Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

An die Regierung in Hannover

Königl. Großbritannische, zur Kurfürstlich
Braunschweig-Lüneburgischen Landes-Regierung
Hochverordnete Herrn Geheimbten Räte,
Hochgeborne, Hochgebietende Herren!

Ew. Hochgebornen Exzellenzen werden mir die Freiheit gnädigst vergeben, die ich mir, nach kaum erst erhaltener Gnade, nehme, um eine neue untertänigste Ansuchung zu tun. Ohne die besondere Zusammenkunft von Umständen, die ich sogleich die Ehre haben werde Ew. Hochgebornen Exzellenzen untertänigst vorzutragen, würde ich es auch nie gewagt haben.

Der Königl. Dänische Finanz-Rat Ljungberg, ein geborner Schwede, und ich, haben hier zusammen studiert und sind durch völlig ähnliche Studien und durch die genaueste Freundschaft seit 1766 mit einander verbunden. Gleich zu Anfang unsrer Bekanntschaft wurden wir beiderseits eins, alle Kräfte anzuwenden, dereinst zusammen eine Reise durch England und Italien mit einander tun zu können. Bei unserer nachher erfolgten Trennung hat es sich gefügt, daß wir beide, was England betrifft, Gelegenheit gefunden haben, unsere Neigung, wiewohl jeder für sich einzeln, und zu verschiedenen Zeiten, zu befriedigen. Italien blieb aber noch zurück. Im Jahr 1778, da sich Herr Ljungberg einige Tage hier aufhielt, erneuerten wir unseren Entschluß, dieses für den Physiker eines der wichtigsten Länder von Europa zusammen zu bereisen und zu dieser Absicht von unserm Einkommen so viel als möglich zu erübrigen.

Nunmehr hat Herr Ljungberg eine auf Königliche Kosten durch Deutschland unternommene Reise vollendet und befindet sich in Aachen. Von da aus schreibt er mir, daß er nun bereit sei, die lang entworfene und gewünschte Reise vorzunehmen; sein Urlaub sei zwar zu Ende, allein er zweifle nicht im geringsten, daß er eine Verlängerung desselben auf ein halbes Jahr werde erhalten können, da er bloß um diese, aber nicht um neues Reisegeld, anzuhalten willens sei: übrigens würde er die Reise ohne mich so wenig unternehmen als ich, wie er vermute, ohne ihn.

Es ergeht also an Ew. Hochgeboren Exzellenzen mein untertänigstes Bitten mir gnädigst zu verstatten ein halbes Jahr, nämlich von jetzt bis gegen Ende der Osterferien künftigen Jahres, von hiesiger Universität abwesend sein zu dürfen und, ob ich gleich mit dem nötigsten Reisegeld versehen bin, mir gnädigst einen Vorschuß meiner Besoldung von einem Jahr zu bewilligen. Ich getröste mich umso mehr einer gnädigsten Erhörung, als wir beide diese Reise in einerlei Absicht und einzig zur Erweiterung unserer Kenntnisse in der Naturlehre und Mathematik unternehmen, und uns also mit unsern Bemerkungen wechselseitig unterstützen zu können. Altertümer, Baukunst und Malerei sollen zwar nicht ganz vergessen werden, sie werden aber immer als eine Nebensache von uns angesehen werden. Auf diese Weise gedenke ich aus diesem vortrefflichen Lande, wo nächst England, und vielleicht noch vor England, Physik zu blühen scheint, mit Beobachtungen zurückzukehren, die mich zu dem Amt bei hiesiger Universität, wobei ich mein Leben zu beschließen gedenke, immer geschickter machen werden.

Ich habe die Ehre mit tiefster Devotion zu verharren

Hochgeborne, Hochgebietende Herren
Ew. Hochgebornen Exzellenzen
untertänigster Diener
G. C. Lichtenberg

Göttingen, den 10ten Oktober 1784

*


 << zurück weiter >>