Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

9

Etwas von dem Ereignis dieses Tages war noch in Bismarck, als am späten Abend Herr von Bennigsen ankam, wie immer geheimnisvoll und unter Vorsichtsmaßregeln von Schlawe hereingebracht. Offener und unumwundener als je zuvor sprach er mit dem späten Besucher von den Dingens die zwischen ihnen im Werden waren; es war, als habe er nach der Kraftprobe heute nachmittag im Park wieder mehr Zutrauen zu menschlicher Tüchtigkeit gefaßt.

Dieser Draht und dieser schwarze Kasten mit der siedenden Muschel und dem vergitterten Loch bedeuteten wahrhaftig im besten Sinn die neue Zeit, die, das Gegenständliche und Handgreifliche vor sich, auf eine fast unmerkliche Weise mittels eines unscheinbaren Drahtes ins Unermeßliche hinauswirkte. Die Nutzanwendung lag nahe, ein guter, fester, solider Kasten, das war Deutschland, den mußte man zuerst haben, und dann mochte man in Gottes Namen seine Drähte spannen. Und ob dieser Kasten mehr nach der konservativen oder nach der liberalen Seite gebaut war, darauf kam es nicht an, wenn er nur seine hörbare Stimme und seine ehrliche Antwort hatte. Darum sollte Bennigsen in das Ministerium eintreten, um mitzuhelfen, aber der hatte allerlei Bedenken mitgebracht, die ihm seine Partei aufgefrachtet hatte, auf daß sein Schifflein nicht allzuleicht von der Bismarckschen Strömung fortgerissen werde.

Da waren vor allem die Bedenken, daß Bismarck in seiner neuen Steuer- und Zollpolitik zu weit gehen könne. Eine Auflage auf Bier und Tabak könne man schließlich noch zugestehen, aber daß den ausländischen Erzeugnissen der Zutritt zum deutschen Markt erschwert und verteuert werden solle, das verstoße gegen alle gesunde Volkswirtschaftslehre.

Bismarck hatte ruhig zugehört, an eine Kaminsäule gelehnt, die Füße in der roten Lichtlache, die aus der Feuerstelle rann, den Kopf hoch oben am Sims, wo das Wappen Lothringens angebracht war. »Sehen Sie«, sagte er dann, »die Nationalliberalen haben einen Hausgötzen, der heißt Freihandel, und sie machen es mit ihm, wie die alten Mexikaner mit ihrem Vitzliputzli. Sie reißen den neuen und jungen Gedanken das Herz aus und legen es ihm noch zuckend auf den Altar. Aber Notwendigkeiten lassen sich nicht so leicht umbringen, sie wehren sich, und eines Tages schmeißen sie den Vitzliputzli von seinem Stein. Alle diese Götzen waren einmal lebende Menschen, die ihre Leute irgendwie vorangebracht haben, und irgendein Stück Kulturgeschichte knüpft sich an sie; aber dann hat sie ihre Priesterschaft so lange unbedingt angebetet, bis sie eben zu steinernen und grimassenhaften Vitzliputzlis geworden sind. Hier kommt eine neue Notwendigkeit, glauben Sie mir, in diesem Varziner Jahr habe ich in Büchern, Zeitungen und im Leben ihren Schritt herannahen gehört … der Freihandel hat seine Sendung vollendet. Wir dürfen unsere eigenen Lebensinteressen nicht einer schönen Theorie opfern. Wirtschaftsgebiete grenzen sich gegeneinander ab, Herr von Bennigsen, und diese Grenzen brauchen eine ebensolche Verteidigung wie die politischen. Sehen Sie unseren Handel und Wandel an, welch trauriges Bild ist das doch; unsere Eisenindustrie stöhnt unter dem englischen und französischen Eisen, das unsere Bahnen mit törichter Bereitwilligkeit über die Grenze bringen, unsere Landwirtschaft hat keinen Damm gegen die Überschwemmung mit russischem Getreide. Alle diese Länder schützen sich durch Zölle gegen den ausländischen Wettbewerb, nur wir breiten die Arme aus: kommt alle her, wir haben einen guten alten Götzen, der euch willkommen heißt, den Freihandel. Ihre Partei will ein starkes Deutschland, Herr von Bennigsen, liefern Sie seine Kraft nicht seinen Feinden aus. Es hat nichts als Feinde in der Welt …«

Bennigsen war ein guter Zuhörer; man fühlte, daß die Worte in ihm weiterklangen, aber er war keiner von den leicht Umgebogenen und Überzeugten. So lässig er in die Tiefe des Polsterstuhles neben dem Kamine hingestreckt war, so gestiefelt und gespornt stand seine Erwiderung da: »Es ist für die neue Notwendigkeit Euerer Durchlaucht bei den Böswilligen nicht eben von Gutem, daß sie glauben, sagen zu dürfen, die neue Notwendigkeit und Euerer Durchlaucht eigener Vorteil als Gutsbesitzer und Landwirt seien, bei Licht besehen, ein und dasselbe. Das neugeprägte Schlagwort trägt auf der Aversseite die Aufschrift: › Salus publica‹, und auf der Rückseite steht: › et agrariorum‹.«

Wie kam es doch, daß Bismarck in diesem Augenblick die eigentümliche Leere des Arbeitszimmers unbehaglich und beunruhigend auf die Seele fiel? Warum war Sultls Platz im sechseckigen Erker drüben unbesetzt? Morgens wegzulaufen und bis spät in die Nacht hinein nicht wiederzukommen, war kein charaktervoller Trotz mehr, sondern Unbotmäßigkeit und Untreue, eine unerwartete Vermenschlichung für einen anständigen Hund. Bismarck öffnete die Tür zum Bücherzimmer, und Engel wuchs augenblicklich aus der Dunkelheit heraus.

»Wo ist Sultl?« fragte er.

Niemand hatte den Reichshund zu Gesicht bekommen, und da blieb wohl nichts anderes übrig, als ihm nachzufragen, denn eine Unruhe klopfte an und raunte, er habe im Dorf drüben mächtige Feinde unter Tieren und noch mehr unter Menschen; und wenn Sultl auch den ersteren in einer ehrlichen Rauferei wohl gewachsen sei, so wären letztere ihm durch einige Gramm Gehirnsubstanz und mehrere Zentner Gemeinheit überlegen.

Bismarck blieb vor dem Waffenschrank stehen; da lagen hinter Glas grüne Lanzenspitzen aus Hünenzeiten, japanische Schwerter, ein Säbel des Bei von Tunis, alles durchaus redliche Vorrichtungen zu Kämpfen Mann gegen Mann; aber auch die Pistole aus eigenen wilden Junkerzeiten, mit der man Morgengrüße in schlafdämmrige Zimmer geschossen hatte, und das war schon ein Gewehr für Wirkungen in die Ferne bei eigener kaltlächelnder Sicherheit. So lag der Weg der Menschheit da.

»Es ist kein besonders klassisches Latein, Herr von Bennigsen, das auf der neuen politischen Münze, die bei mir geprägt worden sein soll. Ich bin nun einmal ein Junker, sagen die Liberalen, und darum sei mir nicht zu trauen. Und die Junker sagen, ich sei ein Liberaler, und trauen mir ebensowenig. Was soll ich tun, soll ich, wie der reiche Jüngling im Evangelium, mein Gut verschenken und den Bettelstab des Glaubens an eine Theorie ergreifen? Muß das, was dem allgemeinen Wohl dient, dadurch legitimiert werden, daß es zum Nachteil des eigenen Standes ist? Nennen Sie mir den politischen Heiland, dem ich auf diesem Wege nachfolgen soll. Wahrlich, wahrlich, ich sage Ihnen, es wird zwar kein Kamel durch ein Nadelöhr gehen, aber es wird keiner bloß darum vom Himmel der anständigen Leute ausgeschlossen bleiben, weil er eingesehen hat, daß Deutschlands Gewerbe und Landwirtschaft den Schutzzoll braucht.«

Windthorst war ein Kobold und Springteufel aus dem Kästchen, Eugen Richter ein Haudegen und Knüppel aus dem Sack, Lasker eine Gehirnmaschine mit einer Wortmühle von unvergleichlicher Umdrehungsgeschwindigkeit; dieser Bennigsen aber war zäh vor lauter innerer Güte, ein Träumer mit einer scharfblickenden Umsichtigkeit, ein Gelehrter mit den Talenten eines Unterhändlers. So war er und so sprach er aus der Gelassenheit seiner weichen Haltung im Polsterstuhl: »Meine Partei verlangt aber Sicherheiten, Durchlaucht, daß ihre Grundsätze anerkannt werden, wenn sie der Regierung Gefolgschaft leisten soll.«

Bismarck hatte das Zimmer durchwandert und stand im Erker, von wo man bei Tage durch drei schmalbrüstige Fenster in den Park hinaussah. Nun war draußen stockfinstere Nacht, und Gott mochte wissen, wo sich Sultl herumtrieb.

»Ich will auf Ihr schlechtes Latein mit einem nicht besseren antworten. Nescio quid mihi magis farcimentum esset. Das seltener vorkommende Wort farcimentum bedeutet Wurst, damit Sie sich nicht lange plagen müssen. Und auf deutsch heißt das Ganze, es ist mir gänzlich gleichgültig, mit welcher Partei ich regiere, wenn nur das geschieht, was notwendig ist.«

Da stand nun freilich das Tyrannentum des Kanzlers in nackter Tatsächlichkeit da, und somit hatten die recht, die behaupteten, es sei kein Verlaß auf diesen Mann. »Da Euere Durchlaucht wohl die Gabe in Anspruch nehmen«, sagte Bennigsen bekümmert, »das Notwendige mit unfehlbarer Sicherheit zu erkennen, so dürfte das streitbare Dogma des Vatikanischen Konzils wohl gar nicht mehr so weit außerhalb Ihres Gesichtskreises liegen. Und noch ein anderer Grundsatz der Garden der ecclesia militans ist damit an das politische Bekenntnis Euerer Durchlaucht bedenklich nahe gerückt.«

»Sie meinen?«

»Der Zweck heiligt die Mittel.«

»Es ist doch niemand so gescheit wie ein Abgeordneter, sagen Sie das den Herren, die mich so tief durchschauen. Im übrigen will ich nicht leugnen, daß man in manchen Dingen zu weit gegangen ist.«

Bennigsen richtete sich nun doch langsam aus seinem Polsterstuhl auf, die Arme lagen auf den geblumten Lehnen: »Sie wollen den Kulturkampf abbauen?«

»Das Wort Kulturkampf ist nicht von mir«, sagte Bismarck ärgerlich und am Knopf gefaßt, »das hat der Abgeordnete Virchow erfunden. An den scharfen Gesetzen bin ich nicht beteiligt, die sind im Kultusministerium gemacht worden.«

Bennigsens Blick fiel auf das Sofa gegenüber, das trug ein Ruhekissen mit zwei schwarzen Schornsteinfegern auf rotem Grund, und inwiefern diese sinnbildlich für einen guten Schlaf zu nehmen seien, war ihm nicht sogleich klar; hingegen konnten sie auf eine gründliche Reinigung des deutschen Herdes durch scharfe Besen und eine Gesellenschaft in der Leibfarbe des Zentrums gedeutet werden.

»Da wird es erledigte Ministerstühle und verbrauchte Minister geben«, sagte er bedenklich.

»Minister sind da, um zu verschwinden, wenn sie verbraucht sind? Das ist ein Naturgesetz, und wer es nicht achtet, dem kann es schlimm ergehen; es sind schon Minister an der Politik gestorben, wie Brandenburg, und andere sind darüber geisteskrank geworden. Mir ist es auch verhängt, im Geschirr zusammenzubrechen, obwohl ich es klar sehe, wie es mit mir kommen wird. Im übrigen«, sagte der Fürst, indem er den Pfeil endlich abschnellen ließ, »ist kein Ministerstuhl erledigt, als der des Grafen Eulenburg, und der wartet ja auf Sie. Wollen Sie die Finanzen oder das Innere? Das ist mir gleich.«

Bennigsen hatte sich zur Sammlung in sich zusammengezogen. »Meine Partei verlangt Sicherheit und Bürgschaften«, sagte er nach einer Weile, »und jetzt um so mehr. Ich kann nicht allein eintreten, außer mir müßten noch zwei andere Männer unserer Partei in die Regierung kommen, etwa Forckenbeck und Stauffenberg, was ich Euerer Durchlaucht zur Erwägung stelle.«

Wenn die Nationalliberalen auch nicht dem blanken Höllenfürsten zugehörten, so wußten sie doch so viel von dessen Geschicklichkeiten, daß es wohlgetan sei, anstatt eines gebotenen Fingers gleich die ganze Hand zu ergreifen. Sie selber nannten diese Technik mit einigem zugestandenen Recht Bismarckisch, und wenn es sich denn darum handeln sollte, wer den anderen an die Wand drücken würde, so wollten sie keinesfalls die Gedrückten sein.

Aber Bismarck war ebensowenig gesonnen, bei dem Handel draufzuzahlen, und da es ja um keine Ideale, sondern um ein politisches Geschäft ging, konnte man auch ruhig geschäftsmännisch sprechen. »Das ist ausgeschlossen«, sagte er, »wo denken Sie hin, daß Sie die Nationalliberalen gleich in dreifacher Dosis einem hohen Ministerium zuführen wollen. Es gibt Dinge, an die man sich langsam, so nach und nach gewöhnen muß, wie ans Arsenikessen. Sie haben keine Ahnung, wie schwer es sein wird, meinem alten Herrn vor allem erst Sie einzuflößen. Ich müßte Sie eigentlich verwässern und verdünnen, wenn dies ginge, damit Sie nicht gar so erschrecklich sind und -«

Ein überhörtes Klopfen an der Tür ging aus zaghaftem Rühren in einen leisen Wirbel über. Wenn Engel derart alle Hausvorschriften zu übertreten wagte, so mußte etwas Besonderes geschehen sein, und die Unheilstimme in Bismarck, die den ganzen Abend unterhalb des politischen Handlungsgespräches beharrlich vor sich hin gemurmelt hatte, war mit einemmal eine gellende Trompete.

Er riß die Tür vor Engels Gesicht mit einer Explosion von Kraft auf. »Ist Sultl da …?«

»Ja - aber …«

Da war Bismarck auch schon fort, mit einer flüchtigen Entschuldigung hinter sich und einem verwunderten Politiker auf den Trümmern eines Gespräches, das eben erst in seine wichtigste und entscheidendste Stufe eingetreten zu sein schien. Da hatte man eben noch Kaiser und Reich behandelt und die hohe Parteipolitik in den geistvollsten Rösselsprüngen gegeneinander gesetzt, und das alles war abgebrochen worden, um eines Sultans willen, der offenbar nicht einmal der großtürkische Haremsbesitzer am Goldenen Horn war, sondern irgendein Hundevieh.

Sultl war heimgekommen und lag am Fuß der braunen Treppe. Es war kein Zweifel darüber, daß er sich nur heimgeschleppt hatte, um da zu sterben. Eines der Augen war halb ausgeschlagen, das Fell von Striemen bedeckt und blutrünstig, eines seiner Hinterbeine schien gebrochen zu sein. Die Hausgenossen, die ihn umstanden, hatten ihn nicht anzurühren gewagt, Marie kniete schluchzend mit Wasserbecken und Schwamm vor ihm, vermochte aber nicht ihren Samariterdienst zu tun. Der Doktor Bucher, der zu denken schien, ein guter Bissen sei auch noch an der Schwelle des Todes die beste Hundemedizin und ein Ruf ins Leben, hielt ihm das Schinkenbrot hin, das ihm für die Nachtarbeit aufs Zimmer gestellt worden war.

Sultl aber fraß nicht, sah mit dem gesunden Auge in die Menschengesichter und suchte vor allem das eine, dem er mit seinem ganzen dumpfen Dasein zugeschworen war. Da war es, beugte sich über ihn, und der Schwanz klopfte matte Wiedersehensfreude. Ein Wollen reckte den Hundekörper, er streckte sich über den Boden hin und versuchte, der geliebten Hand näher zu kriechen.

»Zuschanden geschlagen«, arbeitete es in Bismarcks Brust, »haben sie dich zuschanden geschlagen, mein Hund, mein guter Hund, mein armer Getreuer, die Bestien. Was hast du ihnen getan? Daß du mein Hund bist … haben sie dich mir nicht gegönnt?«

Bismarck saß auf dem Boden, der viereckige Hundeschädel lag auf seinen Knien, kostbare Tropfen fielen auf das blutgeschwärzte Fell. »Mein Hund … mein armer Hund!« Vorsichtig tastend liebkoste die Hand. Das waren die Muskeln, deren Spiel unter der glatten Haut man mit Freude an der heiligen Unbefangenheit dieses naturnahen Geschöpfes so oft betrachtet hatte! Das waren die großen Pfoten, die er so oft erwartungsvoll und fordernd in die Hand des Herrn gelegt hatte! Zuschanden geschlagen war dies alles; eine kleine Welt von Liebe und Anhänglichkeit in Scherben geschmissen; eine bescheidene und lautere Seele schickte sich an, ihre zerfetzte Hülle zu verlassen, um in ein vollkommenes Dunkel zu tauchen. War dies nicht fast noch trauriger als ein Menschenscheiden, das eine große Angelegenheit ist, über die im Himmel genaue Rechnung geführt wird, und das eine tröstliche Gewißheit von Klarheit und geläutertem Sein umschwebt?

»Man sollte nach Schlawe zum Tierarzt schicken«, sagte Bucher.

Das war herzlich gemeint, aber so viel stand fest, daß alle tierärztliche Kunst umsonst war. Schwer schob sich die Brust des Tieres hoch, Röcheln ging ihm über die von einem Hieb gespaltenen Lefzen, aus denen schwarzes Blut auf Bismarcks Hände quoll. Aber sein Auge hielt unverrückt traurig den Blick auf dem Gesicht des Herrn, die breite Zunge quoll blau hervor und leckte die Innenfläche der stützenden Hand.

»Und heute morgens noch …«, quälte sich Bismarck, »hab' ich dich geprügelt … einer Spickgans wegen. Muß ich jedem Schmerzen bereiten, den ich liebe? Warum bin ich verdammt, meinen Zorn nicht bändigen zu können? Wir sind Menschen, wir tragen die Verantwortung für die Welt unter uns.«

Er hob den Kopf, jetzt ganz ohne Rücksicht auf Tränen und Gramverstörtheit. »Man soll sein Herz nicht an Tiere hängen. Aber: ich hätte einen Besseren missen können.«

Mit Sultl ging es zu Ende, die Dunkelheit schwoll um ihn und löschte eine Schmerzfackel nach der anderen. Zuerst schwand ihm der vertraute Raum, die Türen, vor denen man oft winselnd gewartet und gescharrt hatte, die Treppe, die man unzähligemal hinauf- und hinabgetrabt war; dann wichen die Menschen zurück, die guten Frauen mit weichen Händen, die freundlichen Männer mit gutem Zuspruch und Bissen so nebenher. Zuletzt sank der graue Nebel über das Gesicht des Herrn, es war nur noch der Geruch seiner Herrlichkeit da und ein inniges und heißes Geflüster dicht am Ohr, und aus dem allen ein Gefühl von Beglücktheit und Versöhnung, und so war also die Spickgans und der unfolgsame Tag gänzlich vergeben und vergessen …

Ein helles Bellen sprang in der Dunkelheit daher … war das Bella …?

Bismarck legte Sultls Kopf sanft auf den Boden und erhob sich über der Leiche des Hundes. Noch zuckte eine der Pfoten in einem letzten Muskelkrampf oder in einer hinschwindenden Vorstellung von Laufen und Dohlenjagd. Johanna nahm die Hand des Gatten. »Laß nur«, sagte er, »wir wollen ihn im Park begraben. Wie ist das doch? Sie umspannen mit Drähten die Welt und werden doch in sich das ärgste der Tiere nicht los.«

Sein Gesicht war ruhig und seltsam schmerzlos, und in diesem Augenblick knarrte die alte Treppe, als steige ein unsichtbarer Schritt hinan.

»Engel«, sagte der Fürst, »legen Sie den Hund einstweilen ins Glashaus. Sie, Doktor Bucher, werde ich in etwa einer halben Stunde noch zur Arbeit bitten.«


 << zurück weiter >>