Iwan Andrejewitsch Krylow
Fabeln
Iwan Andrejewitsch Krylow

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34. Der Koch und der Kater

Ein Koch, der ganz gebildet war,
lief einst aus seiner Küche in die Schenke.
Daß man dabei nur ja nichts Arges denke!
Es lag ein Pate auf der Totenbahr',
und es war Pflicht, den Leichenschmaus zu feiern.
Den Kater Waska ließ der Koch zu Haus,
dem Mäusevolk zu steuern.
Er kommt zurück, doch welch ein Graus,
der hier sich seinen Augen beut!
Von einer Fischpastete nur noch Reste
umhergestreut –
der Kater hinterm Essigfaß
knurrt, schnurrt und spinnt ohn Unterlaß
und letzet sich an einem Huhn aufs beste.
»Du Vielfraß du, du Schwerenöter«,
so fährt der Koch den Kater an,
»du Taugenichts, du Leisetreter,
was hast du hier getan?
Es muß die Scham dich ja erdrücken,
wie kannst du nun
dich vor den Menschen lassen blicken?«
Der Waska putzt an seinem Huhn.
»Du warst bis jetzt so ein honetter Kater,
man pries als Tugendmuster dich,
jetzt schlägst du um, und sicherlich
fragt einer bald den andern: ›Sag, was tat er?‹
›Ja‹, heißt es, ›Waska ist ein Schelm, ein Dieb,
der arg es trieb,
den darf man nicht mehr in die Küche lassen,
ja, es tut not, daß man vom Hof ihn scheucht
wie einen Wolf, der um den Schafstall schleicht.
Man muß fortan auf Schritt und Tritt ihm passen,
zur Plage ward, zur Pest er für den Ort.‹«
Der Waska hört's und tafelt munter fort.
Der Koch ergeht sich noch mit Eloquenz
und findet des Sermons kein Ende,
er deklamiert, er hebt die Hände;
was war zuletzt die Konsequenz?
Derweil den Sünder er ermahnt, belehrt,
hat Waska seinen Braten aufgezehrt.

Gar manchem Koche würd' ich raten,
dies Motto sich zu schreiben an die Wand:
Es ist ein Unverstand,
zu schwatzen, wo zum Ziel nur führen Taten.


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