Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Dritter Teil. Meisterjahre
Max Eyth

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70.

Breslau, den 15. April 1888.

Briefe haben ihre bedenkliche Seite. Im besten Fall werfen sie ein grelles Licht auf ein Stückchen unsers Lebens; alles übrige bleibt dunkel. Und doch besteht dieses Leben aus einem bunten Allerlei, in dem Hoffen und Sorgen, Erfolge und Niederlagen fast stündlich wechseln. Wie können wir erwarten, daß ein solch minutenlanger Blick in die Camera obscura unsers Treibens ein treues Bild des Ganzen gäbe?

Es geht wesentlich besser. Ich habe es aufgegeben, auf Korns Mitarbeit zu warten, der noch immer in Dresden liegt und – sagen die Leute – sich kränker stellt, als er ist.

Die Ortsausschüsse sind alle im Gang. Auf dem Platz wird eifrig gebaut. Das Ganze gewinnt eine gewaltige Ausdehnung, fast das Doppelte von Frankfurt, und konnte auf dem schönen Gelände anständig ausgelegt werden. Nur schade, daß wir eine Ausstellung von Geräten aufgeben mußten, aus Rücksicht auf den »Breslauer Maschinenmarkt«, was schließlich niemand anerkennen wird. Ich tat es in der Hoffnung, durch milde Wärme das schlesische Eis brechen zu können. Auch darauf werde ich jetzt nicht mehr warten dürfen.

Viele Mühe machen die Vorbereitungen für eine Anzahl Prüfungen, die während der Ausstellung vorgenommen werden sollen: Düngerstreumaschinen, Zugochsen, Hufbeschlag, Schafscheren und dergleichen mehr. Doch ist gerade dies die Richtung, in die ich unsre Ausstellungen drängen möchte. Arbeit, Arbeit, nicht bloßes Schaustellen, und vor allem kein »Fest«. Na, vor letzterem scheint uns diesmal der Himmel gnädig bewahren zu wollen, und ich kann's und will's nicht leugnen, das alles zusammen ist fast etwas mehr, als ich tragen kann.


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