Ludwig Tieck
Kaiser Octavianus
Ludwig Tieck

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Pallast.

Der Sultan von Babylon auf dem Throne, der Admiral, Alamphatim, andre Könige, Krieger, Sklaven.

Der Sultan.
    Nebel und Nacht soll jezt vom Erdkreis weichen,
Der finstre Dienst vom schnöden Christenthume,
Der rothe Morgen wird in Pracht aufsteigen,
Aufbricht des wahren Glaubens heitre Blume,
Ein Feuer soll am Horizont sich zeigen,
Machmud und Asia und uns selbst zum Ruhme,
Europa soll mit seinen Völkern brechen,
In's Herz recht seiner Kräfte will ich stechen.

    Frankreich, der Mittelpunkt der schlimmsten Lehre,
Soll nun ein Ziel für meinen Bogen werden,
Und wenn ich dieses Land zum Tod versehre,
Stürzen die Völker mitternächt'ger Erden.
Dem Feu'r, der Wuth, in der ich mich verzehre,
Gebt Raum, brecht auf, verachtet die Beschwerden,
Mein alter Grimm, mein Hunger ruft nach Speise,
Vasallen, auf! nach Frankreich steht die Reise!

    Ja, Dagobert muß sein Verderben schauen,
Auf seinen Nacken tritt mein Fuß ihm muthig,
So wie der Löwe in den Raub die Klauen
Einschlägt, daß ihm die Mähn' und Lippen blutig,
So will ich Machmud, meinem Gott, vertrauen,
Nie wird mein Herz in seinem Dienst unmuthig,
Nie lischt dies Feu'r, das sich in mir entzündet,
Bis es in Strömen Bluts die Kühlung findet.

    Ihr Völker Asia's, Fürsten im Orient,
Dienende Freund', befreundte Unterthanen,
Vom Ganges habt zum Nil ihr anerkennt
Mein streng Gebot und unser ernstes Mahnen,
Chaldäa, Persia und Arabien gönnt
Mir seine Dienste unter meinen Fahnen,
Georgien und Cirkassien und ihr Mohren,
Ihr alle habt zu meinem Dienst geschworen.

Alamphatim. Mein großer Bruder, Sultan Babylons!
Panzer, Schild, Bogen, Rosse sind gerüstet,
Räche den Schimpf deines glorreichen Throns,
Wenn dich das Blut der Christenschaar gelüstet,
Zertritt mit Schaaren, zahllos, deines Hohns
Ursacher, stürz, die sich so frech gebrüstet:
Ihr Gott sei, der die andern niederwerfe,
Bestrafe sie mit unsers Schwertes Schärfe!

Der Admiral.
    Mein großer Bruder, Babylons Sultan!
Die Flotte liegt in unserm Hafen stille,
Die Fluth gehorcht, der Wind hält zitternd an
Den Athem, harrend, wann dein höchster Wille
Gebietet, daß er günstig wehen kann,
Damit sich in der Fahrt dein Wunsch erfülle,
Wimpel und Flaggen streben von dem Lande,
Ungern wurzelt der Anker noch im Sande.

Lidamas tritt ein.

Der Sultan.
    Was hat Arabiens König zu verkünden?
Mein Lidamas, gieb Antwort meiner Frage!

Lidamas. Mög' alles Glück des Himmels sie entzünden,
Mit neuem Schein beglänzen deine Tage!
Kaum weiß ich, wie ich soll die Worte finden,
Damit ich dir, so wie ich soll, ansage
Das Glück, das Wunder, deinen Ruhm, den weiten,
Für den auch fernentlegne Völker streiten.

    Ja, Machmud ebnet selbst dir deine Bahnen,
Was du nur Großes wünschest, muß geschehen;
Laß fliegen nur die siegesrothen Fahnen!
Ruhm küsset sie und Tod im Windeswehen,
Was wünschend hofften deine großen Ahnen,
Gelungen wird's vor deinem Throne stehen,
Die unglücksel'gen kann kein Heil mehr fristen,
Denn du gebotst Vertilgung aller Christen.

    Staunend vernahmen wir ein Wunder nennen,
Es herrsche die Caucasischen Gefilde
Ein Riesenkönig, den bestehn nie können
Die stärksten Helden unter Helm und Schilde.
Will er zürnend in seiner Wuth entbrennen,
Vernichtet hundert Tapfere der Wilde;
Sie fallen ihm, wie Saat den Ungewittern,
Golimbra heißt, vor dem die Völker zittern.

    Der beugt in Demuth dir sein stolzes Knie,
Sein Stolz ist nun, du möchtest nicht verschmähen,
Daß er dein Knecht in deinem Heere zieh',
Daß er dein Freund dir mag zu Seite stehen;
Auch wenn du ihn verwirfst, er läßt dich nie,
Will Hand in Hand mit seinem Schwure gehen,
Mit eigner Hand Dagobert abzuschlagen
Sein freches Haupt, es auf dem Schwert zu tragen..

    Mächtig, erhaben, groß ist dieser Kühne,
Wie niemals einen meine Augen sahen,
Feindlich darf keiner dieser furchtbar'n Mine,
Und wär' er auch in Erz ermauert, nahen.
Willst du, daß dir der Sohn des Berges diene?
So magst du, Sultan, freundlich ihn empfahen.

Der Sultan. Er trete ein, er sei mir hoch willkommen,
Der Sitz bei mir sei von ihm eingenommen.

Golimbra, ein Riese, tritt ein.

Der Sultan.
    Nie sah ich noch so schreckliche Gestalt! –
Sei mir gegrüßt, du Sohn von großen Thaten!

Alamphatim. Welch Haupt und welcher Arm! Ha, der Gewalt
Sind wohl die Christen allzumal verrathen.

Der Admiral.
Wenn er die Faust in seinem Grimme ballt,
Tausend erblassen, wie sie wüthend nahten.

Der Sultan. Willkommen mir und diesen Sitz nimm ein.

Golimbra. Vergönn', daß ich mag stehend vor dir sein.

    Wie Meer und Erde, Fels und tiefe Schlünde,
Brausende Ströme, wilde Feuerflammen,
Auch rauschen, brennen, in einander schwammen,
Daß Berge tönen, widerhalln Abgründe,

    Wie auch des rothen Feuers Kraft entzünde,
Und Städte flicht im glühnden Kuß zusammen,
Daß Pallast, Tempel in den Wollustflammen
Zu Asche sinken in dem rothen Winde:

    Kann ich doch Eins, ein schreckensvollers nennen
Was tobt vor den Erdbeben und Orkanen,
Mehr reißt als Fluth, mehr glüht als Flammen brennen:

    Ein Heldenzorn, bricht der sich seine Bahnen,
Dann muß zitternd die Welt den Herrn erkennen,
Furchtsam neigt Land und Meer den blut'gen Fahnen.

Arlanges tritt ein.

Der Sultan. Was, Arlanges, Persiens König,
Willst du melden mir als Bothe?

Arlanges. Edler Herr, dem Alla schütze
Und Machmud die Herrscherkrone,
Ich erscheine bittend, flehend,
Daß du abwehrst deinem Zorne,
Feinde müssen vor dir zittern,
Die du liebst wirst du verschonen.
Liebend kommt mit ihren Jungfrau'n
Marcebille, deine Tochter,
Bittend zu dem Vaterherzen,
Niederfallend vor dem Throne,
Sie erfuhr von deinem Zuge
Und ihr edler Muth, der hohe,
Ist heut' glänzend, denn ein Festtag
Ist ihr dieser Kriegszug, ohne
Dich will sie nicht einsam bleiben,
Nein, sie folgt dem Lärm der Trommeln,
Die Trompete, Krieg verkündend,
Ist ein Liebeslied dem Ohre.
Von Ruh', Müssiggang, von Blumen,
Von dem Gartenduft, dem Chore
Süßer Nachtigallen, klaren
Quellen, aufsteigenden Bronnen,
Will sie gerne Abschied nehmen,
Bis du siegend wieder kommest.
Bittend naht sie, schön geschmücket,
Prachtvoll, wie der rothe Morgen,
Wann er purpurn durch die Himmel
Bringt den Tag zu uns von oben,
Alle Wälder, alle Wiesen
Jauchzen, Vögel singen frohe,
Und es brennt die Luft und Erde
Safrangelb in goldner Lohe,
Und den Saum der Morgenröthe
Tragen die entzückten Wolken:
Also nahet Marcebille,
Deine vielgeliebte Tochter,
Und Roxane, Lealia
Sind ihr liebliches Gefolge.
Welche Zunge mag verkünden,
Wie genügt mein schwacher Othem
Ihre Schönheit auszusprechen,
Wie sie naht, stralend erhoben.
Ihre lichten Haare schweben
Aufgebunden, scherzend lose,
Halb in Lüften, halb auf Schultern,
Wiegend spielen sie und wogen,
Und das Auge ist gefangen
Wie in Netzen, in den Locken,
Nicht mehr Locken, nicht mehr Haare,
Nein, ein zart Gespinnst von Golde,
Das ein Gott, entbrannt in Liebe
Um den Glanz des Haupt's geschmolzen.
In dem Schatten, nein, im Glanze
Dieser Gold-Laube verborgen,
Stehn die Lichter ihrer Augen
Wie zwei wonnevolle Sonnen,
Unter schmalen Augenbraunen,
Leicht getrennt und fein gezogen,
Wohl nennt man die Blicke Pfeile
Und die Augenbraunen Bogen,
Denn nie hat so süße Blitze
Noch ein Auge abgeschossen,
Niemals sind aus solchem Köcher
Solche Blicke fortgeflogen.
Wie ein Herrscher sind die Augen,
Welcher giebt seine Gebote
Seinen Unterthanen, schöne
Glieder dem Befehl gehorchen,
Alle sind wie süße Musik,
Welche klingt in vollen Wogen,
Also tönen die Gebehrden
Als ein Echo von den Worten
Ihrer Augen, ihrer Blicke,
Also nahet dir die Holde.
In der Hand trägt sie den Jagdspieß,
Wie sie dir zum Walde ofte,
Auf dem muth'gen Zelter prangend,
Zu der Jagd hin ist gefolget,
Wo sie manchen wilden Tiger,
Manchen Löwen hart getroffen;
Um die Brust den goldnen Panzer
Mit Gestein geschmückt, mit rothem
Rubin, mit Smaragden, Demant.
Auch trägt sie den Schild, den großen,
Der im Kampfe sie beschützte,
Als der stärkste Löwe drohte,
Den die Wildniß und die heiße
Wüste jemals nur geboren.
Also kommt sie, wer vermöchte
Ihr zu widerstehn mit Trotze!
Wie ihr Haupt sich hebt und senket
Und ein Lächeln von den vollen
Rothen Lippen fließet, schimmern
Alle Hallen, Säulen, Pfosten,
Und wen ihre Augen treffen,
Ist in Furcht und Lust verloren.

Marcebille tritt ein mit Roxane, Lealia und andern Jungfrauen.

Marcebille.
    Mein Vater, nicht in Gärten laß mich sitzen,
Von Rosen nur und Lilien umschienen,
Wo Vögel girren aus den sanften grünen
Lauben, nein da, wo Spieße, Schwerter blitzen,

    Wo unter Schilden Helden sich erhitzen,
In Strömen Bluts dein Lächeln sich verdienen,
Dahin begleit' ich dich und deine Kühnen,
Machmud und deine Macht wird mich beschützen.

    Du willst, ich soll auf die Vermählung denken,
Brautgarten sei da, wo sie Häupter pflücken,
Die Klagen Sterbender sein mir Gesänge:

    Fort, Rosen, Blumen, festliches Gepränge!
Fort, Lieder! den nur will ich hold anblicken,
Der Dagoberts Haupt blutig mir wird schenken.

Golimbra. Auf meinem Schwert will ich es dampfend reichen,
So knieend, wie ich jezo vor dir liege,
Entstellt, blutlos sei es mein Siegeszeichen,
Von meinem glänzendsten, herrlichsten Siege:
Nur dir, o Göttin, keinem will ich weichen,
Du nur bist das Gestirn von diesem Kriege,
Muth stralt aus deinen Augen, alle Herzen
Entzündest du, mit der Gefahr zu scherzen.

Marcebille. Ich nehme dich zum Diener meiner Liebe,
Und zum Gemal, wenn du, was du versprochen,
Erfüllt; an diesem Christenhunde übe
Den tapfern Arm, so sei Machmud gerochen.

Golimbra. Wie sollt' ich dir nicht halten, die ich liebe,
Mein Wort, das ich selbst nie dem Feind gebrochen?
Ich schüttle ihre Häupter und sie fallen
In deinen Schooß, doch Dagoberts vor allen.

Der Sultan.
    So folg uns, liebste Tochter Marcebille,
Entzündest hast du diesen Held zum Grimme.
So brecht nun auf, denn also ist mein Wille,
Die Flotte gleich hin gen Italia schwimme,
Daß jeder König, Diener, Sklav, erfülle
Vasallen-Pflicht und wer am höchsten klimme,
Dem sei die höchste Ehr' und größter Lohn,
Der sei der nächste meinem großen Thron.

    Versäumt auch nicht, ihr Diener, mitzuführen
Mein keckes Roß, den tapfern Pontifer,
Die Fahrt muß unser Machmud ganz regieren,
Denn er ist unser Gott und unser Herr,
Sein güldnes Bildniß muß das beste zieren
Der Schiffe, denn ihm dienet Land und Meer:
In seinem Namen, auf, all auf zum Kriege!

Alle. Wir folgen dir zum Tod, zur Schlacht, zum Siege!

 


 


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