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Elftes Kapitel

Die Versammelten horchten gespannt, und am Ende jeder Klausel sagte der Gouverneur, der mit auf den Tisch gestützten Ellbogen und in der Hand ruhendem Kopf dasaß: »Gut! Sehr gut! Großmütig! Äußerst großmütig!«

Als der Rechtsanwalt geendet hatte, lehnten die übrigen alten Leute sich mit einem tiefen Seufzer der Befriedigung in ihre Stühle zurück. Der Gouverneur aber stand auf, schritt zum Faktor hinüber und sagte, ihm die Hände schüttelnd:

»Ganz wie du, alter Freund!«

Der Faktor war über den Eindruck, den das Dokument hervorgerufen hatte, äußerst befriedigt und wurde vergnügt und fast humoristisch. Die Art und Weise eines Auktionators nachahmend, rief er: »Bietet jemand höher? Dann zum ersten, zum zweiten – und zum –«

»Halt!« sagte der Gouverneur. »Sollten wir nicht lieber die jungen Leute selbst um ihre Meinung fragen? Schließlich betrifft sie die Sache doch am nächsten, und trotzdem eine Kuh selten stößt, wenn man ihr Klee zuträgt –«

Ein allgemeines Kichern und Kopfnicken und verschiedene gemurmelte Erwiderungen wie: »stimmt!« »nur der Form wegen!« folgten dieser Bemerkung.

»Gut also, Thora, was hast du zu sagen?« fragte der Faktor, eine entzückte Zustimmungsäußerung erwartend; Thora jedoch antwortete nur ganz schüchtern:

»Ich weiß nicht. Solltest du nicht lieber Magnus erst fragen?«

»Gewiß, mein Kind – selbstverständlich Magnus zuerst. Was sagst du also, Magnus? Irgend welche Einwände zu machen? Kleine Verbesserungen? Wie gefällt dir der Kontrakt?«

Zum Erstaunen der älteren Leute trat eine verlegene Pause ein, und dann folgte eine große Überraschung. Magnus, der mit gesenktem Kopfe dagesessen hatte, erhob ein bleiches und streng gespanntes Gesicht und antwortete:

»Mir gefällt der Kontrakt durchaus nicht, Faktor, und ich kann ihn nicht unterschreiben.«

Die älteren Leute waren sich nicht ganz sicher, ob sie recht gehört, und wechselten verwunderte Blicke, während Thora und Oskar, die sich die Sache teilweise erklären konnten, atemlos dasaßen. Der Faktor war der erste die Fassung wieder zu erringen und sagte in einem halb wegwerfenden Ton:

»Stehen die Sachen so! Ich dachte, ich verstände mich etwas auf derartige Angelegenheiten, wenn du aber glaubst, einen besseren Kontrakt aufsetzen zu können, Magnus –«

Hier fiel der Gouverneur dem Faktor in die Rede und sagte besänftigend: »Irgend eine Kleinigkeit, ohne Zweifel! Gegen welchen Punkt hast du Einwendungen zu erheben, mein Sohn?«

Ein Moment gespannter Pause folgte wieder, und dann sagte Magnus barschen Tones:

»Dieser Kontrakt verpflichtet mich, mein ganzes Leben in Island zu verbringen – das ist Sklaverei und ich unterwerfe mich ihr nicht.«

»Aber, mein lieber Magnus,« sagte Anna, »durchschaust du denn den Grund nicht? Thora ist in der Beziehung des Faktors einzige Tochter – sein einziges Kind – und wenn sie ihn verläßt, wer ist da ihn aufzuheitern und ihm ein gemütliches Heim zu bereiten? Nimm Vernunft an, Magnus!«

»Sollten wir nicht lieber den jungen Mann zu Ende reden lassen, Anna, er mag noch andere Einwendungen haben. Wie?« sagte der Faktor.

»Ja,« erwiderte Magnus. »Diesem Kontrakt gemäß trete ich durch meine Heirat mit Thora als Teilhaber in das Geschäft ein, aber nur mit einem Viertel Anteil. Teilhaberschaft ist Teilhaberschaft, und wo zwei Teilhaber sind, sollte es halb und halb gehen – mir kommt die Hälfte zu.«

Die Anwesenden lauschten bestürzt, und der Faktor begann zu lachen. »Weshalb nicht?« sagte er zynischen Tones.

»In schlechtem Wetter wird alles zu Heu gemacht. Wer so wie ich um einen Schwiegersohn verlegen ist, sollte sich nicht an Kleinigkeiten stoßen.«

»Alter Freund,« sagte der Gouverneur, »laß uns nicht zu schnell urteilen. Vielleicht hat sich Magnus nicht ganz klar ausgedrückt.«

»So klar wie Wasser. Er verlangt eine gleiche Teilhaberschaft. Das ist aber vielleicht noch nicht alles. Ist sonst noch etwas da?«

»Jawohl, Herr Faktor,« sagte Magnus in etwas herausfordernder Art und Weise. »Diesem Kontrakt gemäß übernehme ich nach Ihrem Ausscheiden das Geschäft, soll aber nur ein Dritteil des Gewinnes beziehen – ich verlange zwei Dritteile.«

»Wirk – lich!« sagte der Faktor. »Weißt du, ich war der Meinung, daß wenn ich dich in das von mir gegründete Geschäft eintreten und es auf meiner Basis und von meinem Gelde von dir weiterführen ließe, ein Dritteil schon großmütig sei.«

»Sehr großmütig!« sagte der Gouverneur, sich die Stirne trocknend. »Aber Magnus ist schwerfällig, schwerfällig im Denken wie im Reden. Er muß irgendeine Erklärung zu geben haben. Wie meinst du es eigentlich, Magnus? Laß dir Zeit, erkläre dich deutlich.«

»Ich meine, Vater,« sagte Magnus, »daß das Tauschhandelgeschäft in Island bald sein Ende erreicht haben wird. Wenn der Faktor sich zurückzieht, vielleicht vorher schon – wird sein Geschäft nichts mehr wert sein – nicht selbst den Namen, denn der wird weniger als nichts sein. Ein neues Geschäft wird begründet werden müssen, und wenn ich es gründen soll, muß ich zwei Drittel des Gewinnes haben und das andere Drittteil dem Faktor als Zinsen für sein Kapital lassen.«

Dem Faktor lief die Galle über. »Weshalb überhaupt ein Dritteil?« sagte er. »Weshalb willst du mich nicht lieber gleich ganz hinauswerfen? Weshalb den Hund mit einem Käse peitschen, wenn eine Peitsche zur Hand liegt?«

Die Versammelten fingen an über Magnus zu murren, als der Gouverneur wieder vermittelnd dazwischensprach. »Magnus,« sagte er, »wenn ich sage, ich bin erstaunt, so ist es sehr milde ausgedrückt. Der Faktor hat mit unbegrenzter Freigebigkeit an dir gehandelt, alles hat jedoch seine Grenzen, und wenn du noch weiter gehst –«

»Weitergehen!« unterbrach der Faktor. »Weshalb sollte er nicht weitergehen. Der Wind und der Strohhalm sind keine ebenbürtigen Spielgenossen, weshalb sollte er nicht noch ein wenig weiter gehen. Sonst noch etwas, mein Herr?«

»Ja,« sagte Magnus, ohne eine Miene zu verziehen. »Diesem Kontrakt gemäß erbt meine Frau bei ihres Vaters Tode die Hälfte seines Vermögens – sie muß das ganze bekommen.«

»Himmlischer Vater!«

Dieser Ausruf schien während des nun folgenden, allgemeinen Verdammungsurteils sich aller Lippen zu entringen.

»Träumst du etwa?« rief der Gouverneur. »Vergissest du ganz, daß der Faktor noch eine andere Tochter hat?«

»Nein, Vater, das vergesse ich nicht,« sagte Magnus. »Die andere Tochter jedoch ist mit ihrer Mutter davongegangen; möglicherweise kehrt sie niemals wieder, und nachdem Thora ihrem Vater ihr Leben gewidmet, ihn aufgeheitert und sein Heim, wie Mutter sagt, behaglich für ihn gemacht hat, ihn vielleicht auch in seinen letzten Tagen noch pflegt – soll dann eine andere, die nichts getan hat, die Hälfte seiner ganzen Hinterlassenschaft einheimsen? Nein! Meine Frau – wenn ich heirate – muß das Ganze haben.«

Die älteren Leute, Fremde sowohl wie Familienangehörige, brachen in laute Gegenreden aus, und der Faktor, sich im Kreise umschauend sagte: »Ein Adler läßt sich ein totes Schaf schon gefallen, nicht wahr?« Sich gegen Magnus wendend, fuhr er fort: »Und dies also sind die einzigen Bedingungen, unter denen des Herrn Gouverneurs Sohn mir die Ehre antun will, meine Tochter zu heiraten?«

Ohne dem Spott Beachtung zu schenken, antwortete Magnus mit einem »Ja!«

»Nun, ich muß sagen, ich habe mich gänzlich in Magnus geirrt,« sagte Tante Margret. »Ich hätte es nicht geglaubt, daß er einen einzigen selbstsüchtigen Gedanken im Herzen tragen könnte.«

»Und ich dachte nicht,« sagte der Faktor, dem das Lachen vergangen war, »daß irgend eines Menschen Sohn in Island es sich gestatten könnte, eine meiner Töchter zu verschmähen.«

»Neilsen,« sagte der Gouverneur fester Stimme, »wir sind seit unsern Knabenjahren Freunde gewesen, und keiner von uns weiß, wer den andern noch zu Grabe geleiten wird – laß uns nicht jetzt noch über das Betragen unserer Kinder in Streit geraten.«

Die Anwesenden murmelten zustimmend, und dann wandte der Gouverneur sich noch einmal an Magnus:

»Mein Sohn – denn so unfaßlich es mir auch erscheint, bist du doch mein Sohn – durch diese unerhörten Forderungen veranlassest du einen Bruch zwischen zwei Familien! Siehst du denn nicht ein, daß sie gänzlich unmöglich sind? Bist du ganz deiner Sinne beraubt, bist du vollständig toll geworden? Oder ist es wahr, daß du getrunken hast – daß du betrunken bist? Guter Gott!«

Magnus antwortete nicht, aber die auf des Gouverneurs Ausbruch folgende, peinliche Stille wurde durch einen kläglichen Schrei unterbrochen. Er kam von Thora. Endlich begriff sie alles, sie erkannte welches Opfer ihr Magnus brachte und mit wie hohem Preis er dasselbe bezahlte; sie hätte herausschreien mögen, konnte es aber nicht und so ließ sie ihren Kopf an Tante Margrets Schulter sinken und weinte bitterlich.

Anna rechnete Thoras Tränen der Scham und Demütigung zu und sagte:

»Mein lieber Sohn, du hast dir die Dinge nicht recht überlegt oder du hättest nicht handeln können, wie du getan hast. Ich selbst habe durchaus nichts mit diesen Heiratskontrakten im Sinn. Es kommt mir wie eine Herausforderung an die Vorsehung vor, daß gerade dann, wenn zwei Seelen, die einander lieben, sich vereinen und eins werden wollen, von Geld und Geschäften gesprochen wird. Du aber machst es schlimmer, Magnus, du machst die Ehe zu einem einfachen Handel. Und dann denke an Thora! Wenn du ihres Vaters Anerbieten ausschlägst, wird es Stadtgespräch und das arme Mädchen dem Spott preisgegeben werden. Könntest du das mit anhören, Magnus? Doch sicherlich nicht. Besinne dich, um Thoras willen – auch wenn dir die Bedingungen des Faktors nicht ganz recht sind, um Thoras willen, Magnus, willigst du ein, nicht wahr?«

Jedermann horchte auf Magnus' Antwort, selbst Thora erhob den Kopf.

»Nein,« sagte Magnus, mit einer fast bissigen Stimme, und dann saß er mit einem unbeweglichen Gesicht da und ließ das Verdammungsurteil der Anwesenden in einer Flut von Schmähungen über sich ergehen. »Schändlich!« »Abscheulich!« »Verdammenswert!« »Des Menschen Herz muß hart wie das eines Raben sein!«

Oskar konnte es nicht länger ertragen. Stillschweigend, mit gesenktem Kopf, wie um sein erregtes Gesicht zu verbergen, hatte er dagesessen und Helgas Photographie in seinen ruhelosen Fingern um und um gekehrt; jetzt aber erhob er sich, ging auf den das vordere Zimmer von dem hinteren trennenden Vorhang zu, teilte ihn mit bebender Hand und sah auf den See hinaus, hinter dem die Sonne unterging.

»Geh nicht, Oskar,« rief der Gouverneur. »Ich weiß, du bist über deines Bruders Schändlichkeit empört; trotzdem möchte ich aber doch, daß du mit ihm sprächest. Es ist freilich kaum anzunehmen, daß er, nachdem er weder mir noch seiner Mutter Gehör geschenkt hat, irgendeines Menschen Rat annehmen wird, jedenfalls kannst du aber den Versuch machen. Der Familienehre halber sage ihm, daß er sich zum Gegenstand des allgemeinen Hasses und der Verachtung macht, wenn er auf der von ihm eingenommenen Stellung beharrt. Die Leute werden ihn Zeit seines Lebens verabscheuen und seine Familienangehörigen sich seines Namens schämen. Wenn er keine Liebe für Thora hat, sieh zu, ob er nicht einen Funken von Ehrgefühl besitzt. Sprich mit deinem Bruder, Oskar, um Himmels willen sprich mit ihm!«

Oskars Hand zitterte sichtlich am Vorhang, und während alle atemlos lauschten und Thora mit halb geöffneten, bebenden Lippen dasaß, sagte er, sich zusammenraffend:

»Das kann ich nicht, Vater. Ich fühle mich nicht berechtigt dazu. Magnus weiß zweifelsohne ebensogut wie wir alle, was er tut und wird alle Konsequenzen in Betracht gezogen haben. Jeder muß sein eignes Leben selbst ausleben.«

Ein Murmeln der Enttäuschung folgte diesen Worten, und der Gouverneur wandte sich ab und ging ans Fenster. Dann trat Oskar an den Tisch zurück und sagte mit entschiedener und doch tief bewegter Stimme:

»Aber wenn ich Magnus auch nicht zu überreden vermag, so gibt es etwas anderes, was ich tun kann – ich kann mich erbieten, an Magnus' Stelle zu treten. Wenn du und der Faktor einwilligen wollt, kann ich die Kontraktbedingungen, so wie sie dastehen, übernehmen und werde nur zu stolz sein, Thora, wenn sie mich haben will, zu heiraten.«

Anfänglich spiegelten die Blicke der um den Tisch Versammelten äußerstes Erstaunen wieder, dann ertönte ein allgemeiner Erleichterungsseufzer und darauf schienen alle Stimmen zugleich in ein »Brav!« »Herrlich!« »Das einzig Richtige!« auszubrechen.

»Ja,« sagte die vor Erregung heisere Stimme des Gouverneurs, »das ist ganz wie Oskar – immer den Nagel auf den Kopf treffen! In einer Angelegenheit jedoch, die des Jungen Zukunft und Glück so nahe angeht, darf ich nicht zugeben, daß ein momentaner, großmütiger Impuls –«

»Es ist kein momentaner Impuls, Vater. Seit ich aus England zurückkam, habe ich Thora lieben gelernt. Sie war jedoch mit meinem Bruder verlobt, und ich durfte nicht reden, ehe Magnus nicht gesprochen hatte –«

»Ehrenhaft!« »Höchst ehrenhaft!« ertönten verschiedene Stimmen, und nur mit Anstrengung konnte Oskar fortfahren:

»Nun aber, da es abgemachte Sache ist, daß Magnus zurücktritt, das heißt, daß er Thora zu heiraten verweigert –«

»Das tut er, das tut er unzweifelhaft,« sagte der Faktor.

»Und wenn Thora mich haben will –«

Aller Augen wandten sich Thora zu; sie zögerte einen Moment, stand dann von ihrem Stuhl auf und streckte schüchtern Oskar ihre Hand entgegen. Er ergriff dieselbe schnell, und dem folgte ein Chor von Gratulationen.

»Wir dürfen Thora aber ebensowenig erlauben, sich um eines momentanen Impulses wegen aufzuopfern,« sagte Tante Margret, sich heftig die Augen reibend, »und wenn sie dies nur tut, um einer beschämenden Situation zu entgehen –«

»Das tue ich nicht, Tantchen,« sagte Thora. »Ich habe nur auf meines Vaters Wunsch hin mich bereit erklärt, Magnus zu heiraten, meine Liebe jedoch gehört Oskar, und wenn Vater einwilligen will –«

Des Faktors Augen strahlten in triumphierendem Glanze, und er rief dem Gouverneur über den Tisch hinüber zu: »Was meinst du dazu, Stephen?«

»Nun, ich muß sagen, es geht im Geschwindschritt, fast zu schnell,« sagte der Gouverneur, »wenn jedoch die jungen Leute es zufrieden sind und Oskar gewillt ist, seine Karriere, seine Musik und seine Studien in England aufzugeben und sein Lebenlang in Island zu bleiben, so mag es einen Bruch zwischen unsern Familien verhindern und uns über eine häßliche Klippe hinweghelfen –«

»Dann sei es also, mein Patensohn,« rief der Faktor, Oskar auf den Rücken klopfend, »was England anbetrifft, so laß das meine Sorge sein.«

Diese Rede wurde mit großem Beifall von den Fremden aufgenommen, und dann forderte der Faktor den Rechtsanwalt auf, die Namen im Kontrakt zu ändern und ihn unverzüglich unterschreiben zu lassen.

»Was dich betrifft, Bursche,« sagte er, sich an Magnus wendend und ihm ein Schnippchen vor der Nase schlagend, »so sind deine schlechten Anschläge zu Wasser geworden. Du dachtest mich in die Enge zu treiben, aber deine Selbstsucht und Habgier scheinen nur die Erfüllung des Herzenswunsches eines jeden von uns bezweckt zu haben. Ha, ha, ha! Wer zuletzt lacht, lacht am besten! Nichts macht mir mehr Freude als einen Menschen, der mich übers Ohr hauen wollte, übers Ohr zu hauen, und ich werde mich heute abend als ein glücklicher Mensch schlafen legen.«

Magnus hatte sich von seinem niedrigen Sitz erhoben und stand, während der Sturm über ihn wegfuhr, mit gesenktem Haupt und auf die Hüften gestemmten Händen da. In dem Glauben, daß alles an ihm abgeglitten sei, fuhr der Faktor in spöttischem Ton nochmals fort:

»Wenn das Tauschhandelgeschäft aber auf den Hund kommt, wäre es nicht besser, ihm den Rücken zu kehren, ehe der Zusammenbruch erfolgt? Es gibt immer einen schweren Fall, wenn ein alter Mann ins Wanken gerät, das weißt du doch, und ich möchte dich nicht mit zu Boden reißen. Ich muß dich bitten, mein Verehrtester, ehe der Tag sich neigt, mein Haus verlassen zu haben.«

»Vater!« rief Thora und trat zwischen beide; der Faktor aber schob sie zur Seite.

»Du schere dich, Thora. Wenn meine Tochter mir das angetan hätte, was er heute mir anzutun versucht hat, würde sie heute abend kein Dach über dem Haupte haben.«

»Ebensowenig soll es ein Sohn von mir – nicht in dieser Stadt wenigstens,« sagte der Gouverneur.

»Magnus Stephenson –«

»Stephen! Stephen!« rief Anna, und in derselben bebenden Stimme wie vorher flehte auch Oskar seinen Vater noch einmal an.

»Halte den Mund, Anna! Oskar sei still, du hast für einen Tag genug geleistet! Magnus Stephenson, wenn du des Faktors Haus verlässest, gehst du nach Thingvellir und verbleibst daselbst, und deinem guten Stern magst du es danken, wenn du dir für den Rest deines Lebens das Brot im Schweiße deines Angesichts verdienen darfst.«

»Der Kontrakt ist zur Unterschrift fertig,« rief der Rechtsanwalt, und einen einzigen ausgenommen kehrte jeder an den Tisch zurück, und darauf folgte ein fröhliches Stimmengeschwirr. Nach Unterzeichnung und Beglaubigung der Namen wurden die Ringe gewechselt, und das Scherzen und Lachen nahm seinen Anfang.

»Ende gut, alles gut,« sagte der Bischof. »Die werden als Unterpfand zwischen euch genügen, bis ihr zu mir kommt und euch zu Mann und Frau machen laßt.«

»Das Abendbrot ist fertig,« rief Tante Margret, die Vorhänge des inneren Zimmers auseinanderziehend; und eine Photographie auf dem Fußboden gewahrend sagte sie: »Aber wer hat denn der armen Helga Abbild mit Füßen getreten?«

»Das ist Oskar gewesen,« sagte Thora, »denn er hatte es in der Hand, als er aufstand.«

Als die Gesellschaft sich rund um den Eßtisch niedergelassen hatte, stellte es sich heraus, daß ein Stuhl zu viel vorhanden war, und der Gouverneur stieß ihn mit unwilliger Hand zurück. Magnus war verschwunden – niemand hatte ihn fortgehen sehen.

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