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Der verliebte Soldatenkönig

Wenn Friedrich Wilhelm I. auch dem plump-raffinierten Verführungsversuch des sächsischen Hofes nicht unterlag – der in seiner Öffentlichkeit allerdings recht ungeschickt inszeniert war –, so zeigte er in späteren Jahren, als die Reize seiner Frau verblüht waren, doch, daß er gegen weibliche Schönheit nicht gleichgültig blieb. Wie er sich dabei schwerfällig benahm, darüber belustigte sich seine älteste Tochter auf diese Weise:

siehe Bildunterschrift

Sophie Marie von Pannwitz,
die vom ältesten Bruder Friedrichs II. leidenschaftlich geliebte Hofdame von Monbijou, spätere Gräfin Voß.

»Die Königin hatte (1731) an ihrem Hofe ein Fräulein von Pannwitz, das ihre erste Ehrendame war. Diese Dame war schön wie ein Engel und besaß ebensoviel Tugend als Schönheit. Der König, dessen Herz bis dahin gefühllos geblieben war, konnte ihren Reizen nicht widerstehen; er fing an, ihr den Hof zu machen. Dieser Fürst war keineswegs galant; da er seine Schwächen kannte, sah er voraus, daß es ihm nie glücken werde, Stutzermanieren nachzumachen noch den verliebten Stil sich anzueignen. Er blieb daher bei seinem Naturell und wollte den Roman mit dem Ende anfangen. Er machte der Pannwitz eine sehr wunderliche Beschreibung seiner Liebe und fragte sie, ob sie seine Mätresse werden wolle. Diese Schöne behandelte ihn, da sie sich durch dieses Anerbieten sehr beleidigt fühlte, wie einen Ungarn. Der König ließ sich nicht abschrecken und fuhr fort, ihr ein Jahr lang davon vorzureden. Der Ausgang dieses Abenteuers war sehr sonderbar. Als die Pannwitz mit der Königin nach Braunschweig gegangen war, wo meines Bruders Hochzeit gefeiert werden sollte, begegnete sie dem König auf einer kleinen versteckten Treppe, die in das Appartement der Fürstin führte. Er hinderte sie zu fliehen und wollte sie küssen, indem er ihr die Hand auf den Busen legte. Da versetzte ihm das wütende Mädchen so recht in die Mitte des Gesichtes einen so erfolgreichen Faustschlag, daß das Blut ihm sogleich aus Mund und Nase floß. Er wurde nicht böse darüber und begnügte sich, sie seitdem den bösen Teufel zu nennen.«

Es handelte sich nicht um jenes Fräulein von Pannwitz, die später als Oberhofmeisterin Gräfin Voß am Hofe der Königin Luise und Friedrich Wilhelm III. sehr geschätzt wurde, sondern um eine Hofdame, die einen General von Schöning heiratete. Gräfin Voß, geb. von Pannwitz war damals erst etwa zwei Jahre alt.

Hatte der König an sich selbst erfahren, wie leicht eine bevorzugte Stellung dazu führt, Mißbrauch mit ihr zu treiben und die Gelüste gehen zu lassen, so war er doch von einer Härte gegen seinen Sohn in solchen Dingen, die nicht zu seiner Werbung um die Hofdame paßt. Der König ließ z. B. nach dem bekannten Fluchtversuch des Kronprinzen alle, die mit dem Prinzen zu tun gehabt, seine Rache fühlen. Er vergriff sich sogar an einem jungen Mädchen, von dem man glaubte, der Kronprinz habe Umgang mit ihr gehabt. Es war die Tochter eines Pastors oder Kantors aus Potsdam, ein blutjunges Ding von 16 Jahren. Das arme Wesen mußte es bitter büßen, daß es einem Königssohn gefallen haben sollte. Es wurde öffentlich mit dem Staupbesen geschlagen, und zwar an allen Straßenecken, vor dem Rathause und vor dem Hause des eigenen Vaters. Obendrein steckte der König das Mädchen auf ewig ins Zuchthaus. Erst nach drei Jahren sah er ein, daß er eine gänzlich Unschuldige gemißhandelt hatte und ließ sie frei.


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