Kardinal Wiseman
Fabiola oder Die Kirche der Katakomben
Kardinal Wiseman

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Sechstes Kapitel

Beratungen

Die Verfolgung hatte bereits seit einiger Zeit unter Diocletian und Galerius im Osten gewütet; die Verordnung, dieselbe auch im Westen anzufachen war jetzt an Maximian ergangen. Es war jedoch beschlossen, aus derselben ein Werk der Ausrottung und nicht der Unterdrückung des christlichen Namens zu machen. Man war dahin überein gekommen, auch nicht eines einzigen zu schonen, die Häupter der Kirche zuerst niederzumetzeln, und dann mit der allgemeinen Abschlachtung der ärmeren Klassen zu beginnen. Zu diesem Zwecke war es notwendig Maßregeln zu treffen, damit die verschiedenen Zerstörungswerkzeuge in grausamer Harmonie arbeiteten, damit jedes nur mögliche Instrument in Anwendung komme, um den sichern Erfolg dieser Anstrengungen zu garantieren. Auch sollte die Majestät des kaiserlichen Befehls mit ihrem ganzen Schrecken bei dem vernichtenden Schlage mitwirken.

Zu diesem Zwecke hatte der Kaiser, obgleich ungeduldig, sein blutiges Werk zu beginnen, der Ansicht seiner Ratgeber nachgegeben, daß das Edikt geheim gehalten werden solle, bis es gleichzeitig in jeder Provinz und jedem Bezirk des Westens proklamiert werden könne. Die rachedrohende Gewitterwolke hing auf diese Weise eine Zeitlang in qualvoller Heimlichkeit über den auserlesenen Opfern; dann entlud sie sich plötzlich über ihnen und goß ihre verschiedenen Bestandteile »Feuer, Hagel, Schnee, Eis und tobenden Sturm« auf ihre Häupter herab.

Es war im Monat November, als Maximian Herculeus die Versammlung einberief, in welcher er die Ausführung seiner Pläne endgültig festsetzen wollte. Zu derselben waren die ersten und vornehmsten Beamten seines Hofes und des Staates geladen. Der erste derselben, der Präfekt der Stadt, hatte seinen Sohn Corvinus mitgebracht, welchen er als Anführer eines Corps von Verfolgern in Vorschlag gebracht hatte, welche bekannt waren wegen ihrer Roheit und ihres Hasses gegen die Christen, die sie ausspüren und mit erbarmungsloser Grausamkeit zu Tode hetzen sollten. Die vornehmsten Präfekten oder Gouverneure von Sicilien, Italien, Spanien und Gallien waren gegenwärtig, um ihre Befehle entgegen zu nehmen. Zusammen mit diesen waren mehrere gelehrte Männer, Philosophen und Redner, unter denen sich auch unser alter Bekannter Calpurnius befand, gerufen worden; auch war an mehrere Priester, welche aus verschiedenen Landesteilen gekommen waren, um eine strengere Verfolgung zu erwirken, der Befehl ergangen zu erscheinen.

Wie wir gesehen haben, war der Palatin die gewöhnliche Residenz der Kaiser. Es gab aber noch eine zweite, für welche sie eine besondere Vorliebe hegten, und die der Lieblingsaufenthalt des Maximian Herculeus war. Während der Regierung des Nero war der reiche Senator Plautius Lateranus des Verrats beschuldigt und natürlich mit dem Tode bestraft. Sein unermeßliches Vermögen wurde von dem Kaiser mit Beschlag belegt, und einen Teil desselben bildete sein Haus, von Juvenal und anderen Schriftstellern beschrieben, welches von ungewöhnlicher Größe und Pracht war. Es war herrlich auf dem Coelius und an dem südlichen Abhange der Stadt gelegen, so daß man von seinen Terrassen einen Ausblick hatte, welchem kein anderer in Rom und Umgegend gleichkam. Über die hügelige Campagna fort, welche hier von kolossalen Aquädukten begrenzt, von graden Straßen, an denen sich lange Reihen von Marmorgrüften entlang zogen, durchschnitten, mit glänzenden Villas, welche wie funkelnde Edelsteine aus dunklen Cypressen- und Lorbeerhainen hervorlugten, übersäet war, erreichte das Auge gegen Abend hin die dunkelblaue Kette von Hügeln, auf welchen wollüstig wie auf einem Ruhebette, Alba und Tusculum mit »ihren Töchtern« – wie die orientalische Phrase lautet – ausgestreckt lagen und sich in dem untergehenden Tagesgestirn sonnten. Die felsigen Gipfel der Sabinerberge zur linken, und die goldene Fläche des Meeres zur rechten Seite des Schauenden begrenzten diese wunderbar herrliche Landschaft.

Es hieße Maximian eine Eigenschaft zuschreiben, welche er nicht besaß, wenn wir behaupten wollten, daß er diese so ungewöhnlich prächtig gelegene Residenz um ihrer seltenen Schönheit willen geliebt hätte. Der Grund dieser Vorliebe waren die Pracht der Gebäude, welche er noch erweitert und geschmückt hatte, und die Leichtigkeit, mit welcher er die Stadt verlassen und hier draußen Wölfe und Eber jagen und erlegen konnte. Ein Eingeborener von Sirmium in Sclavonien, daher ein berüchtigter Barbar der niedersten Herkunft, ein gemeiner durch Schlachtenglück emporgestiegener Soldat, ohne Erziehung, mit wenig mehr als tierischer Kraft begabt, welche den Namen Herculeus zu einem sehr passenden für ihn machte, hatte er den Purpur durch seinen barbarischen Gesinnungsgenossen Diocles als Kaiser unter dem Namen Diocletian bekannt, erlangt. Wie dieser, habsüchtig bis zur Niederträchtigkeit, verschwenderisch bis zur Sorglosigkeit, denselben rohen Lastern und schändlichen Verbrechen ergeben, vor deren Beschreibung die Feder eines Christen zurückschreckt, ohne Herrschaft über seine Leidenschaften, ohne Sinn für Gerechtigkeit oder menschliches Gefühl, hatte dieses Ungeheuer niemals aufgehört, jeden, der ihm im Wege stand zu unterdrücken, zu verfolgen und zu ermorden. Für ihn war die herannahende Verfolgung das, was ein bevorstehendes Fest für einen Schlemmer und Vielfraß ist, welcher der Aufregung einer Überladung seines Magens bedarf, um die Einförmigkeit der täglichen Excesse zu unterbrechen. Riesenhaft von Gestalt mit den wohlbekannten Zügen seiner Rasse, Gesicht und Haar mehr gelb als rot, mit ruhelos rollenden Augen, in denen sich ein Gemisch von Wildheit, Mißtrauen und Lasterhaftigkeit ausdrückte – so flößte dieser Tyrann (fast einer der letzten von Rom) jedem, der ihn erblickte, Furcht und lähmenden Schrecken ein. Nur nicht den Christen. War es daher zu verwundern, daß er diese Rasse bis auf den bloßen Namen haßte?

In der großen Basilika oder Halle des lateranischen PalastesAedes Lateranae. hielt Maximian seine buntscheckige Ratssitzung ab; jedem einzelnen Mitgliede derselben war Schweigen bei Todesstrafe auferlegt. In der halbrunden Wölbung des oberen Endes der Halle saß der Kaiser auf einem reich mit Gold verzierten Thron aus Elfenbein, und vor ihm hatten sich seine knechtischen und vor Furcht bebenden Ratgeber aufgestellt. Eine auserwählte Leibwache hütete den Eingang, und der Befehlshaber Sebastianus lehnte nachlässig an der Thür, in Wirklichkeit aber prägte er sich jedes Wort, das gesprochen wurde, ein.

Wenig ließ sich der Kaiser träumen, daß die Halle, in welcher er saß, und die er später mit dem daranstoßenden Palaste als einen Teil der Mitgift seiner Tochter Fausta dem Constantinus übergab, von diesem einst dem Oberhaupt jener Kirche, welche er auszurotten gedachte, geschenkt werden und mit Beibehaltung ihres Namens, Lateranensische Basilika, die Kathedrale von Rom werden würde »die Mutter und das Haupt aller Kirchen der Stadt und des Erdkreises.«Die Inschrift, welche sich am Haupteingange der Basilika befindet. Omnium urbis et orbis ecclesiarum mater et caput. Wenig dachte er daran, daß auf derselben Stelle, wo sein Thron stand, sich ein Stuhl erheben würde, von dem Befehle ausgehen sollten, welche in Welten dringen würden, die noch kein römischer Fuß betreten hatte; auf dem sich ein unsterbliches Geschlecht von geistlichen und weltlichen Herrschern durch Jahrtausende erhalten würde.

Aus religiöser Höflichkeit wurden die Priester, von welchen jeder seine Geschichte zu erzählen und Klagen anzubringen hatte, zuerst zugelassen. Hier war ein Fluß ausgetreten und hatte auf den angrenzenden Ebenen vielen Schaden angerichtet; dort hatte ein Erdbeben einen ganzen Stadtteil vernichtet; an der nördlichen Grenze drohten die Barbaren einzufallen; im Süden wütete die Pest unter der frommen Bevölkerung. Und in jedem einzelnen Falle hatte das Orakel erklärt, daß alles dies durch die Christen verschuldet sei, deren Duldung die Götter erzürnte und deren böse Zauberkünste Unglück über das Reich brächten. Ja, einige Orakel hatten ihre Frommen tief betrübt, indem sie offen verkündet hatten, daß sie nicht eher wieder sprechen würden, als bis die verhaßten Nazarener vollständig ausgerottet seien; und das große delphische Orakel hatte nicht gesäumt zu erklären, »daß die Gerechten den Göttern nicht erlaubten zu sprechen«.

Dann kamen die Philosophen und Redner an die Reihe, von denen jeder einzelne seine langgewundene Rede hielt, während Maximian die unverhohlensten Zeichen seiner Ermüdung gab. Da jedoch die Kaiser im Osten eine ähnliche Zusammenkunft abgehalten hatten, so hielt er es für seine Pflicht, die Langeweile zu ertragen. Zum zehntausendstenmal wurden dieselben Verleumdungen vor einer beifallslustigen Versammlung wiederholt: die Lügen von dem Morde und der Verspeisung unschuldiger Kinder, der Verübung schändlicher Verbrechen, der Anbetung der Leiber von Märtyrern, der Verehrung eines Eselskopfes, und widersinnig und widersprechend genug sprach man endlich die Beschuldigung aus, daß die Christen Ungläubige seien und keinem Gotte dienten. Und all diese Geschichten wurden fest geglaubt, obgleich ihre Erzähler wahrscheinlich sehr wohl wußten, daß sie nichts als ungeheure heidnische Lügen seien, welche gut dazu dienten, den Abscheu vor dem Christentum aufrecht zu erhalten.

Aber endlich erhob sich der Mann, von welchem man annahm, daß er die Doktrinen des Feindes am gründlichsten studiert habe und seine gefährliche Taktik am genausten kenne. Man vermutete, daß er dessen Bücher gelesen habe und eine Widerlegung seiner Irrtümer vorbereite, die vollständig vernichten mußten. So groß in der That war das Gewicht, welches er bei seinen Anhängern hatte, daß wenn er behauptete, die Christen handelten nach den ungeheuerlichsten Grundsätzen, man selbst dem Papste grade ins Gesicht gelacht haben würde, wenn er den Versicherungen des Calpurnius widersprochen hätte. Was wäre auch sein Wort gewesen gegenüber den zuversichtlichen Aussagen des Philosophen!

Er schlug einen ganz verschiedenen Ton an und seine Gelehrsamkeit setzte seine sophistischen Gefährten in Erstaunen. Er sagte, daß er nicht allein die Originalschriften der Christen selbst, sondern auch die ihrer Vorfahren, der Juden gelesen habe; diese seien unter der Regierung des Ptolomeus Philadelphus nach Ägypten gekommen, um einer Hungersnot in ihrem eigenen Lande zu entrinnen; nachdem es ihnen durch die Künste ihres Anführers Josephus gelungen, alles Korn aufzukaufen, hätten sie es nach ihrem Heimatlande geschickt. Daraufhin habe Ptolomeus sie in Gefangenschaft gesetzt und ihnen gesagt, daß sie, da sie alles Korn verzehrt hätten, jetzt von Stroh leben sollten, indem sie aus demselben Backsteine machten, um eine große Stadt damit zu erbauen. Als dann Demetrius Phalerius durch sie eine große Menge seltsamer Erzählungen von ihren Vorfahren gehört hatte, sperrte er Aaron und Moyses, ihre beiden gelehrtesten Männer in einen Turm, nachdem er ihnen die Hälfte ihrer Bärte hatte abrasieren lassen, damit sie die ganze Chronik im griechischen niederschreiben sollten. Diese seltenen Bücher hatte Calpurnius gesehen und auf ihnen allein wollte er seine Berichte aufbauen. Diese Rasse machte jedem König und jedem Volke, das seinen Weg kreuze, den Krieg und zerstöre und vernichte sie alle. Es sei ihr Grundsatz, wenn sie eine Stadt einnähmen, jeden Bewohner über die Klinge springen zu lassen; und das alles käme daher, weil sie vollständig unter der Herrschaft ihrer ehrgeizigen Priester ständen; und so zwar, daß, als ein gewisser König Saulus, auch Paulus genannt, einen armen gefangenen König Namens Agag verschont habe, die Priester befahlen, daß man ihn herausbringe und in Stücke haue.

»Und jetzt,« fuhr er fort, »stehen diese Christen noch immer unter der Herrschaft derselben Priesterschaft, und noch heute sind sie bereit, auf ihren Befehl hin das ganze römische Reich zu zerstören, uns alle auf dem Forum zu verbrennen, und sich sogar an den geheiligten und ehrwürdigen Häuptern unserer göttlichen Kaiser zu vergreifen.«

Ein Schauer des Entsetzens durchlief die ganze Versammlung bei dieser Erzählung. Man beruhigte sich indessen bald wieder, als der Kaiser den Mund öffnete um zu sprechen.

»Was mich anbetrifft, so habe ich noch einen anderen und schwerwiegenderen Grund für meinen Abscheu gegen diese Christen. Sie haben es gewagt, im Herzen des Kaiserreichs, in dieser Stadt selbst eine höhere religiöse Autorität einzusetzen, welche man bis jetzt nicht gekannt hat, die unabhängig von der Regierung des Staates ist und eben so große Gewalt über ihre Seelen besitzt wie diese. Früher erkannte jedermann den Kaiser als den höchsten Herrscher in religiösen wie in weltlichen Dingen an. Daher trägt er noch jetzt den Titel ›Pontifex Maximus‹. Aber diese Menschen haben eine geteilte Macht eingesetzt und kennen daher auch nur einen geteilten Gehorsam. Ich verabscheue daher diese priesterliche Gewalt über meine Unterthanen wie einen frechen Eingriff in meine Rechte. Denn ich erkläre, daß ich lieber vernehmen würde, es sei ein neuer Rival für meinen Thron erstanden als daß einer dieser Priester in Rom gewählt sei.«Dies sind genau die Worte des Decius bei der Wahl des heiligen Cornelius auf den Stuhl Petri: » Cum multo patientius audiret levari adversum se aemulum principem quam constitui Romae Dei sacerdotem.« – Kann es einen stärkeren Beweis dafür geben, daß unter dem heidnischen Kaiserreich die päpstliche Macht bereits so fühlbar und sichtbar war, daß sie die Eifersucht des Kaisers erweckte.

Dieser Rede, welche mit einer harten widrigen Stimme und mit starkem fremdem Accent gehalten wurde, folgte ein ungeheurer Beifall; nun machte man Pläne für die gleichzeitige Veröffentlichung des Edikts im ganzen Abendlande und für seine vollständige und vernichtende Ausführung.

Sich dann scharf zu Tertullus wendend, sagte der Kaiser:

»Präfekt, du sagtest, daß du einen Menschen vorschlagen würdest, welcher die Ausführung dieser Anordnungen überwachen und auf das unbarmherzigste mit den Verrätern verfahren würde.«

»Hier ist er, mein Gebieter, Corvinus, mein Sohn.«

Und Tertullus führte den jugendlichen Bewerber an den Schemel des Kaisers, vor welchem er niederkniete.

Maximus blickte ihn durchdringend an. Dann brach er in ein grauenvolles Lachen aus und sagte:

»Auf mein Wort, ich glaube, der wird es vollbringen! Wie, Präfekt, ich wußte nicht, daß du einen so häßlichen Sohn habest. Ich bin der festen Überzeugung, daß er der Mensch ist, den wir brauchen; jede Eigenschaft eines gründlichen, gewissenlosen Unholds drückt sich auf seinem Gesichte aus.«

Sich dann zu Corvinus wendend, welcher glühendrot vor Wut, Schrecken und Scham war, sagte er:

»Merke dir's, Bursche, ich will die Arbeit ordentlich gethan sehen; kein verstümmeln und zerhacken, keine Mißgriffe und Tölpeleien. Ich bezahle gut, wenn ich gut bedient werde, aber ich lasse auch tüchtig durchprügeln, wenn man mich schlecht bedient. So, jetzt geh; und vergiß nicht, daß, wenn dein Rücken mir für einen kleinen Fehler verantwortlich ist, dein Kopf es für einen größeren sein muß. Die fasces der Liktoren enthalten sowohl eine Axt wie Ruten.«

Der Kaiser erhob sich, um sich zu entfernen, als sein Auge auf Fulvius fiel, welcher als Hofspion hierher befohlen war, sich aber soviel wie irgend möglich im Hintergrunde hielt.

»He, he! du dort, mein würdiger Freund aus dem Osten,« rief er ihn an, »so tritt doch näher!«

Fulvius gehorchte mit anscheinender Freude, obgleich in Wahrheit mit Widerstreben; es war ungefähr, als hätte man ihn aufgefordert, in die Nähe eines Tigers zu gehen, ohne daß er vorher Gelegenheit gehabt hätte, sich von der Festigkeit seiner Ketten zu überzeugen. Von Anfang an hatte er wahrgenommen, daß sein Aufenthalt in Rom dem Maximian nicht sehr wünschenswert erschien, obgleich ihm der Grund hierfür noch nicht ganz klar war. Es war nicht allein, daß der Tyrann eine große Menge eigener Günstlinge hatte, welche er bereichern mußte, und Spione genug, welche Bezahlung von ihm erwarteten, ohne daß Diocletian ihm derer noch mehrere aus Asien zusandte – obgleich auch dies ins Gewicht fiel, aber es war noch mehr. Er glaubte im innersten seines Herzens, daß Fulvius hauptsächlich nach Rom gesandt worden, um als Spion an ihm selbst zu dienen, und alles, was an seinem Hofe gesagt und gethan werde nach Nicomedia zu berichten. Während er daher gezwungen war, ihn zu dulden und anzustellen, mißtraute er ihm, was für ihn schon gleichbedeutend mit Haß war. Es war daher ein kleiner Trost für Corvinus, als er vernahm, wie sein kluger und feiner Verbündeter ebenso rauh wie er selbst ungefähr mit folgenden Worten vor der ganzen Versammlung angeredet wurde:

»Keine von deinen feinen, angenommenen Gebärden für mich, Bursche! Ich brauche Thaten, und kein albernes Lächeln. Du bist als berüchtigter Spürhund hierher gekommen, um die Verschwörer aus ihren Nestern zu ziehen und ihre Eier für mich auszusaugen. Bis jetzt habe ich aber noch nichts davon gesehen, und doch hast du immer Geld genug erhalten, um das Geschäft damit zu beginnen. Diese Christen werden dir Wild genug liefern; halte dich also bereit, und laß uns sehen, was du leisten kannst. Du kennst meine Art und Weise; ich rate dir also, scharf umher zu blicken, damit du nicht plötzlich etwas sehr Scharfes vor dir siehst. Das Vermögen der Missethäter soll zwischen den Angebern und dem Staatsschätze geteilt werden, wenn ich nicht ganz besondere Gründe entdecke, um das Ganze an mich zu nehmen. Jetzt kannst du gehen.«

Die meisten der Anwesenden glaubten, daß diese »ganz besonderen Gründe«, wohl sehr allgemein werden könnten.


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