Hans Morgenthaler
Gadscha puti
Hans Morgenthaler

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VIII

Eine lange Staubwolke wälzte sich nach Gadscha puti hinaus. Ein volles Dutzend Ponywagen. Wie stolz! War das nicht Parker, der Chefingenieur mit seinen zwei Assistenten? Aber um Gotteswillen, wie war es denn, hatte denn Parker jetzt plötzlich zwei Frauen? Und wie die zweite der ersten auffallend ähnelte! Das war niemand anderes als Meh Sihs Schwester: Es schien, der Chefingenieur hatte das Bedürfnis, sich mit Getreuen zu umgeben.

Wie das lustig davonkutschierte! Parker, frisch rasiert, im frischgeweißten Tropenhelm, hinten auf dem Wagenverdeck eine bergdicke Federmatratze, dann sechs Fuhrwerke mit Türmen von Körben und Hausgerät. Es schien Ernst zu gelten. Schneider und Imfeld mußten Staub schlucken. Warum saßen sie auch im hintersten Wagen? Was sagte jetzt Schneider? Er schien wütend zu sein: »Der Hund soll aufpassen!«

Die Nachmittagssonne vergoldete sogar den Staub. Hoch über den wirren Köpfen der Palmen waren weiße, räudige Stellen im lückenlosen dunkeln Waldmantel eines Berges zu sehn: die Arbeitsplätze auf dem Kau Dam, dem schwarzen Berg; fünfhundert, tausend Meter hoch waren dort die Chinesen bei der Arbeit.

Am Fuß der Waldberge in der Ebene von Gadscha 63 puti war ein kleines Straßendörfchen fast über Nacht aus dem feuchtwarmen Boden emporgeschossen. Ein Zwei-Hütten-Zeilen-Dorf, eine bunte Straße voll Schmutz und voll Farben, voll Chinesengekreisch, mit den Wohnungen der Minenbesitzer, mit Kaufladen, wo aller Gerümpel der Welt sich vereinigte; Haarkünstler waren auf offener Straße beschäftigt, daneben standen Ställe, Restaurants niedrigster Sorte und zweifelhafte Buden mit vergitterten Fenstern. Mitten in der langen Gasse ein etwas höheres Bretterhaus nannte sich Hotel. Es wurde von zwei Heylamchinesen geführt. Ein halbes Dutzend käfigartiger Verschläge gingen als Zimmer. Hier machte die Wagenkolonne halt.

Diesmal schien Parker es eilig zu haben, schon am nächsten Morgen brach die Fußkolonne auf. Der Chefingenieur voran mit seinem weiblichen Stab, zwölf Kuli, die schwere Lasten schleppten, Imfeld und Schneider.

Die weite Sandanschwemmung war vom Urwald gesäubert, Spuren der Arbeit waren zu sehn: alte Schachteingänge mit Bambuszäunen, Schutthaufen – das Dörflein selbst sollte auf zinnhaltigem Boden stehn. Mitten in der Anschwemmungsebene hinter dem Dorf schaute aus dem Niederwald ein isolierter, bleicher Kalkzapfenberg heraus – wenn die Abendsonne ihn traf, glich er einem weißen Elefanten – Gadscha puti. Nach ihm war der Ort und die ganze Gegend getauft.

Die zwei Schweizer ließen Parker mit seinen Leuten vorausgehen, bummelten allein hintendrein, die Gegend mit ihren Neulingsblicken in sich saugend. Da 64 und dort arbeiteten Chinesen, urweltliche Wasserräder, Pumpvorrichtungen mit nackten Füßen tretend, oder in gleichförmigem Chinesengalopp in zwei Körben am über die Schulter gelegten Stab Sand, Erz oder Lebensmittel schleppend. Weiter drüben gegen die Berge zu, kurz bevor das Flachland in Wellen und Buckeln zur Höhe anstieg, waren mehr Kuli fleißig; ein großes viereckiges Loch, wie die Anlage zum Fundament eines Hauses, war im Sand ausgehoben; vom Wald führte ein Kanal herzu, der aber noch trocken war. Dicht daneben fügten chinesische Zimmerleute eine Art Bretterboden zusammen. »Was soll das werden?«

»Ein Pontum!«

»Ein Floß auf trockenem Boden?«

»Und schauen Sie,« sagte Schneider, »das sind nichts anderes als Bagger-Eimer. Das war das Material zum großen Bagger der Fortuna Mine.« Hatte nicht der alte Almeira zu Hause schon von der Fortunamine erzählt! Hatte er nicht zu Imfeld gesagt: »2000 Pfund werden da jeden Monat verdient!« Es war noch nicht, aber es würde werden. Und Almeira ist Eigentümer der Hälfte des Bodens. Aber das ging heute Imfeld und Schneider nichts an. Sie sollten auf den Kau Dam, den schwarzen Berg.

Merkwürdig, die Schätze dort oben lockten alle andern Weißen nicht. Almeira war der einzige Europäer, der neben den Chinesen am Wettstreit um den Besitz der Minen in den Bergen teilnahm, jener Bergwerke in spe, in denen das Zinnerz in Quarzgängen ursprünglich und seit Ewigkeiten unberührt lag, »kein Mensch weiß wieviel und bis in welche vielleicht 65 ungeheuren Tiefen!« – wie George zu schwärmen pflegte.

Viel verlockender schienen den meisten Sachverständigen die flachen, sanften Ebenen, wo das Zinn, von den Bergen herabgeschwemmt, aus den tiefen Schichten des losen Schwemmsandes durch einfaches Waschen leicht zu gewinnen war. In solchen Minen machten die europäischen Kompanien im Süden der Malakkahalbinsel ihre Riesengewinne!

Der schmale Pfad begann emporzuführen, empörend steil. Die warme, feuchte, dicke Luft legte sich mit unsichtbarem Gewicht auf die Menschen. Sogar Robert, der berggewohnte Schweizer mußte schnaufen. Merkwürdig, wie leicht die schwerbepackten chinesischen Träger sich bergauf stemmten. Wie kleine Käfer durch Gras, krabbelten die Menschen durch den Wald. Erst höher oben tat sich das Dickicht plötzlich auf, daß man wie befreit auf einmal weit hinaussehen konnte, über die unermeßliche Waldebene, über Gadscha puti weg bis ans Meer. Man erreichte die ersten Minen, Schuttströme, die von den Arbeitsstellen her sich durch den Wald herabfraßen, weiß blendend in der Tropensonne. Weiber, die vom Steinklopfen lebten und erstaunlichen Erfolg in ihrem Handwerk zu haben schienen, kauerten am Boden; sie sangen und lachten, und – dachte Robert – ihre Brüste tragen sie wie Früchte der Arbeit unterm dünnen Blusenzeug.

Imfeld und Schneider waren jetzt oben auf dem Schwarzen Berg, fast tausend Meter hoch, steil über den Wäldern. Das Kongsi, die Niederlassung der chinesischen Arbeiter, die da eng beieinander wie Schweine mit ihren Frauen und Kindern wohnten, lag in eine 66 Schlucht hineingeschmiegt, von einem drei Meter hohen Bambusstangenzaun umgeben zum Schutz gegen wilde Tiere und Diebe. Einen Steinwurf nebenaus waren zwei kleine Hütten errichtet, eine für Schneider und Imfeld, eine für Parker.

Europa war vom Krieg zerrissen, Feuerschlünde spien Haß und Feindschaft in die Welt. Kanonenstahl galt Millionen. China gewann! Europäische Leidenschaft, abendländisches Geld stachelte chinesische Gier, riß hinterindische Berge in ihr Tiefstes auf. Hunderte schwitzender Kuli kratzten, sprengten, trugen, schleppten Wolframerz aus den Kau Dam Minen. Lumpige Kerls, einst ohne eigenes Dach, machten Vermögen. Armselige Kuli, vor wenigen Jahren noch als Rikshapferd durch die Hauptstadt trabend, waren steinreiche Minenbesitzer geworden.

Die zwei Schweizer wanderten fleißig in der Mine und auf dem ganzen Berg herum. Kein Arbeitsplatz, kein Schachteingang, der ihrer Aufmerksamkeit entging. Die Bergkuppe war aufgerissen, verwüstet. Ordnungslos lagen Baumriesenleichen herum, die angebrochenen Schächte den senkrechten Erzgängen entlang klafften wie Spalten, wie schmale Gäßchen im Häusermeer einer Altstadt, voll Dunkel und Schatten zwischen grell weißen, von den Tropenregen blankgewaschenen Schutthaufen, und daneben ragten zackig und eckig stehengebliebene Felspartien des Berges wie altes Schloßruinengemäuer in die scheußliche Hitze auf. Kleine schattenspendende Dächlein waren über den Winden errichtet, mit deren Hilfe das Erz in Körbchen aus tiefen, kaminschmalen Schlünden antag gehoben wurde. 67 Männer mit Kraft und Stemmeisen, Frauen mit Steinbrecherwerkzeug und Hämmern waren wie Ameisen fleißig. Daneben war nur das eintönige »ggau« und »song«! das »auf« und »ab«! aus der rauhen Gurgel des Wächters an der Winde zu hören und hie und da – wie seltsam im Urwald! – das dumpfe Knallen eines Dynamitschusses.

»Verdammter Schutthaufen,« fluchte Schneider, als er mit Imfeld die höchste Arbeitsstelle erreichte.

»Ein hartes Stück, ja, aber interessant. Dieser Kau Dam als Ganzes, alle die verschiedenen Konzessionen – eine ungeheuer große Mine!« sagte Imfeld.

»Aber das Erz sei sehr arm. Stimmt das, Sie Imfeld? Wieso machen denn die Chinesen Millionen?«

»Ja, die Chinesen,« gab Robert zurück. »Sie schürfen nur die oberflächlichsten, reichsten Teile des Berges aus, und gegenüber dem europäischen Unternehmer genießen sie außerdem noch den ungeheuren Vorteil ihres Kasten- und Akkordarbeitssystems, das den Kuli zu einem Hörigen macht.«

»Und uns europäischen Ingenieuren trauen Sie wenig? Sie....«

»In diesen Bergminen ja, solange es bessere Aussichten gibt.«

»Wenn ich wirklich auf diesem Kau Dam bleiben muß, soll es schon ein Plätzchen mit guter Aussicht sein. Ich bin Schweizer, immer noch.«

»Hier oben auf dem Gipfel hätten Sie überdies frische Luft.«

»Und das erste beste dieser rasenden Tropengewitter würde mich von meinem Kontrakt mit 68 Almeira und von diesem harten Hundeleben erlösen,« lachte Schneider bitter.

»Aber schön ist es hier!« Imfeld war noch jung. Er wagte seine Meinung laut herauszusagen. Die Nachmittagssonne, schon tief, rollte wie eine Feuerkugel über die Kämme der Waldberge weg. Fern zerschellte das Meer, weiß wie Zucker am Strand. Im Westen, wo die Hügel kleiner wurden, lagen Inselchen dunkel wie Augen im Hellen.

»Imfeld, glauben Sie, meine Frau werde sich freuen, hier oben zu wohnen?«

»Will Almeira wirklich die Reise Ihrer Frau bezahlen?«

»Wie können Sie zweifeln!«

Imfeld und Schneider schwitzten Ströme aus allen Poren. Jetzt setzten sie sich. In den Wäldern zu ihren Füßen heulten die Affen, uit, uit, uiiit wie ungeschmierte Maschinen, wie alte verlotterte Sägewerke, uit, uit, uiiit, heulten und pfiffen wie Fräsen, die Metall schneiden, und Grillen und Scharen unsichtbarer Zikaden feilten und zirpten irgendwo und überall mit.

In der Tiefe lag die Ebene von Gadscha puti, sanft hingebreitet; kahl geschlagen und vom Gestrüpp gesäubert der Platz, wo die Fortuna gestartet wurde. Hell stand vor dem dunklen Wald die neue Häuserzeile der Mine. Und weiter links drüben, zwischen Kokospalmen heraus blinkten einzelne Bogenstücke des Gadscha puti-Rivers silbern herauf. »Merkwürdig, wie weit entfernt vom Fluß die Fortunaleute ihre Mine öffnen,« meinte Schneider. »Ist es denn nicht der Fluß, der das Erz von den Bergen hinunterschwemmte?«

69 »Eben denke ich über das Gleiche nach.«

»Man hört so vieles über Gadscha puti!«

»Man hört immer am meisten über die größten Unternehmen der Welt – manchmal auch über die größten Menschen. Und sehen Sie,« fuhr Imfeld fort, »sehen Sie den Hügelsporn, der da unten von unserm Berg abzweigt, allmählich im Flachland auslaufend. Man muß vermuten – und es scheint sogar sicher! – daß er unterm Sand der scheinbaren Ebene sich fortsetzt, und diese in zwei Areale trennt: in ein Areal links und in eines rechts, wo nie ein Fluß floß und nie Erz hingeschwemmt wurde. Und doch starten sie jetzt die Fortuna dort in jenem toten Winkel! Wie gut muß erst Almeiras Land sein, am Flüßchen selbst gelegen!«

»Die dort unten haben es jedenfalls leichter und sanfter als wir auf dem Berg!« seufzte Schneider. Dagegen wußte Robert nichts zu antworten. –

Morgen um Morgen waren die zwei Schweizer auf der Bergkuppe. Imfeld wußte nur: ich soll mit Schneider und Parker den Kau Dam inspizieren. Mehr hatte George nicht geschrieben. Parker sei unterrichtet. Schneider hatte nur im letzten Augenblick vor der Abreise im Office in Sridharmaray ein Stück Minenplan erwischt, quer über dessen Rechtecke die Worte »Kau Dam« geschrieben standen. Damit suchten sie sich jetzt zu orientieren. Jedes Feld trug eine Nummer, die chinesischen Kuli kannten die Namen der chinesischen Besitzer, und die ungefähren Grenzen half der Kompaß erraten. Parker lag in seinem Pavillon und trank; Imfeld und Schneider brauchten ihn nicht.

70 Tage gingen verloren, bis die zwei Schweizer nur die von Staatsbeamten gesetzten Markierungen in den Ecken der Konzessionen fanden. Manche der Eisensignale waren umgeworfen. Hatte der Sturm sie umgelegt? Andere waren zwar da, aber erstaunlich tief im Gestrüpp. Wuchs der Urwald wirklich so rasch? Und mit dem Plan, den Schneider und Imfeld in der Hand hielten, stimmten die Grenzzeichen selten. »Es sieht so aus, als ob dieser Schlaumeier da jenseits seines Grundstückes arbeite. Wem gehört dieser Arbeitsplatz? Und der dort drüben?«

»Alles gehört dem selben Chinesen Lien Kui.«

»Sehen Sie, Imfeld, das stimmt einfach nicht mit dem Plan!« Sicheres ließ sich jedoch nicht ohne weiteres feststellen. Hier wäre nun Zahlers Genauigkeit am Platz. »Wo bleibt nur Parkers Theodolith?« Schneider sah ihn zuletzt in Gadscha puti im Hotel. »Wir hatten ihn also mit.« Alim, Schneiders Boy, wurde geschickt, ihn zu suchen.

Die zwei Schweizer saßen in ihrer Hütte beim Abendbrot, als plötzlich der Postkuli von Sridharmaray bei ihnen eintrat. Imfeld, so wenig gern er es tat, brachte den einzigen Brief für Parker diesem in seinen Pavillon hinüber. Parker sagte sofort: »Aha, von meiner Frau. Ich habe nämlich zwei Söhne von siebzehn und neunzehn zu Hause in England, beide studieren.« Den Brief steckte er ungeöffnet hinter den Spiegelscherben an der Bambuswand. Dort blieb er unberührt acht Tage.

Wie solche Vertierte gelegentlich vor fremden Beschauern die innersten Lebenskammern aufsperren. Wie 71 machte sich jetzt das: »Ich habe eine weiße Frau, ich habe zwei Söhne; ich lebe aber hier mit diesen zwei chinesischen Dirnen und versaufe mit ihnen zusammen Hab und Gut und alles, was ich verdiene.«

Als Imfeld sich bei Parker empfehlen wollte, ersuchte ihn der Ingenieur sehr höflich, zu bleiben. »Der Moment ist sehr günstig, Mr. Imfeld,« sagte er, »Mr. Schneider brauchen wir zwei nicht.« Robert setzte sich in der Hockstellung der Eingeborenen an die Wand. Parker dozierte: »Lien Kui fördert seit mehr als zwei Jahren regelmäßig zweihundert chinesische Zentner im Monat, verdient an jedem hundert Dollar rein, das ist nicht wenig. Ein bischen Ordnung und zielbewußtes Vorgehen, europäische Technik und der Kau Dam wird ein Riesending, ein Rio Tinto des Ostens. Selbstverständlich werden wir kaufen!« Dieser Vergleich war Parkers Steckenpferd.

Imfeld bremste: »Natürlich schaut dieser Platz besser aus als Loh Hut, aber eigentlich wissen wir alle noch nichts, man tut gut, vorsichtig zu sein. Wenn endlich Ihr Theodolith und das Stativ da sein werden, könnte man wenigstens die Grenzen der Konzessionen kontrollieren.«

»Das ist nicht nötig,« wehrte sich Parker; sein Gesicht war schief geworden. Imfeld wollte laut sagen: »Ja, vielleicht ist dieses genaue Arbeiten nicht nötig, vielleicht gewissen Herren sogar unsympathisch.« Statt etwas zu sagen, setzte er den Tropenhelm auf und ging.

Parker zweifelte, verzweifelte an Imfeld. Er folgte dem Geologen, setzte sich zu Schneider und Robert und 72 rief: »Boy, Bier!« Aber bei den zwei Schweizern so hoch auf dem Berg gab es kein frisches Bier, er mußte sich mit Whisky und Regenwasser begnügen. Parker erzählte jetzt, um was für Konzessionen es sich handelte. Für viermal hunderttausend Dollar waren sie dem Chinesen Lien Kui feil. »Wenn wir auch das angrenzende Los bekommen, haben wir das Rio Tinto beisammen.« Parker selber hatte den Kaufsvertrag aufgestellt. Er hatte auch mehrmals schon die Minen voruntersucht und – hatte er nicht vor ein paar Wochen in seinem Bungalow in Long Rek dem Lien Kui zu Ehren ein Galaessen gegeben!

Es mußte einer Lampenpetrol statt Hirnsubstanz im Kopf haben, wenn er nichts merkte. Parker hörte auf keine Einwände. Er war chief-engineer. Er wollte diese Mine von Lien Kui kaufen; etwas anderes wollte er nicht. Ob er das wollte, um seinen Ingenieurruhm mit einer großen Tat zu ehren, war nicht ganz klar, ob er nur seinen harten Schädel den Grünschnäbeln zum Trotz durchsetzen wollte, oder ob er am Ende mit Lien Kui.... Niemand wußte etwas Genaues.

Aber was die zwei Schweizer am Nachmittag herausfanden, war unerhört. Schneider, der Ingenieur, hatte mit Müh und Not seinen kleinen Handkompaß zu einem nützlichen Apparat vervollkommt, einen Spiegel hatte er aufgesetzt und ein kleines Visier aus Konservenblech. Nicht daß man mit diesem Instrument Minuten und Sekunden ablesen konnte, aber im Dschungel genügte es auf Grade genau. Und das brave kleine Instrument hatte verblüffend klar gesagt: Zwei Drittel von den guten Arbeitsstellen, auf denen Lien 73 Kui arbeitet, liegen außerhalb von dessen Grenzen. Ob Parker das wußte?

»Da schauen Sie, Schneider! Wenn Parker von Lien Kui kauft, geschieht das Folgende: Um teures Geld bekommt er des Chinesen Konzessionen und nachher merkt er, daß sie wertlos sind, und daß er den besten Grund und Boden erst noch von Lien Kuis Nachbar dazu kaufen muß. Und wenn alles gut geht, kommt nachher das Minenbüro und legt Lien Kui oder sogar uns Käufern eine unerhörte Buße auf, dafür, daß Lien Kui jahrelang auf fremdem Boden Erz ausbeutete!«

Parker merkte, daß schlechter Wind wehte. Er wollte gehen und sagte: »Ich will George nicht schreiben, das Geld bereit zu halten,« und jetzt grinste er hämisch, »ich schicke einen Boten mit einem Telegramm nach Sridharmaray, das geht noch schneller!« Da trat Alim, Schneiders Boy in die Hütte herein, und ein Kuli brachte endlich den Theodolithen. – »Sir, ich habe mich verspätet. Ich fand das Instrument erst nach langem Suchen in Lien Kuis Wohnung in Gadscha puti unterm Hausaltar versteckt!«

 


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