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18.
Die Ritter auf der Schöneburg.

(Bodetal.)

Eine Meile von Treseburg aufwärts im Bodetal ragt über dem Hüttenort Altebrak eine Ruine in den lautlosen Sommerabend. Bald wird die fahle Dämmerung herniedersinken und in den zerfallenen Mauern ein geheimnisvolles Leben entfachen. Dann werden bis in die tiefe Nacht hinein die Geister vieler Ritter aus dem weiten Land bei umgehendem Humpen und übermütigem Lachen zur frohen Tafelrunde versammelt sein. Und dumpfes Poltern und Krachen wird durch die Nacht hinrollen.

Das wird vom Kegelschieben der nächtlichen Gäste sein.

Einmal war einem Köhlerjungen das Pferd fortgelaufen, das hier oben im Buchenwald seine Weide hatte. Er mußte ihm lange nachgehen und kam auf den Pfad, der zur Burgruine führt. Es war schon spät geworden und die Sonne längst untergegangen. Durch die einbrechende Nacht rollte es dumpf von gleitenden Kugeln und stürzenden Kegeln; die Becher der Zechenden prallten hart und hell aneinander, und dumpf brauste das Gelächter der nächtlichen Runde.

Der Junge schlich sich an die Mauern und lugte durch ein hohles Fensterloch. Da gewahrte ihn einer der Zecher und hieß ihn eintreten. Er möge die Kegel aufsetzen, solle gut belohnt werden!

Verängstigt nach dem seltsamen Spuk gehorchte der Köhlerbub und tat die ganze Nacht, wie ihm geheißen. Einmal fragte er einen der Zecher, wann er gehen dürfe, da er sein Pferd suchen müsse. Da schob der Ritter eine Mauer auseinander und wies in einen Stall, der war ganz von Silber gebaut. Da standen viele Pferde, und mit denen stand auch das Köhlerpferd an einer kristallenen Krippe und fraß ganz ruhig.

»Dein Pferd ist heute tausend Jahre alt,« sagte der graubärtige Recke. »Es gehörte einstmals jenem Junker dort unten, der die Tafel führt und einst hier wohnte. – Kümmere dich nicht darum; das Tier wird morgen früh wieder mit dir gehn. Weil es dich zu uns geführt hat, sollst du nicht erschlagen werden, wie andre Störenfriede, mit deren Köpfen wir hier kegeln, sondern sollst sogar belohnt werden.«

Als die Nacht zur Neige ging, und der Junge fleißig Kegel aufgesetzt hatte, kam ihm auch sein Pferd zugelaufen. Die Stimme eines Unsichtbaren aber sagte ihm, er solle sich als Belohnung einen Kegel mitnehmen und machen, daß er fortkäme.

Da nahm der Junge den mittelsten Kegel, König geheißen, schwang sich auf sein Roß und trabte den Berg hinunter in seinen Wald.

Beim ersten Hahnenschrei war er in seiner alten armen Hütte. Der Kegel aber war aus purem Golde.

* * *


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