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34.
Hübich, der König der Berggeister.

(Oberharz.)

Bei Grund erhebt sich der Hübichenstein: zwei senkrecht nebeneinander aufstrebende Kalksäulen; darin wohnen die Zwerge und ihr mächtiger König Hübich, auch oft Gübich genannt. Das kleine Männlein mit eisgrauem Bart und rauhem Haar trägt eine feine Krone und hat eine unbeschreibliche Macht. Wenigstens wissen wir von vielen wunderlichen und merkwürdigen Geschichten aus älteren Zeiten, da noch die Menschen in engerem Einvernehmen mit den Geistern des Himmels und der Erden lebten und webten. Und daß die Bewohner des Harzes, besonders des oberen, als Bergleute sich bemühten, mit den Geistern der Erde recht gut auszukommen, ist ganz und gar verständlich. Ja, es ist nicht mehr als recht, daß das Menschengeschlecht als Eindringling in das altangestammte Reich des Zwergenvolkes mit diesem versuchte gut auszukommen. Wie eine Liebe der anderen wert ist, zeigt uns ja auch die Geschichte derer von Affeburg auf Falkenstein, wie Treue um Treue belohnt ward, wie so manche reiche Gabe und Hilfe aus den Händen der Berggeister floß, »als rechter Freunde« gerade der Armen und Bedrückten, wie sie zeitweise die Wunderblume zeigten als Schlüssel zu verborgenen Schätzen, das lehren uns viele schöne Geschichten.

Der König Hübich hat nicht nur Macht über die Unterwelt, sondern wirkt auch als guter Geist des Waldes, dessen freventliche Verletzung er oft erbittert zu rächen weiß.

Die Kirche zu Grund verdankt ihre Entstehung dem Zwergenkönig, der einer alten Frau, die zu des Lebens Notdurft Tannenzapfen sammeln ging, im Walde begegnete und die Kiepe füllen half davon, daß sie es kaum schleppen konnte. Zu Hause aber waren die Kienäpfel lauteres Silber und die armen Leute wurden reich und die Kranken gesund, denn die Frau gab nicht nur ihrem Manne, sondern allen Familien weit und breit und baute auch die schöne Kirche in Grund davon.

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Eines Försters Sohn machte einmal in jenen Zeiten eine unfreiwillige Reise durch das Gnomenreich und wußte davon so viel zu erzählen, daß heute noch Menschen leben, die von Enkel zu Enkel und von Dorf zu Dorf diese wunderschönen Erlebnisse weiter tragen. Dem Försterjungen selbst, der schon von allen als verloren preisgegeben war, kamen die Zwerge auf Geheiß ihres Königs zu Hilfe, da er in freventlichem Übermut den Hübichenstein erklettert hatte und nun nicht mehr herunterkommen konnte. Hübich selbst nahm sich seiner an, obgleich er eigentlich sein Leben verwirkt hatte mit seinem Vorwitz und aus steiler Höhe seinen alten Vater, den Förster anflehte, ihn herunterzuschießen, da es ja doch keine Rettung mehr gäbe. Mit schwerem Herzen griff der alte Förster schon zur Flinte, als Hübich noch gerade rechtzeitig einschritt, den Buben aber mit in sein Reich nahm eine geraume Zeit lang, reich beschenkt mit Gold und Silber jedoch wieder heimkehren ließ, daß er Gutes stifte mit den großen Schätzen sein Leben lang.

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