Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Dritter Teil. Meisterjahre
Max Eyth

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

28.

Wien, »Im goldenen Lamm«, den 13. Oktober 1884.

An Tinte und Papier ist auch in Wien kein Mangel. Hierin ist es noch immer gut deutsch, so sehr sich die alte, gemütliche Kaiserstadt in andrer Hinsicht verändert zu haben scheint. Da ich überdies kaum einen anständigen Ausgang machen kann, ehe mein flüchtiger Koffer wieder eingefangen ist, will ich Dir von den erstaunlichen Erlebnissen der letzten Tage erzählen, die, um mich für den Ärger von Monaten zu entschädigen, ein lachender Kobold geleitet hat. Dessen bin ich sicher, obgleich der dämonische Knirps von Zeit zu Zeit die ernsthaftesten Gesichter zu schneiden verstand.

Von München nur ein paar Worte. Die gefürchtete Versammlung verlief so gut, als es möglich war; was einem bescheidenen Erfolg gleichkommt. Es waren genug Feinde und Freunde um den Weg, die unsern Saal mäßig füllten. Graf Lerchenfeld, der Präsident des landwirtschaftlichen Vereins in Bayern, lehnte höflich ab, zu erscheinen. Bei seiner Auffassung der Sache war dies natürlich. Weniger natürlich erschien mir, daß ein Besuch der Molkereiausstellung seitens des Prinzen Ludwig, des Ehrenpräsidenten desselben Vereins, genau auf die Stunde unsrer Versammlung angesetzt wurde. Ich nehme an, daß dies Zufall war; denn ich muß schließlich die Bayern gewinnen, koste es auch herbere Überwindungen, als diese Annahme. Die Wirkung des »Zufalls« aber war, daß kaum einer der hervorragenderen bayrischen Landwirte unsre Sitzung besuchen konnte. Mit heroischem Mut eröffnete Oehlschlägel die Versammlung und sprachen Thüngen und ich unsre Sprüchlein. Von mir nicht zu reden; den beiden andern werde ich diesen Tag nicht vergessen. Das erste Loch wenigstens haben wir durch das bayrische Lederkoller geschossen. Der Weg zum bayrischen Herzen ist freigelegt. Das nächste Mal werden sie uns die Brust in brüderlicherer Weise bieten, dessen bin ich sicher. Denn sinnlos sind unsre blauweißen Brüder nicht, wenn auch etwas langsamer als die andern.

Als ich ziemlich abgespannt den Saal verließ, empfing mich verabredetermaßen Kommerzienrat Lang von Blaubeuren, um mich mit dem nächsten Zug über Regensburg nach Deggendorf zu geleiten. Auf der Lokomotive saß der oben erwähnte Kobold, ein schwarzes, geschwänztes Kerlchen mit roter Zunge und zwei Hörnern und warf Kohlenklumpen ins Feuer, daß ihm der Schweiß von der Stirn lief.

Wie das kam, weißt Du im allgemeinen, also nur ein paar Worte, um nicht alle Fühlung mit dem mir immer fernerrückenden Gebiet der Tauerei zu verlieren. Hier unten an der Donau – fast hätte ich geschrieben, »wo hinten tief in der Türkei die Völker aufeinander schlagen« – steht es nämlich wie folgt.

Als wir Urtauereileute, de Mesnil, van Havre, ich und Konsorten nach vieler Mühe auf dem Sprung standen, die Konzession auf der österreichisch-ungarischen Donau zu erhalten, ein Drahtseil in den Strom zu legen, kaufte uns die dort nahezu allmächtige »kaiserlich königliche Erste Privilegierte Donaudampfschiffahrts-Gesellschaft« die ganze Sache: Patente, Konzessionsberechtigung, vergangene und künftige Erfindungen um eine anständige runde Summe und die Verpflichtung ab, jährlich fünf Meilen Drahtseil zu legen, bis die Strecke von Orsowa bis Passau für Seiltauer fahrbar gemacht wäre, wofür sie überdies für jede Meile eine weitere feste Summe zu entrichten gehabt hätte. Dies geschah vor sieben bis acht Jahren. Wir waren sehr vergnügt und kümmerten uns nicht um die warnende Stimme ungarischer Freunde, die versicherten, daß der damalige Generaldirektor der k. k. Ersten und so weiter an diplomatischem Scharfsinn nur von dem berühmten russischen Botschafter Ignatieff in Konstantinopel übertroffen werde, den die Türken den »Vater der Lügen« getauft haben. Doch auch uns wurde dies bald klar, denn die k. k. Erste und so weiter legte von Jahr zu Jahr keinen Strick, bezahlte entsprechend und fand hundert Entschuldigungen, die Hauptbedingung ihres Vertrags nicht zu erfüllen. Ein Prozeß, den wir abwechslungsweise in Wien und Budapest verloren und gewannen, bildete für die k. k. Erste und so weiter einen angenehmen Zeitvertreib, denn sie hatte uns ja aufgekauft, nicht, um die Seiltauerei einzuführen, sondern um zu verhindern, daß dies von andern geschehe.

Nun besteht in Wien ein »Donau-Verein«, zurzeit unter der Führung des österreichischen Reichstagsabgeordneten Professor Dr. Süß, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, der Donau ihre alte Bedeutung als Schifffahrtsstraße wiederzugeben, und deshalb das erdrückende Monopol der k. k. Ersten und so weiter zu brechen versucht. Dieser mit uns in keinerlei Verbindung stehende Verein drängte ebenfalls in der Richtung der Ausführung der Drahtseilkonzession, und Süß warf als Abgeordneter seinen beträchtlichen Einfluß in die Wagschale, die Gesellschaft zu zwingen, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Ein letzter Ausweg war für sie, zu behaupten, daß das System an gewissen Stellen des Stroms, sonderlich bei dem schwierigen Strudel bei Grein technisch undurchführbar sei. Sie hatten als Sachverständigen den Direktor der Kettenschiffahrt auf der Elbe herbeigeholt, dem es als prinzipiellem Gegner der Seilschiffahrt nicht schwer wurde, diese Schwierigkeiten anzuerkennen. Nun machte Kommerzienrat Lang, ein unermüdlicher Freund der Donauschiffahrt an ihrem künftigen westlichsten Endpunkt, auf mich aufmerksam und veranlaßte eine Einladung seitens des Donauvereins, die ich nach kurzem Zaudern annahm, ohne zu wissen, um was es sich eigentlich handelte. Ich sollte mir die Donau ansehen, hieß es, wozu ich gern bereit war, denn ich hatte nie Gelegenheit gehabt, sie in Oberösterreich und Bayern zu befahren und brauchte Luft und Szenenwechsel. So packte ich mein Skizzenbuch ein, als ich nach München fuhr und ließ mich gerne von meinem verehrten, übrigens noch halb unbekannten Freund Lang ins Schlepptau nehmen.

Wir fuhren zunächst nach Regensburg, um das Hauptschiffahrtshindernis der bayrischen Donau zu besichtigen, die allzu ehrwürdige alte Brücke, auf welcher uns der Geschäftsführer des Wiener Donauvereins, ein Herr Itzeles, erwartete. Ein Männchen voller Leben und Energie, eines jener Kinder Israels – es gibt solche, ausnahmsweise –, die für eine Idee Opfer bringen und dann, wenn sie einmal diesen Weg eingeschlagen haben, von einem Arier nicht leicht übertroffen werden. Itzeles, der mir flüsternd mitteilte, daß schon sein Name einer Katastrophe gleichkomme, daß ich mich aber daran nicht zu stoßen brauche, übernahm schon hier, als ob sich das von selbst verstünde, die Führung. Mir war dies nicht unangenehm, denn es war mir fast gleichgültig, wohin ich geführt wurde, wenn ich nur vorläufig nichts zu sprechen brauchte. Ich hatte die Lungen noch zu voll Münchner Stickluft.

In Deggendorf, unserm nächsten Ziel, wohnt ein geistlicher Herr, Prälat Pfähler, Führer der bayrischen Ultramontanen und deshalb von großem Einfluß zu Wasser und zu Land. Den sollte ich in die Geheimnisse der Seilschiffahrt einweihen und für deren Einführung auf der bayrischen Donau gewinnen. Wir fanden einen liebenswürdigen, intelligenten Herrn, der meine Erklärungen mit sichtlicher Teilnahme hinnahm und uns nach einem Nachmittag eingehender technischer und volkswirtschaftlicher Erörterungen an den Bahnhof zurückgeleitete. Auch ist Deggendorf der Sitz der kleinen »Süddeutschen Donaudampfschiffahrts-Gesellschaft«, die zurzeit in einem fast aussichtslosen Kampf gegen den Riesen, die k. k. Erste und so weiter, wie mir scheint, zu erliegen droht. Auch für diese Gesellschaft, als ein Kind Bayerns, hatte Pfähler ein warmes Herz.

Auf dem Bahnsteig des Deggendorfer Bahnhofs spielte der mehrerwähnte Kobold, der uns nun nicht mehr verließ, seinen ersten wohlgelungenen Streich. Wir gingen, den Zug erwartend, in zwei Gruppen plaudernd auf und ab: Lang und Pfähler, ich und Itzeles. Da wurde der letztere plötzlich geheimnisvoll und sagte:

»Wie hat Ihnen Pfähler gefallen?«

»Vortrefflich,« versetzte ich. »Ein höchst intelligenter Herr. Auch scheinen wir in ihm einen tätigen Freund gewonnen zu haben.«

Itzeles nickte. »Sie haben ihm aber auch tüchtig zugesetzt. Und denken Sie sich« – hier wurde das Flüstern fast unhörbar – »er nimmt nichts, wenigstens nichts für sich. Für seine Kirche hier in Deggendorf – ja. Die Süddeutsche Donaudampfschiffahrts-Gesellschaft hat ihm einen silbernen Marienaltar gestiftet, das heißt zur Hälfte. Der armen Gesellschaft ist das Geld ausgegangen. Wie wär's – hm –, wenn Sie Ihren Freund, den Herrn Kommerzienrat Lang, darauf aufmerksam machen wollten, daß er und seine Freunde von der Seiltouage den Altar – – –«

»Halt!« unterbrach ich ihn, fast zu laut, denn das andre Paar war uns gefährlich nahe gekommen. »Wissen Sie, daß Herr Kommerzienrat Lang eine Säule des württembergischen Protestantismus ist?«

»Gott der Gerechte!« rief Itzeles entsetzt. »Seien Sie still! Da hätten wir fast eine Dummheit gemacht.« –

Tags darauf schickten uns unsre Gegner, die k. k. Erste und so weiter, mit österreichischer Liebenswürdigkeit einen Dampfer entgegen, mit dem wir durch das »Kachlet«, eine der schwierigen Strecken der unteren bayrischen Donau, fuhren und am Abend an der Grenzstadt Passau ankamen. Dort empfingen uns beim Aussteigen gegen zwanzig Herren, teils in Frack und weißer Binde, teils sonst festlich geschmückt: Vertreter sämtlicher österreichischer Ministerien, des k. k. Generalstabs, der Staatsbahnen, des Gemeinderats von Wien und einer Reihe andrer Donaustädte, der verschiedenen Donaudampfschiffahrtsgesellschaften, des österreichischen Ingenieurvereins und des Donauvereins. Mir aber wurde mit jeder Minute klarer, daß ich nicht wußte, wozu ich auf der Welt war. Denn auf einem satinierten Blatt Papier mit Goldrand, das mir Itzeles überreichte – er hatte soeben ein ganzes Paket solcher Papiere aus Wien erhalten –, stand geschrieben, daß diese ganze hohe Gesellschaft unter der Führung des Herrn Ingenieurs Eyth die Donau besichtigen werde und daß derselbe nach Ankunft in Wien den Festgästen Mitteilungen über seine Wahrnehmungen auf der fraglichen Stromstrecke machen werde.

Dies war eine Überraschung. Ich nahm Itzeles auf die Seite und fiel über ihn her. Wie er dazu komme –! Niemals würde ich einer so hohen Gesellschaft Mitteilungen über Wahrnehmungen in so unverdautem Zustand machen. Ich wüßte ja nicht einmal, ob ich irgend etwas wahrnehmen werde.

Ja – sagte mein neuer Freund etwas verblüfft – mein Vortrag sei aber bereits in den Wiener Zeitungen angezeigt und an den Anzeigesäulen angeschlagen. »Dann schlagen Sie ihn wieder herunter,« versetzte ich, ernstlich ergrimmt; »gehalten wird er nicht. Ich brauche mindestens sechs Wochen Zeit, bis ich mich von diesem Schrecken erholt habe und weiß, was sich mit den Erlebnissen der nächsten zwei Tage anfangen läßt.« – – – –

Diese zwei Tage waren trotzdem voll lieblicher Eindrücke: die wundervollen Ufer der wilden, nur zu einsamen Donau, die heitere Schiffsgesellschaft, die hochinteressanten Probleme, die bei Struden und auch anderwärts der Lösung harren. Natürlich werde ich in einem Brief an Dich auf technische Einzelheiten nicht eingehen. Langsam aber und stetig wuchs das Gefühl, daß es sich hier nicht um unlösliche Schwierigkeiten, sondern nur um den Willen handelt, sie zu lösen. Die nötigen Fingerzeige zu geben war nicht unmöglich, wenn mir die Herren ein wenig Zeit lassen wollten; und dies hatte ich schließlich selbst in der Hand. Den Willen dagegen konnte ich den zuständigen Machthabern nicht einflößen. Diese Klippe zu sprengen ging über meine Kräfte.

Das einzig Unangenehme der herrlichen Fahrt war, daß ich noch niemals in zweimal vierundzwanzig Stunden so viel von der Schlauheit und Schlechtigkeit der Menschen im allgemeinen und der Schiffahrtsgesellschaften im besonderen gehört habe wie bei dieser Gelegenheit. Wohin man hörte, standen Grüpplein beisammen und erzählten sich grimmig lächelnd, wie diese oder jene Gesellschaft ihre Konkurrenten, das liebe Publikum, das Abgeordnetenhaus, die hohe Staatsregierung mit glänzendem Erfolg an der Nase herumgeführt habe. Zum Beispiel – doch nein, diese Geschichten sollen auf einem andern Blatt stehen. Ich selbst war durch meinen Aufenthalt im Orient und in Amerika an starken Tabak gewöhnt; meinem wackeren Reisegefährten jedoch wurde es unbehaglich zumute. Er schlich schließlich verlegen schweigend von Gruppe zu Gruppe, mit der Gewißheit, fortwährend vom Regen in die Dachtraufe zu kommen.

Von Krems an, wo die ernsteren Schiffahrtsschwierigkeiten aufhören, fuhren wir mit der Bahn nach Wien, das wir am Nachmittag des zweiten Tages glücklich erreichten, allerdings nachdem die ganze Reisegesellschaft ihr gesamtes Gepäck infolge eines Versehens des gemeinsamen Reisemarschalls verloren hatte. Lang und ich wurden als hochgeehrte Gäste im »Goldenen Lamm« einquartiert, wo in früheren Zeiten die höchsten Fürstlichkeiten abzusteigen pflegten, und begannen in Ermangelung andrer Utensilien mit einem Stückchen Hotelseife Toilette zu machen. Trotz dieses letzten gelungenen Streichs war jedoch die Tätigkeit unsers Kobolds noch lange nicht erschöpft.

Als ich nämlich notdürftig festgeschmückt aus meinem Zimmer trat, befand ich mich in der Mitte von vier ägyptischen Mamelucken des früheren Khedives Ismael-Pascha, von denen ich drei aus alter Zeit persönlich kannte, die mich denn auch stürmisch begrüßten. Gleich darauf erschien am andern Ende des Gangs Mr. Smart, ein früherer Bankier Seiner Königlichen Hoheit, der ebenfalls sein Erstaunen kaum mäßigen konnte, mich hier zu finden. Die Sache wurde doppelt verwickelt, als sie sich aufzuklären begann. Bekanntlich ist nach Niederwerfung der Rebellion Arabis die Frage brennend geworden, ob Tewfik auf dem vizeköniglichen Thron verbleiben soll oder nicht. Mein wackerer Halim, der die berechtigtsten Ansprüche hätte, befindet sich in diesem Augenblick in Paris, um seine Sache zu verfechten. Ismael-Pascha ist im eignen Interesse zum gleichen Zweck vor etlichen Tagen von Neapel hierher geeilt. Nun müssen die infernalischen Mächte, die den Orient regieren, mich zu seinem Zimmernachbar machen, und sein Gefolge glaubt, daß ich hier sei, um als Halim-Paschas Spion die Bewegungen seines Neffen zu belauern. Sie stehen deshalb sorglich vor meiner Türe, wenn ich aus und ein gehe, und winken mir zu: »Ha, ha! Dich haben wir! Du machst uns kein X für ein U vor!« – Kann es ein tolleres Zusammentreffen in einem Satyrspiel neuester Mache geben?

Ägyptische Begrüßungen dauern dreißig Minuten, wenn es gut geht; doch ließen sie mich schließlich meinen Weg zur Festtafel antreten, die trotz der mangelnden »Mitteilungen« meinerseits vom Donauverein in einem der fürstlichen Säle des Hotels gedeckt worden war. Zwischen Rinderbrust und Gänsebraten erhob sich Professor Süß zu einer Anrede, die mir die Schamröte ins Gesicht trieb, so wenig hatte ich sie verdient. Er sprach, und es floß wie Milch und Honig von seinen Lippen: »Vor Jahren stand ein rühriger und kluger Despot an der Spitze eines vieltausendjährigen Reichs und versuchte mit allen Gewaltmitteln des Morgen- und Abendlandes demselben die Größe, den Reichtum und das Glück vergangener Jahrtausende wiederzugeben. Seine Sklaven zitterten vor ihm, seine Fellachin arbeiteten unter Geißelhieben in Schweiß und Blut. Und neben diesem Mann kämpfte ein junger Ingenieur ebenfalls für den Reichtum des Landes, für das Wohl des Volkes, für die Freiheit der Arbeit. Denn nur die Kräfte der Natur durften seine Diener sein, nur der Dampf sein Sklave. Heute will es ein wunderbarer Zufall, daß sich diese beiden wieder unter einem Dach zusammenfinden: der gewalttätige Autokrat als armer Exilierter, der Ingenieur noch immer der Vorkämpfer für das Wohl eines Landes, für die Beherrschung seiner Kräfte, für die Freiheit der Arbeit!«

Ich war tief bewegt und wußte nicht, was auf eine solche Ansprache zu erwidern war; doch auch dies ging vorüber. Der ausgezeichnete Vöslauer und Ungarweine, alte Freunde aus Vilany und Tokai, trugen dazu bei, daß ich versprechen konnte, wenn auch augenblicklich keine Mitteilungen zu machen seien, dies in kurzer Zeit nachzuholen. Es handle sich darum, Dampfer mit Sicherheit durch den Strudel bei Grein zu schleppen, was gegenwärtig mit Hilfe von acht Bauern und zweiunddreißig Ochsen geschehe. Eins nur sei mir heute schon völlig klar: was acht Bauern und zweiunddreißig Ochsen fertig bekommen, werde auch mit den Mitteln der modernen Technik zu erreichen sein, wenn man nur wolle. Allerdings seien selbst zweiunddreißig Ochsen manchmal nicht imstande, den Willen des Menschen in richtige Bahnen zu lenken. Das müßten wir alle schließlich vertrauensvoll den Göttern überlassen. – – –

Als ich am andern Morgen durch Kommerzienrat Langs Schlafzimmer ging, um den Mamelucken vor meiner Türe zu entwischen, war mein Reisebegleiter bereits verschwunden, vermutlich um nach den verloren gegangenen Koffern zu sehen. Ich bemerkte auf seinem Nachttischchen mit dem Rücken nach oben ein aufgeschlagenes kleines Buch und war indiskret genug, nachzusehen, was mein verehrter Freund schon so früh gelesen hatte. Wie ich vermutet, war das Büchlein ein Neues Testament, und das aufgeschlagene Kapitel eines aus den paulinischen Briefen, mit der Überschrift: Paulus entschuldigt seinen Umgang mit den Heiden.

Damit verließ uns der Kobold, der bei diesem Ausflug eine so dreiste Rolle gespielt hatte.


 << zurück weiter >>