dort nach La Maddalena abgehen sollte, rechtzeitig anzukommen. Ich stand im Begriff abzureisen, hatte bereits mein Gepäck an Bord geschafft, und befand mich noch im Hause meines Freundes Coltelletti, als eine Abordnung ausgezeichneter Genuesen mit dem Bürgermeister der Stadt, Herrn Moro, an der Spitze zu mir kam und mir vorstellte, daß meine Entfernung unter den obwaltenden Umständen ein Unglück sein werde. Ich ließ mich überreden zu bleiben und nahm die Gastfreundschaft an, die mir mein Freund Herr Leonardo Castaldi in seiner Villa zu Sestri darbot, wo ich einige Tage zubrachte. Damals sprach man von mobilen Nationalgarden, und Oberst Türr teilte mir mit, der König wünsche mich zu sprechen, um über diesen Gegenstand etwas mit mir zu bereden. – So kam ich nach Turin und sprach den König, der gegen mich stets gütig war: ich sah auch den Minister Rattazzi und kann versichern, daß er mir wenig Vertrauen einflößte. Mit beiden aber wurde ein Abkommen erzielt, wonach ich mit der Organisation der mobilen Nationalgarde der Lombardei betraut werden sollte. Ich war mit dieser Maßregel aus 2 Gründen einverstanden: erstens in der Hoffnung, auf diese Weise einen guten Kern an Truppen herausbilden zu können für die Kriege, die Italien notwendigerweise noch würde durchmachen müssen; zweitens gedachte ich, in diese Nationalgarde eine größere Zahl meiner Waffenbrüder unterzubringen, die großenteils heimatlos und ohne Nahrung waren. Während ich nun in Turin die förmliche Ernennung zum Leiter jener Organisation erwartete, erhielt ich den Besuch der ausgezeichneten Patrioten Brofferio, Sineo, Asproni und anderer liberaler Abgeordneten, die mir mitteilten, sie wünschten meinen Aufenthalt in der Hauptstadt zu benützen, um die verschiedenen Fraktionen der entschiedenen Linken, die seit einiger Zeit sich getrennt hatten und einander in einer unrühmlichen und der italienischen Sache schädlichen Weise bekämpften, wieder zusammenzubringen. Da ich sehr zweifelhaft war, ob dieses mir angesonnene Versöhnungswerk gelingen könne, und überhaupt jeglicher Parteiung, die nicht die ganze Nation umfaßte, abgeneigt war, so weigerte ich mich anfangs, die Sache zu unternehmen; und es wäre besser gewesen, wenn ich bei diesem Entschlusse geblieben wäre. Aber da jene nicht nachließen mich zu bitten und mir vorstellten, daß, wenn die Sache gelinge, viel Gutes daraus hervorgehen würde, so nahm ich endlich an, und es wurde verabredet, eine Gemeinschaft zu bilden, die unter dem Namen der »bewaffneten Nation« alle anderen in sich aufnehmen sollte. Hier macht Garibaldi die Anmerkung: Ich weiß nicht, wann sich dieser Traum meines Lebens verwirklichen wird, der – nach Ausschluß der Priester – aus Italien eine Kraft ersten Ranges machen würde. Bis hierhin ging alles vortrefflich, und die sämtlichen Mitglieder der verschiedenen Gesellschaften, die sich mir vorstellten, erklärten sich als Anhänger der Fusion und bezeigten sich einverstanden. Eine Versammlung der Gesellschaft »Freie Vereinigung« sollte die Versöhnung bekräftigen, aber die nämlichen, die sich mir gegenüber über die vorgeschlagene Annäherung sehr befriedigt bezeigt hatten, traten jetzt mit ganz anderen Gedanken hervor und erklärten unter verschiedenen Vorwänden die Versöhnung für unmöglich. Es war eine alte Vorstellung bei mir und ich überzeugte mich immer mehr davon, daß, um uns Italiener unter einen Hut zu bringen, man uns mit Knitteln schlagen muß, anders geht es nicht. – So war es also verlorene Mühe gewesen, und noch Schlimmeres; denn die fremden Gesandten, die durch die Schwäche unserer Regierung stark und, wie man behauptete, von Cavour und dem damals allmächtigen Bonaparte aufgestachelt waren, verlangten Erklärungen, was zur Folge hatte, daß das ganze Ministerium mit Ausnahme von Rattazzi seine Entlassung nahm. Den Vorwand bildete die »bewaffnete Nation«, die Mobilmachung der Nationalgarde und, wenn mir solche Überhebung verstattet ist, auch meine arme Person, die man in dieses alles hineinzog.

Die »bewaffnete Nation« hatte die Wirkung eines Blitzstrahls für jene erbärmliche Diplomatie, die Italien schwach haben will, jene chauvinistische, bonapartistische Diplomatie, deren Werk jetzt der kleine Monarch der französischen Republik fortsetzt, D. i. Adolphe Thiers, zur Zeit, da Garibaldi seine Memoiren abschloß, Präsident der französischen Republik. Garibaldi knüpft hier die folgende Anmerkung an: Thiers, Bonaparte, »Chauvinismus«, alles Ausdrücke für die lächerlichen Ansprüche des klerikalen, herrschsüchtigen Frankreich auf Italien, die ein beständiger Herd von Zwietracht zwischen zwei Nationen bleiben werden, die zum Vorteil beider in Freundschaft miteinander leben könnten! Ich will diesen zweiten Teil meiner Memoiren nicht schließen, ohne zwei mich berührende Tatsachen anzuführen, die die Bosheit des Mannes des 2. Dezembers und seiner Spießgesellen, und den Einfluß zeigen, den jener Mann auf unsre Angelegenheiten auszuüben vermochte:
In Gavardo, wo ich den Chiese überschritt, um auf dem oben beschriebenen Feldzuge nach Salò zu marschieren, kam zu mir ein wohlbekannter N. A. aus dem Hauptquartier des Kaisers mit folgender Mission: »Ich bin beauftragt,« sagte er mir, »Ihnen alles zu bieten, was Sie für Sich und Ihre Leute bedürfen. Geld, Gegenstände jeder Art werden zu Ihrer Verfügung gestellt werden, Sie brauchen sie nur zu verlangen. Der Kaiser weiß, in wie vielen Dingen Sie und Ihre Soldaten Mangel leiden und will dem abhelfen. Er kann die Dürftigkeit und den elenden Zustand, in dem man Sie gelassen hat, nicht ruhig mit ansehen.« Ich antwortete: »Ich brauche nichts.« Es war kurz und gut ein Handelsgeschäft. Man verhandelte über den Verkauf von Nizza, oder vielmehr es war schon verkauft und man wollte einen Mitschuldigen mehr haben, und zwar einen aus Nizza selbst Gebürtigen! Einen 52jährigen – beim Himmel! – der ein wenig von der Welt gesehen hat, ist es doch nicht sogar leicht hinters Licht zu führen: gleichwohl war die zynische Verdorbenheit des verschlagenen Mannes so groß, und groß war die Zahl der Feiglinge, die sich vor jenem Bilde der Fäulnis auf die Knie geworfen hatten!
Die zweite Tatsache ist die folgende: Nach den oben berichteten Vorgängen in Mittelitalien hatte ich um Enthebung von dem Kommando der dortigen Truppen gebeten, und ob Bonaparte in allen diesen Machenschaften die Hand hatte, verrät sein nachfolgender Brief an den Papst: »Meine Bemühungen haben lediglich die weitere Verbreitung des Aufstandes hindern können, und die Entlassung Garibaldi's hat die Mark Ancona vor einer sonst unzweifelhaften Erhebung bewahrt.«
das mögen sich meine Mitbürger gesagt sein lassen und daraus die Einsicht entnehmen, daß, um aus dem Zustande wehrloser Kaninchen, in dem wir uns bisher befunden haben, zu kommen und damit für unsere jetzt übermächtigen Nachbarn zu einem Gegenstand des Schreckens zu werden, es der »bewaffneten Nation« bedarf, nämlich zweier Millionen Streiter, während die Priester der Urbarmachung der Pontinischen Sümpfe in ehrlicher Arbeit obliegen müßten!

Der König ließ mich zu sich bescheiden und sagte mir, es müsse von allen jenen Vorsätzen und Plänen abgesehen werden! – – –

Nachwort. Aus Vergeßlichkeit habe ich des Obersten Peard nicht gedacht, den man gemeinhin den Engländer Garibaldi's nannte. Dieser wackere Sohn Englands erschien 1859 in unseren Reihen, vollständig gerüstet und ausgestattet mit einem kostbaren Karabiner, und erregte die allgemeine Bewunderung durch die Sicherheit seines Schießens und durch die außerordentliche Kaltblütigkeit bei größter Gefahr. Mäßig und anspruchslos (wie er denn niemals Sold annahm) zeigte sich Oberst Peard jedesmal, wenn unsere Freischaren ins Feld zogen. Er zeichnete sich 1859 vielfach aus und 1860 trug er viel zum Kommen jenes prächtigen englischen Kontingents bei, das allerdings spät eintraf, aber in den letzten Schlachten, die in der Ebene von Capua geschlagen wurden, sich trefflich bewährte. Hätten Bonaparte und die französische Monarchie uns nicht verboten, nach der Schlacht am Volturno gegen Rom zu marschieren, so würde das englische Kontingent, das sich täglich vergrößerte, uns bei der Gewinnung der unsterblichen Hauptstadt Italiens die wertvollsten Dienste geleistet haben.

Zwei andere Engländer, der Artilleriemajor Dawling und der Hauptmann Forbes, stritten wacker mit in den Reihen der Freiwilligen. Ich wünschte, ich könnte wie sie, so auch alle übrigen hochgemuten und tapferen Ausländer, die meinem Vaterlande mit ihrem Leben dienten, der Dankbarkeit dieses überliefern.

Deflotte, den wir als einen Märtyrer unserer Sache betrachten dürfen, und Bordone, der gegenwärtig General ist, verdienten ebenfalls unsere volle Dankbarkeit.


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