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2. Kapitel

Einige Tage darauf kehrte der Herr Schwertträger von Reußen von seinem Ausfluge zurück. Obgleich er mit einen Geleitschein vom Fürsten Boguslaw ausgestattet war, hatte er dennoch nur bis Roschen vordringen können. Nach Billewitsch selbst zu gelangen, war unmöglich und auch zwecklos, denn der Gutshof samt dem Schlosse und das ganze Dorf waren ein Raub der Flammen geworden an jenem Tage, wo der Probst Straschewitsch, ein Jesuit, an der Spitze einer von ihm gebildeten Schutztruppe eine Schlacht gegen den schwedischen Kapitän Rossa verloren hatte. Die Einwohner des Gutshofes und des Dorfes waren zum Teil in die Wälder geflüchtet, zum Teil hatten sie sich den aufständischen Parteien angeschlossen. An Stelle des wohlhabenden Ortes war nichts mehr zu sehen, als Erde und Wasser.

Dazu wurden die Wege durch allerhand Raubgesindel, d. h. durch Deserteure und Ueberläufer aus den verschiedenen Heerlagern unsicher gemacht. Sie trieben sich so zahlreich in größeren Haufen auf allen Landstraßen umher, daß sie sich nicht entblödeten, sogar größere Truppenkommandos anzugreifen. Auf diese Weise war es ihm nicht einmal gelungen, sich zu überzeugen, ob die Tonnen mit dem Silberzeug und dem Bargelde der Familie, welche er im Garten vergraben, noch unberührt geblieben, oder von den Feinden geraubt waren. Der Herr Schwertträger war also sehr bekümmert nach Tauroggen zurückgekehrt und eine fürchterliche Wut gegen die Verwüster des Vaterlandes erfüllte seine Brust.

Nun hatte er kaum den Fuß vom Wagen gesetzt, da zog Olenka ihn auch schon in ihre Kemenate und erzählte ihm alles, was sie von Ketling erfahren hatte.

Der alte Edelmann, kinderlos wie er war, liebte Olenka wie eine eigene Tochter. Er bebte vor Zorn, schnappte eine Weile nach Luft, während er sich auf den Griff seines Säbels stützte und vor sich hin murmelte. Endlich fuhr er sich mit der Hand an die Stirn und sprach:

»Schlage zu, wer Tugend hat! Mea culpa, mea maxima culpa! Ich selbst war ja verblendet, ich selbst glaubte zuweilen, daß dieser Satan wirklich so verliebt in dich ist, daß er dich ehelichen wird. Dieser und jener bestärkte mich darin; man wies mich auf unsere Verwandtschaft mit den Gosiewskis und die Tysenhaus hin. Ich begann mich stolz in dem Gedanken zu sonnen, daß wir auch mit den Radziwills verwandt werden konnten. Für diesen Stolz straft mich Gott jetzt ... Das ist freilich eine rühmliche Verwandtschaft, die der Verräter uns zugedacht hat! ... Er wollte sich mit uns vergevattern wie der Stammbulle vom Edelhof mit der Kalbe vom Dorfe! ... Daß dich der Tod hole! Aber warte! Eher soll diese Hand und dieser Säbel vermodern, ehe ...«

»Wir müssen auf Rettung sinnen,« unterbrach ihn Olenka.

Und gleich begann sie ihm ihren Fluchtplan zu erklären.

Der Herr Schwertträger hörte ihr aufmerksam zu, und nachdem er sich ein wenig von seiner Aufregung erholt hatte, sagte er:

»Ich will lieber meine Unterthanen sammeln, eine eigene Truppenabteilung bilden und mit dieser die Schweden beunruhigen wie andere es thun und wie Kmiziz mit Chowanski gethan. Du wirst in den Wäldern sicherer sein, als hier am Hofe dieses Fürsten.«

»Gut!« antwortete das Fräulein.

»Ich habe nicht nur nichts gegen diesen Fluchtplan einzuwenden,« sagte er begeistert, »sondern ich bin auch dafür, daß er sobald als möglich zur Ausführung gelangt. Um meine Unterthanen ist mir nicht bange; auch an Sensen wird es nicht fehlen. Haben sie mir die Residenz verbrannt, sei es drum! ... Ich werde in anderen Dörfern Bauern werben ... Alle unsere Verwandten, die schon in das Feld gezogen sind, werden zu uns stehen. Warte mir, Herrchen, wir wollen dir schon unsere Verwandtschaft eintränken ... wir wollen zeigen, was es heißt, der Ehre einer Billewitsch nachzustellen ... Bist du auch ein Radziwill! Das macht nichts aus! Haben die Billewitsch auch keinen Hetman aufzuweisen, so giebt es auch keine Verräter in ihrem Geschlecht! ... Wir werden sehen, auf wessen Seite ganz Smudz sich stellen wird! ...

Dann wandte er sich an Olenka:

»Ich will dich nach Bialowiersch bringen und dann hierher zurückkehren! So soll es geschehen! Er soll mir diese Beleidigung büßen, denn was er thut, beleidigt nicht nur uns, sondern den gesamten Adel. Wer das nicht einsieht, oder nicht mit uns hält, der ist ein Infamer! Gott wird helfen, die Brüder werden helfen, der Kleinadel auch, dann ziehen wir mit Feuer und Schwert gegen ihn los. Die Billewitsch nehmen es noch mit den Radziwills auf. Wir werden die ganze Republik, den König, und den Reichstag für uns haben.

Der alte Herr schlug bei diesen Worten mit der Faust auf den Tisch; sein Antlitz war rot vor Erregung, sein Haar sträubte sich. Seine Aufregung steigerte sich von Minute zu Minute, so daß Olenka versuchte, ihn zu beruhigen. Er hatte alles schweigend mit angesehen, das Elend der Republik, den Niedergang des Vaterlandes, nun aber, da das Geschlecht der Billewitsch in Olenka beleidigt war, erblickte er in dieser Thatsache den Untergang Polens und brüllte wie ein Löwe um Rache.

Endlich gelang es dem Fräulein, welches einen großen Einfluß auf ihn auszuüben vermochte, den Herrn Schwertträger zu beruhigen. Sie versuchte ihm klar zu machen, daß es durchaus notwendig sei, die Angelegenheit so geheimnisvoll als möglich zu betreiben, um den Fürsten nichts von ihrem Vorhaben merken zu lassen, sollte die Flucht gelingen. Er mußte ihr fest versprechen, nichts ohne ihr Wissen zu unternehmen, und nur das zu thun, was sie anordnen werde. Dann berieten sie gemeinschaftlich die Flucht. Es schien ihnen gar nicht schwer, ihren Plan durchzuführen, da man sie anscheinend nicht bewachte. Herr Billewitsch beschloß daher, einen Boten mit Briefen an die Oekonomen auf seinen Gütern abzusenden, mit dem Auftrage, die Bauern aller Dörfer aufzubieten, ebensolche Aufforderungen erließ er an alle, die mit den Billewitsch verwandt und verschwägert waren.

Das Nächste, was zu thun blieb, war die Ausfertigung von sechs Vertrauensmännern nach dem Stammgute Billewitsche. Sie sollten dort die Fässer mit dem Silbergerät und dem Gelde ausgraben, dieselben nebst Nahrungsmitteln, Gepäck und Pferden in die Wälder von Girkakol bringen und dort die Herrschaft erwarten.

Sie selbst wollten zu geeigneter Zeit mit zwei Bediensteten im Schlitten von Tauroggen nach dem nahen Gawna fahren, dort Reitpferde besteigen und eiligst davonreiten. Nach Gawna fuhren sie öfters, um das Ehepaar Kutschukow-Olbrotowski zu besuchen. Sie blieben zuweilen über die Nacht dort, durften also hoffen, daß ihre Abreise nicht bemerkt und eine Verfolgung erst nach Ablauf mehrerer Tage veranstaltet werden würde, wenn sie bereits in der Tiefe der Wälder bei ihren Leuten angelangt waren. Die Abwesenheit des Fürsten befestigte sie in dieser Hoffnung.

Herr Thomas beschäftigte sich bald eifrig mit den Vorbereitungen. Zwei Tage nachher ritt der Bote mit den Briefen davon. Am dritten Tage begann der Herr Schwertträger eine sich sehr in die Länge dehnende Unterhaltung mit Paterson. Er erzählte ihm von seinen vergrabenen Schätzen und von der Notwendigkeit, sie von Billewitsche nach dem sicheren Tauroggen überzuführen, da der Wert derselben die hunderttausend Gulden weit übersteige. Paterson schenkte den Worten des alten Herrn gern Glauben, da derselbe allgemein für sehr reich galt.

»Laßt sie nur recht bald herbringen,« sagte der Schotte. »Wenn es nötig sein sollte, will ich gern eine Eskorte mitgeben.«

Herr Billewitsch dankte für die Bereitwilligkeit.

»Je weniger Menschen darum wissen, desto besser ist es,« sagte er. »Meine Diener sind treu; sie werden die Fäßchen unter Stockholz auf den Wagen verbergen, welches von uns in großen Mengen nach Preußen geliefert wird, oder noch besser, unter und zwischen Schindelbündel, nach welchen Niemand gelüsten wird, oder unter Hanf.«

»Die Schindeln sind besser,« riet Paterson, »denn der Hanf ist leicht mit Lanzen zu durchstechen oder mit dem Säbel zu durchhauen. Mau könnte leicht entdecken, daß etwas darunter verborgen liegt. Ich weiß auch, daß man hier nötig Geld braucht, denn die Zinsen und Außenstände gehen schlecht ein.«

»Ich möchte dem Fürsten gern meine Schätze anbieten, damit er nicht in Verlegenheit gerat,« versetzte der Edelmann.

Damit war die Unterredung beendet. Alles schien nach Wunsch zu gehen, die Diener des Herrn Schwertträgers reisten bald darauf ab, er selbst wollte mit Olenka am nächsten Tage seine Besuchsreise antreten.

Da traf ganz unerwartet gegen Abend Fürst Boguslaw mit zwei Regimentern preußischer Reiter ein. Seine Angelegenheiten mußten keinen günstigen Verlauf genommen haben, denn er sah zornig und vergrämt aus.

Noch an demselben Tage berief er den Kriegsrat ein, welcher aus dem Bevollmächtigten des Kurfürsten, dem Grafen Seydewitz, Paterson, Sakowitsch und dem Reiterhauptmann Kyritz zusammengesetzt war. Die Beratungen dauerten bis gegen drei Uhr morgens und hatten zum Gegenstand den Feldzug gegen Sapieha.

»Der Kurfürst und der König von Schweden haben mich mit Streitkräften wohlversehen,« sagte der Fürst. »Eines von beiden kann nur stattfinden: – entweder finden wir den Sapieha noch in Podlachien; in diesem Falle werden wir ihn samt seiner Armee vernichten – oder er ist nicht mehr dort; dann nehmen wir Podlachien ohne Widerstand. Zu Beiden gehört aber Geld und das hat mir weder der Kurfürst noch der König von Schweden gegeben, denn sie haben selbst keines.«

»Wo, bei wem sollte man wohl Geld suchen, wenn nicht bei Ew. Durchlaucht,« versetzte Graf Seydewitz. »Man spricht in der ganzen Welt von den unerschöpflichen Reichtümern der Radziwills.«

»Herr Graf!« erwiderte Boguslaw darauf, »wenn ich einbekommen könnte, was mir aus meinen anererbten Gütern zukommt, so hätte ich gewiß mehr Geld, als fünf deutsche Fürsten zusammengenommen. Aber der Krieg hat das Land verwüstet, die Pachtzinse gehen nicht ein, denn sie werden meist von den Rebellen abgefangen. Man könnte wohl gegen Schuldverschreibungen von den Preußischen Städten Gelder requirieren, aber ihr wißt ja am besten, wie es gegenwärtig dort zugeht. Sie würden allenfalls nur für Johann Kasimir allein ihre Säckel öffnen.«

»Und wie steht es mit Königsberg?«

»Was dort zu nehmen war, das habe ich mitgenommen, aber es war wenig genug.«

»Ich schätze mich sehr glücklich, daß ich Ew. Durchlaucht mit einem guten Rate dienen kann,« sagte Paterson.

»Bares Geld wäre mir lieber, als ein guter Rat,« versetzte der Fürst.

»Doch, mein Rat ist Goldes wert. Erst gestern Abend erzählte mir Herr Billewitsch, daß er bedeutende Summen im Garten in Billewitsche vergraben hat, die er soeben im Begriff steht, hierher in Sicherheit zu bringen, um sie Ew. Durchlaucht zur Verfügung zu stellen.«

»O, das kommt mir wie vom Himmel gefallen,« rief Boguslaw. »Ob die Summe groß sein mag?«

»Ueber hunderttausend Gulden, ungerechnet das Silberzeug und die Kleinodien, die fast eben so viel wert sind.«

»Silber und Kleinodien setzt der Edelmann nicht gern in bares Geld um, man konnte sie höchstens versetzen. Ich danke euch, Paterson, ihr kamt zur rechten Zeit. Ich werde gleich morgen mit Billewitsch sprechen.«

»Dann will ich ihn noch heute verständige», denn er beabsichtigt morgen einen Besuch in Gawna bei den Herrschaften Kutschukow-Olbrotowski zu machen.«

»Benachrichtigt ihn; er darf nicht abreisen, bevor ich ihn gesprochen,« befahl Boguslaw.

»Die Diener sind schon fortgeschickt, ich bin nur in Sorge, daß sie auch sicher hier anlangen.«

»Man könnte ihnen ein ganzes Regiment nachschicken. Doch darüber sprechen wir noch. O, das kommt zur rechten Zeit! Das Spaßhafte an der Sache aber ist, daß ich Podlachien mit dem Gelde dieses königstreuen Edelmannes erobern werde.«

Indem er das sagte, verabschiedete der Fürst den Kriegsrat, denn er mußte sich vor dem Zubettgehen noch den Händen seiner Kammerdiener anvertrauen, deren Aufgabe es war, ihn allabendlich mit einem Bade zu erquicken und seine außerordentliche Schönheit durch Einreibungen mit verschiedenen Salben und Mixturen zu erhalten, was immer eine bis zwei Stunden Zeit beanspruchte. Heute war der Fürst überdies müde vom Wege und der langen Sitzung.

Am nächsten Morgen hielt Paterson den Herrn Billewitsch und Olenka von der Abreise zurück, indem er ihnen meldete, daß der Fürst sie zuvor zu sprechen wünsche. Die Abreise mußte daher aufgeschoben werden, sie machten sich aber keine weiteren Gedanken darüber, da Paterson ihnen gesagt hatte, um was es sich handelte.

Eine Stunde später erschien der Fürst. Obgleich Olenka und Herr Thomas sich heilig gelobt hatten, ihn so freundlich wie ehedem zu empfangen, so brachten sie es doch trotz aller Anstrengung nicht fertig.

Sie wechselte die Farbe, als sie den jungen Fürsten eintreten sah, während Herr Thomas rot bis hinter die Ohren wurde. Wider Willen wurden beide verlegen, sie bemühten sich, vergeblich ihre Fassung zu bewahren.

Der Fürst dagegen war vollkommen heiter, nur sein Gesicht hatte etwas weniger frische Farbe, um die Augen zogen sich bläuliche Ränder, aber gerade dieses leidende Aussehen kleidete ihn vortrefflich und harmonierte gut mit dem perlenfarbenen, silberdurchwirkten Morgengewande. Er bemerkte sogleich, daß man ihn anders empfing als gewöhnlich und dachte sich, daß diese beiden während seiner Abwesenheit erfahren haben mußten, in wie freundschaftlichem Verhältnis er zu den Schweden stand. Nur so konnte er sich den kühlen Empfang, der ihm wurde, erklären.

Boguslaw beschloß, ihnen sogleich Sand in die Augen zu streuen; er begann nach den gewöhnlichen Phrasen und Komplimenten sogleich:

»Herr Schwertträger, mein lieber Wohlthäter, ihr werdet sicherlich schon erfahren haben, welches Unglück mich betroffen hat ...«

»Ew. Durchlaucht meinen den Tod des Fürst Wojewoden?« entgegnete Herr Billewitsch.

»Nicht das allein. Der Tod meines Verwandten ist ein harter Schicksalsschlag, doch habe ich mich dem Willen Gottes ergeben, der, wie ich fest glaube, meinem Vetter im Himmel alles das Unrecht vergelten wird, welches ihm die Menschen zugefügt haben. Mir aber ist eine neue drückende Last auferlegt worden, denn ich bin gezwungen, einen Bruderkrieg zu führen, was für einen Staatsbürger, der sein Vaterland liebt, ein entsetzliches Unglück ist ...«

Der Herr Schwertträger antwortete nicht auf diese Auseinandersetzung.

Der Fürst fuhr fort:

»Mit großer Mühe, vieler Anstrengung, und Gott allein weiß, mit was für großen Geldopfern ich endlich den Frieden zustande gebracht hatte. Die Traktate waren ausgefertigt; es bedurfte nur noch der Unterschriften. Die Schweden sollten Polen räumen, ohne eine Kriegskontribution zu beanspruchen, außer, daß der König und die Stände Polens ihre Einwilligung dazu geben sollten, daß nach dem Tode Johann Kasimirs, Karolus von Schweden zum Könige von Polen gewählt wird. Ein so mächtiger und großer Kriegsheld wäre für unsere Republik eine Erlösung. Noch mehr, er sollte uns sogleich ein Heer zurücklassen zur endlichen Beendigung des Bürgerkrieges in der Ukraine und mit Moskau; wir hätten unsere Grenzen erweitern können, aber das paßte dem Herrn Sapieha nicht, denn er hätte dann seine eingebildete Rache gegen die Radziwills aufgeben müssen. Alle anderen Heerführer waren einverstanden, er allein widersetzt sich mit den Waffen in der Hand. Ihm gehen seine Privatinteressen über das Wohl des Vaterlandes. Er hat es so weit getrieben, daß man beschlossen hat, ihn mit Gewalt zum Einverständnis mit den anderen zu zwingen. Im heimlichen Auftrage Johann Kasimirs und Karolus soll ich diese Funktion übernehmen. Was kann ich anderes thun, als gehorchen. Ich habe mich niemals irgend einem Dienst entzogen, muß mich auch jetzt den höheren Anordnungen fügen, obgleich manch einer mich falsch beurteilen und denken wird, daß ich den Bruderkrieg nur zur Befriedigung meiner Rache beginne.«

»Wer Ew. Durchlaucht so gut kennt, wie wir, den wird der Schein nicht irre führen, der wird immer die edlen Beweggründe Ew. Durchlaucht Handlungen verstehen,« versetzte Herr Billewitsch.

Er konnte sich jedoch nicht enthalten, bei diesen Worten, entzückt von der eigenen Schlauheit, so ungeschickt dem Fräulein zuzublinzeln, daß diese heftig erschrak, weil sie fürchtete, der Fürst könnte es gesehen haben.

Und er hatte es gesehen.

»Sie glauben mir nicht,« dachte er.

Doch ließ er nichts von dem Zorn merken, der ihn bei dieser Wahrnehmung gepackt hatte; er betrachtete es als eine persönliche Beleidigung, nicht zu glauben, was ein Radziwill sagte, selbst dann, wenn es diesem gefiel, zu simulieren.

»Paterson erzählte mir,« fuhr er nach kurzer Pause fort, »daß Ew. Liebden mir euer Barvermögen zur Verfügung stellen wollt. Ich nehme dieses Anerbieten gern an, denn offen gestanden, kommt es mir gerade jetzt sehr gelegen. Wenn der Friede geschlossen sein wird, könnt ihr entweder die Summe zurückerhalten, oder ich verpfände euch ein paar meiner Güter. Jedenfalls sollt ihr eher einen Nutzen, als einen Schaden davon haben.«

Hier wendete sich der Fürst zu dem Fräulein:

»Verzeiht, mein Fräulein,« sagte er artig, »daß ich in Gegenwart eines so vollkommenen Geschöpfes nicht von idealen Dingen spreche. Es ist nicht recht, daß ich euch mit so trivialen Sachen behellige, die kriegerischen Zeiten erlauben aber nicht, meiner Verehrung für euch so Ausdruck zu geben, wie es sich gebührt.«

Olenka schlug die Augen nieder, faßte mit den Fingerspitzen ihr Kleid und machte einen tiefen Hofknix; eine andere Antwort vermochte sie nicht zu geben.

Unterdessen hatte Herr Billewitsch sich in der Eile einen Plan zurechtgelegt, der unglaublich plump war, ihm selbst aber außerordentlich listig erschien.

»Ich werde mit dem Mädchen entfliehen und ihm das Geld nicht borgen,« dachte er.

Er räusperte sich und nachdem er einigemale mit der Hand über den Scheitel gefahren war, begann er:

»Es wird mir angenehm sein, Ew. Durchlaucht dienen zu können. Ich habe Paterson noch nicht von allem unterrichtet; es befindet sich in meinem Garten noch ein Tönnchen mit roten Goldgulden besonders vergraben, damit nicht ein böser Zufall mich meines ganzen Vermögens beraubt. Außerdem haben verschiedene Verwandte ebenfalls ihr Vermögen in Tonnen in meinem Garten vergraben, das geschah während meiner Abwesenheit unter der Leitung dieses Fräuleins hier. Sie allein kennt den Platz und nur sie kann ihn wiederfinden, denn der Mann, welcher ihr beim Vergraben der Schätze geholfen hat, ist gestorben. Mit der Erlaubnis Ew. Durchlaucht würden wir beide die verborgenen Schütze holen.«

Boguslaw blickte den alten Herrn durchdringend an.

»Wie?« sprach er. »Paterson hat mir doch gesagt, daß ihr eure Diener schon darnach ausgeschickt habt, und wenn das wahr ist, dann müssen sie doch wissen, wo die Tonnen vergraben sind.«

»Ja, die meinigen. Von den anderen kennt Olenka allein den Platz.«

»Sie müssen doch aber an einer näher zu bezeichnenden Stelle liegen, welche mündlich oder durch eine Zeichnung auf dem Papiere beschrieben werden kann.«

»Worte sind in den Wind gesprochen,« antwortete der Schwertträger, »und Zeichnungen versteht keiner der Diener zu entziffern. Wir werden sie selbst holen! Basta!«

»Mein Gott! Ihr müßt in euren Gärten doch jeden Fleck Erde kennen, so fahrt doch allein. Wozu soll Fräulein Alexandra mitfahren?«

»Allein fahre ich nicht!« entgegnete Herr Billewitsch energisch.

Boguslaw schien den alten Herrn mit seinen Blicken durchbohren zu wollen. Er setzte sich bequem zurecht und schlug mit dem Rohrstöckchen, das er in der Hand hielt, an den Stiefelschaft.

»Muß es durchaus sein?« frug er. »Gut! Aber in diesem Falle werde ich euch zwei Reiterregimenter als Eskorte mitgeben.«

»Wir bedürfen keiner Eskorte. Wir werden allein fortreisen und allein wiederkehren. Wir kommen in unsere Heimat, dort droht uns kein Unheil.«

»Als aufmerksamer Wirt, der verpflichtet ist, für das Wohl seiner Gäste zu sorgen, werde ich niemals zugeben, daß Fräulein Alexandra schutzlos durch das Land reist. Ihr habt zu wählen: entweder reist ihr allein, oder – ihr reist beide unter Eskorte.«

Der Herr Schwertträger merkte endlich, daß er erraten und in seinem eigenen Netze gefangen sei. Das versetzte ihn in so heftigen Zorn, daß er, alle Vorsicht vergessend, ausrief:

»So stelle ich Ew. Durchlaucht ebenfalls vor die Wahl: entweder wir reisen beide ohne Eskorte – oder – ich gebe kein Geld!«

Fräulein Alexandra blickte ihn flehend an. Doch der Zorn war zu gewaltig in ihm geworden. Von Natur schüchtern und geneigt, alle Streitigkeiten in Güte beizulegen, konnte er sich nicht mehr mäßigen, wenn er einmal wirklich zornig gemacht war, was jedesmal geschah, wenn er die Ehre der Billewitsch angegriffen glaubte. Dann wurde er ganz desperat, dann trat er kühn dem mächtigsten Feinde entgegen.

So stemmte er auch jetzt seinen linken Arm in die Seite, und während er mit der Rechten auf den Säbelgriff schlug, schrie er aus vollem Halse:

»Sind wir denn Gefangene? Will man denn einem freien Bürger Fesseln anlegen, angeerbte Rechte mit Füßen treten?«

Boguslaw lehnte seinen Rücken fester an die Lehne seines Stuhles. Er betrachtete ohne ein Zeichen der Erregung den alten Herrn aufmerksam; nur sein Blick wurde von Minute zu Minute kühler und das Rohr in seiner Hand flog hastiger auf und nieder. Hätte der Herr Schwertträger den Fürsten besser gekannt, so hätte er gewußt, daß er in diesem Augenblick eine große Gefahr auf sein Haupt heraufbeschwor.

Wer in irgend einer persönlichen Beziehung zu Boguslaw stand, befand sich immer in einer bedrohlichen Lage, denn man wußte nie, wann und wo bei ihm der wilde ungezügelte Stolz des Magnaten, der grausame morgenländische Despotismus des herzlosen Egoisten die Herrschaft über den feinen Hofmann und Diplomaten antrat. Unter den Blüten einer glänzenden Erziehung, einer glatten Eleganz, die er sich im Verkehr mit den Personen der verschiedenen Höfe Europas angeeignet, einer Ueberlegenheit des Geistes durch Erfahrung gewonnen, barg sich das wilde, zügellose Temperament des raubgierigen Tieres.

Doch der Herr Schwertträger wußte nichts davon, deshalb fuhr er in blindem Zorn fort:

»Ew. Durchlaucht sollten sich nicht länger verstellen, man hat euch erkannt! ... Merkt, daß weder der König von Schweden, dem ihr eure Dienste weiht, noch eure sonstigen schönen Eigenschaften, noch eure Fürstenkrone euch vor dem Richterspruch des Obertribunals zu schützen vermögen. Die Säbel der Adligen werden euch mores lehren – ihr Grünschnabel!«

Da stand Boguslaw auf. Das Rohr krachte unter dem Drucke seiner eisernen Hand, zersplittert fiel es zu den Füßen des Schwertträgers nieder, während der Fürst zischend rief:

»Da! So viel sind mir eure Rechte, eure Tribunale wert!«

»Gewalt! Fürchterliche Gewalt!« schrie Herr Billewitsch.

»Schweigt, ihr adliges Männchen!« knirschte der Fürst, »sonst zermalme ich euch zu Staub!«

Er schritt auf ihn zu und wollte den Erschrockenen an der Brust packen, um ihn an die Wand zu pressen. Doch ehe er ihn noch erreicht hatte, stand Olenka zwischen ihnen.

»Was wollt ihr thun, Durchlaucht?« sagte sie.

Der Fürst stutzte.

Sie stand vor ihm wie die zürnende Minerva; ihr Gesicht war von der Erregung gerötet, die Nasenflügel weit aufgebläht, ihr Busen wogte und die Augen sprühten Feuer. Sie war so schön in ihrem Zorn, daß Boguslaw sie anstarrte wie ein Wunderbild. Er konnte sich von ihrem Anblick nicht losreißen und während er sie mit den Blicken zu verschlingen schien, malte sich in seinen Zügen die ganze Begehrlichkeit seiner unreinen Seele.

Nach einer Weile raffte er sich auf; der Zorn war verrauscht, er kam zur Besinnung. Dann sah er noch lange in das Antlitz des Mädchens, während seine Züge sich allmählich glätteten, endlich senkte er beschämt den Kopf und bat:

»Verzeihung, du Engelsmädchen! ... Meine Seele ist voll Gram und Schmerz ... ich weiß nicht mehr, was ich thue.«

Nachdem er das gesagt, ging er hinaus.

Olenka rang die Hände und der Schwertträger, der endlich zum Bewußtsein seiner verkehrten Handlungsweise gekommen war, raufte sich die Haare und rief:

»Ich habe alles verdorben, ich bin die Ursache deines Verderbens!«

Der Fürst ließ sich den ganzen Tag nicht blicken. Er speiste sogar in seinem Gemach allein mit Sakowitsch. Bis in die tiefste Tiefe seiner Seele erregt, vermochte er nicht so klar zu denken, wie sonst. Jede Fiber seines Herzens, jeder Nerv an ihm bebte. Dieser Zustand war der Vorbote des schweren Fiebers, welches ihn bald darauf so mächtig befiel, daß während der Anfälle der ganze Körper steif wurde, so daß man ihn durch Reiben wieder fügsam machen mußte. Er schrieb aber denselben der außerordentlichen Macht der Liebe zu und behauptete, sterben zu müssen, wenn sie nicht Erwiderung fand.

Nachdem er seinem Vertrauten den ganzen Verlauf der Unterredung erzählt hatte, setzte er hinzu:

»Die Hände und Füße brennen mir, während es kalt über meinen Rücken läuft. Die Lippen sind heiß und im Munde habe ich einen bitteren Geschmack ... Bei allen gehörnten Teufeln, was kann das sein? ... So etwas ist mir noch nicht vorgekommen! ...«

»Ihr seid mit Skrupeln gefüllt, wie der gebratene Kapaun mit Grütze ... O, Durchlaucht! Durchlaucht!« lachte Sakowitsch.

»Du bist dumm!«

»Auch gut!«

»Ich brauche deine Konzepte nicht!«

»Nehmt die Laute, Durchlaucht, geht unter das Fenster des Mädchens und spielt; vielleicht ... zeigt euch der Schwertträger eine Faust ... Pfui! Zum Kuckuck, Durchlaucht! Seit wann ist Boguslaw Radziwill ein so unentschlossener Mann?«

»Du bist ein Narr!«

»Gut! Ich merke, daß Ew. Durchlaucht Selbstgespräche führt und sich selbst die Wahrheit sagt. Immer tapfer! Tapfer! Und ohne Rücksicht auf Rang und Würde!«

»Merke dir, Sakowitsch! Wenn mein Kastor zu vertraulich zu mir wird, dann gebe ich ihm einige Fußtritte zwischen die Rippen. Es könnte sein, daß dich etwas Schlimmeres trifft.«

Sakowitsch sprang mit beiden Beinen zugleich auf, halb zornig wie vor kurzem der Schwertträger, und da er ein außerordentliches Nachahmungstalent besaß, begann er mit einer dem Herrn Billewitsch so ähnlichen Stimme, daß sie kaum von derselben zu unterscheiden war, zu schreien:

»Sind wir denn Gefangene? Will man einen freien Bürger fesseln, Kardinalrechte mit Füßen treten?«

»Laß das! Laß das!« sagte der Fürst in fieberhafter Eile. »Jenen dort hat sie durch ihre eigene Person beschützt. Sie ist nicht hier, um auch dich zu schützen.«

»Wenn sie ihn geschützt hat, so hättet ihr sie gleich für euch nehmen sollen! ...«

»Ein heimlicher Zauber muß um sie seinen Schutz weben – ich wüßte sonst nicht, was mich hätte zurückhalten können; sie muß mir etwas eingegeben haben, oder es steht mir in den Sternen geschrieben ... ich verliere noch den Verstand ... Hättest du sie gesehen, wie sie diesen reudigen Alten verteidigte ... Aber, du bist ja ein Narr! Es wirbelt mir im Kopfe! Sieh' her, wie meine Hände brennen! Ein solches Mädchen lieben dürfen, sie an sich ziehen, mit ihr ...«

»Nachkommenschaft zeugen!« setzte Sakowitsch hinzu.

»Ja, ja! Als wüßtest du, was ich meine. Das muß ich erreichen, sonst zersprengt mich die Flamme wie eine Granate. Um Gotteswillen! Was geht mit mir vor ... Ich muß sie heiraten, oder sonst was – bei allen Teufeln der Hölle und der Erde!«

Sakowitsch wurde ernst.

»Daran dürfen Ew. Durchlaucht nicht denken!«

»Aber ich denke daran; ich will und werde daran denken und stände ein ganzes Regiment Sakowitsche hinter mir und wiederholte mir in einemfort: ›Daran dürfen Ew. Durchlaucht nicht denken!‹«

»Ei, ich sehe, das ist Ernst!«

»Krank bin ich, verzaubert! Es kann nichts anderes sein!«

»Warum folgen Durchlaucht nicht endlich meinem Rate?«

»Ich will ihm folgen! Die Pest über alle Träume, über alle Billewitsch, über ganz Litauen mit seinen Tribunalen und Johann Kasimir dazu. Anders richte ich nichts aus ... Ich sehe das ein! ... Genug des Harrens! ... Wie? Eine große Sache! Eine große Sache! Und ich Narr schwankte noch immer. Ich fürchtete mich vor den Billewitsch, dem Prozeß, mich ängstigte ein Traum, die Rachgier des Adels und das Kriegsglück Johann Kasimirs. Sage mir doch, daß ich ein Narr bin! Hörst du, ich befehle dir, es zu sagen!«

»Und ich werde mich hüten, zu gehorchen, denn ihr seid eben ein Radziwill und kein Pfarrvikar. Doch krank müßt ihr sein, Durchlaucht, so aufgeregt sah ich euch noch nie.«

»Es ist wahr! Aha! Ich scheuchte sonst mit einer Handbewegung die schwersten Sorgen fort, jetzt fühle ich mich von ihnen gefesselt.«

»Seltsam,« sagte Sakowitsch. »Wenn das Mädchen euch wirklich einen Zaubertrank gereicht hat, so kann es doch nicht darum geschehen sein, um nachher vor euch zu fliehen. Nach dem aber, was Durchlaucht mir gesagt haben, hatten doch beide die Absicht, heimlich zu entfliehen.«

»Ryff sagte mir, daß ich unter dem Einflusse des Saturnus zu leiden habe, welchem in diesem Monat glühende Ausdünstungen entströmen.«

»Durchlaucht! Nehmt doch lieber den Jupiter zu eurem Patron; diesem glückte alles ohne besondere Gelübde. Es kann noch alles gut werden, nur denkt nicht an eine Ehe, höchstens eine Scheinehe ...«

Hier schlug Sakowitsch sich plötzlich vor die Stirn.

»Wartet einmal, Durchlaucht! ... Mir fällt eben ein ... Ich hörte in Preußen von einem ähnlichen Falle ...«

»Flüstert der Teufel dir etwas ins Ohr? Sprich!«

Aber Herr Sakowitsch sprach lange nicht; endlich hellte sein Gesicht sich auf und er sagte:

»Dankt eurem guten Stern, Durchlaucht, daß Sakowitsch euer Freund ist.«

»Was giebt es neues? Was giebt es neues?«

»Treibe keine Narreteien, sprich schnell!«

»In Tilsit lebt ein gewisser Plaska, oder wie er sonst heißt, der war seiner Zeit Probst in Nieworany.«

»Was geht mich das an? Langweile mich nicht.«

»Wohl geht es euch an, Durchlaucht! Der ist der Mann, welcher euch und das Fräulein zusammennähen wird, wie ein Schuster das Oberleder mit der Sohle. Versteht ihr, Durchlaucht? Er ist ein schlechter Meister, der keiner Innung angehört, weil er sich verheiratet hat, deshalb wird seine Naht leicht aufzutrennen sein. Die Innungsmeister werden die Echtheit der Ehe nicht anerkennen; sie wird ohne Lärm, ohne Gewaltstreich zu lösen sein. Dem schlechten Meister kann man gelegentlich das Genick umdrehen. Ew. Durchlaucht aber werdet euch offen in lauten Klagen ergehen, daß ihr betrogen worden seid. Vorher aber: crescite et mutipli camini. Ich bin der erste, der seinen Segen giebt.«

»Ich verstehe und verstehe auch nicht,« sagte der Fürst. »Zum Teufel, nun verstehe ich erst ganz! Sakowitsch! Du mußt schon mit Zähnen auf die Welt gekommen sein. Du bist dem Henker verfallen! O, Herr Starost! ... Aber so lange ich lebe, soll dir kein Haar gekrümmt werden und ein anständiger Lohn soll dir nicht entgehen ... Ich will ...«

»Ihr müßt feierlichst um die Hand des Fräulein Billewitsch anhalten; bei beiden, dem Schwertträger und bei ihr. Ich lasse meine Haut zu Riemen schneiden, um Sandalen damit an meinen Sohlen zu befestigen und will gern zur Buße eine Pilgerfahrt antreten nach ... nun, sei es nach Rom, wenn der Plan nicht gelingt. Dem Radziwill tritt man zornig entgegen, wenn es ihm beliebt, sich zu verlieben; wenn er aber sich verehelichen will, dann braucht er keinem Edelmann das Kinn zu streicheln. Durchlaucht müßt nur dem Schwertträger und dem Fräulein sagen, daß vor der Hand die Ehe eine heimliche bleiben muß, weil der König von Schweden euch mit einer bipontischen Prinzessin verehelichen will. Uebrigens stellt Bedingungen, welche und wie ihr sie wollt. Die Ehe wird doch von der katholischen, wie von der lutherischen Kirche nicht anerkannt ... Wie nun?«

Boguslaw verharrte eine Weile schweigend; auf seinem Gesicht erschienen unter der Fieberröte dunkle Flecke. Zuletzt sprach er:

»Die Zeit drängt. In drei Tagen muß ich den Feldzug gegen Sapieha antreten.«

»Eben darum!« versetzte Sakowitsch schnell. Hätten wir mehr Zeit, so wäre es unmöglich, den Schein zu wahren. Ist es nicht so? Nur der Mangel an Zeit kann der Grund sein, warum der erste beste Geistliche geholt werden muß, nur Mangel an Zeit kann entschuldigen, daß alles so eilig geht, wie es in wichtigen Fällen zu gehen pflegt. Sie werden selbst denken: »Nur schnell, weil es schnell sein muß!« Das Mädchen hat ritterliche Tugenden, deshalb könnt ihr, Durchlaucht, sie mit in das Feld nehmen ... Mein König, selbst wenn Sapieha euch schlägt, bleibt ihr doch zur Hälfte Sieger.«

»Gut, gut!« sagte der Fürst.

Aber in diesem Augenblick packte ihn der erste heftige Schüttelfrost. Die Zähne schlugen ihm auseinander, er konnte kein Wort mehr hervorbringen. Der Körper wurde steif und flog hin und her, vom Krampfe geworfen. Doch ehe der erschrockene Sakowitsch noch mit dem schnell herbeigeholten Medikus zurückkommen konnte, war der Anfall schon vorüber.


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