Christoph Martin Wieland
Menander und Glycerion
Christoph Martin Wieland

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XVI.

Menander an Glycera.

Rechtfertigen kann ich mich nicht, beste Glycerion; aber nach dem Piräus fliegen kann ich, um zu deinen Füßen die Verirrung meiner Sinne auf ewig abzuschwören. Du erweisest der schönen Bacchis zu viel Ehre, wenn du sie für so gefährlich hältst. Ich kann mir hier das berühmte Wort des Aristippus zueignen: »ich hatte die Bacchis, aber sie hatte mich nicht.« Auch war es bloß eine unüberwindliche Furcht vor der Beschämung des ersten Augenblicks, was mich so lange abhielt, dir unter die Augen zu treten. Meine Ruhe bei den Versuchen des Xanthippides, dich zu Genehmigung seiner Anträge zu bewegen, war keine Folge meiner Berauschung aus dem Zauberkelch der Bacchis: sie war die Frucht meiner Überzeugung, daß es weder ihm noch irgend einem seines Gleichen je gelingen könne, ein Herz wie das Deinige zu gewinnen; und daß du mit Gold erkäuflich seiest, ist ein Gedanke, der gar nicht in meine Seele kommt. Dem ungeachtet fühle ich jetzt nur zu sehr, daß auch der bloße Schein der Gleichgültigkeit eine gerechte Ursache wäre, mich auf immer aus deinen Augen zu verbannen, wenn meine Glycerion über die gemeinen Schwachheiten ihres Geschlechts nicht so hoch erhaben wäre.


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