Antoine de la Salle
König Ludwigs galante Chronika
Antoine de la Salle

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Der verlorene Ring.

Um den Juli herum fanden ziemlich dicht bei dem Schloß Oye zwischen Calais und Gravelinghen allerlei Abkommen und Beratungen statt. Für diese Versammlung waren zahlreiche Fürsten und hohe Herren aus unserem Heimatlande Frankreich, wie auch aus Engelland herbeigekommen. Es galt, das Lösegeld für den Herrn von Orléans zu besprechen und festzulegen, der damals in die Gefangenschaft des Königs von Engelland geraten war.

Unter den Vertretern der genannten engelländischen Partei befand sich auch der Kardinal von Viscestre, der zu besagter Versammlung mit gewaltig großem, prächtigem Aufwande, einem riesigen Gefolge von Rittern, Knappen und Geistlichen gekommen war. Unter den verschiedenen Edelleuten befand sich einer namens John Stocton als Stallmeister und Thomas Brampton als Mundschenk jenes Kardinals. John und Thomas Brampton hingen voll herzlicher Liebe aneinander, als ob sie geradezu zwei Zwillingsbrüder wären. Man hätte sie wirklich dafür halten können; denn ihre Gewänder, Harnische und sonstigen Kleidungsstücke waren einander stets so ähnlich, als sie es irgend einrichten konnten; zumeist benutzten sie dasselbe Bett und das gleiche Zimmer, und niemals hatte man zwischen den beiden Ärger, Mißverständnis oder Unzufriedenheit gesehen.

Als besagter Kardinal, wie berichtet, nach Calais gekommen war, wurde den Edelleuten das Haus von Richard Fery zur Wohnung überwiesen, das größte Gebäude, das in Calais zu finden war; und es ist ja bei den großen Herren so Brauch, in solchem Ort, zu dem sie öfters auf dem Hin- und Rückwege kommen, Wohnung zu nehmen. Besagter Richard war verheiratet und seine Frau stammte aus Holland. Sie war hübsch, anmutig und es stand ihr gar wohl an, Leute bei sich zu empfangen.

Die Verhandlungen über das erwähnte Abkommen dauerten reichlich zwei Monate. John Stocton und Thomas Brampton waren so etwa siebenundzwanzig oder achtundzwanzig Jahre alt, von gesunder, lebhafter Röte und Tag und Nacht zu männlichem Kampfe aufgelegt. Aber trotzdem sie in inniger Freundschaft als Kameraden und Waffengefährten tagaus tagein während der ganzen Zeit einander kaum aus den Augen ließen, brachte es John Stocton hinter dem Rücken von Thomas fertig, bei der genannten Dame des Hauses Eintritt und liebenswürdige Aufnahme zu finden. Oft verbrachte er seine Zeit mit Plaudern und dergleichen Liebenswürdigkeiten, wie man sie aus der Jagd nach Liebe zu üben pflegt. Und schließlich nahm er sich ein Herz und erbat sich die Gunst seiner Wirtin, – ihr Freund zu sein und in Liebe sie als seine Herzensdame betrachten zu dürfen.

Sie tat daraufhin freilich, als ob sie vor solcher Frage schier aus den Wolken fiele, und erwiderte ihm ganz kalt: ›Weder er noch ein anderer sei ihr verhaßt und sie habe auch gegen keinen etwas Böses vor, sondern liebe jeden, wie es sich gezieme, in allen Ehren. Aber aus der Art seiner Bitte lasse sich schließen, daß sie dergleichen nicht erfüllen könne, ohne sich argen Schimpf und Schande anzutun, ja selbst ihr Leben in Gefahr zu bringen, und dazu wolle sie um nichts in der Welt ihre Zustimmung geben.‹

Aber John gab ihr zur Antwort, ›sie sei gar wohl in der Lage, ihm Entgegenkommen zu zeigen. Denn er sei ein Mann, der ihre Ehre bis zum Tode hüten und beschützen wolle, und lieber möchte er selbst zugrunde gehen und im anderen Leben die furchtbarsten Qualen dulden, ehe ihre Ehre durch seine Schuld auch nur im geringsten zu Schaden käme. Sie brauche nicht einen Augenblick zu zweifeln, daß ihre Ehre von seiner Seite aus bis ins Kleinste gewahrt bliebe‹, – und solcherart flehte er sie immer von neuem an, seiner heißen Bitte zu entsprechen. Immerdar würde er ihr ergebenster Diener und herzlichster Freund sein.

Darob schien sie in gewaltiges Zittern zu geraten, erwiderte und sagte, daß er ihr wahrlich das Blut im Leibe vor Angst und Bangen in Wallung bringe, maßen sie nichts schrecklicher fände als den Gedanken, ihm seinen Wunsch zu erfüllen. Alsbald trat er an sie heran und bat sie um einen Kuß, womit Engellands Frauen und Mädchen recht freigiebig und bedenkenlos zu sein pflegen. Und indem er sie küßte, bat er sie gar sanft, nur ja nicht bänglich zu sein, daß jemals eine Nachricht von dem, was zwischen ihnen wäre, zu eines Lebenden Ohr gelangen könne.

Darauf entgegnete sie ihm:

»Ich sehe gar wohl, daß ich Euch nicht entrinnen kann, ohne zu tun, wie Ihr es wollt. Und da ich also etwas für Euch tun muß, soweit wenigstens meine Ehre nicht gefährdet wird: – Ihr kennt doch die Vorschrift, die von den Herren unserer Stadt Calais aufgestellt ist. Danach ist es bestimmt, daß jeder Hausherr persönlich einmal in der Woche des Nachts auf der Mauer der Stadt Wache halten muß. Da nun aber die Edelleute und hohen Begleiter im Gefolge Eures Herrn, des Kardinals, in großer Zahl bei uns im Hause untergebracht sind, hat mein Mann mit Hilfe einiger seiner Freunde durch den Kardinal erreicht, daß er nur die halbe Wache zu halten braucht, und demgemäß muß er am nächsten Donnerstag von der Zeit der Abendglocke bis zur Mitternachtsstunde Dienst tun. Wenn Ihr also in der Zeit, während mein Mann auf Wache steht, mir irgend etwas sagen wollt, so will ich Euch gern anhören, und Ihr werdet mich mit meiner Kammerfrau in meinem Zimmer finden.« Die Kammerfrau aber war von Herzen bereit, die Wünsche und das Begehr ihrer Herrin zu erfüllen und alles dafür zu tun.

Unser John Stocton war über diese Antwort gewaltig erfreut, dankte seiner Wirtin und sagte ihr, er würde nicht verfehlen, an besagtem Tage rechtzeitig zu ihr zu kommen, wie sie es ihm angegeben hatte.

Dies Gespräch fand am Montag nach dem Mittagessen statt, aber es darf nicht unerwähnt bleiben, daß Thomas Brampton hinter dem Rücken seines Gefährten John Stocton in gleicher Weise seiner Wirtin mit Drängen und Bitten zugesetzt hatte. Auch ihm hatte sie keinen Wunsch erfüllen wollen, bald machte sie ihm Hoffnung, bald stürzte sie ihn in Zweifel, versicherte und betonte immer wieder, daß er gar zu wenig auf ihre Ehre bedacht sei, denn täte sie, was er erbäte, so könne sie darauf schwören, daß ihr Mann, seine Verwandten und Freunde sie ums Leben bringen würden.

Darauf erwiderte Thomas: »Holdselige Frau und Wirtin, denket doch, daß ich ein Edelmann bin und um alles in der Welt nichts tun möchte, was Euch zu Schimpf und Schande werden könnte. Denn das wäre des Adels Sitte nicht. Sondern vertrauet fest darauf, daß ich Eure Ehre hüten will wie die meine, und lieber möchte ich sterben, ehe etwas davon bekannt würde. Kein Freund oder sonst jemand steht mir so nahe, daß ich es ihm irgendwie verraten würde.«

Als die Frau der selten großen Zuneigung und des heftigen Begehrens von Thomas inne ward, erklärte sie ihm an dem Mittwoch nach jenem Tage, da unser John oben erzählte zärtliche Antwort besagter Gastfrau erlangt hatte: ›Da er sie so dringend sehen und ihr zu Diensten sein wolle in all und jedem, was ihre Ehre gestatte, wolle sie nicht so undankbar sein, ihn von sich zu weisen.‹ Und weiter verkündete sie ihm, wie ihr Mann gehalten sei, am folgenden Abend gleich den anderen Häuptern der Stadt Wache zu tun, so wie es durch die Lenker der Stadtverwaltung bestimmt und angeordnet worden war. Gott sei Dank habe ihr Mann in der Umgebung des Herrn Kardinals gute Freunde gehabt, die es glücklich fertiggebracht hätten, daß er nur halben Dienst zu tun brauche, nämlich von Mitternacht bis zum Morgen; wolle er, Thomas, in dieser Zeit mit ihr sprechen und zu ihr kommen, so würde sie seinen Worten gern Gehör schenken. Nur möge er um Gottes willen so geheim zu ihr schleichen, daß ihr keinerlei Schande daraus entstehen könne. Und unser Thomas wußte ihr gar herrlich zu versichern, wie heftig sein Wunsch sei, ihr Begehren zu erfüllen. Alsdann nahm er Abschied und ging hinweg.

Als der folgende Tag kam, – eben der viel besprochene Donnerstag, – als die Vesperstunde nahte und die Glocke zur Wacht erklungen war, versäumte John Stocton nicht, pünktlich zu der Zeit, die ihm seine Wirtin genannt hatte, zu ihr zu gehen. Er eilte zu ihrem Zimmer, trat ein und fand sie ganz allein. Sie begrüßte ihn und bereitete ihm einen gar trefflichen Empfang, denn der Tisch war gedeckt. John bat, mir ihr essen zu können, damit beide besser miteinander plaudern könnten. Anfangs wollte sie das nicht zugeben und erklärte, sie könne Vorwürfe ernten, wenn man ihn bei ihr fände. Aber er bat so lange, bis sie seinem Wunsche willfahrte.

Als dann das Essen beendet war (unserem John schien es entsetzlich lange zu währen), rückten sie einander näher, und alsbald ergötzten sie sich miteinander, nachdem kein hindernd Kleidungsstück ihnen mehr im Wege war.

Bevor er zu ihr in das Zimmer gekommen war, hatte er an einen Finger einen güldenen Ring mit einem schönen, großen Diamanten gesteckt, der wohl dreißig Stücke feinsten Goldes wert sein mochte. Während sie sich nun miteinander erlustigten, fiel dieser Ring von seinem Finger in das Bett, ohne daß er etwas davon merkte. Nachdem sie solcherart bis zur elften Stunde der Nacht zusammengewesen waren, bat ihn die Dame gar zärtlich: ›er habe doch nun mit größter Bereitwilligkeit alle Gunst genießen können, die sie ihm hätte erweisen können; und maßen er derart zufriedengestellt sei, möge er sich nun ankleiden und ihr Zimmer verlassen, damit er nicht von ihrem Manne angetroffen würde, den sie mit dem Schlage der Mitternachtsstunde erwarten müsse. Denn er habe ihr doch versprochen, daß er unbedingt auf ihre Ehre bedacht fein wolle.‹

Der Edelmann fürchtete wirklich, daß der Ehemann alsbald heimkehren könne, erhob sich, kleidete sich an und schlüpfte aus dem Zimmer, sobald es zwölf Uhr schlug, ohne an den Diamanten zu denken, den er in dem Bette gelassen hatte.

Als er aus jener Stube kam, begegnete John Stocton nach wenigen Schritten unserem Thomas Brampton, seinem Gefährten. Er vermeinte, das sei Richard, sein Wirt. Und ebenso bildete sich Thomas, der zu der ihm von seiner Liebsten bestimmten Stunde herbeieilte, allen Ernstes ein, daß John Stocton Richard selbst sei, und zögerte ein wenig, um sich zu vergewissern, welchen Weg dieser Mann einschlagen würde, dem er begegnet war. Als er sich hierüber beruhigt hatte, ging er weiter und trat in das Zimmer der Herrin des Hauses, dessen Tür er nur angelehnt fand. Die Dame war offensichtlich ganz erschrocken und fast von Sinnen, und fragte Thomas voller Furcht und Bangen, ob er nicht ihrem Manne begegnet sei, der eben das Zimmer verlassen habe, um auf Wache zu ziehen.

Der Edelmann erwiderte, daß er allerdings einem Manne begegnet sei, doch sei er nicht sicher gewesen, wer das sein mochte, ihr Ehemann oder ein anderer, und deshalb habe er etwas gewartet und zugeschaut, welchen Weg er wohl nehmen würde. Als sie das gehört hatte, begann sie ihn kühnlich zu küssen und versicherte ihm, wie herzlich willkommen er ihr sei.

Eine gute Weile später machte sich dann ohne viel Fragen und Umstände Thomas daran, ihr seine Liebe recht eindrucksvoll zu zeigen. Beide opferten männiglich dem Liebesgotte und brachen in zärtlichem Kampfe gar manche Lanze. Während dieses unterhaltsamen Streitens aber begegnete unserm Thomas eine seltsame Überraschung. Denn er verspürte unter seinem Schenkel den Diamanten, den John Stocton dort verloren hatte. Und da er weder ein Narr war, noch sich verblüffen ließ, so nahm er ihn und steckte ihn an einen seiner Finger.

Nachdem sie solcherart bis zum nächsten Morgen beisammen gewesen waren und bald die Glocke den beendeten Wachtdienst künden sollte, erhob John sich auf die Bitten der Dame. Sie küßten sich noch einmal gar liebevoll und zärtlich, und dann ging er hinweg. es dauerte auch nicht lange, so kam Richard von seiner Wache zurück, wo er die ganze Nacht verbracht hatte, und ganz erfroren und schlafbegierig betrat er sein Haus, wo er seine Frau beim Aufstehen antraf. Sie ließ ihm Feuer machen, und da er wahrlich von der Nacht recht abgearbeitet war, so ging er schlafen und suchte Ruhe. Man kann glauben, daß es der Frau nicht anders erging wie ihrem Manne, denn sie hatte sich um seines Nachtdienstes willen ja so sehr gesorgt und deshalb kaum ein Auge zugetan.

Etwa zwei Tage nachdem sich alles dieses zugetragen hatte, trafen sich John und Thomas gemäß dem Brauche der Engelländer nach der Messe zum Frühstück in einer Schenke bei einem guten Glase Wein mit einigen Edelmännern und Kaufleuten. Sie setzten sich zum Frühstück, und Stocton und Brampton saßen einander gegenüber. Während des Essens blickte John auf die Hände von Thomas und sah, daß er an einem seiner Finger den besagten Diamanten trug. Er betrachtete ihn eingehend und es schien ihm gewiß, daß es derselbe sei, den er verloren hatte, ohne zu wissen, wann und wo. Er bat also unsern Thomas, ihm den Diamanten zu zeigen. Der gab ihm den Ring, und als er ihn in der Hand hatte, erkannte er sofort, daß es sein Eigentum war.

Er erkundigte sich also bei Thomas, wo er ihn her habe, und versicherte ihm, daß er ihm zugehöre. Worauf Thomas das Gegenteil behauptete und ihm erwiderte, daß es sein eigenstes Eigentum sei. Darauf versicherte Stocton, er habe ihn seit einiger Zeit verloren, und sollte er ihn in dem Zimmer gefunden haben, in dem sie zusammen schliefen, so tue er nicht recht daran, ihn zu behalten, da sie einander doch immer in liebevoller Brüderlichkeit zugetan gewesen seien. Es kam zu einigen heftigen Worten. Beide wurden hitzig und erzürnten sich widereinander. Thomas wollte durchaus den Diamanten wiederhaben, aber er konnte es nicht erreichen.

Als die andern Edelmänner und Kaufleute dieses Streites gewahr wurden, taten sie alle das Möglichste, um den Zank zu schlichten, und suchten Mittel und Wege, die beiden zu beschwichtigen. Aber nichts wollte fruchten, denn der eine, der den Diamanten verloren hatte, wollte ihn wiederhaben, der andere pochte auf sein glückliches Erlebnis, die Liebe seiner Dame genossen und obendrein solch guten Fund gemacht zu haben. Derart also war der Streit schwer beizulegen.

Schließlich begriff einer der besagten Kaufleute, daß ein Breittreten der Sache keinen Nutzen brachte, und erklärte deshalb: ›Er glaube, einen anderen Ausweg gefunden zu haben, mit dem John und Thomas wohl zufrieden sein dürften; aber er werde kein Wort sagen, wenn sich nicht beide Parteien bei einer Buße von zehn Goldstücken verpflichteten, sich genau an seinen Vorschlag zu halten.‹ Alle, die dabei standen, meinten, der Kaufmann habe ganz recht, und sie drängten John und Thomas, ihr Einverständnis zu der Anregung zu geben.

Da alle eindringlichst darauf bestanden, stimmten die beiden schließlich zu. Darauf befahl der Kaufmann, der Diamant solle ihm zu Händen übergeben werden, da alle beiden Teile, die sich über den Streit geäußert und ihn zu schlichten verlangt hätten, keinen Glauben hätten finden Können. Danach sollten sie das Haus, in dem sie sich befanden, verlassen, und dem ersten besten, dem sie vor der Tür begegneten, gleichgültig welches Standes oder Ranges er sei, den Grund und Verlauf des Streites zwischen John und Thomas erzählen. Was der dann sagen und bestimmen würde, solle genau und fest von den genannten beiden Parteien eingehalten und erfüllt werden.

Alsbald brach die ganze Gesellschaft aus dem Hause auf, und der erste, dem sie draußen begegneten, war Freund Richard, der Hausherr und Wirt der beiden streitenden Parteien. Ihm wurde gemäß der Anordnung des Kaufmanns diese ganze Geschichte und der Streit erzählt und dargelegt. Nachdem Richard alles gehört und die Anwesenden ausgefragt hatte, ob die Sache sich wirklich so zugetragen habe, und ob sich die beiden streitenden Parteien durch so viel angesehene Männer nicht hätten einigen und beschwichtigen lassen, erklärte er und entschied: ›besagter Diamant gehöre ihm allein zu eigen, und weder der einen noch der anderen Partei dürfe er wieder zufallen‹.

Als unser Thomas sah, daß er des glücklichen Fundes, seines Diamanten, wieder verlustig gegangen war, gab ihm das einen argen Stich. Und wir dürfen gern glauben, daß die Geschichte unserm John Stocton, der den Ring verloren hatte, nicht milder wider den Strich ging. Jedenfalls aber bat Thomas alle, die sich zusammengefunden hatten, mit Ausnahme seines Wirtsherrn, sie sollten in das Haus zurückkehren, wo sie eben gefrühstückt hatten; dort wolle er ihnen ein Mittagsmahl springen lassen, damit sie auch erfahren sollten, welcherart und wie besagter Diamant in seine Hände gelangt sei. Alle stimmten ihm freudig zu, und während sie auf das Essen warteten, das vorbereitet wurde, erzählte er die einleitenden Schritte und die verschiedenen Gespräche, die er mit seiner Wirtin gehabt hatte, wie und zu welcher Stunde sie ihn zu sich bestellt hatte, damit er mit ihr ungestört sein könne, während ihr Mann auf Wache sei, und auch den Ort, wo der Diamant sich gefunden hatte.

Als John Stocton das hörte, fiel er aus allen Wolken, und staunte blaue Wunder. Dann bekreuzigte er sich, erzählte, daß ihm in genau derselben Nacht ganz das Gleiche widerfahren sei, wie es eben geschildert worden war, und versicherte, daß er fest überzeugt sei, seinen Diamanten dort verloren zu haben, wo ihn Thomas gefunden hatte: Ihm also sei der Verlust viel schmerzlicher als für Thomas, denn der habe nichts verloren, während ihm der Ring gar teuer zu stehen gekommen sei. Darauf erwiderte Thomas, er dürfe sich nicht darüber beklagen, wenn der Wirt den Ring als sein Eigen erklärt habe, da ihre Wirtin doch ob dieses Vorfalles hart zu leiden habe und ihm obendrein der Vortritt in jener Nacht vorbehalten geblieben sei. Er, Thomas, sei gleichsam sein Page und Stallmeister gewesen, der dem Brauche nach hinterher ritte.

Diese Darlegungen beruhigten unseren John Stocton immerhin einigermaßen über den Verlust seines Diamanten, maßen er ja nun einmal anderes nicht dabei gewinnen konnte. Alle aber, die anwesend waren, begannen über die Geschichte mordsmäßig zu lachen und ergingen sich in ausgelassenster Freude. Und als sie dann gegessen hatten, ging jeder seiner Wege.


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