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Man findet manchen Narren auch,
Der aus der Schrift schön färbt den Gauch
D. h. seine Narrheit ausstaffiert, ausschmückt.
Und dünkt sich vornehm und gelehrt,
Wenn er die Bücher
umgekehrt
Und hat verzehrt den Psalter schier
Bis an den Vers: Beatus vir,
»Wohl dem Manne . . .«; damit
beginnt der Psalter.
Und meint, hab Gott ihm Gut beschert,
So werde ihm das nie versehrt.
Soll er dann fahren zu der Hölle,
So will er sein ein guter Geselle
Und leben recht mit andern wohl,
Ihm werde, was ihm werden soll.
Narr, laß von solcher Phantasei,
Du steckst sonst bald im Narrenbrei!
Daß Gott ohn Arbeit Lohn verspricht,
Verlaß dich drauf und backe nicht
Sprichwörtlich für: die Hände in den Schoß legen. Die Aufforderung ist natürlich ironisch gemeint.
Und wart, bis dir 'ne Taube gebraten
Vom Himmel könnt in den Mund geraten!
Denn sollt
so einfach es zugehn,
So würde jeder Knecht besehn
– Er arbeit' oder sei ein Gauch –
Denselben Lohn: das ist nicht Brauch!
Was sollte Gott mit ewigem Dank
Dir lohnen deinen Müßiggang,
Oder einem Knecht, der schlafen wollt,
Mit seinem Reich und großem Sold?
Ich sag, daß niemand auf Erden lebe,
Dem Gott ohn Gnade etwas gebe,
Oder bei dem er stehe in Pflicht,
dem er sy pflychtig üt, zu etwas verpflichtet sei; mit Anspielung auf ein dienstpflichtiges Verhältnis.
Denn er ist uns verschuldet nicht.
Ein freier Herr schenkt, wem er will,
Und gibt uns wenig oder viel,
Wie ihm beliebt; wen geht es an?
Er weiß, warum er es getan.
Ein Töpfer aus dem Erdkloß macht
Geschirr, wie er sich hat erdacht,
Vgl. Römerbrief 9, 20 ff. Im Original heißt es in stärkerer Anlehnung daran:
Eyn erlich gschyrr / sunst vil veracht.
Formt Kacheln, Häfen, Wasserkrüge,
Damit es jedem Wunsch genüge,
Die Kachel spricht ihm nicht darein:
»Ich sollt ein Krug, ein Hafen sein!«
Gott weiß, dem es allein zukommt,
Wie jedes Ding dem Menschen frommt,
Warum er Jakob hat erwählt
Und Esau ihm nicht gleichgestellt,
Warum er Nebukadnezar,
Der viel gesündigt manches Jahr,
Gestraft und dann zur Reu ließ kommen
Und in sein Reich hat aufgenommen,
Doch Pharao mit Geißeln hart
Bestraft, der doch nur schlechter ward.
In dieser Zusammenstellung dem Decretum Gratiani des Corp. iur. can. entnommen (II, 23, 4).
Eine Arznei macht den einen gesund
Und macht den andern noch mehr wund.
Denn der eine, nachdem er empfand
Die Strafe aus Gottes mächtiger Hand,
Gedachte der Sünden mit Seufzen im stillen;
Der andre folgte dem freien Willen
Und merkte Gottes Gerechtigkeit,
Weil er mißbraucht seine Barmherzigkeit.
Denn Gott hat immer an jeden gedacht,
Er weiß, warum ers also gemacht.
Wenn es als billig ihm gefallen,
Hätte er Rosen gemacht aus allen,
Aber auch Disteln er haben wollte,
Dran man Gerechtigkeit sehen sollte.
Der war ein neidisch-boshafter Knecht,
Der meinte, ihm täte sein Herr nicht recht,
Da er ihm gab den bedungenen Sold
Und einem andern, was er wollt;
Der wenig Arbeit hatte getan,
Den ließ er gleichen Lohn empfahn.
Anspielung auf das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, vgl. Matthäus 20, 1–16.
Man findet viel gerechte Leut,
Die haben auf Erden schlechte Zeit,
Gott läßt es ihnen also gehn,
Als wäre viel Sünd von ihnen geschehn.
Dagegen findet man Narren oft,
Die haben viel Glück und unverhofft
Und sind in ihren Sünden so frei,
Als ob ihr Werk ganz heilig sei.
Drum ist verborgen Gottes Gericht,
Seine letzten Gründe weiß man nicht,
Je mehr man die zu erforschen begehrt,
Je weniger man davon erfährt,
Und wer da wähnt, er hab sie enthüllt,
Ist recht mit Finsternis erfüllt.
Denn alles wird uns aufgespart
Für künftige, unsichre Hinfahrt.
Drum lasse Gottes Allwissenheit,
Die Ordnung seiner Fürsichtigkeit
Stehn, wie sie steht! Tu recht und wohl!
Gott ist barmherzig, gnadenvoll!
Laß wissen ihn alles, was er weiß:
Tu recht! Den Lohn ich dir verheiß;
Harr aus! So geb ich dir mein Wort,
Du kommst nicht in die Hölle dort!
Im Original:
Beharr / so gib ich dir myn sel / Zuo pfand / du kumbst nit jnn die hell.