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Über die königlichen Museen.

Verhandlungen d. Hauses d. Abg. 28. Sitzung am 16. März 1876 S. 693-695; 32. Sitzung am 18. Januar 1879 S. 706-707.

Ich halte es für meine Pflicht in dieser Angelegenheit nicht zu schweigen, da ich das tiefe Bedauern teile, welches die Herren Redner aus diesem Hause, die vor mir gesprochen haben, geäußert haben, da ich ferner auch durch meine Stellung diesen Angelegenheiten nahe stehe, und da ich endlich gewissenhaft glauben darf, unparteiisch zu sein und die Schäden der Anstalt sowohl, wie die ungeheueren Schwierigkeiten der Frage einigermaßen zu erkennen.

Es wird mir recht schwer in dieser Angelegenheit meine Pflicht zu erfüllen, meine Herren, denn ich kann es nicht tun, ohne vermutlich Persönlichkeiten zu verletzen, mit denen ich durch lange Lebensgewohnheiten befreundet bin, ohne gegen Persönlichkeiten zu sprechen, deren Namen auf den ruhmreichen Blättern der preußischen Geschichte mit Ehren verzeichnet sind. Aber das alles hebt die Pflicht nicht auf, wenn es ihre Erfüllung auch erschwert.

Ein anderes Bedenken hätte mich fast zurückgehalten zu sprechen. Die Angelegenheiten der Königlichen Museen, meine Herren, sind in dem Grade verfahren und verfitzt, daß man nicht weiß, ob ein Wort in diesem Hause gesprochen mehr nützt oder mehr schadet, mag es noch so ehrlich gemeint und sachlich noch so berechtigt sein. Aber ich will es darauf wagen; ich weiß ja, daß alle, Staatsregierung und Abgeordnetenhaus, den Anstalten innig befreundet sind, und in diesem Glauben, in dem Glauben, daß jetzt einmal, wo es sich um die wirkliche Kultur handelt, der Kulturkampf einen Augenblick zu ruhen vermag, – in diesem Glauben will ich zu Ihnen sprechen.

Es ist unzweifelhaft, daß die ungeheueren Schäden, die hier obwalten, sich in zwei große Massen teilen: in die Schäden, die die Personen angerichtet haben, und die Schäden, welche von den Institutionen herbeigeführt worden sind. Ich will auf die ersteren nicht weiter eingehen, es ist für deren Erörterung nicht dieser der eigentlich geeignete Ort, obwohl es vollkommen richtig und notwendig ist, auch diese Schäden in so eingehender Weise zu berühren, wie es bereits geschehen ist. Ich möchte mir vielmehr erlauben, Ihnen in wenigen Worten das Administrationsschema in Erinnerung zu rufen, wie es für die Museen besteht, und dann an jeden von Ihnen die Frage zu richten, ob bei diesem Administrationsschema etwas anderes herauskommen kann, als was ungefähr herausgekommen ist. Meine Herren, darüber sind wir uns unzweifelhaft alle einig, daß das eigentliche Schwergewicht der Verwaltung auf dem Abteilungsdirektor ruht, darum sprechen wir ja nicht von einem Museum, sondern von Königlichen Museen, weil die Sammlungen, die dort unter einem Namen vereinigt sind, durchaus getrennte Anstalten bilden und durchaus verschiedenen Lebenskreisen, durchaus verschiedenen Gelehrtentätigkeiten angehören. Diese Abteilungsdirektoren müssen so gestellt sein, daß sie sich in jeder Weise frei zu bewegen und ihr ganzes Sein und Tun diesem hochwichtigen Zweck zu widmen vermögen. Ist denn das geschehen, meine Herren? Wir haben die Zeit erlebt, wo ein Abteilungsdirektor des Museums, welcher nicht zu gleicher Zeit Professor der Universität oder an einer anderen Hochschule war, eine Rarität war, und viel besser ist es heute noch nicht. Es besteht noch vielfach und in den wichtigsten und wesentlichsten Abteilungen diese unselige Kombination dieser Direktion mit anderen wichtigen Berufsverwaltungen, welche den besten Mann in der Weise fesselt, daß er nicht im stande ist, sich diesem seinem Berufe zu widmen. Denn, meine Herren, wer zwei oder drei Berufe hat, der hat gar keinen.

Meine Herren, wir haben lange Zeit in Preußen die ungeheuer schwierige und unendlich peinliche Aufgabe durchführen müssen, eine Großmacht zu scheinen, ohne es zu sein, und den Rahmen der Großmacht aufrecht zu erhalten. Dazu gehörten jene Abteilungsdirektoren, welche auch Professoren sind, wesentlich mit, und waren dafür vollkommen ausreichend. Aber jetzt, wo wir einen Fonds in unserem Etat haben, der der Mühe wert ist, wo wir das Museum nicht bloß in abstracto besitzen, sondern wo wir kaufen können, muß dies vor allen Dingen aufhören. Was hilft es, wenn Sie den Abteilungsdirektoren Fonds zuweisen? Vor allen Dingen weisen Sie ihnen einen Lebenszweck und die Möglichkeit zu, sich diesem Zweck zu widmen. Der Abteilungsdirektor soll reisen und häufig die Erwerbungsländer besuchen. Sehen Sie sich doch an, wie die Direktoren des Britischen Museums überall zu treffen sind im Auslande, überall an der richtigen Stelle ihre Pflicht tun! Das brauchen wir auch. Nicht den großen namhaften Gelehrten brauchen wir an dieser Stelle, sondern den sachkundigen erfahrenen Mann, der voll und ganz seine Pflicht tun kann und tun will, und den haben wir nicht. Da hilft es nichts, wenn Sie etwas mehr Freiheit in der Bewegung schaffen, vor allen Dingen schaffen Sie die Möglichkeit der Tätigkeit. Die Inkompatibilität zwischen dem Abteilungsdirektor und jeder anderen Berufsstellung ist die erste Kardinalfrage für das Besserwerden bei unseren Museen.

Aber erwägen wir, wie die Dinge weiter gehen. Der Abteilungsdirektor hat bei uns bekanntlich eigentlich nichts zu entscheiden, er hat im wesentlichen nur ein Vorschlagsrecht. Wenn er nun einen Vorschlag gemacht hat, wo geht dieser dann hin? Zunächst an die sogenannte technische Direktion. Diese besteht aus Leuten, welche sachverständig sind und solchen, welche es nicht sind.

Ich werde Ihnen jetzt den Beweis führen, daß weder die eine noch die andere Kategorie in der Lage ist, das auszuführen, was sie ausführen soll. Von der letzteren ist dies nicht schwierig zu zeigen; wer diejenigen Glieder dieser technischen Kommission kennt, die sonst dem Museum nicht angehören, wird zugeben müssen, daß sie, um es milde auszudrücken, nur durch ein Versehen in diese Stellung geraten sein können, daß sie von keiner der Abteilungen im Museum etwas genauer verstehen, daß sie nicht dahin gehören. Dann hat man einige Abteilungsdirektoren in diese technische Direktion hineingesetzt, die aber vielleicht noch weniger als Sachverständige an ihrem Platze sind. Natürlich, wo ihre eigene Abteilung in Frage kommt, sind sie ohne Zweifel sachverständig, aber sie können doch nicht sich selber kontrollieren. Die Kontrolle eines sachverständigen Abteilungsdirektors kann nur durch andere Sachverständige desselben Faches herbeigeführt werden. Das richtet sich namentlich auch gegen den Vorschlag, den jetzt die Budgetkommission gemacht hat, die Kontrolle der Sachverständigen durch die Abteilungsdirektoren in gremio herbeizuführen. Wenn für das ethnologische Museum gekauft werden soll, sind es die Vorsteher des Münzkabinetts oder der ägyptischen Abteilung, die vorzugsweise etwas von Ethnologie verstehen? Ich glaube kaum, daß der Herr Referent diese Frage zu bejahen geneigt ist.

Was wir also haben müßten, wären Specialkommissionen für die einzelnen Fächer, wie sie z. B. bei der Nationalgalerie eingerichtet sind. Soweit man Garantien braucht, muß man sie nach dieser Seite hin suchen, aber nicht in der Weise, daß Sie einige Personen in diese technische Kommission hineinsetzen, welche von den Dingen überhaupt nichts verstehen, und andere, welche nur ihre specielle Abteilung kennen und natürlich schon wegen ihres besonderen Interesses für diese als Kontrolle für die anderen Abteilungen nicht wohl verwendet werden können.

Diese technische Kommission ist es nun eigentlich, welche nach der Theorie, nach dem Statut über die wichtigsten Ankäufe entscheiden sollte. Ob sie wirklich darüber entscheidet, lasse ich dahingestellt sein; ob die Praxis des Museums sich nicht von der Theorie in diesem Punkte sehr wesentlich unterscheidet, ist eine Untersuchung, welche hier nicht angestellt werden kann.

Hat nun diese technische Kommission begutachtet, dann geht die Sache weiter an den Generaldirektor. Man sagt, es soll kein technischer Direktor sein. Ja, meine Herren, Sie stellen ihn auf der einen Seite über die Abteilungsdirektoren, auf der anderen Seite unter das Ministerium, dem er doch als Generaldirektor der Museen gegenübertreten muß und zu diesem Zweck ausgewählt wird. Wie ist es da zu vermeiden, daß er ein gewisses technisches Urteil sich beilegen muß? er kann gar nicht anders; für eine wirklich unparteiische Oberleitung, eine wirklich unbefangene, allen Abteilungen gleich gegenüberstehende Centraldirektion, steht der Generaldirektor der technischen Behandlung der Angelegenheiten zu nahe.

Von der Generaldirektion geht dann die Sache – wie soll ich es nennen – an die Obergeneraldirektion, an den sogenannten Protektor. Sie wissen, daß man Seine Kaiserliche Hoheit den Kronprinzen in diese Stellung hineingezogen hat. Wie wenig sie geeignet ist, dafür ist wohl der beste Beweis, daß, wenn man über diese Angelegenheit sprechen will, man es nicht tun kann, ohne den Namen des erlauchten Herrn in einer solchen Debatte zu erwähnen. Ich will dabei nicht verweilen. Alsdann wenn diese vier Instanzen nun gesprochen haben, geht die Angelegenheit in die fünfte, an das Ministerium und wird dort schließlich erledigt. Bei wichtigen Einkäufen wird demnach also verfahren: Abteilungsdirektor, technische Kommission, Generaldirektion, Protektor und sodann schließlich das Ministerium, welches dann eventuell die Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers einholt.

Nun, meine Herren, alle diese fünf Instanzen haben die Macht zu schaden, sie können ja alle nein sagen. Bleibt nun aber einem noch die Macht zu nützen, zu schaffen und einzutreten, wo es nötig ist? Ich weiß nicht; ich muß sagen, ich bedaure jeden Mann, der in diesem Getriebe sich befindet oder in dasselbe hineinkommt. Ich habe es schon oft erlebt, – ich habe längere Zeit den Dingen zugesehen – daß Männer mit dem besten reinsten Willen von auswärts in diese unselige Maschine hineintreten, und kaum sind sechs Monate ins Land gegangen, so hat sich dieselbe Erbitterung, dieselbe Verwirrung möchte ich sagen, dieser Krieg aller gegen alle, wie er mit Recht bezeichnet worden ist, auch dieses Mannes bemächtigt. Es ist keiner, der dieser Maschine zu widerstehen im stande ist.

Man muß in der Tat sagen, meine Herren, wenn unter solchen Bedingungen der Erwerb der Suermondtschen Sammlung noch gelungen ist, wenn die brillante Erwerbung der großen Münzkabinette von Prokesch und General Fox erfolgt ist, von der soeben die Rede gewesen ist, so ist wirklich das Mögliche geleistet und es hat sich wieder der gute alte Glaube an das deutsche Volk bewährt, bei dem, mag es noch so verkehrt regiert und administriert werden, doch immer noch das Rechte in gewisser Weise durchschlägt. Aber freilich, was in dieser Hinsicht gelungen ist, meine Herren, das erfahren wir alle; was aber Schlimmes und Verfehltes aus dieser verwirrten Verwaltung hervorgeht, erfährt glücklicherweise niemand. Man würde es nicht ertragen. Wenn man nachrechnen könnte, was während dieser unseligen Verwaltungsordnung Schaden gestiftet ist, welche positiven pekuniären und moralischen Nachteile uns zugefügt worden sind, bloß dadurch, daß das Generaldirektorium der Königlichen Museen mit seiner Korrespondenz in einer Weise im Rückstände ist, wie das selbst unter Privaten sonst nicht vorkommt, so würde das allein ausreichen, um eine Reform schlechthin notwendig zu machen. Man muß aber wieder zur Entschuldigung der Generaldirektion sagen, daß allerdings bei einem solchen Geschäftsgang eine expedite Geschäftskorrespondenz eine Aufgabe ist, die ein unglaubliches Talent voraussetzt.

Meine Herren, das sind die Fehler der Institution. Natürlich sind sie kombiniert mit den Fehlern der Personen. Bei diesen zu verweilen aber erscheint mir den obwaltenden Verhältnissen gegenüber nicht am Ort.

Meine Herren, wenn dies die Organisation ist, ist es da ein Wunder, daß das Resultat dieser Organisation die Desorganisation der ganzen Einrichtung ist? Man sagt: wer den Wind säet, der wird den Sturm ernten, wer so anarchisch organisiert, schafft damit den Ressortkrieg und vereitelt die Zwecke der Anstalt durch die eigene Friktion der Institutionen.

Meine Herren, diesen Dingen stand nun auch Ihre Budgetkommission gegenüber und sie hat ihre Vorschläge gemacht. Ich hätte im einzelnen manches gegen diese Vorschläge einzuwenden. Ich finde es vollkommen angemessen, daß den Abteilungsdirektoren eine gewisse Summe zur Disposition gestellt wird, aber nur da, wo sie auch in der Lage sind laufende Ankäufe zu machen. Diejenigen Abteilungsdirektoren, bei denen dies nicht der Fall ist, zum Beispiel der Direktor der Bildergalerie, würden kaum im stande sein, mit einem derartigen Fonds etwas Rechtes anzufangen. Über das Zusammentreten aller Abteilungsdirektoren, wodurch die Budgetkommission nach meiner Meinung mit Unrecht meint den sachverständigen Beirat ersetzen zu können, habe ich mich bereits früher ausgesprochen. Den Vorschlag, daß die Provisorien bald möglichst aufgehoben werden, eignen wir alle uns gern an. Aber dennoch, meine Herren, werde ich gegen diese Resolutionen stimmen und will Ihnen erklären, warum. Diese Resolutionen sind mir zu schwach. Wenn jemand aus zehn Wunden blutet und Sie kommen mit einem Pflaster und legen es auf eine Schramme, die er an seinem Finger hat, so ist das vielleicht auch eine humane Handlung, aber eine rationelle nicht, und so ungefähr kommen mir diese Vorschläge vor. Was nützt es, ob man in diesem Augenblicke unter diesen Verhältnissen einige administrative Übelstände beseitigt, ob man einige Provisoria zu Definitiva macht, ob man einigen Abteilungsdirektoren etwas Schreiberei erspart, – das sind recht wünschenswerte Dinge, aber sie entsprechen der Gravität der Situation nicht. Nein, meine Herren, ich glaube nicht, daß das hohe Haus in der Lage ist, die Dinge zu bessern, aber wo wir nicht bessern können, wo wir auf die Wunden kein wirkliches Pflaster legen können, da ist es auch nicht unsere Aufgabe, Schönpflästerchen aufzulegen und die Dinge manchem, der sich täuschen lassen will, besser erscheinen zu lassen, als sie sind.

Es muß dafür gesorgt werden, eine Einrichtung zu treffen, wodurch die beiden notwendigen Zwecke, die Centralisierung der Fonds einerseits und die Verwendung derselben durch sachverständige Männer andererseits, nebeneinander erreicht werden können. Also, meine Herren, schlagen Sie alle diese unseligen Zwischenstellen, die bestehen, heraus, – keine technische Kommission, keine Generaldirektion. Geben wir dem hohen Protektor der Königlichen Museen die wirkliche Protektion zurück, die er auszuüben berufen ist, aber machen wir ihn nicht zu einem Verwaltungsbeamten, der doch wieder keiner ist, beseitigen wir die falschen Zwischenstufen und halten wir fest an den beiden Enden der Einrichtung, die die allein vernünftigen sind; geben Sie die Centralisierung dem Ministerium, wohin sie gehört, und lassen Sie die richtig gestellten Abteilungsdirektoren das Technische besorgen. Stellen Sie die Abteilungsdirektoren direkt unter das Ministerium, dann kommen wir zu dem, was wir brauchen. Mehr aber als diese – wenn Sie wollen – frommen Wünsche auszusprechen, ist das hohe Haus nicht in der Lage, und, wie gesagt, wo Sie nicht heilen können, da pflastern Sie nicht.


Ehe ich Ihnen die kurzen Bemerkungen vortrage, wozu mir der Etat Veranlassung gibt, möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine Veränderung richten, die in der Verwaltung der Königlichen Museen kürzlich vorgegangen ist, welche zwar den Etat nicht berührt und insofern auch dem hohen Hause nicht vorgelegt ist, welche aber dennoch von einschneidender Wichtigkeit ist, und die hier in Erörterung zu bringen ich mich um so mehr verpflichtet fühle, weil ich vor einigen Jahren in der Lage gewesen bin, auf die großen Mißstände in dieser Verwaltung hinzuweisen, und weil es mir daher als eine Verpflichtung erscheint, die Besserung, die auf diesem Gebiete eingetreten ist, auch hier zu bezeichnen. Ich meine das Reglement, welches kürzlich über die Stellung der Abteilungsdirektoren und über die Verwendung der sachlichen Fonds bei den Königlichen Museen zu Berlin ergangen ist. Wir beschwerten uns damals darüber, daß in den Museen eine diktatorische Einrichtung bestände, welche alle Beschlußnahmen in der Hand einer einzigen Person vereinigte, die selbstverständlich nicht in der Lage sein konnte, über die einzelnen Fragen aus sachlichen Gründen zu entscheiden, welche weiter zur Folge hatte, daß jede prompte Erledigung einer Angelegenheit unmöglich wurde, gerade bei diesen Ankäufen ein äußerst tief empfundener Mißstand war und welche endlich den Abteilungsdirektoren eine unselbständige und solcher Männer durchaus unwürdige Stellung zuwies. Ich freue mich, anerkennen zu können, daß dieses neue Reglement nach allen Seiten hin Abhülfe geschaffen hat, und daß damit das erfüllt worden ist, was wir damals wünschten. Es ist vor allen Dingen durch eine verständige Teilung der Fonds dafür gesorgt, daß der einzelne Abteilungsdirektor in der Lage ist, dringende Sachen sofort zu erledigen und in einem nicht unbeträchtlichen Umfange selbständig vorzugehen. Es ist ferner dafür gesorgt, was auch von großer Wichtigkeit ist, daß die museale Einrichtung aufrecht erhalten worden ist, indem der Generalversammlung und der Direktorenkonferenz der Vereinigung der Abteilungsdirektoren eine wesentliche Mitwirkung bei der allgemeinen Verwaltung der Museen zugewiesen ist. Es ist endlich im hohen Grade anzuerkennen, daß das Ministerium diese Gelegenheit nicht benutzt hat, wie es nahe lag, um seine notwendige Ingerenz zu steigern, sondern daß es nach wie vor sich auf die Stellung beschränkt hat, die ihm rechtmäßig zukommt, nämlich auf die kontrollierende und allgemein überwachende Tätigkeit.

Wenn ich mich weiter dazu wende, meine Herren, Ihnen einige Bemerkungen über diesen Titel des Etats vorzulegen, so bedaure ich hier die Klagen nicht unterdrücken zu können. Ich möchte zunächst – ich glaube, es darf dies in diesem Hause nicht unbesprochen hingehen – darauf hinweisen, daß hier der traurige Fall vorliegt, daß für unsere Museen der Erwerbungsfonds um die nicht ganz unbeträchtliche Summe von 15 000 Mark herabgesetzt ist. Wir kennen ja die Finanzlage alle, und auch wir Vertreter der Kunst und Wissenschaft wissen es sehr wohl, daß wir unsern Teil davon mithinnehmen müssen. Wir haben es mit lebhaftem Dank empfunden, daß in den guten Tagen uns ein sehr reichlicher Teil zugeschieden worden ist; wir haben es nicht vergessen, daß dieses hohe Haus in Vereinigung mit der Regierung damals alles getan hat, was irgend möglich war, um die lange vernachlässigten Zwecke der Kunst und Wissenschaft nach Kräften zu fördern. Wir werden unsern Dank Ihnen dadurch vor allem ausdrücken, daß wir jetzt unter anderen Verhältnissen Sie nicht mit überflüssigen Klagen belästigen und die Wünsche, die wir natürlich im reichen Maße haben, soweit es irgend möglich ist, unterdrücken. Aber, meine Herren, sind wir wirklich so weit gekommen, daß wir nicht bloß nicht vorwärts gehen können, welches doch immer auch ein Rückschreiten ist, sondern daß wir in der Tat direkt zurückschreiten müssen, daß wir unseren Erwerbungsfonds für die Königlichen Museen, der mäßig bemessen ist und der sich bisher auf 325 000 Mark belief, jetzt um einen nicht unbeträchtlichen Bruchteil herabsetzen müssen, um sachliche Bedürfnisse, deren Notwendigkeit und Dringlichkeit ich an sich nicht verkenne, zu befriedigen? Ich glaube, meine Herren, der Gewinn dieser kleinen Summe wird schwer erkauft werden durch das Armutszeugnis, welches wir uns damit vor ganz Europa ausstellen; denn dies ist eine Ziffer, welche nicht bloß in Deutschland, sondern weit über die deutschen Grenzen hinaus beachtet wird, und an der man im Ausland unseren jetzigen Kulturzustand mit einigem Rechte mißt. Ich muß ferner bemerken, meine Herren, daß dies ein großes Unheil ist, daß wir es aber ertragen würden, wenn wenigstens die iustitia distributiva eingehalten worden wäre. Das ist aber nicht der Fall. Dieselben Tatsachen haben sich herausgestellt bei der Nationalgalerie, auch da hat eine Vermehrung der sachlichen Fonds erfolgen müssen. Wenn ich den Etat in Betreff des Gewerbemuseums richtig verstehe, so liegt die Sache ganz in gleicher Weise, auch hier haben sich Bedürfnisse geltend gemacht, aber dort wie hier sind Vermehrungssummen eingestellt worden; dort wie hier hat man aber an den Erwerbungsfonds nicht gerührt, nur allein an den Königlichen Museen ist davon abgezwackt worden. Meine Herren, wenn eine Familie die jüngeren Kinder bevorzugt, so schüttelt der weise Mann den Kopf, aber er findet es begreiflich, daß Vater und Mutter den älteren nicht die volle Gleichberechtigung zu teil werden lassen. Wenn aber die Königliche Staatsregierung nach diesen Grundsätzen verfährt und die neueren Anstalten auf Kosten der altbegründeten begünstigt, dann muß ich bemerken, daß dies nicht zur Hebung des Enthusiasmus beitragen kann, ohne welchen man nicht Musealbeamter, vor allem nicht Abteilungsdirektor sein kann, und daß die Freudigkeit den Herren stark verdorben wird, mehr, als es diese Summe wert ist. Ich will an diese Betrachtungen keinen Antrag knüpfen, ich will nicht sagen, daß in dieser Hinsicht in dem Etat geändert werden soll, aber ich will den lebhaften Wunsch daran knüpfen, daß es in Erfüllung gehen möge, was bereits in der Note verheißen ist, daß die Summe in Ermangelung allgemeiner Deckungsmittel bei den allgemeinen Staatsfonds einstweilen hier abgesetzt worden ist. Einstweilen, meine Herren! Wir dürfen vielleicht sagen, einmal ist keinmal; also lassen Sie diese Verkürzung in dem nächsten Etat nicht wieder erscheinen.

Ich habe dann, meine Herren, hier noch eine zweite Bemerkung vorzutragen, welche sich nicht auf einen neuen Übelstand bezieht, sondern auf einen alten, ich meine die Stellung, die durch den Etat den zehn Assistenten des Museums angewiesen ist, welche, wie Sie sehen, dotiert sind, ein jeder mit 2400 Mark mit Ausnahme eines Unglücklichen, der nur 1800 Mark erhält, ich weiß nicht, warum; ich weiß auch nicht, wie er heißt. Meine Herren, werfen Sie doch einen Blick auf die Stellung dieser Musealassistenten. Das sind die Männer, denen die Verwaltung des Münzkabinetts, des Antikenkabinetts, der Statuensammlung zum größten Teil anvertraut ist, denn der einzige Direktor kann diese Geschäfte nicht bezwingen. Es ist auch sehr bekannt, daß die Einrichtung der Sammlungen, die Katalogisierung, die Ankäufe größtenteils in der Hand dieser Assistenten liegen, und notwendig liegen müssen. Was wird ferner von einem solchen Assistenten gefordert? Dasselbe, was Sie von einem ordentlichen Professor an einer Landesuniversität fordern, es müssen das alles Gelehrte sein, nicht gerade Gelehrte ersten Ranges, wie das auch bei den Professoren nicht erforderlich ist, aber Gelehrte, die ihrer Aufgabe völlig und ganz gewachsen sind. Die Nutzbarmachung der Sammlung besteht in der Publikation, und es ist nicht die amtliche, aber die sittliche Pflicht eines jeden tüchtigen Assistenten für die Veröffentlichung der ihm anvertrauten Schätze Sorge zu tragen. Von diesen Herren fordern Sie in wissenschaftlicher Beziehung also dies, dann fordern Sie aber weiter von ihnen, was von einem ordentlichen öffentlichen Professor glücklicherweise nicht gefordert wird, daß er ein ordentlicher Verwaltungsbeamter sei. Er soll die strengste Ordnung halten auf einem Gebiet, wo dies sehr schwer ist. Er ist ferner eine Vertrauensperson im höchsten Sinne des Wortes. Bedenken Sie, welche Schätze in den Händen eines solchen Mannes sich befinden. Meine Herren, ich erinnere ungern daran, aber ganz verschweigen will ich es nicht, denken Sie an Florenz, an die Erfahrung, die die italienische Regierung mit ihrer Musealverwaltung gemacht hat, und wer die Zustände einigermaßen dort kennt, wird nicht widersprechen, wenn ich sage, die nichtswürdige Besoldung dieser Beamten ist zum Teil mit schuld an den furchtbaren Übelständen, die dort eingerissen sind. Quod absit! ich verfolge dies nicht weiter.

Bei diesen Forderungen, welche Sie an diese Männer stellen, was gewähren Sie dafür? 2400 Mark. Zwar betrachtet man die Stellungen als Anfangsstellungen, aber das ist durchaus nicht richtig. Diese Stellungen gehören zu denen, von denen aus das Avancement besonders schwer ist; die Assistenten können kaum in andere Stellungen eintreten als in die der Abteilungsdirektoren und diese ist derart, daß es nicht selten ganz notwendig ist dafür bedeutende Specialisten neu zu berufen. Die Regierung ist keineswegs zu tadeln, vielmehr tut sie nur ihre Schuldigkeit, wenn sie auf diesem Gebiete die Regeln des Avancements nicht aufkommen läßt, sondern sich hinsichtlich der Anstellung der Abteilungsdirektoren vollkommen freie Hand vorbehält. Darum also ist diese Stellung der Assistenten keineswegs eine Anfänger-, sondern eine Lebensstellung; und sehen Sie sich die Männer an, so werden Sie bestätigt finden, wie lange Jahre sie in dieser Stellung verbleiben müssen. Und dann diese Gagierung! Ich habe erst gesagt, wir wollen jetzt alle unsere Wünsche zurückhalten, soweit es irgend möglich ist, aber selbst bei dieser Finanzlage kann ich nicht zurückhalten, daß für diese Abteilungsassistenten endlich etwas geschehen müsse. Ich habe lange gehofft, daß die Regierung die Initiative ergreifen würde, um hier zu helfen; da es aber bisher nicht geschehen ist, so mag wenigstens ein Wort in diesem Sinne gesagt werden.

Ich schließe damit, meine Herren, daß auch auf diesem Gebiete die iustitia distributiva keineswegs innegehalten ist. Vergleichen Sie einmal, meine Herren, auf derselben Seite finden Sie den Etat der Königlichen Bibliothek, da haben Sie die Stellung des Kustoden, die man hiermit in Parallele bringen kann, da ist das Minimum 3000 Mark bis 6000 Mark, der Durchschnitt ist 4500 Mark. Ich sage nicht entfernt, daß diese Besoldung eine zu hohe ist, ich hoffe, nicht in diesem Sinne mißverstanden zu werden; aber daß die Forderungen an einen Musealassistenten notwendigerweise viel höher sind als die an einen Bibliothekskustos, das steht über allem Zweifel fest, und dennoch wird er um so viel schlechter besoldet.

Ja, Sie können noch weiter gehen, was ich hier vorbringe, bestätigt geradezu mit dürren Worten der Etat selbst. Bei dem Gewerbemuseum ist der Auseinandersetzung in unserem Etat hinzugefügt: Da für 2400 Mark an dem Gewerbemuseum es nicht möglich gewesen ist, einen geeigneten Assistenten zu finden, so wird vorgeschlagen, diese Stelle auf 3000 Mark zu erhöhen, um 600 Mark. Da haben Sie also die Erklärung, daß im Gewerbemuseum ein solcher Kustos nicht gefunden werden kann für diesen Preis. Wollen Sie die Rechnung darauf stellen, daß man auf dem Gebiete des Museums mehr opferwillige Leute, mehr enthusiastische Leute findet, die Lust haben, eigentlich umsonst zu arbeiten? Ich fürchte, die Rechnung möge nicht richtig sein, und vor allen Dingen ist sie des preußischen Staates nicht würdig.

Ich habe, wie gesagt, nicht die Absicht, Anträge zu stellen, aber ich möchte diese Beschwerden hier vorbringen mit der Hoffnung, daß in baldiger Zeit hier jemand wird auftreten können und sagen, diese Beschwerden, die damals geführt worden sind, bestehen jetzt nicht mehr.



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