Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Aufsätze.


Die Schlacht bei Schleswig.

Schleswig-Holsteinische Zeitung Nr. 9. Rendsburg, Dienstag, den 25. April 1848, S. 32-34. Daß Mommsen der Verfasser ist, wird durch einen von ihm am 3. April 1888 an Karl Zangemeister gerichteten Brief sichergestellt, in dem es heißt: ›ich denke immer noch gern an meine Beschreibung der Schleswiger Schlacht, die ich als journalistischer Schlachtenbummler mitgemacht habe und dann, nachdem ich die Nacht die 6 Meilen von Schleswig nach Rendsburg gelaufen war, den anderen Tag beschrieb‹.

Da natürlich noch offizielle Nachrichten über das Treffen vom 23. d. fehlen, so wollen wir versuchen, aus möglichst authentischen Nachrichten eine Beschreibung davon zu geben.

Gegen fünf Uhr brachen die preußischen Kolonnen, deren Spitze in Sorgbrück stand, an allen Punkten auf. Die dänischen Vorposten, die in dem Chausseehause bei Kropp standen, wurden (man sagt durch die Fahrlässigkeit der Feldwache) überrascht und zogen sich in Eile auf der Schleswiger Landstraße zurück. Schleunig folgten die Unsrigen nach und drangen gegen die Verschanzungen beim Dannewerk vor; erst als sie dies erreicht hatten, etwa um 9 Uhr, wurde in Schleswig Generalmarsch geschlagen und die Dänen, welche die beiden Tage vorher durch die falsche Nachricht von der Ankunft alarmiert worden waren, waren jetzt überrascht durch ihr wirkliches Erscheinen. Die preußischen Husaren griffen an; es war dies das einzige Mal, daß Kavallerie ins Gefecht kam, was sich aus dem durch Wasser und Höhen vielfach coupierten Terrain erklärt. Die Verschanzungen bei Dannewerk wurden ohne viele Mühe von dem preußischen Linienmilitär genommen. Hierauf teilten sich die Preußen: Oberst Bonin mit der Linie zog sich links um Bustorf herum, während der Höchstkommandierende, General Wrangel, mit den beiden Garderegimentern auf der Chaussee gegen Bustorf vordrang. Dieses war danischerseits mit drei Bataillonen und mit Artillerie besetzt, welche sich nicht gescheut hatte ihre Kanonen zwischen den Häusern aufzupflanzen und dadurch die Preußen zwang, das Dorf zu beschießen. Mehrere Häuser wurden stark beschädigt, doch kam niemand von den Einwohnern zu Schaden. Die Kanonen des Oberst von Bonin wechselten längere Zeit mit den dänischen Kugeln über den kleinen Bustorfer Teich hin, welcher links vom Dorfe liegt. Die Garden hatten von ihren Kanonen nur zwei mitführen können, denen auch bald die Munition ausging; hier stand das Gefecht längere Zeit und schien nicht die günstigste Wendung zu nehmen. Endlich aber kam Verstärkung an Geschützen. Die Neufchâteller Scharfschützen vertrieben die feindlichen Batterien, die in voller Eile durch Bustorf und Friedrichsberg gegen das Schloß retirierten. Zu gleicher Zeit bekamen die Garden Luft und drangen mit Hurraruf über die Höhen vor. Die Dänen wichen; ein Teil derselben wurde von der Straße ab, in die rechts gegen die Schlei hin befindliche sumpfige Niederung sogen. Otterkuhle. gesprengt, und was sich nicht durch Schwimmen rettete, fiel unter den preußischen Kugeln oder ertrank. Die Toten – darunter ein Kapitän – lagen hier sehr dicht; 30-40 Mann wurden gefangen. Bustorf und Friedrichsberg waren etwa um 2 Uhr Nachmittags in unsern Händen, Die dänischen Jäger warfen sich in die Häuser und setzten den Kampf noch einige Zeit fort, und Leuchtkugeln, welche die Dänen auf Bustorf warfen, verzehrten einige Häuser, aber bald hörte man auf, uns den Besitz dieses Stadtteils streitig zu machen. Die Garden besetzten die Stadt und begannen das Gefecht gegen das Schloß Gottorp, das die dänische Garde (etwa 500 Mann stark) verteidigte, indem sie mit schwerem Geschütz den Damm bestrich, der Friedrichsberg und Gottorf verbindet. Die beabsichtigte Sprengung desselben ist mißglückt, weil das infolge des herrschenden Ostwindes sehr hohe Wasser das Pulver genäßt und die Mine nur wenige Steine gehoben hatte.

Mittlerweile hatte Oberst von Bonin seine Truppen in westlicher Richtung um Schleswig herum in die Gehölze zwischen Schuby und Schleswig geführt und im Pulverholze entspann sich ein heftiges Artillerie- und Scharfschützenfeuer. Das 20ste (Königs-)Regiment von den Preußen (meistens Pommern) litt sehr; es soll gegen 100 Mann verloren haben. Gute Dienste leisteten unsere Bracklowschen Scharfschützen, die u. a. einen dänischen Kapitän gefangen nahmen. Sie haben 1 Toten und 5-6 Verwundete; es war außer einigen Freiwilligen bei den Garden wohl das einzige nichtpreußische Militär, das bei Schleswig im Feuer war Besonders im Tiergarten hinter Gottorf war der Kampf hartnäckig und blutig; das Kartätschenfeuer aus dem Schloß trieb die Bracklower hier endlich zurück. Ihr Kapitän v. Hellmundt, ein geborner Altonaer, wurde hier durch den Arm geschossen. Der gefallene Bracklower ist ein Westfale.. Von unserm Linienmilitär rückte ein Teil des Nachmittags mit den Reserven in die Stadt. Noch nach 7 Uhr Abends wurde hier Geschützdonner gehört; die Unsrigen drangen bis gegen Königswille und die Flensburger Chaussee vor und jedenfalls mußten die Dänen um ihre Rückzugslinie besorgt sein. Es ist wahrscheinlich, daß Schloß Gottorp noch am Abend geräumt ward; wenigstens schwieg das Geschützfeuer etwa um 7 Uhr Abends Dies ist nach der Aussage des Schloßgärtners gewiß. Er sah die dänische Besatzung um 7 Uhr Abends in großer Unordnung das Schloß verlassen und nach langem Schwanken und Hin- und Herziehen bald links gegen das Pulverholz, bald rechts gegen die Flensburger Chaussee zu endlich sich für die letzte Richtung entscheiden. und es soll damals auch der Dannebrog abgenommen sein, den ich noch etwa um 6½ Uhr von dem gegenüberliegenden Ufer der Schlei aus wehen sah. Es war ein eigenes Gefühl, aus dem alten Stammschloß der Holsteiner Herzöge auf ihre Stadt, auf ihre Leute feuern zu hören, die von allen Seiten umschlossene rot und weiße Fahne noch einmal und wohl zum letzten Male darauf wehen und mit verzweifelter Gegenwehr sich verteidigen zu sehen. Mußte es so weit kommen, daß dasselbe Volk gegen sie stritt, das so oft für sie ins Feuer ging! Es muß wohl Ärgernis kommen, aber wehe dem durch den es kommt. – Doch zur Sache. – Das Schloß war schon Abends geräumt, aber die Preußen wagten nicht dasselbe zu besetzen, weil die Pulverfässer im Keller und die angeblich nach Neuwerk hinunter gelegten Minen Vorsicht geboten. Schleswig war unser, die Hauptmasse der Dänen stand schon eine halbe Stunde rückwärts, die Schlacht war an allen Punkten gewonnen. Sonntag abend den 23. war das preußische Hauptquartier in Schleswig, wo General Wrangel und Fürst Radziwill sich befanden; der Oberst von Bonin hatte das seinige bei Dannewirke und Husby. Man sah die Bivouacfeuer teils südöstlich von Schleswig dicht bei der Stadt, teils nordwestlich in weiterer Entfernung. General Halkett mit den gar nicht bei dem Gefecht beteiligten Truppen des zehnten Armeekorps stand weit zurück bei Stentenmühle, in der Nähe von Duvenstedt.

Die Dänen hatten nach den Mitteilungen Schleswiger Bürger, die bei der Billetkommission beteiligt waren, in Schleswig etwa 10-12 000 Mann. Von den Preußen scheinen vier Regimenter (Garde und Linie) im Gefecht gewesen zu sein. Die Übermacht war unser, allein die Defensivstellung bei Schleswig ist so fest, daß die Preußen meinten, »wären sie drin gewesen, so hätte man sie trotz der Übermacht nicht so leicht geworfen«. Die Dänen haben sich nicht schlecht geschlagen, aber auf freiem Felde hielten sie nie stand vor dem Hurra der Preußen; ihre Scharfschützen in den Knicken und ihre Kanonen töteten indes manchen Mann. Die absichtliche Täuschung der Gemeinen, daß die Preußen nicht kämen und daß sie sich nicht durch die als Preußen verkleideten Freischärler schrecken lassen möchten, scheint sich durch die Entmutigung der Truppen gerächt zu haben, als sie sich auf einmal den wirklichen Preußen gegenüber befanden. Über die Bravour der Preußen ist nur eine Stimme; die Offiziere sagten ihren Leuten, sie hätten ihnen die Arbeit auf zwei Tage verteilen wollen (wohl durch Nachziehen des Halkettschen Korps), aber sie hätten in einem Tage ein Ende gemacht Und daß sie bald ein Ende machen wollen, war in aller Truppen Munde; sie fühlen es, daß die Ehre Deutschlands eine entscheidende und schleunige Besiegung der Dänen erfordert und daß es langweilig wäre, sich mit den Dänen lange herumzuschlagen. Nicht minderes Lob als ihre Tapferkeit verdient die Humanität der Preußen, das leutselige und anerkennende Benehmen der Offiziere gegen ihre Soldaten, die herzliche Freude der Gemeinen, mit der sie einzelnen Offizieren nach dem Kampfe die Hand reichten, die Freundlichkeit der Befehlshaber, die Genügsamkeit der Soldaten gegen unsere so sehr in Anspruch genommenen Bauern, die kameradschaftliche Heiterkeit, mit der die aus dem Feuer kommenden Preußen unsere nachrückenden Bataillone begrüßten, der Edelsinn der preußischen Ärzte, die im heftigsten Feuer dänische Verwundete aus dem Gefechte trugen und ohne Unterschied von Freund und Feind eine gleiche Zahl von Preußen und von Dänen in den Lazaretten pflegen, – das alles versöhnt einigermaßen mit dem greulichen Bilde des Krieges. Hier ist für viele vieles zu lernen. Obwohl nur ein einzelner, darf ich doch im Namen aller meiner Landsleute den Preußen unsern Dank nicht bloß für ihre Hülfe, sondern noch weit mehr für solche Hülfe darbringen. – Den Verlust wage ich nicht zu taxieren. Die Schlacht war blutig, doch haben wir nach Verhältnis sehr viel mehr Verwundete als Tote. Von Kaiser Franz sind drei, von Alexander ein Offizier blessiert nach Rendsburg gebracht Montag morgen bis 9 Uhr waren in die Rendsburger Lazarette 116 preußische Verwundete gebracht worden; die schwerer Blessierten liegen natürlich in Schleswig.; der Verlust des 20sten Regiments wurde mir zu 100 Mann angegeben. Der Verlust der Dänen muß indes viel bedeutender sein; überall lagen ihre Toten. An Gefangenen sind hier bis jetzt 61 Heute abend spricht man von 200 Gefangenen. eingebracht; andere werden noch zurück sein. In Schleswig wurde mir wiederholt versichert, daß das ganze 13. Bataillon, das aus Schleswigern besteht, gefangen sei, und man zeigte mir sogar den Platz, wo sie unter Bedeckung standen. Es habe vom König das Versprechen erhalten, nicht gegen seine Landsleute gebraucht und nur zur Besetzung des Schlosses verwendet zu werden; nach der Abreise des Königs sei ihnen indes das Versprechen nicht gehalten und so hätten sie sich gefangen nehmen lassen. Die Richtigkeit dieser Erzählung lasse ich auf sich beruhen Sie scheint sich nicht zu bestätigen. Während des Straßenkampfes gingen mehrere aus Schleswig kommende Soldaten zu uns über.. Einzelne deutsche Gefangene aus Südschleswig habe ich selbst gesprochen; sie versicherten, daß alle Schleswiger und Holsteiner, auch die in der Garde, nur durch Furcht gezwungen, den Krieg mitgemacht und aus Mißtrauen zum Vorpostendienst und zu Detachements niemals verwendet worden seien. Die gute Behandlung der Gefangenen versteht sich bei uns von selbst. Wir freuten uns nicht wenig, als wir die ersten Rotröcke sahen, aber wir beleidigten sie mit keinem Hurra. Es war lustig anzusehen, wie unsre braven Förster einen von ihnen gefangenen Dänen nach Kräften fütterten und ihn durch jede mögliche Aufmerksamkeit zahm zu machen suchten.

An demselben Tage (den 23. April) operierte auch unser rechter Flügel (lauter schleswig-holsteinische Truppen), bestehend aus 900 Mann Linie und 1100 Mann Freischaren, unter Prinz Friedrich. Sie brachen auf aus der Gegend von Wittensee und zogen an Eckernförde vorüber ohne beunruhigt zu werden. Dies verdankten sie den dortigen Bauern, welche, angestiftet besonders von einem Viehhändler aus Husby, den in Osterby rekognoszierenden Dänen der Eckernförder Besatzung sorgfältig den Durchzug der Truppen verheimlichten und versicherten, daß die Preußen jedenfalls das Osterfest in Rendsburg feiern würden. So zogen die Unsrigen ungehindert über Osterby und Kosel (wo die zum Centrum abberufenen Bracklower sie verließen) auf die Schlei zu. Sie versuchten den Übergang auf zwei Punkten, bei Missunde, wo das Zastrowsche Korps Reguläre mit vier Kanonen überging, und weiter rechts bei Stubbe, wo die Freischaren die Schlei überschritten. Diese scheinen wenig Widerstand gefunden zu haben; sie trafen durch die Fürsorge der wackern Schiffer aus Cappeln und Arnis bei Stubbe eine solche Anzahl Böte an, daß um 5 Uhr morgens 70, um 11 Uhr morgens (den 23.) 700 Mann auf einmal übersetzten. Dem Zastrowschen Korps standen feindliche Truppen mit zwei Kanonen entgegen; diese wurden aber, die eine durch den ersten Schuß, die andere später demontiert und gegen 12 Uhr hinderten nur noch die hinter den Schanzen feuernden dänischen Plänkler den Übergang, den später der Major von Zastrow (vielleicht mit Hülfe der bei Stubbe übergegangenen und die Schlei hinaufrückenden Freischaren) forciert haben wird Doch scheint heute die Verbindung zwischen den Truppen in Schleswig und denen des Prinzen noch nicht hergestellt.. Die Zerstörung der Fähre scheint den Dänen nicht gelungen zu sein. Durch die Forcierung der Schleilinie ist die linke Flanke der Dänen bedroht, in welcher sie überdies die immer schlagfertigen Angler Bauern haben werden. Gegen die rechte Flanke steht die Brigade des General von Bonin in der Rückzugslinie; außerdem sah ich hinter Kropp, etwa auf dem halben Wege zwischen Rendsburg und Schleswig, einen starken Zug fast in gerader Linie westwärts ziehen, besonders Kavallerie (preußische Kürassiere und schleswig-holsteinische Dragoner), der vermutlich den Dänen sehr zur ungelegenen Zeit in der rechten Flanke erscheinen wird Die Dragoner sollen heute bei Schuby stehen.. Ob es gelingen wird dem Feinde den Rückzug nach Flensburg abzuschneiden und ihn in Angeln zu erdrücken, werden wir bald erfahren.

Zuverlässige Briefe aus Schleswig melden uns, daß heute morgen früh unsere Avantgarde schon eine Stunde hinter Schleswig stand.

Ich füge noch ein Wort über den Jubel der Schleswiger hinzu, als die Befreier erschienen. Als wir die frohen Gesichter unter den Haustüren, das eifrige Herbeischleppen von Erfrischungen, die lange Reihe schwarz-rot-goldener Fahnen sahen, während wenige Schritte davon noch die dänischen Kanonenkugeln aus dem Schloß in die Häuser schlugen, da gingen manchem Manne die Augen über, der lange nicht geweint hatte. Wir hatten keine Empfehlung, als daß wir keine Dänen waren, wir waren simple Civilfreiwillige der unnützesten Art, aber dennoch nahmen uns die Bürger bei der Hand, zogen uns in ihre Häuser hinein und setzten uns die Fleischschüsseln vor, die für die Dänen bestimmt gewesen waren; wobei es denn an launigen Bemerkungen über die trotz täglich dreimaliger Fleischnahrung nimmer satten Danske, über die mißlautende Sprache, über die Bemühung der Propaganda die Soldaten täglich mit frischen – Liedern zu versorgen Eines derselben schloß:
Og naar de Tydske all' er' död'
Da kommer den gode Tid.
Und sind die Deutschen alle tot,
So kommt die gute Zeit!
und ähnliche Dinge nicht fehlte. Dabei bedauerte man herzlich die armen Leute, die von den gewissenlosen Leitern in absichtlicher Unkenntnis gehalten wurden und erzählte sich die erbauliche Geschichte von den »falschen Preußen«. Der Gerechtigkeit wegen will ich indes ein ähnliches, vielleicht absichtlich um die Furcht vor den dänischen Schiffen zu mindern, unter den Preußen verbreitetes Märchen nicht verschweigen, »daß der Prinz von Preußen im Begriff sei, mit einer englischen Flotte uns zu Hülfe zu eilen«. Möchten alle Kriegslisten so unschuldig sein wie diese, wenn es eine ist! – Die Schleswiger rühmten die Gutmütigkeit und die Mannszucht der Dänen, und so herzlich sie den Dänen eine nachdrückliche Niederlage wünschen, so pflegte doch ein jeder seine Einquartierten davon auszunehmen. Dieselben Bürger, die die ersten Deutschen jubelnd in ihre Häuser führten, erzählten ihnen dann über Tisch, daß sie oben ein paar dänische Jäger versteckt hätten, die sie bei nächster Gelegenheit laufen lassen wollten. Dabei muß man nicht vergessen, was die Stadt gelitten hat. Vierzehn Tage lang haben sie, während natürlich alles Geschäft ruhte, zur Strafe für ihre deutsche Gesinnung auf ihre Kosten die dänische Hauptarmee in der oben angedeuteten reichlichen Weise unterhalten, täglich selbst an alle Vorposten Wagen mit frischem Fleisch und anderen Vorräten absenden müssen (was wir übrigens nicht vergessen dürfen den Dänen für die künftige Abrechnung ins Debet zu schreiben). Dabei wurden die wenigen gebliebenen Beamten und Notabeln auf jede erdenkliche Weise gehudelt und verfolgt; in Ermangelung anderer schleppte man selbst die Prediger fort, wenn sie nur irgend dieser Ehre würdig waren. Wir werden genauere Berichte über diesen totgeborenen Danisierungsplan Schleswigs nachliefern; aber wir dürfen nicht verschweigen, welchen tapfern und gesinnungsvollen passiven Widerstand die nicht geflüchteten Schleswiger dem dänischen Drucke entgegensetzten. Die schwarz-rot-goldenen Fahnen mußten natürlich nach dem traurigen Abend des 10. d. verschwinden; aber keine rot und weiße zeigte sich. Die wenigen geborenen Dänen, die es beabsichtigten, unterließen es infolge der Drohungen ihrer deutschen Mitbürger. Die dänischen Kommissäre versuchten vergebens die erledigten Stellen zu besetzen; man bot die Ämter förmlich aus, sogar an Subalternbeamte, man ließ ab von den anfangs gestellten Bedingungen, man warb, man bat um Übernahme des Amtes – die Antwort war, man habe die Provisorische Regierung anerkannt. Dem Pastor Haack in Friedrichsberg wurde noch am 22. d. aufgegeben, eine Verfügung der Regierungskommission p. t. zu Hadersleben zu publicieren; er weigerte sich. Man holte ihn mit Dragonern ab; da ließ er sich einen Revers ausstellen: daß er die Verordnung proklamiere, um der Arrestation zu entgehen, und übrigens dagegen protestiere, daß aus dieser Publikation eine Anerkennung der Regierungskommission gefolgert werde. Dem Hardesvogt Sarauw wurde ich weiß nicht mehr welche Amtmannsstelle ohne alle Bedingung angeboten; er erklärte, daß er sie annehme unter einer Bedingung: daß Schleswig aufgenommen werde in den Deutschen Bund. Wahrlich, wenn es eine Ehre für Schleswig war mit Deutschland vereinigt zu werden, so ist es auch eine Ehre für Deutschland, daß Schleswig eine deutsche Stadt ist.

Ich schließe hier meinen kurzen Bericht über die Einnahme Schleswigs, der wenigstens den Vorzug hat, zum Teil auf eigener Anschauung zu beruhen. Militärische Irrtümer wird man dem Civilisten verzeihen; vielleicht hört man aber bei einem Kriege, wo die Taktik nicht alles ist, auch nicht ungern, wie es um die Herzen der Schleswiger steht. Die offiziellen Berichte werden hoffentlich nicht ausbleiben. Es war ein schneller und ein schöner Sieg; kein Schleswig-Holsteiner wird es je vergessen, wie am Ostertage 1848 die Preußen bei Schleswig die Auferstehung Deutschlands gefeiert haben.



 << zurück weiter >>