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17.
Wer Gut hat, sich ergötzt damit
Und teilt es nicht dem Armen mit,
Dem wird versagt die eigne Bitt'.

Von unnützem Reichtum

Die größte Torheit in der Welt
Ist, daß man ehrt vor Weisheit Geld
Und vorzieht einen reichen Mann,
Der Ohren hat und Schellen dran;
Der muß allein auch in den Rat,
Weil er viel zu verlieren hat.
Einem jeden glaubt so viel die Welt,
Als er trägt in der Tasche Geld:
»Herr Pfennig!«, Beliebte Personifikation des Reichtums, Pfenning steht für Geld überhaupt. der muß stets vornan.

War noch am Leben Salomo,
Man ließ ihn in den Rat nicht so,
Wenn er ein armer Weber wär
Oder ihm stund der Säckel leer.
Die Reichen lädt man ein zu Tisch
Und bringt ihnen Wildbret, Vögel, Fisch,
Und tut ohn Ende ihnen hofieren,
Dieweil der Arme vor der Türen
Im Schweiß steht, daß er möcht erfrieren.
Zum Reichen spricht man: »Esset, Herr!«
O Pfennig, man gibt dir die Ehr;
Du schaffst, daß viel dir günstig sind:
Wer Pfennige hat, viel Freund' gewinnt,
Den grüßt und schwagert jedermann.
Hält einer um 'ne Ehfrau an,
Man fragt zuerst: »Was hat er doch?«
Wer fragt nach Ehrbarkeit denn noch
Oder nach Weisheit, Lehre, Vernunft?
Man sucht einen aus der Narrenzunft,
Der in die Milch zu brocken habe,
Ob er auch sei ein Köppelknabe. Kuppler oder Baderknecht; beide Begriffe mochten zu Brants Zeit zuweilen zusammenfallen. Vgl. Kap. 77.
Kunst, Wissenschaft. Ehre, Weisheit gelten nicht,
Wo an dem Pfennig es gebricht.
Doch wer sein Ohr vor dem Armen stopft,
Den hört Gott nicht, wenn er auch klopft. Sprüche Salomonis 21, 13.


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