Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

LXII.
Nemesis.

Der Umzug nach Torryville wurde durch hundert unvorhersehbare Ereignisse verzögert. Horace drängte sich allmählich die Überzeugung auf, dass Kate sie mit Fleiß hinaus zögerte und gar nicht die Absicht hatte, sich dauerhaft an jenem Ort anzusiedeln, zu dem ihn seine Neigungen und Interessen hinzogen. Er saß in der herrlichen Bibliothek seines Schwiegervaters (sie war gefüllt mit hübsch gebundenen Büchern, die von keinem gelesen wurden) und grübelte verbittert über das Schicksal, das ihm ins Haus stand, wenn sie es rundweg ablehnen sollte, ihn nach Torryville zu begleiten, wie sie ja bereits zuvor abgelehnt hatte, sein Leben in Albany zu teilen. Wenn sie nein sagte, dann meinte sie, wie er wusste, dieses ›nein‹ nachdrücklich und unerbittlich.

Die hochtrabende Rede, die er einst vor Aleck gehalten hatte, dass er beabsichtige, sich das Leben anderer tributpflichtig zu machen, tauchte langsam, Wort für Wort, mit jeder neuen Zigarrenrauchwolke wieder vor ihm auf; und er grinste sardonisch über sich selbst bei dem Gedanken an seine grobe Täuschung.

Kate war ein bezaubernder Tribut, wahrlich! Sie bestand nicht allein darauf, den Verlauf ihres eigenen Leben zu regeln, sondern obendrein auch noch seines. Wenn sie sich nicht trennen wollten, gab es keine Alternative, als sich zu einer Art modus vivendi zusammen zu raufen; weiter im Widerspruch zueinander zu arbeiten, wie sie es bisher getan hatten, war selbstmörderisch. Ihr Leben musste zusammen verlaufen und den Kurs einschlagen, den die stärkere Macht in dem vereinigten Kraftstrom bestimmte. Das war ein Naturgesetz, gegen das sich zu sträuben keinen Sinn hatte. Er hatte diese Tatsache häufig mit großer Genugtuung verkündet und zum Missbehagen hypothetischer Gegenspieler. Aber jetzt – und da lag der Hase im Pfeffer – umklammerte ein schrecklicher Zweifel mit kalter Hand sein Herz: War er die stärkere Macht – oder Kate?

Horace warf seine Zigarre in eine große Satsuma-Vase Porzellan, das aus der japanischen Provinz Satsuma stammt, seit etwa 1600 berühmt für erlesene und kostspielige Produkte dieser Art., die vor dem leeren Kamin stand, und entzündete eine neue. Er ließ seine Augen über die reich geschnitzte Eichendecke wandern, nahm eine Zeitung, die auf dem Boden lag, und versuchte zu lesen. Aber alles schien fad und unnütz.

Falls er vor der Alternative stand, entweder sein Leben als Satellit der Familie seiner Frau zu verbringen oder sein eigenes Leben fern von ihr zu führen: was sollte er tun? Es war ein ernstes Problem, das ernsthaft erwogen werden musste. Wieso konnte Kate nicht zu der Erkenntnis gebracht werden, dass es zu ihrem Nutzen geschah, wenn sie ihm gestattete, sein eigenes Schicksal heraus zu finden und seine eigenen Ziele zu verfolgen? Es war tatsächlich schwer zu begreifen, warum das Zusammenleben mit einer so bewundernswerten Frau, wie Kate es zugestandener Maßen allseits war, so schwer sein sollte.

Er befand sich mitten in diesen verzagten Grübeleien, als der Butler eintrat und ihm eine feinsäuberlich gedruckte Karte mit der Aufschrift Reverend Arthur Robbins reichte. Das hatte jetzt gerade noch gefehlt, um das Maß seiner Verbitterung zum Überlaufen zu bringen! Was zum Teufel konnte der alte Herr von ihm wollen, als ihn wegen seiner früheren Vergehen zur Rede zu stellen?

»Sie sollten diese Karte besser nach oben bringen,« sagte er zum Butler; »es ist Mr. Van Schaak, den der Herr zu sprechen wünscht.«

»Er fragte ausdrücklich nach Ihnen, Sir. Er bestand wirklich sehr darauf, Sir, dass er Sie zu sprechen wünsche, Sir.«

»Na gut, führen Sie ihn herein.«

Er bereute die Worte in dem Augenblick, als er sie aussprach; aber wenn Mr. Robbins einen besonderen Auftrag für ihn hatte, waren Ausflüchte natürlich nutzlos. Er erhob sich, als der Geistliche eintrat, und schüttelte seine Hand ziemlich steif und mechanisch.

»Ich hoffe, es geht Ihnen gut, Sir,« sagte er, ihm einen Sitzplatz anbietend; »Mrs. Larkin würde sich sehr freuen, Sie zu empfangen. Ich werde sie davon benachrichtigen, dass Sie hier sind.«

Er wollte gerade den Knopf der elektrischen Klingel drücken, als Mr. Robbins ihm etwas beklommen in den Arm fiel.

»Nein, ich bitte Sie, rufen Sie sie nicht,« sagte er, »es ist so, dass – ich – ich würde sie lieber nicht sehen.«

Sein Stimme klang so gequält, dass sie bei ihrem Zuhörer ein mitfühlendes Echo hervorrief. Sogar der am wenigsten Empfindsame unter uns hat Stimmungen, in denen er für Gefühle empfänglich ist.

Horace bemerkte mit gutwilligem Interesse, wie weiß Mr. Robbins geworden war, wie ernst und faltig. Er sah aus wie jemand, den der Kummer zu Boden drückt. Von dem feinen intellektuellen Lächeln, das früher seine Züge aufgehellt hatte, war nicht einmal eine Andeutung noch übrig. Die Linien um seinen Mund wirkten angespannt und ängstlich und sein Blick sorgenvoll. Sein Aufzug hingegen war immer noch peinlich akkurat, sein weißes Halstuch makellos, und seine kleinen, wohlgeformten Füße steckten in Schuhwerk von fast aufdringlicher Perfektion. Was jedoch seinen Gesprächspartner am meisten beeindruckte, war eine gewisse verlegene Ehrerbietung in seinem Verhalten, die sich von seiner früheren heiteren Erhabenheit stark unterschied.

Sie tauschten eine Weile die üblichen Gemeinplätze über das Wetter und höfliche Fragen zu Freunden und Verwandten aus. Horace sah sich jedenfalls vor, die Sprache nicht auf diejenige zu bringen, die in den Köpfen beider zuoberst stand, so dass Mr. Robbins sich genötigt fühlte, sie unverlangt einzubringen.

»Ja, das Wetter war diesen Frühling ziemlich anstrengend, sogar in Florida,« sagte er; nachdem er entschuldigend in sein Taschentuch gehustet hatte, fuhr er fort: »Wissen Sie, wir mussten den Winter im Süden verbringen, der Gesundheit meiner Tochter Bella wegen.«

»Ihr Gesundheitszustand wird sich gewiss verbessern,« bemerkte Horace betreten.

»Nein, sie stirbt,« sagte Mr. Robbins, stand abrupt auf und ging zum Fenster.

Horace versuchte zum Ausdruck zu bringen, dass es ihm leid tue; aber die Worte blieben ihm im Hals stecken. Ein dunkles Gefühl von Schande überschlich ihn, und vages Unbehagen begann ihn zu bedrängen. Er hätte nicht genau sagen können, ob es sein Gewissen war, das ihm unbequem wurde, oder ob es bloß an der Peinlichkeit der Situation lag. Ihm war völlig klar, dass er sich wie ein Schurke verhalten hatte; aber er gehörte zu jenen Charakteren, die sich nicht unbedingt selbst gefallen müssen, um sich behaglich zu fühlen. Er hatte im Sinne seiner eigenen Interessen gehandelt; ein entsetzlicher Zweifel erhob sich jedoch drohend beim Aufwallen dieses Gedankens, und ein dumpfer Schmerz nistete sich in seinem Herzen ein.

Hatte er tatsächlich im Sinne seiner eigenen Interessen gehandelt? Hatte er nicht eher, in rücksichtsloser Missachtung aller anderen Interessen außer seinen eigenen, sich selbst betrogen und ausgetrickst? Was wäre aus seinem Leben geworden, wenn er Bella die Treue gehalten hätte?

Er erkannte es blitzartig, und ihr bleiches, herzergreifendes Gesicht mit seinem ängstlichen Lächeln, so voller bereitwilliger, inbrünstiger Bewunderung, tauchte aus seiner Erinnerung vor ihm auf. Armes Kind! Sie hatte ihn tatsächlich geliebt. Und diese Liebe, die er so herzlos zurückgewiesen hatte – er sah in diesem Augenblick, wie schön, wie köstlich sie war.

Als Mr. Robbins seine Regung gemeistert hatte, wandte er sich wieder zu dem Mann um, der, indem er das Leben seiner Tochter zerstört, sein eigenes zu Grunde gerichtet hatte; und weder verfluchte er ihn noch drohte er ihm mit Verhängnis und Vergeltung für das begangene Unrecht, sondern schaute ihn nur mit unbehaglicher Verlegenheit an, gab ein leichtes Husten von sich und sagte dann:

»Ich bin gekommen, um Sie um einen Gefallen zu bitten, Mr. Larkin; Bella will Sie sehen.«

Die Stimme brach ihm Mitleid erregend, und er wandte sich zum Fenster.

Horace stand auf und begann umher zu gehen. Niemals im Leben war er sich so schmutzig vorgekommen, so gemein und verachtenswert. Ein gewaltiges Gewicht von Weh in ihm drängte aufwärts und drohte ihn zu überwältigen.

»Ich muss jetzt Ihre Antwort haben,« sagte sein Besucher heiser; »wir haben keine Zeit zu verlieren.«

Horace ging wortlos hinaus auf den Flur und ergriff seinen Hut; Mr. Robbins folgte ihm. Sie gingen rasch über den Platz, die 21st Street hinunter zur 4th Avenue und nahmen die Pferdebahn in den Nordteil Manhattans. In der Gegend der Madison Avenue und der 58th Street betraten sie ein ruhiges Familien-Hotel und wurden vom Aufzug in den dritten oder vierten Stock gefahren. Über einen langen, teppichbelegten Flur, an dessen Ende ein schlafendes Zimmermädchen saß, erreichten sie eine Tür mit der Nummer 149, die der Geistliche öffnete.

Die Luft darin roch penetrant nach Medizin. Die Rolladen an den Fenstern waren heruntergezogen; aber der helle Mai-Sonnenschein schimmerte durch und offenbarte das übliche Hotelzimmer mit einem schwarzen Walnusstisch, einem mit Rips bezogenen Sofa und einem halben Dutzend Stühle.

Gerade trat ein junges Mädchen mit schwarzen Eichhörnchenaugen und einem stark zurückweichenden Kinn ein, und Horace erkannte eines der Nagetiere namens Nettie. In ihrem Zunicken über die Schulter glaubte er unterdrückte Feinseligkeit wahrzunehmen. Sie unterhielt sich flüsternd mit ihrem Vater, der sich dann entschuldigte und auf Zehenspitzen in den angrenzenden Raum ging. Nettie blieb an der Tür stehen und schaute den Besucher finster an.

»Ich hoffe, Sie fühlen sich jetzt gut,« sagte sie frei heraus.

Horace erwiderte ihren Blick, war aber zum ersten Mal in seinem Leben um eine Antwort verlegen. Wie könnte er sie dafür tadeln, dass sie ihn hasste? Was für ein monströser Übeltäter musste er für sie sein! Zwei oder drei Minuten dauerte dieses peinigende tête-à-tête. Aber es wurde weiter nichts gesagt.

Dann öffnete Mr. Robbins die Tür und winkte Horace, der sich erhob und schwerfällig durch den Raum ging. Er spürte nichts, nur ein dumpfes Herzweh und hilfloses Bedauern, dass er mit gekommen war. Was konnte dieses Zusammentreffen ihm oder ihr nützen, nun, wo alles unwiderruflich vorbei war und nur noch Tränen vergossen und Qualen erlitten werden konnten?

Er wandte sein Gesicht ab, als er die Schwelle überschritt, und wartete einen einen Augenblick, bevor er Mut zum Hinschauen gefasst hatte. Die Tür wurde leise hinter ihm geschlossen; ein leichtes Zittern durchdrang seine phlegmatische Natur. Als seine Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, ließ sein Mut wieder nach. Er wusste, dass ihm ein Schock bevorstand, und ein schmerzhafter dazu. Aber nun war es zu spät, sich zurückzuziehen.

In verbissener Entschlossenheit wandte er sich um und näherte sich dem Bett. Er wollte es hinter sich bringen, je früher, um so besser. Er hatte alle Kraft zusammen genommen, fuhr aber doch zurück vor dem Blick, auf den seine Augen trafen. Und es war ein bemitleidenswerter, herzzerreißender Blick.

Mit Kissen aufgebettet, mit unnatürlich gerötetem Gesicht, dessen Knochenstruktur auf grausame Weise betont war, lag dort das arme, kleine Mädchen, das sich ihm in den Weg geworfen hatte, um sich von seinen Füßen erbarmungslos niedertrampeln zu lassen. Und doch: wie anrührend war ihre Liebe, die sie ihm, beinahe unverlangt, geschenkt hatte, und wie wenig hatte er sie zu schätzen gewusst! Er hatte das Geheimnis ihres Herzens gekannt, lange bevor sie es enthüllt glaubte; und er hatte es beleidigt und verachtet und ihm doch in einer flüchtigen Laune von Großherzigkeit seine herablassende Zustimmung gewährt. Wie bitter bereute er nun diese Großherzigkeit; denn sie war es und nicht seine Verachtung, die sie getötet hatte.

Horace stand lange vor dem Bett und schaute auf das Gesicht, das sich durch seine hochrote Färbung vom Kissen abhob. Das mühselig keuchende Atmen der Kranken füllte das Schweigen. Es brach ihm das Herz vor Mitleid, sie so zerbrechlich zu sehen, abgemagert von Krankheit und Leiden. Ihre Wangenknochen traten grässlich hervor; und sogar die Knochen ihrer Schläfen und Unterkiefer zeigten unter der gespannten Haut deutlich ihre Konturen. Ihre Hände, die bewegungslos auf der Bettdecke lagen, ließen ihre Anatomie schrecklich deutlich erblicken. Nur ihr welliges blondes Haar war unverändert und wirkte durch den Kontrast mit ihrem ausgemergelten Gesicht zu schwer für die Gestalt, zu der es gehörte – so als habe es dieser die letzten Lebenstropfen entzogen.

Nach einer Weile wurde er gewahr, dass sie um seine Gegenwart wusste und sich bemühte, zu ihm zu sprechen. Aber immer wieder versagte ihr die Stimme. Ihre Augenlider schienen schwer, und sie hob sie in kraftloser Anstrengung, aber sogleich fielen sie wieder zu.

Er sank vor ihrem Bett auf die Knie, nicht aus Ergriffenheit, sondern weil er ihren Wunsch zu sprechen spürte und ihr unnötige Anstrengung ersparen wollte.

»Ich bin froh, dass du gekommen bist,« waren die ersten Worte, die er unterscheiden konnte; und dann, nach einer langen Pause: »Horace.«

Er beugte sich über sie und lauschte; aber lange Zeit kam kein weiterer Laut; aus der Bewegung ihrer Finger erriet er, dass er ihre Hand nehmen sollte, und an der Entspannung ihres Gesichtsausdrucks erkannte er, dass er richtig geraten hatte.

»Ich wollte – dich sehen,« flüsterte sie, »weil – weil – ich nicht wollte, dass du dich schlecht fühlst – denn ich – weiß – dass du es – sonst tätest – Horace – wenn ich tot bin.«

Er fühlte sich, als breche ihm das Herz. Ihr war nie klar gewesen, wie wenig er sich aus ihr gemacht hatte; sie hatte sich bis zum heutigen Tag eingebildet, dass er sie geliebt hatte; sie hatte ihn für schuldlos gehalten und ihren Vater beschuldigt, ihn fort getrieben zu haben. Aus Verzweiflung natürlich, nicht aus kaltblütiger Kalkulation hatte er Kate geheiratet; und sein Leben war, in gewissem Maße, ebenso vernichtet wie ihres.

Was für eine jämmerliche Liebesgeschichte, fürwahr! Und doch war er froh, dass sie an ihr festhielt, dass ihre letzten Tage nicht durch Qualen einer verschmähten Zuneigung verbittert wurden. Ein bestätigendes Drücken ihrer Hand war alles an Antwort, was er ihr geben konnte; und ein schwacher Schatten von Freude huschte über ihre ausgezehrten Züge. Ihr dankbarer Blick verriet ein zärtliches Eigentumsrecht, eine berührende Hingabe.

»Du weißt,« fuhr sie nach einer weiteren Pause fort, »ich war nie – ganz gesund. Ich war – krank – als ich mich mit dir verlobte. Aber – aber ich konnte es nicht sagen – das war falsch, ich weiß – aber ich konnte es nicht. Weißt du noch, was du mir damals gesagt hast – ja?«

»Nein. Ich weiß nicht,« murmelte er.

Das angestrengte, ängstliche Lächeln, das er so gut kannte, oder bloß dessen Geist, schwebte über ihren Lippen, und eine plötzliche Feuchtigkeit verdunkelte seine Augen und zwang ihn, sich abzuwenden, wenn er sie nicht durch sein Weinen peinigen wollte. Aber sie bemerkte den Wechsel in seinem Gesichtsausdruck, bevor er dessen selbst gewahr wurde.

»Horace,« wiederholte sie, »ich bin – so froh, dass du gekommen bist.«

»Aber was war es, das ich zu dir gesagt habe?« fragte er mit einer Stimme, die ihm fremd in den eigenen Ohren klang.

»Oh, ja,« antwortete sie mit sich erhellenden Augen, »du wirst dich erinnern – du sagtest, – wenn du heiratest – dann willst du zuerst Gesundheit – dann Wohlstand – und dann – Ausgeglichenheit. Ich besaß keine Gesundheit – aber es war mir egal – muss ich dir sagen – das war falsch – ich weiß – aber – aber – jetzt – hab' ich's dir gesagt – da musst du dich nicht – wegen mir schlecht fühlen.«

Sie sprach mit schmerzhaften Unterbrechungen und hatte große Artikulationsschwierigkeiten. Nur durch eine ergreifende Anstrengung gelang es ihr, die letzten Worte verständlich zu machen. Ihre Augen schlossen sich wieder, und sie sank in eine schwere Benommenheit.

Lange Zeit lag er auf seinen Knien, hielt ihre schmalen heißen Hände und lauschte ihrem mühseligen Atmen. Seine Gedanken streiften durch die Vergangenheit, und alle Szenen seines Lebens aus Kindheit und früher Jugend liefen im Panorama vor seinem inneren Auge ab. Und je mehr er nachdachte, um so heftiger wurden die reuevollen Stiche wegen dem, was getan, und dem, was unterlassen worden war. Sein Gemüt war aufgewühlt bis in die Tiefe; und schlummernde Gefühle erhoben sich in Aufruhr und fochten mit dem Schicksal, jenem Unvermeidlichen, Unerbittlichen. Er hätte sich nie träumen lassen, dass er eine solche Leidensfähigkeit besaß.



 << zurück weiter >>