Iwan Andrejewitsch Krylow
Fabeln
Iwan Andrejewitsch Krylow

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22. Der Hecht und der Kater

Schlimm, wenn der Schuster sich mit Kuchenbacken
und der Konditor sich mit Stiefelnähn befaßt;
es wird nichts draus, wie sehr sie auch sich placken
in blinder Hast.
Denn das lehrt die Erfahrung,
daß, wer einmal ein fremdes Handwerk treibt,
gar eigensinnig bleibt
bei seiner törichten Gebarung.
Er richtet lieber das Geschäft zugrunde
und macht sich selber zum Gespötte,
als daß er sich zu rechter Stunde
bei klugen Leuten Rat geholet hätte.

Einst wollte der gefräß'ge Hecht
es wie die Katzen machen;
ich weiß nicht recht,
ob Neid der Böse in ihm weckte,
ob ihm die Fischkost nicht mehr schmeckte,
genug er bat – ihr werdet lachen –
den Kater, daß er ihn mitnehme auf die Jagd,
zum Mäusefang in Vorratshallen. –
»Doch weißt du, Lieber, auch genau, wie man das macht?«
fragt ihn der Kater. »Gib wohl acht,
du könntest leicht in Schande fallen.
Drum sei nicht dreister,
als klug ist, denn das Sprichwort sagt:
Ein jedes Ding will seinen Meister!« –
»Da sorge nicht, Gevatterchen, was Mäuse!
Wir haben Barsche schon gefangen.« –
»Das ist was andres, komm!« Sie sind gegangen.
Der Kater fängt sich leckre Schmäuse,
dann will er doch auch nach dem Hechte sehn.
Doch der liegt da, halbtot, das Maul ist offen,
und oh, was ist geschehn?
Die Ratten haben seinen Schwanz verzehrt.
Der Kater steht betroffen
und denkt, der Hecht hat selber sich betört!
Dann schleppt er ihn für tot in seinen Teich zurück.
Der Hecht lebt auf – er hatte doch noch Glück.
Nun aber, Hecht, nimm dir's zur Lehre,
dich künftig nicht herauszuwagen
aus deiner Sphäre
und nimmer Mäusen nachzujagen!


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