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56.
Nie Macht so groß auf Erden kam,
Die nicht beizeiten ein Ende nahm,
Wenn ihr das Ziel und Stündlein kam.

Vom Ende der Gewalt

Man findet Narren mannigfalt,
Die sich verlassen auf Gewalt,
Als ob sie ewig sollte stehn,
Die doch wie Schnee pflegt zu zergehn.
Der Kaiser Julius war genug
Reich, mächtig und an Sinnen klug,
Ehe er mit Gewalt gebracht
An sich der Römer Reich und Macht.
Als er das Zepter an sich nahm,
Ihm Sorg und Angst in Haufen kam;
Da war er nicht an Rat so klug:
Denn bald darob man tot ihn schlug.
Darius hatte ein großmächtig Land
Und konnte bleiben daheim ohn Schand
Und hätte behalten Gut und Ehr,
Doch da er wollte suchen mehr
Und haben das, was sein nicht war,
Verlor er auch das Seine gar.
Xerxes, der bracht nach Griechenland
Des Volks soviel wie Meeressand,
Das Meer mit Schiffen er bedeckte,
Daß er die ganze Welt erschreckte.
Und doch, was wars, das er gewann?
Er griff Athen so grausig an,
Wie sonst der Löwe packt ein Huhn
Und – floh doch, wie die Hasen tun.
Als König Nabuchodonosor Nebukadnezar; vgl. Judith 1. 2.
Mehr Glück zufiel denn je zuvor
Und er Arphaxad überwand,
Wollt er erst haben alle Land!
Nach Gottes Macht hatt er Begier
Und – ward verwandelt in ein Tier.
Gar leicht ich euch noch viele nennte
Im Alten und Neuen Testamente,
Aber mich dünkt, das tut nicht not.
Gar wenig sind in Ruhe jn ruowen, d. h. sind eines ruhigen Todes gestorben; vielleicht aber auch Druckfehler für ruewen, d. h. in Reue. tot
Und sterben auf dem eignen Bette,
Die man nicht sonst getötet hätte.
Drum merket ihr Gewaltigen all:
Ihr sitzet wahrlich in Glückes Fall! D. h. dem Zufall preisgegeben, wie das Glück es will.
So seid nun weise und achtet aufs Ende,
Daß Gott das Rad euch nicht umwende!
Fürchtet den Herrn und dienet ihm!
Wenn euch sein Zorn ergreift und Grimm,
Der bald schon wird entflammen sehr,
Wird eure Macht nicht bleiben mehr,
Sie wird vielmehr mit euch zergehn.
Ixions Rad Ixion, König der Lapithen in Thessalien, entbrannte in Liebe zur Göttin Hera und wurde zur Strafe in der Unterwelt an ein sich ewig drehendes, feuriges Rad geschmiedet. Vgl. Vergils Georgica IV, 484. bleibt nimmer stehn,
Denn es läuft um von Winden klein,
Drum selig, wer hofft auf Gott allein!
Es fällt und bleibt nicht in der Höhe
Der Stein, den wälzt mit Sorg und Wehe
Den Berg auf Sisyphus, Nach der griechischen Sage war Sisyphus König von Korinth und berüchtigt als verschlagener Straßenräuber; als Strafe mußte er in der Unterwelt ein Felsstück auf einen Berg wälzen, von dessen Gipfel es immer wieder herabrollte. der Narr.
Glück und Gewalt währt nicht viel Jahr',
Denn nach der Alten Spruch und Sage
Wächst Haar und Unglück alle Tage.
Unrechte Macht nimmt gründlich ab,
Das zeigt mit Jezabel Ahab, 1. Könige 21. 22.
Und hat ein Herr sonst keinen Feind,
So muß er fürchten sein Gesind
Und die ihm nächste Freunde sind,
Die bringen ihn um seine Macht.
So hat des Herren Reich gebracht
An sich Zambri Simri; vgl. 1. Könige 16, 9 ff. durch Mord und Schlag
Und ward ein Herr auf sieben Tag'.
Alexander die ganze Welt bezwang:
Er starb durch eines Dieners Trank.
Darius entfloh aus aller Not:
Sein Diener Bessus stach ihn tot.
So endet Macht und stolzer Mut:
Cyrus, der trank sein eigen Blut.
Auf Erden Macht so hoch nie kam,
Die nicht ein End mit Trauern nahm.
So mächtge Freunde hat kein Mann,
Daß einen Tag er vorausgewann
Und sicher war einen Augenblick,
Daß er sollt haben Macht und Glück.
Denn was die Welt aufs höchste schätzt,
Das wird verbittert doch zuletzt;
Und wer sich stolz erhob und stand,
Der schau und gleit' nicht auf den Sand,
Daß ihm nicht werde Spott und Schand.
So ist es närrisch um Macht bestellt, Groß narrheyt ist umb grossen gwalt: ein Selbstzitat Brants aus Kap. 46.
Da man sie selten lange behält!
Und wenn ich durchforsche die Reiche bisher:
Assyrien, Meder und Persier,
Mazedonien und Griechenland,
Karthago und der Römer Stand,
So haben sie alle gehabt ihr Ziel.
Das Römsche Reich D. h. das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, als Erbe der früheren Weltreiche. bleibt, solang Gott will;
Gott hat gesetzt ihm Maß und Zeit,
Der geb, es werde so groß und weit,
Daß ihm sei Untertan die Welt,
Wie sichs nach Fug und Recht verhält. Das jm all erd sy underthon / Als es von recht und gsatz solt han.


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