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An Albrecht Ludwig Friedrich Meister

[Göttingen, 5. August 1782]

Ich danke Ihnen tausendmal, liebster Herr Professor, für Ihr mit so vieler freundschaftlicher Empfindung ausgedrücktes Beileid. Ich werde alles versuchen was Sie mir raten. Mein Schmerz ist außerordentlich; sobald ich alleine bin, glaub' ich, ich könne es nicht ausdauern, allein eine Gesellschaft, wie die Ihrige, würde mir die Sache noch schwerer machen. Ich sehe lieber Leute um mich, die die Person nicht gekannt haben, und die sie wenig interessierte. Ich bin nie in meinem Leben in einem solchen Zustand gewesen, die Umstände sind gar zu traurig gewesen. Eine so vortreffliche Person, in diesen Jahren so leiden zu sehen und mit so vieler Geduld, und die alles mit einem Ton sagte, was sie nämlich im Ernst und bei Verstand sagte, den ich gewiß in meinem Leben nicht vergessen werde. Die letzte Nacht um halb 4 des Morgens rief sie in diesem Ton gute Nacht, rührender und herzbrechender konnte wohl für mich in dieser Lage nichts gesagt werden. Die Worte schallen mir noch immer in den Ohren, so wenig sie wohl auch die Lange Nacht gemeint haben mag, in welcher sie sich schlafen legen wollte. Wenn sie irre redete, so sprach sie wie gewöhnlich, nur fast etwas langsamer, und da kamen Sie u. Herr Dr. Pickel etlichemal vor. Sie ist 17 Jahre und 39 Tage alt geworden.

GCL.

Jetzt nach dem Tode, sagen die Leute, gleicht sie sich völlig wieder. Sagen Sie doch dem Herrn Adeane, daß mich die Herrn bis auf Donnerstag oder Freitag verschonen. Übermorgen früh wird sie begraben.

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