Iwan Andrejewitsch Krylow
Fabeln
Iwan Andrejewitsch Krylow

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79. Die beiden Hunde

Hektor, des Hauses treuer Hüter,
eifrig im Dienst des Herrn beflissen,
geht einst am Haus umher, da sieht er,
am Fenster liegt auf weichem Kissen,
wie ein verwöhntes Kind,
ein Bologneser, der ihm wohl bekannt.
Der Hofhund rennt herbei geschwind,
tut schön, als wär' das Tier ihm nah verwandt,
heult auf vor Freude, wedelt mit dem Schwanze,
dreht sich herum in närr'schem Tanze
und spränge gar zu gern zum Freund hinauf.
»Sag doch, wie war dein Lebenslauf,
seit dich die Herrschaft nahm ins Zimmer?
Weißt du noch, wie wir beid uns sonst geplagt,
du hungerst jetzt wohl nimmer?
Man sieht schon, daß dir's hier behagt.« –
»Nun, Sünde wär' es, wär' ich nicht zufrieden
mit dem, was mir beschieden«,
erwidert ihm Joujou;
»ich lebe hier in guter Ruh,
im Überfluß.
Von Silber nehm' ich Trank und Speise,
die Herrin gibt mir manchen Kuß,
und mit dem Herrn toll' ich in heitrer Weise.
Wenn ich dann endlich müde bin,
streck' ich mich auf das weiche Sofa hin.
Und du?« – »Ich? Nun, ich muß wie sonst mich mühn«,
sagt Hektor und läßt Schwanz und Ohren hängen,
»ob Frost und Hunger mich bedrängen,
muß ich, gleich einem bösen Drachen,
das Haus des Herrn bewachen;
ich muß am Zaune schlafen, auch im Regen,
und kommt einmal mein Bellen ungelegen,
beschenkt man mich auch noch mit Schlägen.
Sag doch, Joujou, wodurch kamst du in Gunst?
Du bist so schwach und schmächtig,
was kannst du denn für eine Kunst?
Ich muß umsonst mich placken niederträchtig,
es kann mich wohl verdrießen;
als was dienst du?« – »Als was ich diene?«
versetzt der Freund mit schadenfroher Miene.
»Ich gehe auf den Hinterfüßen.«

Wie viele, die ihr Glück zu machen wissen,
bloß weil sie tänzeln auf den Hinterfüßen!


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