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An Margarethe Lichtenberg

[Göttingen, 16. April 1792]

Liebster Schatz,

Nun wie geht Dirs denn, Frau Strohwitwe? Was macht der kleine Junge; Ich wollte sagen der große, denn daß sich der halbjährige Bengel wohl befindet, daran zweifle ich keinen Augenblick. Er sah gestern vortrefflich aus, die Amme hat mir seine beiden Gesichter gewiesen. Das N°1 war schön, rund und freundlich wie die Sonne, das andere N°2 blank und still wie der volle Mond, oder eigentlich wie das erste und letzte Viertel gegen einander gestellt.

Wie mirs geht? I, so ziemlich, wenn ich mir nur vorstellen könnte, daß es Frühling wäre, aber das ist mir schlechterdings unmöglich. Schicke mir doch meinen Pelz und die Pelzhandschuhe, ich will sehen ob es dann besser geht.

Aber höre mal, mit meinem Ober-Bette ist etwas vorgegangen. Ich glaube, die Hartmannin hat die Federn herausgenommen und Duckstein hineingestopft. Denn Vögel mit solchen Federn gibt es in ganz Europa nicht. Wenn ich des Morgens erst ein Bein heraus habe, so geht es so ziemlich, ich halte mich am Ofen und ziehe dann das andere nach, aber das erste, das ist der Henker. Nein! liebes Fleisch von meinem Fleisch, das Bett mag für ein Paar Ehleute gut genug sein, aber für einen einzelnen Menschen wie ich ist es wahrlich zu schwer. Des Abends muß mich Georg zudecken und dann drückt es mich so, daß meine Beine gemeiniglich eine halbe Stunde eher einschlafen als ich.

Weißt Du, daß es heute ein Jahr ist, daß wir im Holze waren; Wo möglich wollen wir hinauf so bald wir es ohne Feuer-Stübchen tun können. Lebe recht wohl, liebes Bein von meinem Bein, und empfehle mich dem ganzen Dietrichschen Hause, der Mamsell Braut und Mamsell Ranchat

von Deinem
G.C.Lichtenberg

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