Antoine de la Salle
König Ludwigs galante Chronika
Antoine de la Salle

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Die Frau mit den drei Ehemännern.

Es mag wohl drei Jahr oder doch etwa so viel Zeit her sein, daß ein PelzmützerScherzhafte Bezeichnung, die auf die Huttracht der betreffenden Beamten anspielt. Anm. d. H. aus dem Pariser Parlament ein ergötzliches Abenteuer erlebte. Es lohnt, es der Erinnerung einzuprägen, und deshalb will ich diese Geschichte berichten, wenngleich ich damit keineswegs gesagt haben will, daß alle Pelzmützer gute, wahrhaftige Menschen sind. In diesem freilich steckte nicht nur ein klein wenig Unwahrhaftigkeit und Hinterlist, sondern eine gehörige Menge, und das ist immerhin selten und ungewöhnlich, wie jeder weiß.

Um zur Sache zu kommen: dieser Pelzmützer, um nicht zu sagen dies Mitglied eines hohen Parlaments, wurde zu Paris für die Frau eines Schuhmachers arg von Liebe ergriffen. Sie war schön und reizvoll, recht einladend und nach dortiger Art gut bei Mundwerk. Unser Pelzmützer erreichte durch reichen Aufwand an Geld und anderen Mitteln, mit der schönen Schustersfrau insgeheim und unter vier Augen eindringlich zu reden, und war er schon vor seinem glücklichen Erfolge in sie reichlich verliebt gewesen, so wurde er hernach noch um so närrischer.

Das merkte sie, nahm es sich ad notam, spielte sich gehörig als die Stolze auf und schraubte sich im Preise.

Während er in seiner Glut durch keinerlei Botschaften, Bitten, Versprechungen und Geschenke, kurz durch kein Drängen fürder zum Ziele kommen konnte, beharrte sie darauf, sich nicht mehr sehen zu lassen, um desto mehr Geld aus ihm zu ziehen und seine Leiden noch zu steigern. Was half es unserm Pelzmützer, daß er Unterhändler zu seiner Frau Schusterin schickte? Alles war umsonst, ums Leben wollte sie nicht zu ihm kommen.

Schließlich, – wir wollen's kurz machen: um zu erreichen, daß sie wie ehedem wieder bei ihm einkehre, versprach er vor dreien oder vieren seiner Freunde, die ihn in solchen Dingen berieten, er wolle sie zur Frau nehmen, wenn ihr Mann mit dem Tode abgehe. Als sie dies Versprechen erlangt hatte, ließ sie sich überzeugen und kam, wonach sie selbst schmachtete, zur Morgenstunde und zu anderen Tageszeiten, sobald sie nur aus dem Hause entschlüpfen konnte, zu unserm Pelzmützer, der genau so liebestoll blieb wie in den ersten Freudentagen. Und da sie ihren Mann schon alt und abgenutzt sah und obendrein besagtes Versprechen erlangt hatte, so betrachtete sie sich schon ganz als seine Frau.

Nur kurze Zeit danach wurde der langersehnte Tod des Schusters bekannt und allenthalben kundgetan. Die wackere Schustersfrau aber kam mit großem Schwung ins Haus unseres Pelzmützers gestürmt, und der empfing sie voller Freuden und versprach ihr erneut, sie zur Frau zu nehmen. So waren also nun die beiden, der Pelzmützer und seine Schustersfrau, mit Herz und Seele beisammen.

Wie aber oft eine Sache, die mit Gefahr verknüpft ist, weit höher geschätzt wird als etwas, das man bequem zur Hand und zur Verfügung hat, so ging's auch hier: unser Pelzmützer begann, die Schustersfrau über zu bekommen; sie wurde ihm langweilig, und seine Liebe zu ihr wurde merklich kühler. Sie drängte ihn immer wieder, die Ehe zu vollziehen, die er ihr versprochen hatte, aber er erklärte ihr:

»Liebste, auf mein Wort, ich kann mich niemals vermählen, denn ich gehöre der Kirche an und beziehe diese und diese Einkünfte, wie Ihr ganz genau wißt. Das Versprechen, das ich Euch einst gab, ist nichtig, und als ich mich dazu verstand, geschah es nur aus übergroßer Liebe, die mir zusetzte, maßen ich die Hoffnung hatte, Euch auf diese Weise leichter für mich zu gewinnen.«

Sie glaubte ihm aufs Wort, daß er der Kirche angehöre, und da sie einsah, daß sie genau so Herrin im Hause war, als wenn sie seine rechtmäßige Gattin wäre, sprach sie hinfort nicht mehr von dieser Ehe, und alles ging den gewohnten Gang.

Unser Pelzmützer aber setzte ihr mit schönen Worten und mancherlei Vorstellungen immer wieder zu, bis sie sich dazu bereit fand, sein Haus zu verlassen und einen Bartkratzer aus der Nachbarschaft zu heiraten, dem er bare dreihundert Taler aufzählte; und Gott weiß, mit wieviel Schmuck und Kleinodien sie schließlich von ihm ging.

Nun müßt ihr aber wissen, daß unser Pelzmützer diese Trennung und diese Ehe durchaus nicht leicht zustande brachte, und daß er keineswegs zum Ziele gekommen wäre, wenn er seiner Liebsten nicht versichert hätte, er wolle fortan Gott dienen, sich mit seinen Einkünften begnügen und sich ganz der Kirche ergeben. Er tat aber gerade das Gegenteil davon, sobald er sie vom Halse hatte und mit dem Bartkratzer verheiratet sah. Kaum ein Jahr später traf er insgeheim ein Abkommen, um die Tochter eines vornehmen, reichen Bürgers von Paris zur Frau zu bekommen. Die Sache wurde abgemacht und festgelegt, der Tag für die Hochzeit genau bestimmt; und ebenso verfügte er über seine Einkünfte, die nicht so ohne waren. Diese Geschichte wurde in Paris bekannt und kam auch der Schustersfrau, oder vielmehr jetzt der Bartkratzersfrau zu Ohren, und ihr könnt euch denken, daß ihr das an die Nieren ging.

»Sieh einer diesen hinterlistigen Verräter!« rief sie. »Derart also hat er mich betrogen? Hat mich in die Vorstellung gewiegt, fortan nur Gott dienen zu wollen, und hat mir einen andern aufgehalst?! Bei unserer lieben Frau von Clery, so sott das Ding nicht bleiben!!«

Dabei beließ sie es auch nicht, denn sie ließ unsern Pelzmützer vor den Bischof bescheiden, und da legte ihr Sachwalter klar und deutlich ihre Sache dar, erzählte, wie der Pelzmützer der Schustersfrau vor mehreren Zeugen versprochen habe, daß er sie zur Frau nehmen wolle, wenn ihr Mann sterben sollte. Als dann ihr Mann wirklich gestorben sei, habe er sie etwa ein Jahr lang immer hingehalten und sie dann schließlich einem Bartkratzer an den Hals geworfen.

Kurz und gut: Nachdem der Bischof die Zeugen angehört und die Sache eingehend besprochen hatte, entschied und urteilte er, daß besagte Ehe bemeldeter Schustersfrau mit dem Bartkratzer null und nichtig sei, und er verpflichtete und hieß den Pelzmützer, sie zum Weibe zu nehmen; denn sie sei von Rechts wegen die Seine, maßen er nach oben dargelegtem Versprechen mit ihr fleischliche Gemeinschaft gepflogen habe.

So wurde unser Pelzmützer aus allen Himmeln gerissen. Die schöne Bürgerstochter glitt ihm aus den Fingern, er verlor seine dreihundert güldenen Taler, die der Barbier eingesackt hatte, und obendrein hatte dieser länger als ein Jahr seine Frau zu eigen gehabt, war er aber recht unzufrieden, seine Schustersfrau zu bekommen, so war der Bartkratzer um so fröhlicher, sie los zu sein. So also, wie hier berichtet, hat sich vor kurzem ein Pelzmützer des Pariser Parlaments aufgeführt.


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