Ludwig Tieck
Kaiser Octavianus
Ludwig Tieck

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Zweiter Akt.

Pallast.

König Dagobert, Pepin, Arnulphus.

Pepin.
    Was ihr nicht glauben mochtet, seht geschehen,
Der große Sultan Babylons, verbunden
Mit dreißig König'n, will nach Frankreich gehen,
Und ihr könnt wohl nach nicht gar vielen Stunden
Vor eurer Stadt das Heer der Heiden sehen,
Und noch ist keine Hülfe uns gefunden,
Wir sind zu schwach die Mauern zu beschirmen.
Wo Rath, wo Trost, wenn so sich Wetter thürmen?

Kg. Dagobert.
    Nicht können der bedrängten Christenheit
Starkmüth'ge Fürsten sich der Noth entziehen.
Wenn unser Frankreich laut nach Hülfe schreit,
Kann England feige nicht, nicht Spanien fliehen,
Nicht Rom, das gern uns seine Krieger beut,
Und wenn wir selbst im Kriegesmuth erglühen,
Wird auch Sanct Dionysius uns beschützen,
Tod auf die Feinde seines Münsters blitzen.

Arnulphus.
    Kein Christ, kein frommer König soll verzagen,
Den Sieg erringt nicht immer nur die Menge,
Unsichtbar kann die Hand des Herren schlagen,
Wie Spreu verweht er oft Kriegesgedränge,
Was sind ihm Harnisch, Schild, Roß, Schwerdter, Wagen?
Laßt Hymnen tönen, Psalmen, Betgesänge,
Und seine Mutter schaut mit Liebesblicken
Herab, uns Sieg, den Feinden Tod zu schicken.

Ein Bothe tritt ein.

Bothe. Der Graf Armand trifft ein in wen'gen Tagen
Und mit ihm eine Schaar von wackern Kriegern,
Die muth'gen kühnen Herzen aus Provence,
Die keine Furcht, die keinen Zweifel kennen,
Ihr größtes Herz, Graf Armand, an der Spitze.

Kg. Dagobert.
Ein edler Schutz dem königlichen Sitze.

Ein zweiter Bothe kommt.

2. Bothe. Die stolzen Spanier sind schon auf dem Zuge,
Sie treten schon den Schnee der Pyrenäen,
Ihr König führt sie an, der mächt'ge Rodrich,
Er zürnt dem Einbruch dieser Räuberhorden.

Kg. Dagobert.
Ein mächt'ger Stab ist mir an ihm geworden.

Ein dritter Bothe tritt ein.

2. Bothe. Widrige Winde hielten mich zurück,
Sonst hätt' ich, mächt'ger König, früher schon
Die Bothschaft dir aus England angesagt.
Mein Wort tritt nun fast mit dem Heere ein,
Das Edward führt, der allerkühnste Streiter.

Kg. Dagobert.
Der Himmel wird nach Ungewitter heiter.

Ein vierter Bothe kommt.

4. Bothe. Mein großer Fürst und christlicher Monarch,
So sehr ich eilte, mußt' ich dennoch zögern,
Weil ich von Rom mir andre Wege suchte;
Denn schon sind alle Heiden auf dem Zuge,
Des Sultans mächt'ge Flotte ist gelandet,
Anstürmend zu Venedig, hat verheeret
Die Stadt und rings das Land, ich mußte fliehen;
Doch läßt der Kaiser Octavian verkünden,
Er folge schnell mit einem mächt'gen Heere.

Kg. Dagobert.
Gerüstet sind wir nun zur Gegenwehre.

4. Bothe. Doch ist es nöthig, Muth und Kraft zu sammeln,
Denn nie noch ward ein so grimmiger Drache,
Der lang' hungrig an festen Ketten lag,
So giftig hergehetzt und losgelassen
Auf unsre arme Christenheit, denn Raub
Und Brand, und Mord an Männern, Weibern, Kindern,
Bezeichnet ihren Pfad: so wie der Jäger
Der blut'gen Spur des Wolfes folgt, so findet
Wer Klaggeschrei, Blut, Seufzern folgt, dies wilde
Furchtbare Ungeheuer, dreißig Kön'ge
Sind ihm, dem Sultan Babylons verbunden,
Blutgierig all, der Religion erboßt;
Doch ihnen folgt ein Riesenkönig dienstbar,
Der wildeste von allen, wie er allen
An Größe vorragt und an Gliederstärke;
Er hat geschworen seiner schlimmen Braut,
Der Wuth im Blicke glänzt, dein Königshaupt
Auf seinem Schwerdt zu bringen, deinen Münster
Dem Götzendienste Machmuds einzuweihen,
Wenn er zuvor dein ganz Paris verbrannt.

Kg. Dagobert.
Wir alle stehen in des Herren Hand.

Pepin. Versammeln will ich Führer und Soldaten
Und selber nach den Vestungswerken schauen;
Jedweder sei der Sohn der eignen Thaten. geht ab.

Arnulphus. Nicht faß dein Herz, König, ohnmächtig Grauen,
Es kann dich deinen Feinden nicht verrathen,
Der du vertraust die göttlichste der Frauen. geht ab.

Kg. Dagobert.
Alle Bedrängten diesem Hort zulaufen. –
Geht und versammelt alle eure Haufen. – alle ab.

    Sanct Dionysius, lieber, heil'ger Mann,
Ich nahm mir vor dein Münster auszubauen,
Mit allem Reichthum es zu schmücken dann,
Geliebter, du kannst meine Thränen schauen,
Weil ich nicht mein Gelübde lösen kann;
Du zürnst nicht drum, ich will dir doch vertrauen,
Du stärkst mein Schwerdt mit heiligen Gebeten,
Daß Heiden nicht zu deinem Leichnam treten.

    Soll's sein, so nimm mein Blut und auch mein Leben,
Laß nur dies Liebs-Andenken nicht verstören,
Reich, Kron' und Herz will ich als Opfer geben,
Nur, liebster Heiliger, magst du erhören
Dies innigste Gebet: dir aufzuheben,
Damit es wilde Heiden nicht versehren,
Großer Patron, geb' ich gern dies Gebäude,
Andenken meiner Liebe, Lebensfreude. geht ab.



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