Stendhal
Bekenntnisse eines Ichmenschen
Stendhal

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Neuntes Kapitel

Claix. Heimliche Lektüre. Jakobinische Gesinnung

Civitavecchia, 6. bis 7. Dezember 1835.

Trotz seiner Dauphineser Schlauheit war mein Vater Cherubin Beyle ein leidenschaftlicher Mann. Seine Leidenschaft für Bourdaloue und Massillon war von der Leidenschaft für die Landwirtschaft abgelöst worden, die später durch die Bauwut verdrängt wurde, die er schon immer gehabt hatte, schließlich durch seinen Ultraroyalismus und die Leidenschaft, Grenoble zugunsten der Bourbonen zu verwalten.Er war 1803 bis 1816 Adjunkt des Bürgermeisters. Tag und Nacht träumte mein Vater von dem Gegenstand seiner Leidenschaft. Er besaß große Schlauheit, viel Erfahrung in den Kniffen der andern Dauphineser, und ich zöge daraus gern den Schluß, daß er begabt war. Aber davon weiß ich nicht mehr als von seinem Gesichtsausdruck.

Zweimal wöchentlich pflegte mein Vater nach Claix zu gehen, wo er eine »Domäne« (d. h. ein kleines Landgut) von 150 Morgen (wenn ich nicht irre) südlich der Stadt besaß. Es lag am Berghang auf dem andern Dracufer. Die ganze Gegend von Claix und FuronièresDies ist der Name des Beyleschen Landgutes. ist wasserarm, kalkig und steinig. Ein freigeistiger Pfarrer kam 1750 auf den Gedanken, die Sümpfe westlich der Brücke von Claix zu entwässern; sie wurden zum Reichtum des Landes.

Das Gut meines Vaters lag zwei Stunden von Grenoble; ich bin diese Strecke vielleicht tausendmal gewandert. Dieser Leibesübung verdankte mein Vater sicherlich seine gute Gesundheit, die ihn zweiundsiebzig Jahre alt werden ließ. Ein Grenobler Bürger ist übrigens nur angesehen, wenn er eine »Domäne« besitzt. Lefèvre, der Friseur meines Vaters, hatte eine Domäne in Carenc und fehlte oft in seinem Geschäft, weil er in Carenc war.

Mein Vater war so erfüllt von seiner neuen Leidenschaft, daß er mir immerfort davon erzählte. Er ließ aus Paris oder Lyon das landwirtschaftliche Handbuch kommen, das mit Stichen geschmückt war. Ich blätterte oft darin; die Folge war, daß ich Donnerstags, wo wir frei hatten, oft nach Claix oder vielmehr nach unserm Hause in Furonières mitgenommen wurde. Ich ging mit ihm aufs Feld und hörte sehr ungern zu, wie er von seinen Plänen sprach. Immerhin machte es ihm solche Freude, ein williges Ohr für seine Phantasien oder sogenannten Berechnungen zu finden, daß ich mehrmals erst am Freitag in die Stadt zurückkehrte; manchmal gingen wir schon Mittwoch abends hin.

Claix mißfiel mir, weil ich dort immerfort von den landwirtschaftlichen Plänen zu hören bekam, aber bald machte ich eine Entdeckung, die mich vollauf entschädigte. Ich fand Mittel und Wege, Bände der vierzigbändigen Voltaireausgabe zu mausen, die mein Vater in Furonières besaß. Sie war prachtvoll in marmoriertes Kalbleder gebunden. Die Bände standen sehr eng zusammen. Ich nahm zwei heraus und stellte die andern etwas mehr auseinander, so daß die Lücke nicht ausfiel. Zudem stand das gefährliche Werk im obersten Fach des Bücherschrankes. Er war aus Kirschholz mit Glastüren, die oft verschlossen waren. Gott sei Dank! Selbst in jenem Alter kamen mir die Stiche lächerlich vor, besonders die zur »Pucelle«. Dies Wunder läßt mich fast glauben, daß ich bestimmt war, einen guten Geschmack zu haben und eines Tages die »Geschichte der italienischen Malerei« zu schreiben.

Wir verbrachten stets die Ferien in Claix, d. h. die Monate August und September. Meine Lehrer klagten darüber, daß ich während dieser Erholungszeit mein ganzes Latein vergäße. Nichts war mir verhaßter, als wenn mein Vater unsre Gänge nach Claix unser »Vergnügen« nannte. Ich war wie ein Galeerensträfling, den man zwang, eine weniger drückende Art von Ketten sein Vergnügen zu nennen.

Ich war außer mir und wohl sehr boshaft und ungerecht gegen meinen Vater und den Abbé Raillane. Ich gestehe es, aber nur mit großer Überwindung, selbst im Jahre 1835, daß ich diese beiden Männer nicht ruhig beurteilen kann. Sie haben meine ganze Kindheit buchstäblich vergiftet. Sie hatten strenge Mienen und ließen mich mit gleichaltrigen Kindern nie ein Wort sprechen. Erst als ich in die Zentralschule kam, trat ich in Verkehr mit Altersgenossen. Aber ich war heimtückisch, boshaft, voller Rachegedanken wegen des geringsten Faustschlages, der auf mich wirkte, wie eine Ohrfeige unter Männern; kurz, ich war alles, nur kein Verräter.

Das größte Übel der Tyrannei Raillanes war, daß ich mein Unglück fühlte. Immerfort sah ich auf der Place Grenette Kinder zusammen umhergehen und laufen; das aber wurde mir kein einziges Mal erlaubt. Ließ ich meinen Kummer durchblicken, so hieß es: »Du sollst spazierenfahren.« Frau Périer-Lagrange, die Schwiegermutter meiner Schwester, eine trübsinnige Frau, nahm mich in ihrem Wagen mit, wenn sie eine Spazierfahrt machte. Sie schalt mich mindestens ebenso wie dieser Raillane. Sie war eine kalte, frömmelnde Frau und hatte wie der Abbé eins jener unbeweglichen Gesichter, die nie lachen. Welch ein Ersatz für einen Spaziergang mit gleichaltrigen Buben! Wer sollte es glauben! Ich habe nie mit Murmeln gespielt, und einen Kreisel bekam ich nur durch Fürsprache meines Großvaters, dem seine Tochter Seraphie deshalb eine Szene machte.

Ich war also sehr tückisch, sehr boshaft, als ich in der schönen Bibliothek in Claix einen französischen Don Quichotte entdeckte. Das Buch war mit Stichen geschmückt, aber alt, und ich verabscheute alles Alte, denn meine Verwandten verboten mir den Umgang mit der Jugend, und sie selbst kamen mir sehr alt vor. Schließlich aber begriff ich die Stiche, die mir Spaß machten: Sancho Pansa auf seiner Zicke sitzend, da Gines von Pasamonte ihm seinen Esel fortgenommen hat.

Ich lachte mich tot über Don Quichotte. Man bedenke, daß ich seit dem Tode meiner armen Mutter nicht mehr gelacht hatte; ich war das Opfer der folgerechtesten aristokratisch-religiösen Erziehung. Meine Tyrannen hatten nicht einen Moment nachgegeben; jede Einladung wurde abgelehnt. Oft kam ich hinzu, wenn mein Großvater ein Wort für die Annahme einlegte. Meine Tante Seraphie widersprach unter Schmähungen auf mich; mein Vater, der ihr Knecht war, gab meinem Großvater jesuitische Antworten, die zu nichts verpflichteten. Meine Großtante Elisabeth zuckte die Achseln. War der Plan durch diesen Widerspruch noch nicht zum Scheitern gebracht, so ließ mein Vater den Abbé Raillane kommen, der erklärte, ich hätte eine Aufgabe von gestern noch nicht gemacht und müsse sie ausgerechnet zur Stunde des Spazierganges nachholen.

Man stelle sich die Wirkung des Don Quichotte inmitten einer so schrecklichen Trübsal vor! Dies Buch, das ich unter der zweiten Linde des Baumganges las, bildet vielleicht den größten Abschnitt in meinem Leben. Wer sollt' es glauben? Als mein Vater mich laut lachen sah, kam er herbei, fuhr mich an und drohte, mir das Buch fortzunehmen. Das geschah mehrmals. Dann nahm er mich auf das Feld mit, um mir seine Meliorationspläne auseinanderzusetzen. Selbst beim Lesen des Don Quichotte gestört, versteckte ich mich in einem kleinen Buchengehölz an der Ostecke des Parks, das von Mauern umschlossen war.

Ich entdeckte auch einen Molière mit Stichen; sie schienen mir lächerlich. Ich begriff nur den »Geizhals«... Ich finde in meiner Erinnerung die feststehende Tatsache, daß ich mit sieben Jahren beschlossen hatte, Komödien wie Molière zu schreiben...

Mein Großvater war über meine Don-Quichotte-Begeisterung entzückt, als ich sie ihm erzählte, denn ihm erzählte ich fast alles; der treffliche Greis war tatsächlich mein einziger Kamerad. Er lieh mir ohne Wissen seiner Tochter Seraphie Ariosts »Rasenden Roland« in der Übersetzung oder Nachahmung von de Tressan ... Ariost bildete meinen Charakter. Ich verliebte mich sterblich in Bradamante, die ich mir als dickes Mädchen von vierundzwanzig Jahren mit Reizen von blendender Weiße vorstellte. Alle spießbürgerlichen, gemeinen Einzelheiten, die Molière zum Ausdruck seiner Gedanken benutzt hat, waren mir zuwider. Sie erinnerten mich zu sehr an mein elendes Leben. Noch vor drei Tagen (Dezember 1835), als zwei Bürgersleute meiner Bekanntschaft untereinander eine komische Heuchel- und Streitszene aufführten, ging ich zehn Schritte fort, um nichts zu hören. Mein Abscheu vor diesen Dingen hat mich verhindert, Erfahrungen zu sammeln. Das ist kein geringes Unglück. Alles, was gemein und platt im spießbürgerlichen Sinne ist, alles, was mich an Grenoble erinnert, flößt mir Abscheu ein; nein, Abscheu ist zu vornehm: Übelkeit.

Grenoble ist für mich wie die Erinnerung an eine scheußliche Magenverstimmung; es ist keine Gefahr dabei, aber ein furchtbarer Ekel. Alles Gemeine und Platte ohne Gegengewicht; alles, was der geringsten hochherzigen Regung feind ist, alles, was sich über das Unglück eines Patrioten oder eines hochherzigen Menschen freut – das ist für mich Grenoble.

Nichts hat mich auf meinen Reisen mehr verwundert, als wenn mir bekannte Offiziere sagten, Grenoble sei eine reizende, geistvolle Stadt, in der die hübschen Frauen nicht zu kurz kämen. Das erstemal hörte ich diese Behauptung im Jahre 1802 an der Tafel des Generals Moncey (jetzt Marschall und Herzog von Conegliano) in Mailand oder Cremona. Ich war so erstaunt, daß ich über den Tisch weg um nähere Begründung bat. Ich war damals ein ahnungsloser Leutnant. Der Generalstabsoffizier hatte fünfzehn oder achtzehn Monate in Grenoble verbracht und hielt seine Behauptung aufrecht, daß es die angenehmste Provinzialstadt sei. Er nannte mir eine Menge Namen aus der bürgerlichen und ein paar aus der aristokratischen Gesellschaft.

Ach! diese Namen kannte ich kaum. Meine Verwandten erwähnten sie nur, um die Torheiten dieser Damen zu tadeln. Denn sie tadelten alles, sie hatten die Gelbsucht: das muß ich wiederholen, um mein Unglück mit Vernunftgründen zu erklären. Nach dem Tode meiner Mutter hatten sie in ihrem Schmerz alle Beziehungen abgebrochen; meine Mutter war die Seele und der Frohsinn der Familie gewesen. Mein finsterer, schüchterner, grollender, unliebenswürdiger Vater besaß den Genfer Charakter (stets Rechnen und nie Lachen) und hatte nur meiner Mutter wegen Verkehr gehabt. Auch mein Großvater, ein liebenswürdiger Weltmann, dessen Unterhaltung man in der ganzen Stadt vom Handwerker bis zum vornehmen Herrn, von der geistvollen Frau des Schusters Barthélemy bis zum Baron des Adrets suchte, war durch den Tod des einzigen Wesens, das er liebte, bis ins Mark getroffen und hatte mit seinen sechzig Jahren aus Lebensüberdruß mit der Gesellschaft gebrochen.

Nur meine Großtante Elisabeth, die unabhängig und für Grenoble sogar reich war, verkehrte noch in einigen Häusern, wo sie vor dem Abendessen ihre Partie spielte. Trotz der Achtung vor den väterlichen Rechten nahm sie mich, wenn mein Vater in Claix war, aus Mitleid manchmal mit, angeblich, weil sie mich als Begleitung nötig hatte. Wir gingen zu Fräulein Simon, die in dem neuen Hause der Jakobiner wohnte, einmal sogar zu einem großen Souper. Ich erinnere mich noch des Lichterglanzes und des prächtigen Tafelschmuckes. In der Mitte stand ein Aufsatz mit silbernen Figuren. Am nächsten Tage pätzte mich meine Tante Seraphie bei meinem Vater an, und es gab eine Szene. Diese Auftritte waren in der Form sehr höflich, aber man sagte sich spitze Worte, die man nicht mehr vergißt. Das war das einzige Vergnügen dieser grämlichen Familie, in die mein Unstern mich geworfen hatte. Wie beneidete ich den Neffen der Schustersgattin Frau Barthélemy!

Ich litt, ohne die Ursachen davon zu erkennen; ich schob alles auf meines Vaters und Seraphies Bosheit. Um gerecht zu sein, muß man sich sagen, daß es eine aufgeblasene Bürgerfamilie war, die ihrem »einzigen Sohn«, wie ich genannt wurde, eine aristokratische Erziehung geben wollte. Diese Ideen gingen über mein Alter hinaus, und wer hätte sie mir auch beibringen sollen? Meine einzigen Freunde waren die Köchin Marion und Lambert, der Kammerdiener meines Vaters. So oft Seraphie mich mit ihnen in der Küche lachen hörte, rief sie mich stets fort. Bei der finsteren Stimmung meiner Familie war ich ihre einzige Beschäftigung; diese Plackerei nannten sie Erziehung, und wahrscheinlich glaubten sie es selbst ...

Bald kam die Politik hinzu. Meine Familie gehörte zu den aristokratischsten der Stadt; sofort fühlte ich mich als wütender Republikaner. Ich sah die schönen Dragonerregimenter nach Italien marschieren; stets hatten wir Einquartierung; ich verschlang sie mit den Blicken. Meine Familie dagegen verwünschte sie. Bald versteckten sich die Geistlichen; ein bis zwei Priester waren stets im Hause verborgen. Die Gefräßigkeit eines von ihnen, eines dicken Mannes mit vorquellenden Augen, ekelte mich an. Bei uns wurde höchst sauber und anständig gespeist. So durfte niemand beim Essen schmatzen. Die meisten Priester, Leute von niedriger Herkunft, schmatzten beim Essen und zerkleinerten das Brot in unappetitlicher Weise. Das genügte, um sie mir vollends zu verekeln.

Einer unserer Vettern – Senterre– wurde in Lyon guillotiniert. Das verdoppelte die Verbitterung meiner Familie, ihren Haß und ihre Unzufriedenheit mit allem.

Mein ganzes Unglück läßt sich in zwei Worte zusammenfassen: Ich durfte nie mit Altersgenossen sprechen, und meine Familie, die sich wegen ihrer völligen Zurückgezogenheit langweilte, beehrte mich mit ihrer beständigen Aufmerksamkeit. Aus diesen zwei Gründen war ich in der fröhlichen Kinderzeit boshaft, finster, unvernünftig, kurz, ein Sklave im schlimmsten Sinne, und allmählich nahm ich die Gesinnung dieses Standes an. Das bißchen Glück, das ich mir verschaffen konnte, verdankte ich der Lüge. In anderer Hinsicht war ich ganz wie die jetzigen Völker Europas: meine Tyrannen sprachen stets salbungsvoll von ihrer zärtlichen Fürsorge für mich, und ihre Stütze war die Religion. Ewig mußte ich Predigten über die Elternliebe und die Kindespflichten mit anhören. Eines Tages hatte ich von diesen Reden genug. Ich sagte zu meinem Vater: »Wenn du mich so sehr liebst, so gib mir täglich fünf Sous und laß mich leben, wie es mir gefällt. Übrigens sei versichert, sobald ich alt genug bin, werde ich Soldat.«

Mein Vater schritt auf mich zu, wie um mich totzuschlagen; er war außer sich. »Du bist nur ein gottloser Bube!« fuhr er mich an. Das erinnert an den Zaren Nikolaus und die Stadtverwaltung von Warschau, von der heute (7. Dezember 1835) soviel die Rede ist. Man sieht daraus wieder, daß alle Tyranneien sich gleichen.

Es ist ein großer Glücksfall, daß ich für den Rest meines Lebens nicht bösartig geblieben bin, sondern nur voller Ekel vor dem Bürgertum, den Jesuiten und den Heuchlern aller Art. Vielleicht haben mich meine Erfolge in den Jahren 1797 bis 1799 und das Bewußtsein meiner Kraft von der Bosheit geheilt. Außer meinen andern schönen Eigenschaften besaß ich auch noch unerträglichen Dünkel.

Recht bedacht, bin ich von meinem unvernünftigen Abscheu vor Grenoble nie wirklich geheilt worden; ich habe ihn vergessen. Die herrlichen Erinnerungen an Italien, an Mailand, haben alles ausgelöscht. Mir ist nur ein erheblicher Mangel an Menschen- und Tatsachenkenntnis geblieben. Alle Einzelheiten, die das Leben Chrysales in Molières »Gelehrten Frauen« bilden, flößen mir Abscheu ein...

An Stelle aller Tatsachen, die Chrysales Leben erfüllen, ist bei mir das Romantische getreten. Ich glaube, dieser Mangel an Weltkenntnis ist meinen Romanfiguren zugute gekommen; spießbürgerliches Wesen haben sie nie. Dies Wort »spießbürgerliches Wesen« wird um 1880 vielleicht sehr schwer verständlich sein. Dank den Zeitungen wird der Spießbürger in der Provinz zur Seltenheit: es gibt keine Standessitten mehr. Ein junger Pariser Lebemann, den ich in sehr lustiger Gesellschaft traf, war sehr gut und durchaus nicht geziert gekleidet und gab 8–10 000 Franken aus. Ich fragte nach seinem Berufe: er war ein sehr beschäftigter Rechtsanwalt.

Als Beispiel spießbürgerlichen Wesens nenne ich den Stil meines trefflichen Freundes Fauriel vom Institut in seiner ausgezeichneten Studie »Dantes Leben«, die 1834 in der »Revue de Paris« erschien. Wer was wird im Jahre 1880 davon übrig bleiben? Irgend ein geistreicher Schriftsteller wird sich die gründlichen Untersuchungen des trefflichen Fauriel zunutze machen, und die Arbeit dieses höchst gewissenhaften Spießbürgers wird völlig vergessen sein. Er war der schönste Mann in Paris. Frau Concordet (Sophie Grouchy), die sich auf dergleichen verstand, eignete sich ihn an, und der gute Fauriel war so dumm, sie zu lieben. Als sie um 1820 starb, hinterließ sie ihm eine Rente von 1200 Franken – wie einem Lakaien. Er war tief gedemütigt. Als er mir zehn Seiten für mein Buch »Über die Liebe«Siehe S. 54, Anm. 2. gab, sagte ich zu ihm: »Wenn man mit einer Prinzessin oder einer sehr reichen Frau zu tun hat, muß man sie schlagen, sonst erlischt die Liebe.« Er fand das empörend.


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