Christoph Martin Wieland
Menander und Glycerion
Christoph Martin Wieland

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IX.

Menander an Glycera.

Ich schicke hier meiner Glycerion – meiner Glycerion! o wie reich macht mich dieses einzige Wort! – einen Korb voll der seltensten Blumen, die in dieser Jahreszeit aus den Treibhäusern unsrer Kunstgärtner zusammenzubringen waren. Es ist eine frühzeitige prächtige Rosenknospe darunter, die an deinem Busen vollends aufblühen soll; denn kein andrer Platz ist für diese schön genug. Unten im Korbe wirst Du eine Abschrift meiner Adelphos finden, mit denen ich, da sie unter deinem Einfluß geboren, und gleichsam mit deinen Küssen aufgenährt worden sind, an den nächsten Dionysien unfehlbar zu siegen hoffe. Ich schicke sie dir, damit du dich ein wenig mit ihnen bekannt machen könnest, um sie mir, wenn dirs gefällig ist, morgen vorzulegen. Denn aus deinem Grazienmund, und mit deiner lieblichen Stimme, die der reinste Flötenton nicht zu erreichen vermag, muß ich sie gehört haben, bevor ich gewiß sein kann, daß nichts weiter an dem kleinen Werke zu glätten ist. Myrto wird hoffentlich nicht vergessen, daß schon fünf Tage verflossen sind, seit ich mit euch zu Nacht gegessen habe. Für Melittarion und die übrigen bringe ich zwei neue SkolienKleine Lieder, die bei Gastmählern, während die Becher herumgingen, zur Lyra gesungen wurden von Timotheus mit, und meine Glycera, hoffe ich, hält mir den süßesten ihrer Küsse bereit, um mich für eine so lange Entbehrung zu entschädigen.


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