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23

Unter den Dienerinnen Gottes, die zur Prüfung der Menschen ausgesendet werden, ist eine der seltsamsten die Einsamkeit.

Sie trägt in der einen Hand das Heil, in der anderen die Verzweiflung und hat in jedem der Länder und unter jedem der Völker ein anderes Gesicht, so daß man glauben könnte, es seien viele einander ungleiche Schwestern; es ist aber immer nur die eine Einsamkeit, die ist in Frankreich eine große Leere und Erstarrung des Gemütes, in Rußland ein Durst nach Vergnügen und ein Brand in der Kehle, in England ein einziges, großes Gähnen und Mundaufreißen, sie ist in der Stadt ein anderes Wesen und ein anderes in der Wüste, das Meer sieht sie anders als der Gletscher. In Deutschland wohnt sie am liebsten im Wald, und es scheint, als zeige sie dort ihr eigenstes Antlitz, einen milden Ernst und ein Lächeln über die Welt.

»Geh zu ihm«, sprach der Herr zu seiner Dienerin, »suche meinen Diener im Sachsenwald auf. Prüfe ihn, laß ihn alle Bitterkeit kosten, er wird dir nicht gleich zu Willen sein, aber du wirst ihn zuletzt zu mir führen.« -

»O Einsamkeit«, sang der Flügel unter Johannas Händen in den Park hinaus, »Einsamkeit, lange Jahre umsonst erflehte, wie warst du ersehnt, da du nicht kommen wolltest, wie standest du lockend im Schiff und leuchtetest goldrot aus reinen Abendhimmeln! Lärm und Tumult war um ihn, Menschen überströmten ihn, wie die Mondflut den Strand, du standest fern, den Finger an den Lippen, die Augen voll Verheißungen von Ruh und Glück.« Es war ein Mendelssohnsches Lied ohne Worte, ein Gesang voll hinströmender Schwärmerei. »Nun da du gekommen bist«, sang er aus Moll in Dur weiter, »wie herb bist du! Wie zermürbst du den Geliebten. Du hast den Stachel der Tat in seiner Seele gelassen und zwingst ihn zur Tatlosigkeit. Das Rad, das ein halbes Jahrhundert lang in mächtigem Schwung eine Welt in Atem hielt, zwingst du im Leeren zu laufen. Wie ungerecht du bist, da du der Liebe die Wege verlegst, daß sie arm und kraftlos wird, und da du nur den Haß und die Worte der Verfolgung wie Geifer ungehemmt in seine Seele tropfen läßt.«

Mit seitwärts geneigtem Kopfe lauschte Bismarck auf das Spiel aus offenen Fenstern in grün übersponnener Wand: »Sehen Sie, Graf Lehndorff, man hat mir in Berlin eine feierliche Bestattung angedeihen lassen. Eine Schwadron Gardekürassiere samt Standarte auf dem Bahnhof … Musik: ›Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben?‹ … die Spitzen der Behörden … Volksmenge … Hurra! Und ›Auf Wiedersehen‹. Und damit basta. Jetzt habe ich von Rechts wegen maustot zu sein und als einbalsamierter Jubelgreis im Sachsenwald zu sitzen. Ich habe mein Mausoleum, mein Kenotaphium, meinen Sarkophag, meinen Obelisken, meinen Leechensteen, also was weiter? Ab und zu klingt der Chorus: ›Lebt denn der alte Hauschild noch?‹ und wenn das Echo zurückschallt: ›Hauschild lebt immer noch, Hauschild lebt immer noch‹, dann geht eine Entrüstung durch die biederen Herzen, denn es ist eine Unverschämtheit von mir, nicht tot zu sein oder nicht wenigstens den Toten zu mimen.«

Es war schwer, etwas darauf zu antworten, denn Graf Lehndorff kam aus einem Weltstrich, wo solche Fragen und Entrüstungen und Beklommenheiten sehr laut zu werden pflegten.

»Notabene«, fuhr der Fürst fort, »bin ich, ob tot oder lebendig, jedenfalls eine gefährlich ansteckende Zeitgenossenschaft. Man geht mir aus dem Wege oder besser: man entsinnt sich meiner erst gar nicht, nur ein paar Abgeordnete haben mich besucht, unsere Gesandten Arco und Schlözer haben den Mut gehabt und - Sie!«

Ja, so war es, Graf Lehndorff hatte einige Worte auf den Lippen, aber die kamen ihm so schal und unbedeutend vor, daß er sie ungesprochen ließ; nur auf seinem Gesicht lag all die Erbitterung, die ihm das Herz zerfraß und das Gewissen belastete, als sei es eine Schuld, nicht aufzustehen und vor aller Welt für diesen Mann zu zeugen. Und als er sich darüber klar geworden war, daß ein auf dem Parkett und dem Exerzierplatz verbrachtes Leben jede Eignung und Neigung zu verkümmern pflege, es in den Katakomben eines staatsgefährlichen Bekenntnisses oder auf der Arena für einen mißfälligen Glauben märtyrerhaft zu beschließen, sagte er, voll Scham in der Tiefe: »Ich habe nichts zu verlieren, seit unser alter Herr tot ist.«

»Trotzdem«, fuhr Bismarck breit entgegen, »es gehört Mut dazu, zu wissen, wo Friedrichsruh liegt.« Da war die Hand des Grafen von festem Druck umschlossen, eine herzliche Gefangenschaft, und plötzlich war es Lehndorff wie einem jungen Studenten, der den Schwur auf seine Farben abgelegt hat. Alle Bedenken wichen vor einer höchst dreinschlägerischen Klingenbereitschaft, die mit Tod und Teufel und sämtlichen höllischen Hof- und Reichsbeamten anzubinden sich nicht scheut. Mit einem Male, durch einen Handschlag und einen tiefen Blick wieder Ritter und Soldat ohne alle höfischen Wenns und Abers, sagte er mit Ingrimm: »Es ist eine Schmach … Schmach und Schande, wie sich Deutschland benimmt.«

Der Samen eines Löwenzahns kam herangegondelt, ein Körnlein Keimkraft mit einer Federkrone, mit einem Segel für Luftfahrten vor dem Wind, und ließ sich auf Bismarcks schwarzem Rockärmel nieder. Bismarck blies ihm neuen Wind zu, das Sämlein riß sich vom Anker, wirbelte unter Baumkronen hoch und fuhr mit einer Strömung davon, aus dem Schatten auf eine sonnenhelle Wiese hinaus, neuen Gebieten zu. »Ach, Sie meinen«, sagte Bismarck mit einem unergründlichen Gesicht, »die Segenswünsche meiner lieben Landsleute, wie sie mir von den Zeitungen an meinen Pfad gepflanzt werden. Na ja, es sind ja keine wohlriechenden Gewächse. Ich lese alle Zeitungen und will mir eine Sammlung von Widmungen an mich anlegen. Ich bin der Buschklepper aus dem Sachsenwald, ich bin der Hund, der den Mond anbellt … guter Mond Caprivi, du gehst so stille …! ich bin aber auch, um im Kynologischen zu bleiben, der bissige Köter, der den anständigen Menschen an die Beine fährt, ich vollführe das wüste Geschimpfe eines alkoholisierten Subjekts … man wünscht mir den Staatsanwalt an den Hals und das Zuchthaus zum dauernden Aufenthalt. Eine hübsche Sammlung, wie gesagt, eine Beschäftigung für meine Mußestunden, und wenn sie vollständig ist, kommt auf den Deckel die Widmung: ›Seinem lieben Bismarck das deutsche Volk?‹«

»Nein, das ist nicht das Volk«, sagte Graf Lehndorff in einer demokratischen Gefühlswallung, »das Volk hat noch gar nicht gesprochen. Das sind die Kriecher und Kleber, die sich den Mund zerreißen, die Angst vor Ihrer Wiederkehr haben. Man hat Sie an den Marterpfahl geschnürt, und sämtliche Rot- und Schwarzhäute des öffentlichen Lebens und der Presse heulen Ihnen Beschimpfungen zu, nach indianischem Ritus, um zu sehen, wie Sie standhalten. Es ist der Freudentanz der Philister um den geblendeten Simson mit der heimlichen Angst dabei, Gott könnte ihm die Kraft wiedergeben und er könnte sich recken und die Säulen einreißen.«

War das wirklich Graf Lehndorff, der sanfte Flügeladjutant mit dem leisen Tritt und den wohlgeölten Wendungen der Rede, der da drauflosknallte wie ein Schwerfuhrwerker? Welcher Geist überschattete ihn, daß er plötzlich in Zungen zu sprechen begann, wie man sie ihm nie zugemutet hätte, recht rauhbrüstigen Zungen, um es ehrlich zu sagen?

Bismarck hob warnend den Zeigefinger. »Gräflein«, lächelte er, »Sie reden sich um den goldgestickten Kragen. Mein Groll ist vorüber … nur Johanna ärgert sich noch, sie hat ein ungewöhnliches Talent, sich zu entrüsten. Die Menschen sind, wie sie sein müssen …«

Eine Wasserfläche dehnte sich vor den Spaziergängern, im silbergrauen Glanz schwammen umbuschte Inseln, über denen Nadelbäume wipfelten. »Das war Morast und schwammiges Land, als ich kam«, sagte der Fürst, »nun ist die Aue romantisch geregelt, aber man merkt es ihr nicht an, und meine Bäume wurzeln in festem Boden. Was wollen Sie, es ist nun einmal so: man beginnt mit Teufelsbeschwörungen und verrückten Weibergeschichten, schlägt sich durch die große und die kleine Welt, um am Ende seine Dämme zu bauen und sein Stückchen Welt zu befrieden: ›zwar sicher nicht, doch tätig frei zu wohnen‹. Auf die Weisheit der Faust setzt sich von selbst Fausts Weisheit.«

Im Grün jenseits des Wassers rundete sich eine weiße Scheibe, mit wohlgezogenen Kreisen um einen pechschwarzen Mittelpunkt.

»Wollen Sie schießen?« fragte der Fürst, und schon war Pinnow heran mit einem schwarzlackierten länglichen Kästchen, das er wie weiland Bellachini aus dem Nichts herbeigeschnalzt zu haben schien.

»Ist das Ihr Scheibenstand, Durchlaucht?« verwunderte sich Lehndorff, »das sind reichlich achtzig Meter!«

»Hundert! Aber mein Handgelenk tut's noch, und die Eichhörnchen müssen manchmal daran glauben.« Er hob den blanken, blauschwarzen Lauf, über die Wasser dröhnte der Knall. Aus dem Röhricht fuhren drei schillernde Wildenten mit einem Geschnatter, als wären es Zeitungsenten, und spritzten schäumend über den Spiegel dahin, stilleren Weltgegenden zu.

»Das ist für den Kaiser!« sagte Bismarck.

Zum zweitenmal hob sich der Lauf des Revolvers. Mit dem Krach stob ein Schwarm Dohlen aus dem Geäst einer fernen Buchengruppe und warf sich taumelnd durch die Luft waldeinwärts.

»Das ist für Deutschland!« sprach Bismarck.

Seine Hand streckte sich zum drittenmal aus, bedächtig blinzelte er über den kurzen Lauf nach dem Ziel. Ein Fohlen, das auf der Wiese an seiner Leine gezerrt hatte, sprengte entsetzt die Fesseln und galoppierte blind und toll davon, als wäre es kein fürstlich Bismarckisches Stallkind, sondern ein Mustang von Buffalo Bills Gnaden.

»Das ist für mich!« sprach Bismarck.

Sie glitten im Boot über die wieder friedlich gewordenen Wasser zur Scheibe hin und sahen die drei Schüsse im Kern sitzen, nur der eine war etwas gegen den Rand gewichen.

»Welcher ist das nun?« sann Graf Lehndorff.

»Sind doch im ganzen recht nahe beieinander«, sagte Bismarck, indem er die Hand über die drei Kugellöcher deckte.

Vom Scheibenstand führte ein Weg zwischen vielfältig und abwechslungsreich gestelltem Baumvolk dahin, allerlei Genadel in allen Abschattungen von Grün, mit recht viel Fremdartigem dazwischen, wie es nicht von Haus aus in deutschen Wäldern wuchs. Es waren Gäste vom Mittelmeer, aus Japan und von jenseits des großen Wassers, und Bismarck wußte jedem von ihnen seinen gelehrten Namen und einen eigenen neuen, zärtlichen, selbst erfundenen dazu, denn er meinte, daß sie dann besser heimisch würden, wenn sie sich auf deutsch genannt hörten.

Wo die Aue wieder stillvergnügt aus dem Schatten ins Licht der Wiesen kam, saß einer und ließ die Angelschnur ins Wasser hängen, und ein anderer stand daneben wie ein Säulenheiliger; nur daß er nicht durch den Nabelstrang der Erleuchtung mit dem Logos und göttlichen Eins, sondern durch besagte Angelschnur mit den Vorgängen im Wasser verbunden war, über die der an der Oberfläche des Wassers schwimmende Kork nur höchst mangelhafte Nachricht gab, wie das nun schon einmal mit Korken und Oberflächen so ist. Er befand sich in dem angenehmen Dämmerzustand zwischen Stumpfsinn und Neugierde, der sich beim Fischen einzustellen pflegt, und am Horizont seines Bewußtseins, im helleren Lichtstreifen, trieb sich allerlei Fragegesindel herum, unter dem soeben die eine seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken suchte, ob es jemals gelingen werde, den Zwiebelfisch in den heimischen Gewässern zu züchten, wobei freilich die merkwürdigste Druckereizoologie herausgekommen wäre. Wie daraus ersichtlich, war der Säulenheilige ein Zeitungsmensch, und als solchen stellte ihn Bismarck vor, Herrn Hofmann aus Hamburg: »Mein Sprachrohr für Deutschland!« sagte er, »denn sonst ginge es mit mir wie mit dem Trompeter von Vionville. Meine Trompete haben sie mir zerschossen.«

Herr Hofmann besaß die Tugend der Bescheidenheit: »Es ist kein Verdienst, Durchlaucht, die Spalten seiner Zeitung einem Mann zur Verfügung stellen, von dem man weiß, daß er der größte seit Jahrhunderten …«

Ein Mückenschwarm tanzte abendlich vor Bismarcks Gesicht. »Na! Na! Hofmann …« sagte er, mit einem Schlag der flachen Hand ins dünn summende Geschwirr, »Sie sind's doch nicht, Sie heißen doch bloß so. Nein, es ist doch immerhin etwas, die einzige Zeitung zu sein, die der Ansicht ist, daß ich mit dem Amt nicht zugleich auch den Verstand verloren habe. Nein, ohne Sie und Ihre Zeitung wäre ich wirklich nur ein stummer Hund, und mein staatsbürgerliches Recht auf Meinungsäußerungen könnte ich mir auf den Hut stecken zu dem vielen anderen, das schon dort steckt. Wenn die anderen Zeitungen etwas Gedrucktes von mir bringen sollen, so müßte ich schon eine Anzeige aufgeben, zwei Mark die Zeile: ›Gewesener Reichskanzler empfiehlt sich kleineren Dynastien zur Sicherung und Klärung ihrer Verhältnisse‹.«

Bismarcks Gesicht behielt den gemütlichen Spott, aber die anderen fühlten, daß sich der schwarze Wurm geregt hatte. Schweninger, der am Landende der Angelrute saß, sah ein, daß am Wasserende der Vorrichtung kein Mäulchen auf den Wurm anbeißen werde, denn der Fisch, als ein stummer Gesell, ist kein Freund von lauten Ufergesprächen. Er tauchte einen etwas verdrießlichen Blick in den Zuber, zählte fünf schwärzliche Rückenflossen und begann einzupacken. »Wahrhaftig, Hofmann, Ihre Zeitung sollte sich in der Geschichte umsehen. Denken Sie daran, was der Pydnaer Grenzbote wegen Themistokles auszustehen hatte und wie es der Byzantinischen Morgenpost wegen Belisar ergangen ist.«

Bismarck stemmte den Krückstock auf den Boden, lehnte sich dagegen und nahm Hofmann von der anderen Seite ins Gebet: »Ja … und ich höre schon Caprivis Stimme durch den deutschen Blätterwald schallen: ›Hofmann, wo bist du?‹ Indem nämlich die ›Hamburger Nachrichten‹ von der Schlange Bismarck den Apfel der Erkenntnis genommen haben.«

»Sie schreiben ja freilich keine Tristia ex ponto«, sagte Graf Lehndorff, »wie man es von Ihnen erwartet. Ihre Kritik hat nicht bloß Hand und Fuß, sondern auch Hörner und Klauen.« Dabei aber war ihm doch irgendwie wehmütig ums Herz, als sähe er eine große Kraft in kleinen Dingen zerrieben und vertan.

Ein Fischlein tat einen Verzweiflungssprung aus dem Zuber ins Gras und blieb zappelnd liegen; Schweninger, der seine Angelschnur zusammengerollt hatte, bückte sich und warf das hilflose Flossending in die Gefangenschaft zurück.

Über Bismarcks Schulter wippte ein Zweig, der kam von einem Baumnachbarn her, einem der amerikanischen Gäste des Parks, und wie er nun im Wind auf und ab schwankte, war es, als rühre er mahnend an den Nacken des Vereinsamten. War aus Lehndorffs Worten der unausgesprochene Klang doch allen in die Seele gedrungen? Sie schwiegen, Bismarck faßte den über seine Schulter gereckten Ast wie eine Freundeshand und sah plötzlich auf die büschelförmig rund um das zähe Holz gestellten Nadeln, zwischen denen lichtgrüne Zapfen wie kleine Kerzchen aufstiegen. Wo standen die Brüder dieses Baumes, die Kinder gleichen Samens? Auf dem Felsengebirge? An den Ufern der großen Seen? In den Wäldern von Kentucky oder von Missouri? Irgendwo dort, wohin diese schwarzen Wolken wiesen, die wie Rauch über den Sachsenwald aufstiegen.

»Ich will eine Reise nach Amerika machen«, sagte Bismarck mit einer plötzlichen Eingebung. Wohnten nicht Hunderttausende von Deutschen drüben, fern genug, um nur die großen Züge zu sehen und das kleinliche Gezänk nicht zu hören?

Der schwarze Tyrann wehrte Pinnow ab, der ihm den Zuber abnehmen wollte. »Nein«, sagte er mit Entschiedenheit, »was Durchlaucht fehlt, ist eine regelmäßige Tätigkeit. Man wird dafür sorgen müssen, daß Durchlaucht sich wieder eine Aufgabe stellen … mit dem Uhraufziehen am Morgen und ein bißchen Kritik am neuen Kurs ist es nicht getan.«

Aber Bismarck hörte die hausärztliche Verordnung gar nicht, er schaute starr nach Süden, wo jetzt das schwarze Gewölk mit schweren Ballen über die Wipfel kroch. Das waren keine phantastischen Himmelswolken, die nach Amerika wiesen, das war dicker Erdenrauch aus Heimatboden; blaß wandte er sich den Männern zu, seine Stimme bebte: »Der Wald brennt … mein Wald brennt … Pinnow, den Wagen, den Wagen …«

Pinnow rannte schon, und Bismarck hinterdrein, als gäbe es einerseits keinen Caprivi und andererseits keine Feuerwehr, sondern als käme es auf seine eigenen Hände einzig und allein an; er sah gar nicht um, ob ihm die anderen folgten, und der Herzog von Lauenburg konnte ihm offenbar niemals unbedenklicher gestohlen werden als in diesem Augenblick.


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