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(Bei St. Andreasberg.)
Ein Bergmann aus Lautenthal, der in Andreasberg bei seinem Schwestersohn zu Besuch eingekehrt war, hatte eines Tages nicht rechtzeitig den Heimweg angetreten und geriet bei einbrechender Dunkelheit in's Koboldstal, das ihm unbekannt war, sodaß er immer mehr in die Irre lief und schließlich in pechschwarzer Nacht an eine einsame Hütte traf, in der ein Licht brannte. Als er vorsichtig ans Fenster trat, um hinein zu spähen, kugelte ein großer Katzenkopf mit funkelnden Augen auf ihn zu und blieb dicht vor seiner Nase stehen. Als er danach griff, war es ein dicker Lederbeutel voll kleiner lebender Wesen, es können Mäuse gewesen sein, er wagte aber nicht, hineinzufassen. Da ging die Tür der Hütte von selbst auf, es stand aber niemand darin, auch war die Stube leer, als er nun eintrat. Als er die Tür zumachen wollte, war gar keine da, und der Lichtschein fiel als breiter Silberstreifen in die Nacht hinaus, daß der alte Mann mit einem Mal den ganzen Weg durchs Tal bis an das Haus seines Schwestersohnes sehen konnte. Aber er konnte sich nicht vom Flecke rühren, um den Weg zu gehen. So stand er angewurzelt und starrte hinaus, als von dem Hause her eine seltsame Gestalt langsam durch das Tal auf ihn zu kam und mit einem großen weißen Laken winkte, zu kommen.
So ging er auf dem silbernen Lichtband wie auf einem langgespannten Laufteppich auf die Gestalt zu, die ihm winkend entgegenkam. Hinter ihm aber schwebte der große Katzenkopf und stieß an seine Schulter, wenn er stehen bleiben wollte, schließlich traf er nach schier endloser Wanderung mit der winkenden Gestalt zusammen, die sich jetzt ganz in das weiße Tuch gewickelt hatte und schwer zu erkennen war. Nur der Kopf schaute oben heraus mit listig zwinkernden Augen über einem struppigen Bart, der das ganze Gesicht bedeckte. »Ich bin der Kobold, der in diesem Tal eine Heimstätte gefunden hat, seit die Scharzfelser Herrschaft meine Warnung und Hilfe in den Wind schlug. Auf dem Scharzfels war ich Hauskobold, das ist eine angesehene Stellung gewesen; ich gab sie auf und bin jetzt für alle Menschen da und auch für dich. Du wirst nicht Frau, noch Kinder hinterlassen, aber ein schönes Stück Geld; dein Schwestersohn gedenkt dich zu beerben, aber es dauert ihm zu lange, bis du stirbst. Deshalb habe ich dich in die Irre geführt, daß du mir hier begegnen möchtest; du weißt nun dein Teil und kannst ruhig deines Weges gehen.«
Ehe der alte Bergmann ein Wort hervorbringen konnte, war der Kobold verschwunden, das Licht leuchtete aber weit auf dem Heimweg und verging erst, als der Alte vor dem Hause seines falschen Gastfreundes anlangte. Darin war alles dunkel und still, nur der Hausspitz knurrte leise, als der späte Ankömmling über den Hof schritt, sein Bett aufzusuchen, das ihm in einem kleinen Nebenraum bei dem Holzschauer angewiesen war. Er steckte keinen Talg mehr in Brand, sondern tastete sich nachdenklich in dem kleinen Zimmer zurecht. Da lag auf einmal auf dem Tisch der Katzenkopf, dessen Augen grüne Blitze nach der Wand warfen, in deren Schein der Bergmann einen dicken Baumstamm gewahrte, der so am Fußende des Bettes stand, daß er bei leisem Anrühren der Länge nach darüber fallen mußte. Da setzte sich der Alte in eine Ecke auf einen Schemel und wartete, was geschehen möge. Das Augenlicht des Katzenkopfes erlosch, während das erste Morgengrauen durch die undichten Bretterwände der Hütte kroch. Der Katzenkopf faßte sich nun wieder wie ein Lederbeutel an, aus dem jetzt hundertundachtzehn kleine Koboldchen kletterten, auf den Fußboden sprangen und emsig den dicken Baumstamm am Bett erklommen. Da ging vorsichtig die Tür auf und schlich sich spähend der verräterische Hausherr herein, drang behutsam gegen das Bett vor und beugte sich darüber, um zu sehen, ob der Alte wohl schlafe. Im gleichen Augenblick aber schlug der Baumstamm polternd hernieder und zermalmte den Treulosen. Entsetzt sah der alte Mann den furchtbaren Ausgang des bösen Planes, den sein Schwestersohn gegen sein Leben gerichtet hatte und floh erschüttert den schlimmen Ort. Hundertundeins der kleinen grauen Rachegeisterlein schlüpften sogleich wieder in den Lederbeutel, der augenblicks wieder wie ein großer runder Katzenkopf aussah und durch die Decke davonrollte. Die anderen siebzehn aber liefen vor dem Alten einher und führten ihn sicher zurück nach Lautenthal, wo er noch siebzehn Jahren seines hohen Alters zufrieden lebte.
Kurz vor seinem Tode ging er jedoch noch einmal hinüber ins Koboldstal, wo er damals die wundersame Begegnung gehabt hatte, und fand eine morsche Hütte ohne Tür. Ein graues Männlein saß darin mit listig zwinkernden Äuglein über einem struppigen Barte, der das ganze Gesicht bedeckte. Dem gab er sein erspartes Gold und Silber, denn es war sein Lebensretter von einst. Dann ging er nach Hause, legte sich hin und starb in Frieden.
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