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2. Kapitel

Am nächsten Morgen marschierte der König weiter bis Lublin. Dort wartete seiner die Nachricht, daß Herr Sapieha, nachdem er die Armee Boguslaws besiegt und vernichtet, mit einem starken Heere heranziehe. Er gab daher der Stadt nur eine feste Besatzung und zog weiter.

Sein nächstes Ziel war nun Samoschtsch. Wenn es ihm gelang, diese mächtige Veste zu besetzen, dann hatte er festen Fuß gefaßt in der Republik, dann konnte er von dort aus den Krieg, die Bewegungen seiner Truppen leiten, und auf diese Weise ein Uebergewicht über den Feind gewinnen. Ueber Samoschtsch kursierten die verschiedenstem Gerüchte. Die Polen, welche bis jetzt noch zu Karl Gustav standen, behaupteten, daß es die stärkste Festung der Republik sei; das hätte sich am besten daraus erwiesen, daß auch Chmielnizki sie nicht einzunehmen vermocht hatte.

Doch der König wußte nur zu gut, daß die Polen in Bezug auf die Befestigung der Städte wenig Erfahrung hatten. Was man hier für gewöhnlich eine starke Festung nannte, das war für die Begriffe anderer Völker höchstens eine Festung dritten Ranges. Karl Gustav wußte auch, daß keine dieser Festungen weder genügend mit Mauerwerk noch mit Wallgräben, noch mit Waffen versehen war. Er fürchtete daher von Samoschtsch keinen großen Widerstand. Er rechnete nicht zum wenigsten dabei auf den Glanz seines Namens, auf den Ruhm, der ihn begleitete, und die beiden sollten ihm helfen, Samoschtsch durch einen Vertrag in seine Hände zu bekommen. Hatte er in diesem Lande bereits so viel durch Verträge erreicht, da doch keiner wie er verstand, die Magnaten der Republik durch Verheißungen für sich zu gewinnen. Er erkundigte sich daher mit der ihm eigenen Gewandtheit nach allen Neigungen, Sitten und geistigen wie Charaktereigenschaften des Selbstherrn von Samoschtsch.

Johann Sapieha, welcher zum großen Kummer des Wojewoden von Witebsk noch immer bei dein Könige von Schweden verblieb, konnte Karl Gustav die beste Auskunft über den Herrn Starosten geben. Er konnte stundenlang mit ihm darüber sprechen. Sapieha war der Ansicht, daß es gar nicht so leicht sein werde, Samoschtsch zu erringen.

»Mit Geld wird der Starost nicht zu bekommen sein,« sagte Johann, »denn er ist sehr reich. Aus Würden und Aemtern macht er sich nichts: er hat sich nie darum bemüht, und sie auch dann verschmäht, als man sie ihm antrug ... Titel sind ihm zuwider, denn ich hatte mit eigenen Ohren zu hören Gelegenheit, wie er den Herrn de Noyers, den Sekretär der Königin, schalt, als er ihn » mon prince!« anredete. ›Ich bin kein Prinz,‹ hatte er ihm geantwortet, ›aber ich habe schon Prinzen als Gefangene in meinem Samoschtsch bewirtet.‹ Eigentlich ist das nicht ganz richtig, denn nicht er, sondern sein Großvater war es, den unsere Nation Samojski den Großen nennt.«

»Wenn er Mir die Thore seiner Stadt öffnet, will Ich ihm etwas geben, was kein König von Polen ihm zu geben vermochte,« sagte Karl Gustav.

Es kam dem Sapieha nicht zu, zu fragen, was der König meinte; er blickte den König nur neugierig an und dieser, den Blick verstehend, sprach weiter, während er seiner Gewohnheit gemäß das Haar hinter die Ohren strich.

»Ich werde ihn zum Wojewoden von Lublin machen und dieses zum unabhängigen Fürstentum erheben. Die Krone wird ihn locken. Keiner von euch würde dieser Lockung widerstehen, selbst nicht der heutige Wojewode von Wilna.«

»Die Freigebigkeit Ew. Majestät kennt keine Grenzen,« entgegnete nicht ohne eine gewisse Ironie Sapieha.

Und Karl erwiderte mit dem ihm eigenen Cynismus:

»Ich kann ja geben, denn es gehört nicht Mir.«

Sapieha schüttelte den Kopf.

»Der Mann ist nicht verheiratet: er hat keine Söhne. Nur der strebt nach Kronen, der sie zu vererben hat.«

»Zu welchen Mitteln ratet ihr Mir denn dann?«

»Ich glaube, mit Schmeicheleien wäre am ehesten etwas zu erreichen. Der Mann ist nicht besonders klug; er würde leicht zu überlisten sein. Man muß ihm ausmalen, daß von ihm einzig und allein das Wohl und der Friede der Republik abhängt, daß er allein das Land vor ferneren Kriegen und Unglück bewahren kann, wenn er die Thore von Samoschtsch öffnet. Wenn der Fisch darauf anbeißt, wird die Festung unser, sonst – niemals!«

»Es bleibt dann als letztes Mittel die Kanonade!«

»Hm!« machte Sapieha. »Man wird darauf in Samoschtsch die rechte Antwort finden. Es fehlt da drinnen nicht an guten Geschützen, während wir erst welche kommen lassen müßten. Das wird aber, wenn die Wege ausweichen, unmöglich sein.«

»Ich hörte,« sprach der König, »daß die Besatzung der Festung nur aus tüchtigen Füsilieren besteht, aber die Reiterei fehlt.«

»Berittene Soldaten werden nur im freien Felde gebraucht. Uebrigens ist es nicht unmöglich, daß Tscharniezki, da er doch nicht großen Schaden genommen zu haben scheint, ihm einige Fahnen zur Vervollständigung der Besatzung geschickt hat.«

»Ihr seht nichts als Schwierigkeiten!« sagte der König ärgerlich.

»Aber ich vertraue fest dem guten Stern Ew. Majestät!« versetzte Johann.

Sapieha hatte richtig vermutet, daß Tscharniezki die Besatzung der Festung verstärken würde. Er hatte thatsächlich einige Fahnen nach Samoschtsch gesandt, weil dieselben zu kleinen Ausfällen und zum Einfangen von Kundschaftern durchaus notwendig waren. Zwar bedurfte Samojski ihrer nicht, denn er hatte selbst genug, aber der Kastellan von Kijow sandte absichtlich jene beiden Fahnen, welche bei dem Angriff bei Golembin am meisten gelitten hatten, die Laudasche und die Schemberksche, in die Festung, damit sie sich etwas erholen sollten. Der Selbstherr hatte sie gastfreundlich aufgenommen und als er erfahren hatte, was für berühmte Krieger sich bei ihm zu Gaste eingestellt, da freute er sich über alle Maßen; er beschenkte und bewirtete die Herren auf das Freigebigste.

Unbeschreiblich aber war die Freude der Fürstin Griseldis, als sie Herrn Skrzetuski und Wolodyjowski wiedersah, sie, die beiden tapfersten Hauptleute und Waffengenossen ihres großen Mannes. Die beiden Ritter fielen der teuren früheren Herrin zu Füßen, Thränen traten in ihre Augen und auch die Fürstin konnte den Thränen nicht wehren. Wie viele gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen verbanden diese drei Menschen miteinander. Erinnerungen aus jenen zusammen in Lubniow verlebten Tagen, da noch der Fürst, dieser Held und Stolz des Vaterlandes, in der vollen Kraft seines Lebens mächtig in den wilden Feldern regierte und, wie Jupiter mit seinem Stirnrunzeln, die Barbaren erzittern machte. Noch war es nicht allzulange her, aber wo waren die Jahre hin entschwunden? Der Herrscher war tot, in der Ukraine herrschten die Barbaren und sie, die Witwe des großen Mannes, saß auf den Trümmern ihres Glückes und zehrte an den Erinnerungen vergangener Größe, das Herz von Trübsal erfüllt.

Als nun die Dreie sich zusammengefunden hatten, flogen ihre Gedanken gemeinschaftlich zurück in die Vergangenheit, und trotz aller Betrübnis und Bitternis hatten doch diese Erinnerungen etwas ungemein Süßes für sie. So unterhielten sie sich über das frühere Leben und Treiben, von den Plätzen, die ihre Augen niemals wiedersehen würden, von den Feldzügen und zuletzt von den Ereignissen der jüngsten Zeit, von dem Elend, das über das Vaterland hereingebrochen, das man als Strafe Gottes betrachten mußte.

»Wenn unser Fürst noch lebte,« sagte Skrzetuski, »wäre das Geschick der Republik ein ganz anderes. Die Kosaken wären in ihre Schranken zurückgedrängt, die Ländereien am hinteren Dniepr gehörten der Republik und der Schwede hätte längst seinen Meister gefunden.«

»Vielleicht läßt Gott in Herrn Tscharniezki dem Vaterlande einen neuen Retter erstehen!« sagte die Fürstin Griseldis.

»Er wird es werden!« rief Herr Wolodyjowski aus. »Wie unser Fürst seiner Zeit alle anderen Herren um Kopfeslänge überragte, so ist er ganz anders als die anderen Heerführer. Kenne ich doch beide Kronenhetmane und Herrn Sapieha. Sie alle sind große Krieger; dennoch steckt in Herrn Tscharniezki noch etwas anderes, höheres –, man könnte sagen, er ist der Adler unter ihnen. Trotz aller Milde, die er walten läßt, respektiert man ihn, selbst Herr Sagloba unterläßt oft in der Gegenwart des Feldherrn seine schlechten Scherze. Es spottet aller Beschreibung, wie er alles einzurichten versteht! Er wird bestimmt der erste Feldherr der Republik.«

»Mein Mann hat ihm schon eine große Zukunft prophezeit,« sagte die Fürstin, »er kannte ihn, als er noch Hauptmann war.«

»Ich erinnere mich,« versetzte Wolodyjowski. »Man sprach davon, daß er an unserem Hofe nach einer Braut suchte.«

»Davon weiß ich nichts,« entgegnete die Fürstin.

Wie hätte sie aber auch etwas wissen sollen von Dingen, die gar nicht existiert hatten. Herr Wolodyjowski hatte das nur listig erdacht, um das Gespräch allmählich auf das Frauenzimmer der Fürstin zu bringen und auf diese Weise etwas über Fräulein Borschobohata zu erfahren, denn er erachtete es für nicht schicklich und zu vertraulich einer so hochgestellten Dame gegenüber, direkt nach ihr zu fragen.

Aber die List war ihm nicht gelungen. Die Fürstin lenkte das Gespräch zurück auf den Fürsten und die Kosakenkriege, und der kleine Ritter dachte: »Anusia ist wohl seit Jahren nicht mehr bei der Fürstin!« Er frug nicht mehr nach ihr. Die Offiziere hätten ihm wohl Auskunft geben können, doch es kam ihm nicht in den Sinn, bei ihnen nach ihr zu forschen, denn seine Gedanken wurden bald auf andere Dinge gelenkt.

Die Patrouillen, welche auf Rekognoszierung ausgesandt worden waren, brachten die Nachricht, daß die Schweden schnell näher kämen. Man schickte sich also zur Verteidigung an. Skrzetuski und Wolodyjowski wurden als kriegskundige Männer mit der Verteidigung der Mauern und Wälle betraut. Sagloba sprach allen Mut zu, indem er denjenigen viel von den Schweden erzählte, die noch keinen dieser Fremdlinge gesehen hatten, und es waren ihrer nicht wenige, da die Schweden noch nie bis hierher vorgedrungen waren.

Sagloba hatte den Starosten sogleich durchschaut. Dieser liebte den Alten bald sehr: er wandte sich in jeder Angelegenheit um Rat an ihn, besonders seit die Fürstin ihm erzählt hatte, daß auch sein Schwager, der Fürst Jeremias, Herrn Sagloba seinerzeit sehr geschätzt und ihm den Beinamen »vir incomparabilis« gegeben hatte. Man hörte bei Tische den alten Herrn sehr gern von früheren und neueren Zeiten erzählen, vom Verrate Radziwills und von Herrn Sapieha und man hörte ihm stets aufmerksam zu.

Mit Bezug auf den letzteren sagte er einmal:

»Ich riet ihm, stets Hanfsamen in seiner Tasche zu tragen und ab und zu ein Körnchen davon zu zerbeißen. Er hat sich das so schön angewöhnt, daß er Tag und Nacht die Körner bei sich hat und sehr oft nach einem derselben langt, es zerkaut und die Hülse ausspeit. Und seit er das thut, hat sein Verstand sich so sehr entwickelt, daß ältere Bekannte des Hetman ihn kaum wiedererkennen,«

»Wieso?« frug der Starost.

»Wißt ihr denn nicht, daß der Hanfsamen Oel enthält?« frug Sagloba anscheinend ganz harmlos. »Das Oel dringt ins Gehirn und verbessert den Verstand.«

»Macht euch doch nicht lächerlich!« warf einer der Hauptleute dazwischen. »Das Oel kann doch nicht ins Gehirn, sondern höchstens in den Magen kommen.«

» Est modus in rebus!« sagte Sagloba darauf. »Man muß dabei nämlich viel Wein trinken. – Das Oel schwimmt, weil es leichter ist, stets oben. Der Wein aber, welcher immer zu Kopfe steigt, führt die an der Oberfläche schwimmende Substanz mit sich hinauf. Dieses Geheimmittel habe ich von Lupullus dem Hospodar, zu dessen Nachfolger mich, wie allen bekannt ist, die Wallachen durchaus einsetzen wollten. Doch der Sultan, welcher vorzieht, daß die Hospodare keine Nachkommen haben, stellte mir Bedingungen, auf die ich nicht eingehen konnte.«

»Ihr müßt dieses Mittel in sehr ausgiebiger Weise an euch selbst angewendet haben,« neckte der Selbstherr seinen Gast.

»Ich hatte es nicht nötig,« entgegnete Sagloba. »Doch Ew. Erlaucht möchte ich es von ganzem Herzen empfehlen.«

Erschrocken blickten einige Offiziere nach dem Starosten hin, fürchtend, er würde über diese Dreistigkeit zornig werden. Doch der schien die Anspielung nicht zu verstehen, oder, er wollte sie nicht verstehen. Lächelnd stellte er die Frage:

»Können denn die Körner der Sonnenrose nicht die Hanfkörner ersehen?«

»O ja!« antwortete Sagloba. »Doch da das Oel der Sonnenrose schwerer wiegt, als das des Hanfes, muß der Wein, den man dazu trinkt, auch viel schwerer sein, als derjenige, den wir jetzt trinken.«

Nun verstand der Starost, wo hinaus Herr Sagloba wollte. Er wurde sehr heiter, befahl, die besten Weine seines Kellers auf den Tisch zu stellen und riß durch seine Fröhlichkeit alle anderen mit sich fort, so daß man unaufhörlich auf das Wohl des Königs, des Wirtes und Tscharniezkis trank. Sagloba wurde so gut gelaunt, daß er niemanden zu Worte kommen ließ.

Er erzählte lang und breit die Begebnisse bei Golembin, wo er übrigens tapfer seinen Mann gestanden hatte, wie das auch von einem, der in der Laudaer Fahne stand, nicht anders zu erwarten war. Da man von dem schwedischen Gefangenen aus den Kolonnen Dubois den Tod des Grafen Waldemar erfahren hatte, so nahm er, seiner Neigung zum Aufschneiden folgend, den Tod desselben auf seine Rechnung.

»Die Schlacht hätte eine ganz andere Wendung genommen, wenn ich nicht gerade an jenem Tage nach Baranowo zu dem dortigen Kanonikus gefahren wäre und Tscharniezki, nicht ahnend, wo ich sei, deshalb meinen Rat entbehren mußte. Vielleicht hatten die Schweden auch von meinem Besuch dort und von dem vortrefflichen Met, den der Kanonikus trinkt, gehört, und sind deshalb schleunigst nach Golembin vorgegangen. Als ich zurückkehrte, war es zu spät, die Schlacht bereits in vollem Gange. Wir schlugen drein, daß es rauchte, aber was nützt das, wenn die Bauern nachher dem Feinde doch lieber den Rücken zeigten. Ich weiß nicht, wie Herr Tscharniezki jetzt ohne mich fertig werden mag.«

»Sorgt euch darum nicht,« unterbrach Wolodyjowski den Redseligen, »er wird sich zu helfen wissen.«

»Ich weiß auch warum,« fiel schlagfertig der Alte ein. »Weil der König von Schweden vorzieht, mir nach Samoschtsch zu folgen, statt ihn im Weidenholz der Weichsel zu suchen. Ich spreche dem Herrn Tscharniezki die Eigenschaften eines großen Feldherrn durchaus nicht ab, aber wenn er seinen Backenbart zu drehen anfängt und mit seinem durchdringenden Blick vor sich hinsieht, dann könnte man ihn für einen meiner Dragoner halten ... Er giebt zu wenig auf äußere Würde und er ist zu streng in seinen Forderungen. Wäret ihr nicht selbst zugegen, als er den Herrn Schyrski mit einem Pferde durch den Schloßhof schleifen ließ, bloß darum, weil dieser mit seinem Vortrab nicht so weit vorgegangen war, als der Befehl gelautet. Mit dem Adel muß man glimpflicher verfahren, meine Herren, mehr väterlich, nicht wie mit gemeinen Dragonern. – Sagt einem Adligen: Herr Bruder, seid so freundlich und geht – sprecht ihm von Vaterlandsliebe und Ruhm, macht ihn rührselig und er wird euch weitergehen, wie ein Dragoner, der um Sold dient.«

»Edelmann bleibt Edelmann und Krieg bleibt Krieg,« bemerkte der Starost.

»Ihr habt euch sehr geschickt ausgedrückt, Erlaucht!« versetzte Sagloba.

»Ach was!« sprach Herr Wolodyjowski dazwischen. »Herr Tscharniezki wird auch ohne das dem Karolus den Verstand verwirren. Darüber kann ich auch urteilen, ich habe ja schon manchen Feldzug mitgemacht.«

»Vorher aber soll sein Schädel an den Mauern von Samoschtsch zerschellen!« fauchte der Herr Starost, welchem der starke Wein bereits zu Kopfe gestiegen war, die Augen rollend, die Arme in die Seiten gestemmt, sehr pathetisch. »Ba! fiu! Was mache ich mir daraus! He? Wen ich zu Gaste bitte, den empfange ich auch nach Gebühr! Was? Hah!«

Er schnaufte und lachte um die Wette, schlug mit den Knieen an den Tisch, schwankte vornüber, wackelte mit dem Kopfe und rollte die Augen noch heftiger, während er mit einer gewissen Herablassung weiter dozierte:

»Was mache ich mir daraus! Er ist Herr in Schweden und Samojski ist Selbstherrscher auf Samoschtsch. Eques polonus sum, nichts weiter, wie? Aber ich bin zuhause, in meinem Hause ... Ich bin Samojski und er König von Schweden ... und Maximilian war Oesterreicher ... Was? Er kommt? ... Laßt ihn kommen! ... Wir wollen zusehen! ... Ihm ist Schweden zu klein, mir ist Samoschtsch groß genug, aber ich gebe es nicht her. Was?«

»Es ist nicht nur angenehm, eine solche Rede zu hören, meine Herren,« rief Sagloba, »es ist auch lehrreich.«

»Samojski bleibt Samojski!« entgegnete, von diesem Lob erfreut, der Starost. »Wir haben uns noch nicht gebeugt und werden es auch nicht! Ich gebe Samoschtsch nicht her.«

»Die Gesundheit unseres Gastgebers!« riefen die Offiziere.

»Vivat! Vivat!« klang es laut durch das Gemach.

»Herr Sagloba!« rief der Starost. »Der König von Schweden kommt nicht herein, ihr aber nicht hinaus.«

»Schönen Dank, Herr Starost, für die Güte, aber das werdet ihr nicht thun. Denn so sehr Karolus sich über euren ersten Entschluß grämen würde, so sehr würde ihn der zweite freuen.«

»Gebt mir euer Ehrenwort, daß ihr nach dem Kriege zu mir kommt.«

»Das will ich, mit Freuden!«

Man tafelte noch lange. Endlich ging man zur Ruhe, da alle Ritter und Offiziere sehr ermüdet waren und voraussichtlich bald schlaflose Nächte erwartet werden konnten. Die Schweden waren nicht mehr fern und ihr Vortrab konnte jeden Augenblick eintreffen.

»Der wird sein Samoschtsch gutwillig nicht hergeben,« sagte Sagloba zu den Herren Skrzetuski und Wolodyjowski, während sie in ihre Quartiere zurückgingen. – »Uebrigens, habt ihr bemerkt, meine Herren, wie lieb wir uns gewonnen haben? ... Es wird uns wohl sein in Samoschtsch, mir und euch. Wir sind zusammengefügt, der Herr Starost und ich, so fest, wie kein Tischler ein Thürfutter verfugen kann. Er ist ein gutes Herrchen ... Hm! Wenn ich ihn als Sichel an meinem Gürtel herumtragen dürfte, würde ich ihn von Zeit zu Zeit über den Wetzstein streichen, ... er ist etwas stumpf, ... aber ein gutes Herrchen: er wird nicht auf Verrat sinnen, wie jene Birzer Büffel ... Habt ihr bemerkt, wie die Magnaten alle am alten Sagloba hängen? ... Ich kann mich ihrer kaum erwehren ... Kaum bin ich den Sapieha los, da hängt mir schon der andere am Aermel ... Den werde ich mir aber zurechtstimmen, wie eine Baßgeige, auf der ich den Schweden so lange vorgeigen will, bis sie sich vor den Mauern der Stadt zu Tode getanzt haben ... Ich werde sie aufziehen, wie eine Danziger Uhr.«

Ein lebhaftes Geräusch von der Stadt her unterbrach Herrn Sagloba. Gleich darauf rannte ein bekannter Offizier an den Herren vorüber.

»Halt!« rief Wolodyjowski. »Was giebt es?«

»Es ist Feuer in der Gegend. Man sieht die Flammen von den Wällen aus. Schtschebreschin brennt! Die Schweden sind da!«

»Kommt auf die Wälle, meine Herren,« sagte Skrzetuski.

»Geht ihr, ich will ausschlafen, denn ich brauche Kräfte für morgen«, sagte Sagloba.


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