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XVI.
Die Saat der Drachzähne.

Die Sage von der › Saat der Drachenzähne‹ ist ein Teil der Kadmos-Sage, die wiederum den Gründungsmythos der griechischen Stadt Theben darstellt: Kadmos, der Bruder der entführten Europa, erhält von seinem Vater den Auftrag, nach ihr zu suchen; nach verschiedenen Abenteuern weist das Orakel von Delphi ihn an, statt nach Europa nach einer Kuh mit weißer Zeichnung zu suchen, ihr zu folgen, und dort, wo das Tier sich erschöpft niederlasse, eine Stadt zu gründen. Als die Kuh sich nach langer Zeit im Gras niederlässt, suchen die Männer des Kadmos nach einer Quelle, an der sie jedoch von einem Drachen getötet werden. Kadmos vermag das Ungeheuer zu erlegen. Athene erscheint und überlässt ihm fünf der Drachenzähne, damit er sie in den Boden pflanze. Aus dieser Saat wachsen Männer, die sich gegenseitig bekämpfen. Als nur noch fünf von ihnen übrig sind, schließen sie miteinander Frieden, und mit diesen baut Kadmos an der besagten Stelle eine Stadt, die später den Namen Theben erhält.

Auf dem Hochschul-Campus entdeckte Gertrude ihres Vaters braune Stute und den wohlbekannten, mit getrocknetem Schlamm beschmutzten Buggy. Mr. Larkin wurde sogleich sichtbar, als er in Begleitung des jungen Tutors Rodney aus der neuen Wetterstation heraus kam. Er hatte den Apparat begutachtet, dessen Anwendung er sich von dem jungen Mann hatte erklären lassen, zunächst weil er ihn selbst kennen lernen wollte, und zweitens weil er darauf aus war, Mr. Rodneys Kompetenz in Bezug auf die ihm übertragene Arbeit herauszufinden. Das Resultat dieses Manövers war offensichtlich zufriedenstellend, denn er hielt dann und wann auf dem Gehsteig an, um lebhaft zu sprechen und mit seinem Stock auf den Kies zu stoßen.

»Sie vertrau'n einfach darauf, dass Sie richtig liegen, junger Mann,« hörte Gertrude ihn sagen, »und dann d'rauf los! Nach dem Grundsatz hab' ich immer gehandelt. Ein Amerikaner kann es sich nicht leisten, Zeit mit dem zu verschwenden, was was man die ›Traditionen der Wissenschaft‹ nennt. Ich sag' Ihnen, Sir, wenn ich mich mit den Traditionen des Brückenbaus herumgeärgert hätte, anstatt es g'raden Wegs auf meine Art zu machen, dann müsst' ich jetzt bei zwei'nhalb Dollar den Tag für 'nen Boss arbeiten. Nein, Sir, das amerikanische Gehirn muss seine Arbeit auf eigene Weise tun, oder gar nicht – das heißt: Arbeit von Wert … die es nämlich wert ist, berücksichtigt zu werden. Jemand, der nur tun kann, was andere vor ihm getan haben, mag seiner Lebensmittel wert sein – ich missgönn' sie ihm nicht: aber das is' alles. Mehr is' er nich' wert.«

Er spannte sein Gesicht mit einem schlauen, selbstzufriedenen Grinsen und nahm ein neues Thema in Angriff, das ihm eine weitere Gelegenheit lieferte, seinen Amerikanismus zu veranschaulichen.

Gertrude sah er zwar näher kommen, schenkte ihr jedoch keine Beachtung. Es war nicht seine Gewohnheit, Höflichkeit für Mitglieder der eigenen Familie aufzuwenden. Er kam nicht einmal auf die Idee, dass es ungewöhnlich war, sie auf dem Hochschul-Campus während der Lehrstunden anzutreffen. Die Spuren von Erregung in ihrem Gesicht bemerkte er nicht, während sie für den jungen Mann, zu dem er sprach, absolut eindeutig waren.

Trotzdem enthielt der von ihm zur Schau gestellte Verdruss immerhin eine Andeutung von Wahrnehmung ihrer Gegenwart, als Mr. Rodney sie grüßte und Mr. Larkins Vortrag nicht mehr seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmete. Er hatte sein Lieblingsthema, Tabak und Rum, angeschlagen, bei dem er sicher war, dass seine Auffassungen neuartig und originell seien.

Darum war sein Gesicht keinesfalls liebenswürdig, als er es seiner Tochter zuwandte, während sie, ohne seine gedankliche Vereinnahmung zu beachten, auf ihn zu ging und ihn beim Arm nahm; andererseits war es aber auch kein zorniges Gesicht, denn der in ihm lauernde Humor und die drollige Yankee-Schläue neigten dazu, jegliche Gefühlsregung zu neutralisieren und sie in Schranken zu halten.

»Nun, Kind,« sagte er nicht unfreundlich, »bis' de jetz' auch ko-ed, oder was is' los?«

Er hatte bisher nie erlebt, dass sie ihn in dieser Weise am Arm nahm, und genau das erregte seinen Verdacht, dass etwas nicht stimme. Aber für Gertrud war das Verlangen, ihm nahe zu kommen, ihn zu berühren und sich sich eng an ihn zu drücken, so überwältigend, dass sie die Beziehungsregeln, die von der Gewohnheit zwischen ihnen festgesetzt waren, achtlos brach. Sie hätte sich ihm am liebsten an den Hals geworfen, ihn umarmt und geküsst; und eine einzige Zärtlichkeit von ihm würde sie mit Dankbarkeit erfüllt haben. Es kam jetzt nicht so sehr darauf an, ob er liebenswürdig war oder nicht; die Gewissheit, dass er ihr Vater war, bekleidete seine etwas ungehobelte Persönlichkeit mit einer Kostbarkeit und Würde, die sie in ihren Augen vorher nie besessen hatte.

Sie traute sich nicht, auf seine Bemerkung zu antworten, denn ihre Zähne bezeigten eine alarmierende Neigung zum Klappern, und sie fühlte, wie die Tränen unter ihren Augenlidern brannten und darauf warteten, sich zu ergießen.

»Du siehst durch'nander aus,« fuhr Mr. Larkin, sie mit seinen kleinen klugen Augen betrachtend, fort; »du solltest besser im Buggy mit mir 'runter fahren.«

Sie nickte und zog ihn sanft zum Bordstein, wo Libby, die ehrwürdige kastanienbraune Stute mit ihrem zotteligen Kopf stand. Dieses Tier hatte schon etwa zwanzig Jahre in Mr. Larkins Dienst zugebracht; es war nun grau geworden und hatte vor allem die unerfreuliche Gewohnheit des Stolperns angenommen. Ursprünglich hatte es den erhabenen Namen »Liberty« getragen, was mit der Zeit aber zu Libby und Lib verdorben war. Manche dachten, wenn sie die Sorgfalt beobachteten, mit der Mr. Larkin diese uralte Mähre lenkte, und die schmeichelnde, beschwatzende Art, in der er mit ihr sprach, dass er sie mehr als Gefährtin schätzte denn als Hilfsmittel zur Fortbewegung. Er besaß in seinem Stall vier weitere Pferde; zwei davon waren Ackergäule, eines ein Reitpferd namens Walter Scott, das Gertrude gehörte, und eines, ein ziemlich dekoratives Familienpferd namens Jim, das hauptsächlich zu Mrs. Larkins Diensten bestimmt war. Der alte Herr selbst jedoch, der nicht sehr für's Dekorative war, gab sich vollständig zufrieden mit dem langsamen und ungewissen Fortschreiten der zottigen alten Lib.

Die große Hochschul-Glocke im Tauben-Turm schlug dreiviertel eins, als Mr. Larkin in seinen hohen Buggy stieg und seine Tochter anschließend hineinzog.

»Also, Kind,« sagte er, nachdem er einige aufmunternde Worte an Libby gerichtet hatte, »ich wünschte, du würd'st dich 'n bisschen zusamm' nehm'. Was läss' de überhaupt den Kopp so hängen? Wieder mit 'm Dokter gezofft, hm?«

Libby, die augenscheinlich Einspruch erhob gegen das erhöhte Gewicht des Buggy, war stehen geblieben und schüttelte empört ihren Kopf, so dass Mr. Larkin, ohne auf Gertrudes Antwort zu warten, das Tier zu überreden versuchte, seine Einwände zu überwinden.

»Na, nu sei nich' zänkisch, altes Mädel,« sagte er, über die Widerspenstigkeit der Stute schmunzelnd; »es macht dir nix aus, Gertie, oder? Nu zieh mal an – eins, zwei, drei! Sei ein braves Mädel, na also – geht doch! Wusste ja, dass du's so meinst! Gute alte Libby – bist 'n liebes altes Mädel!«

Libby, die Zeit zum Nachdenken hatte, drückte ihren Widerspruch verhalten durch Ohrenwackeln aus, entschloss sich aber bei weiterer Überlegung, sich dem Auftrag ihres Herrn zu fügen. Sie ging einige Minuten vorsichtig voran und wechselte, nachdem sie an der Hochschule-Kapelle vorbei war, in einen ruckelnden Trott.

Gertrude konnte ihre Neigung zum Zittern nicht beherrschen, ergriff wieder ihres Vaters Arm und schmiegte sich eng an ihn. Jetzt wandte sich Mr. Larkin halb um und schaute sie an.

»Schätze, du hast 'n Schüttelfrost, Kind,« sagte er; »is' jetz' noch nich' die Zeit, durch die Schluchten zu pirschen. Is' noch zu früh im Jahr. Du bist krank – das is' es. Na, von mir aus kanns' de noch mal sechs Wochen flach liegen.«

Gertrude war dankbar für das Körnchen Mitgefühl, das seine Rede enthielt, und hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, wenn sie nicht den Eindruck erwecken wollte, dass sie seine Freundlichkeit zurückwies.

»Ich bin nicht krank, Vater,« sagte sie atemlos; »sondern – sondern – mir ist etwas Schreckliches passiert.«

Mr. Larkin bremste unverzüglich das Pferd und überraschte Libby, indem sie sich in äußerst unhöflicher Sprache angeredet sah.

»He, du dämliches altes Vieh,« schrie er, »kanns' de nich' still halten, wenn ich's dir sag'?« und wandte sich dann an Gertie: »Also, ich dachte schon, dass irgend 'was los is'. Nu sprich – worum geht's?«

Sie schaute die Straße auf und nieder, ehe sie begann; es war aber außer einem kleinen barfüßigen Jungen niemand zu sehen.

»Vater,« begann sie mit klappernden Zähnen, »ich habe eine schreckliche Frau in der ›Trommelfell‹-Schlucht getroffen. Sie sagte – sie sagte – sie sei meine Mutter.«

Mr. Larkin antwortete nicht gleich, sondern versuchte durch einen Peitschenhieb eine Bremse fortzuwischen, die um Libbys Schweif schwebte.

»Hm,« sagte er schließlich, »schätze, sie hat gelogen.«

»Aber sie hatte einen Brief von dir, Vater,« fuhr Gertie bebend fort, »zumindest sah es nach deiner Handschrift aus. Er ist vor vielen Jahren geschrieben worden, und es ging um Pontonbrücken und Geldverdienen.«

»Gut – was noch?«

»Er war unterzeichnet – er war unterzeichnet – –«

Sie vermochte die Tränen nicht mehr zurück zu halten, sondern umschlang fest seinen Arm und drückte ihr Gesicht an seine Schulter.

»Still, Kind, still,« mahnte er mit kühler, fester Stimme, »werd nich' närrisch. Wir besprechen das, wenn wir zu Haus' sind. Wisch dir jetz' die Tränen ab und mach dir kein' Kopp, sonst denken die Leute noch, ich hätt' dich ausgeschimpft.«

Gertrude gehorchte dieser Aufforderung, soweit es ihr möglich war, wischte die Tränen ab und unterdrückte die Schluchzer, die ihr im Hals aufstiegen und sie zu ersticken drohten. Als Mr. Larkin wahrnahm, dass sie ihre Gesichtsmuskeln nicht zu beherrschen vermochte, fuhr er einen Umweg nach Hause, wo sie wahrscheinlich einige Leute antreffen würden, und machte keine weitere Anspielung an ihr Abenteuer.

Er hielt nicht vor der Haustür an (was er nie tat, wenn er allein war), sondern fuhr auf den Hof durch das hintere Tor. Dort rief er seinen »Mann«, der augenblicklich aus der Scheune eilte, und stieg mit einiger Schwierigkeit aus dem hohen, unbequemen Buggy. Der Stallknecht wagte nicht, ihm dabei zu assistieren, weil er wusste, dass so ein Angebot ihn seinen Arbeitsplatz gekostet hätte. Aber ganz im Gegensatz zu seinen Gewohnheiten drehte sich Mr. Larkin um und hob seine Tochter aus dem Buggy, eine Aufmerksamkeit, die Gertrude so wohltuend empfand, dass sie sich anstrengen musste, ihrem Vater nicht um den Hals zu fallen.

Nachdem dieser sich versichert hatte, dass Mrs. Larkin ausgefahren war, ging er voran in die Bibliothek und setzte sich an seinen Schreibtisch, während Gertrude in einem Rattan-Schaukelstuhl gegenüber Platz nahm. Mr. Larkin griff nach einem bronzenen Papierschneider und schaute ihn an, als frage er sich, wozu er gut sei, und begann dann, mit ihm leise auf den Tisch zu klopfen.

»Also,« sagte er, plötzlich aufschauend, »diese Frau, mit der du gesprochen hast. Sie sagte, sie wär' deine Mutter? Hat sie dir irgend einen Beweis vorgelegt?«

»Sie zeigte mir einen Brief, der mit deinem Namen unterzeichnet war, in dem du sie als ›Meine liebe Gattin‹ angesprochen hast!«

Gertie hatte sich jetzt so weit an die Situation gewöhnt, dass sie, abgesehen von einem gewissen Beben, in der Lage war, ihre Empfindungen unter Kontrolle zu halten.

»Hm! Und du meinst, der Brief war echt?«

»Ich weiß nicht. Aber er hat mich sehr aufgeregt.«

»Hat sie Geld von dir verlangt?«

»Nein, sie hat nichts gewollt; aber sie hat schreckliche Dinge über dich gesagt.«

»Hm, ja. Wie sah sie aus?«

»Sie hatte starkes blondes Haar – helles, strohfarbenes schönes Haar – und große schwarze Augen, die seltsam starrten, und schwarze Ringe d'rum herum.«

Aus irgend einem Grund erregte diese Beschreibung Mr. Larkin; er pochte mit dem Papierschneider auf den Tisch, kreiselte in seinem Drehstuhl herum und ging hinüber zum Kamin.

»Sie hatte blondes Haar, oder?« fragte er mit einem verkniffenen, fast bösartigen Blick.

»Ja.«

»Dann war es gefärbt. Sie hatte dunkles Haar, als ich sie kannte.«

»Dann kennst du sie, Vater?«

Die Frage brach aus ihr heraus wie ein angstvoller Schrei, und ihr Gesicht war erfüllt von schauderndem Zweifel und Kummer.

»Ob ich sie kenne? Nun, kann man wohl sagen.«

Er zog ein rotes Seidentaschentuch hervor und wischte den Schweiß fort, der in großen Tropfen auf seiner Stirn lag.

»Und sie ist – meine Mutter?«

»Ja, Gott helfe dir, Kind – das ist sie, obwohl ich Jahre meines Lebens dahingegeben hätte, wenn dir dieses Wissen erspart geblieben wäre.«

»Warum das?«

»Sie ist eine schlechte Frau, Gertie. Sie war einst meine Gattin, als ich ein junger, armer Mann war – und sie hat mir das Leben zur Hölle gemacht. Das einzige, was ihre Schlechtigkeit entschuldigen konnte – obwohl ich, weiß der Himmel, nicht erkennen kann, wodurch das, was sie tat, zu entschuldigen wäre – das war, dass sie kaum je richtig bei Verstand war. Von Früh bis spät betäubte sie sich mit Opium. Sie hatte sich das angewöhnt, lange bevor sie mich traf; aber sie verheimlichte es vor mir. Sie wusste, dass ich es nicht ertragen würde. Ich fand es trotzdem früh genug heraus; und es hat mich fast zur Raserei gebracht. Als du geboren wurdest, war ich an sie gebunden, und ich fand mich mit dem Gedanken ab, es mit ihr auszuhalten. Aber es wurde immer schlimmer; um dein Leben zu retten, musste ich dich von ihr weg bringen. Sie vernachlässigte dich – sie beachtete dich nicht mehr, als wenn du ein Findling oder eine Puppe gewesen wärest.«

»Und hast du mich dann von ihr weg gebracht – in der Nacht?«

»In der Nacht? Oh, nein; ich könnte eher sagen, ich habe dich ihr abgekauft … obwohl jeder Gerichtshof entschieden hätte, dass sie ungeeignet war, dich zu behalten. Ich zahlte 10 000 $, damit sie ihren Anspruch auf dich widerrief, und sie nahm das Geld und trennte sich von dir ohne Gewissensbisse. Sie legte ein feierliches Versprechen ab, dass sie sich dir niemals bekannt machen oder versuchen würde, dich zu treffen. Ich erreichte 1862 in Ohio die Scheidung von ihr; sie trat dabei nicht persönlich in Erscheinung, weil sie wusste, dass es in dem Zustand, in dem sie sich befand, nicht gut war, meine Anschuldigungen zu leugnen. Ich habe ihr seitdem jedes Jahr 1 500 $ Unterhalt gezahlt, aus freiem Willen, auf die Bedingung hin, dass sie sich von mir fern hielt – obwohl der Gerichtshof ihr nicht einen Dollar zusprach!«

Mr. Larkin hatte seine Erzählung beendet; er ergriff nun das Schüreisen und begann rachsüchtig im Feuer herum zu stochern, denn die Luft war immer noch etwas kühl, und Mrs. Larkin, die gegen Kälte empfindlich war, bestand darauf, dass in der Bibliothek bis Anfang Juni ein Feuer unterhalten wurde.

Gertrude starrte auf den weißen eigensinnigen Kopf und gebeugten Rücken ihres alten Vaters, und ihr Herz floss über vor sehnsüchtigem Mitgefühl. Es machte sie zum ersten Mal in ihrem Leben betroffen, dass an ihm etwas bemitleidenswert war. Er war ein ziemlich alter Mann, überlegte sie; und er hatte viel Ärger. Er gehörte zu ihr wie sonst niemand in der Welt, und sie gehörte zu ihm.

Nachdem Mr. Larkin seine Entrüstung am Feuer ausgelassen hatte, stand er auf, schritt zu seinem Drehstuhl und ließ sich schwer in ihn fallen. Nie schlenderte oder schritt er zum Nachdenken durch den Raum, sondern hatte stets ein entschiedenes Ziel für seine Bewegungen. Er tastete mit seiner rechten Hand nach dem Papierschneider, ohne hin zu schauen, und nachdem er ihn gefunden hatte, wandte er sich ein wenig zu Gertrude herum und fragte:

»Wo ist sie jetzt?«

»Das weiß ich nicht. Ich sagte ihr, sie solle dich um vier aufsuchen.«

»Das hast du nicht gut gemacht, Kind … obwohl sie in jedem Fall gekommen wäre, und so macht es keinen Unterschied.«

Eine Pause von zwei oder drei Minuten entstand. Dann schaute Mr. Larkin müde auf und sagte: »Ist heute irgend 'was im Gange, was die Heiden betrifft?«

Eine humoristische Zielrichtung lag seiner Frage fern; ebenso nahm Gertrude sie nicht im geringsten als amüsant auf. Sie erkannte umgehend ihre Bedeutung und wusste, dass er sie zu Hilfe rief, um seine Frau vom Haus fern zu halten, während die erste Anspruchsberechtigte antrat. Sie nahm den Torryville Courier zur Hand, schaute die Kolumnen durch und sagte schließlich:

»Es gibt da eine › Union Missionary‹-Versammlung in der › First Methodist‹-Kirche unter der Leitung von Reverend Abiel Striker, D.D. » Doctor of Divinity«, in den USA gewöhnlich als Ehrentitel vergeben, nicht mit dem europäischen doctor theologiae vergleichbar., der kürzlich aus Syrien zurückgekehrt ist.«

» Das is' es! Wann geht's los?«

»Um drei.«

»Du hättest Mutter besser davon erzählt. Aber wahrscheinlich weiß sie es.«

»Dann weiß Mutter also nichts von dieser – dieser Frau?«

»Nein, Kind; da war ich ein Dummkopf. Es wäre viel besser gewesen, wenn ich ihr davon erzählt hätte. Es lag keine Schande darin. Aber Mutter, so fromm, wie sie ist und all das – ich bin halt einfach schwach geworden und hab' ihr nix gesagt.«

Eine weitere Pause entstand, während der Hickory-Klotz im Kamin kleine Pistolenschüsse abfeuerte und glühende Kohlenstücke auf den Vorleger schleuderte. Gertrude stand auf und trat sie aus, und der süße Duft von Holz, gemischt mit den Dünsten des versengten Tigervorlegers, lenkte ihre Aufmerksamkeit ein wenig vom Gesprächsthema ab.

»Was hast du vor, Vater?« fragte sie schließlich ziemlich lustlos.

Er antwortete nicht gleich, sondern nach einem scharfen Blick auf sie sagte er mit einer dem Raspeln einer Säge ähnlichen Stimme:

»Ich möchte, dass du mir versprichst, Gertie, dass du niemals diese Frau wiedersehen oder ihr erlauben wirst, mit dir zu verkehren. Du musst zwischen ihr und mir wählen.«

»Du weißt, dass ich dich wähle, Vater.«

»Und du versprichst es?«

»Ja.«

»Ich werde ihr natürlich mehr Geld geben. Nur darum geht es ihr. Ich dachte, ich hätte vor langer Zeit all meine Briefe zurück gekauft; aber es scheint, als hätte sie ein paar zurück behalten, um sie im Notfall zu benutzen. Ich will nicht, dass du mit ihr sprichst oder sonst 'was mit ihr zu tun hast.«

»Ich habe nicht den Wunsch, mit ihr zu reden.«

»Um so besser.«



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