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5.
Die Teufelsmauer.

(Zwischen Quedlinburg und Blankenburg.)

Die Teufelsmauer zieht sich auf dem Wege von Quedlinburg nach Blankenburg am Fuße des Harzes entlang. Es sind allerlei groteske Gestalten, die sie bildet. Sie verliert sich bei Ballenstedt in den Gegensteinen.

Zu den Zeiten Karls des Großen lebte in Blanka, dem heutigen Blankenburg, die holdselige Jungfrau Thusnelda. Auf der Klus bei Halberstadt hatte der tapfere Ritter Egbert ein festes Schloß. Von dem Ruf der Schönheit Thusneldas angezogen, machte er sich auf den Weg nach Blanka und wußte Zugang zu der lieblichen Maid zu erhalten. Bald vereinigte gegenseitige Liebe ihre Herzen. Zu dieser Zeit drang die Christuslehre bis in die Gegend von Halberstadt. Egbert, von der Kraft des reinen Gottesdienstes ergriffen, unterwarf sich der neuen Glaubenslehre und wußte auch, Thusnelda dafür zu gewinnen. Liutprand, Thusneldas Vater, ein rauher und wilder Ritter, hatte seine schöne Tochter bereits einem alten Waffengefährten versprochen. Er schloß darauf, sobald er Kenntnis von dem Liebesverhältnis erhalten hatte, Thusnelda ein und verfolgte Egbert mit Feuer und Schwert. Dieser sammelte aber zu seiner Verteidigung alle Christen des umliegenden Landes zu einem Sturm auf Liutprands Burg. Als sie aber vor Blanka erschienen, siehe, da türmte sich vor ihnen eine gewaltige, steile Felswand auf, die früher nicht dort zu sehen war. Egbert und seine Getreuen versuchten, die mächtigen Felsen zu übersteigen. Als sie mit großer Anstrengung die Hälfte der Mauer erklommen hatten, lösten sich große Felsmassen und zerschmetterten die Verwegenen. Das war das Werk des Teufels. Um der Ausbreitung der göttlichen Lehre entgegenzuarbeiten, durch die seinem Höllenreich der Untergang drohte, hatte der Satan gegen die ersten Christen diese Mauer erbaut zur Abwehr und als eine Falle, in der sie ihre Vernichtung finden sollten.

Der Teufel stritt lange mit dem Herrgott um den Vorrang auf der Erde. Früher war schon eine Teilung des damals bewohnten Landes vereinbart, so daß die Felsen, wo jetzt der Hexentanzplatz ist, die Grenze bildeten. Längst war dem Teufel diese Beschränkung lästig geworden, doch er fand keinen geeigneten Vorwand, sein Reich weiter auszudehnen. Mit neidischem Sinn sah er von seiner Felsenburg im hohen Harz hinaus in die liebliche Ebene, die sich vom Fuße der Berge gegen Morgen und Mitternacht ausdehnte, sah die Burgen entstehen und Städte wachsen, erfüllt und belebt von frohgemuten Menschen. Besondere Abscheu flößte ihm die Beobachtung ein, daß diese Menschen nach Christi Lehre bemüht waren, die letzten Spuren seiner früheren Teufelsherrschaft zu vertilgen und aus der Kraft eines reinen Glaubens das Band der Liebe weiter zu schlingen.

Als nun gar der tapfere Ritter Egbert um der schönen Thusnelda willen mit Liutprand in Fehde geriet, sah der Satan die Zeit für gekommen, das Seine zu tun. Er wiegelte den rauhen Liutprand auf und half ihm durch den Bau jener Mauer vor Blankenburg, mit der er sein Herrschaftsgebiet gegen Egbert und seine Christen ausdehnte.

Nur ein Liebeshandel war der Anlaß, daß zwischen den Christen und Heiden ein langer, schwerer Kampf entbrannte, in dem jeder der Gegner glaubte, seiner heiligen Überzeugung zu dienen. Der Teufel aber war der überlegene Leiter des opferschweren Streites, um die Grenzen seines Reiches zu erweitern und zu befestigen.

* * *


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