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Herbstausstellung

Wie traurig ist das doch, so viele Bilder! Und wie häßlich! Ich sage das nicht, um die Kubisten auch nur im geringsten zu kränken – außerdem achten die Kubisten ja weiter nicht auf mich. Diese Neuerer sind viel zu sehr mit ihrer geradezu pneumatischen Tätigkeit beschäftigt, welche darin besteht, die Luft aus ihren Gemälden zu verdrängen, jenes geheimnisvolle, ein wenig göttliche Etwas, das man Perspektive nennt, zu vergessen, jenes Wunder, das vor vier Jahrhunderten plötzlich die gemalte Gestalt von der Wand loslöste, an der sie geklebt hatte, die Porträts von Bäumen und Bergen mit einem ihnen notwendigen Hauch erfüllte und die Wolke, die gewellte Ebene oder die Wogen des Meeres bis an den Rand des Himmels rückte …

Trotzdem berufe ich mich nicht auf euch, o Nebeldünste Corots, o Himmel Turners und ihr Gärten und durststillenden Gewässer Claude Monets, wenn ich mich an den Porträtisten des Verlegers Figuière wende und ihn frage: »Porträtist (so wirst du ja wohl genannt!) des Verlegers Figuière, woher kommt es, daß du keinerlei auch noch so geringe kubistische Interpretation der Buchtitel gefunden hast, die, wenn ich so sagen darf, das Haupt des porträtierten Verlegers mit einem Strahlenkranze umgeben?«

Selbst unter der munteren Mitwirkung des Kubismus hat solch eine Menge von Bildern nichts Heiteres. Ich weiß, daß »Ausstellung« nur ein höfliches Wort für Kaufladen ist, weiß, daß hier Bilder an den Mann gebracht werden sollen. Doch in welcher Krambude setzte man sich heute so völlig über Gruppierung und Harmonie hinweg? Wäre man im Erdgeschoß mit den Möbeln ebenso umgegangen, so hätte die empfindlichere Kunst der Innendekoration laut um Hilfe geschrien – sie, die ihre auserlesenen Werke liebevoll voneinander trennt und einzeln in luxuriösen oder kunstlos schlichten Verschlägen unterbringt. Nichts fehlt: die Nachttischlampe brennt neben dem Bett, das Buch liegt auf dem Tisch, und neben der gefüllten Obstschale entblättert sich eine rote Rose. So gut wirkt die geschickte Anordnung, daß man einen Augenblick lang jedes dieser knapp zusammengerückten Interieurs hinter der Samtkordel fast sein eigen nennen möchte. Ja, ich gebe es zu, ich wollte, man schenkte mir das seifig blaue Zimmer, das blutarme für blasse Damen, auch das hartkantige Boudoir und die Schlafzimmereinrichtung von trübvioletter Farbe, den Salon in Gold, das eisige Atelier und noch zwanzig andere! Jawohl, es wäre mir recht, wenn ich all das zum Geschenk bekäme, denn ich hätte die Frechheit, es sogleich wieder zu verkaufen. Und dann kaufte ich mir …

… Dann kaufte ich mir – schwarz, lebendig in seinem weichen Fell und all seinen Muskeln aus Bronze, heiter, aufmerksam und noch nicht bedrohlich – ich kaufte mir das Tier mit der schönen, schlichten Schnauze, dem reizbaren kleinen Kinn, den edlen Pfoten, deren Rhythmus und Gleichgewicht den Blick entzücken – ich kaufte mir das Geschöpf voll der vornehmsten Wildheit – ich kaufte mir den Panther von M. B. …


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