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9.
Wer schlecht an Sitte und Gebärde
Und guckt, wo er zum Narren werde,
Der schleift die Kappe an der Erde.

Von schlechten Sitten

Viel gehn in Schauben Lange, vorn offene Mäntel, wie auf dem Holzschnitt dargestellt. stolz daher
Und werfen den Kopf bald hin, bald her,
Dann hin zu Tal, dann auf zu Berg,
Dann hinter sich, dann überzwerch, In die Quere, seitwärts.
Bald gehn sie rasch, dann sehr gemach;
Das zeigt als Zeichen und Ursach,
Daß sie leichtfertig von Gemüte,
Wovor man sich gar billig hüte.
Wer klug nach guter Sitte späht,
Dem auch sein Wesen wohl ansteht,
Und was er auch beginnt und tut,
Das dünket jeden Weisen gut.
Die echte Weisheit fängt an mit Scham,
Ist züchtig, still und friedesam,
Es ist bei ihr dem Guten wohl,
Drum füllt sie Gott der Gnaden voll. Jakobus 3, 17.
Viel besser hat man gute Gebärde, D.h. gutes Betragen, das bei Brant als Zeichen der inneren Gesinnung gilt.
Denn allen Reichtum auf der Erde,
Weil aus den Sitten man bald entnimmt,
Wie einer im Herzen ist gestimmt.
Gar mancher der Sitten wenig schont,
Das macht, sie sind ihm ungewohnt,
Er ist erzogen nicht dazu,
Drum hat er Sitten wie eine Kuh.
Die beste Zierde, der höchste Nam',
Sind gute Sitten, Zucht und Scham.
Noah wohl guter Sitten pflag,
Doch schlug ihm Ham, sein Sohn, nicht nach. 1. Mose 9, 22
Wer einen weisen Sohn gebärt,
Den man Vernunft, Sitt', Weisheit lehrt,
Der danke Gott doch früh und spat,
Der ihn mit Gnade versehen hat.
In des Vaters Nase biß Albin, Nach einer alten Erzählung, die als Variante einer Fabel des Äsop auch in den Schwänken des 16. Jh. überliefert ist, biß ein Sohn, als er unter dem Galgen stand, dem Vater, der ihn schlecht erzogen, die Nase ab. Bei Brant drastischer: Syns vatters nase Albinus aß, das er jn nit hatt gzogen baß.
Weil der ihn nicht besser ließ erziehn.


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