Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

56. Kapitel

Im selben Stockwerk gegenüber den Riesenschlangen war neben anderen ein Terrarium, in dem kleine tropische Frösche gehalten wurden. Es waren sogenannte Färberfrösche. Sie waren schwarz und türkisgrün gefleckt und sehr schön. In der Größe kamen sie unserem Laubfrosch nahe, nur waren sie schlanker. Die Färberfrösche machten viel Aufsehen beim Publikum, doch waren noch andere Frösche da, die infolge ihrer Winzigkeit übersehen wurden. Sie wurden in recht kleinen Gläsern gehalten, denn sie selbst waren nicht länger als eineinhalb Zentimeter. Drei von ihnen hätten in einem Fingerhut Platz gehabt.

Es gab verschiedene Arten, alle waren entzückend in Farbe und Zeichnung. Besonders einer war ein kleines Wunder an Schönheit. In reizvoller Verteilung wechselten Schwarz, Smaragdgrün und Gold auf Kopf und Rücken.

Der Lebensraum dieser kleinen Juwelen ist absonderlich. Sie leben in ihrer tropischen Heimat hoch über der Erde in den Palmen. Niemals klettern sie am Stamm herab oder hinauf. Da wo die Palmenblätter am Stamm angewachsen sind, bilden sich durch die großen Regengüsse Wasserbehälter. In diesen Miniaturteichen laichen die Fröschchen, entwickeln sich aus den Eiern die Kaulquappen und aus diesen die Frösche, die dann in den Wipfeln der Baumriesen ihr Leben leben und kleinste Insekten fangen, bis der Paarungstrieb sie an den durch die Stiele der Palmenblätter gebildeten Wasserbehältern wieder versammelt.

Unmittelbar gegenüber diesen Zwergen sind die mehrere Pfund schweren Ochsenfrösche untergebracht. Das Gebrüll, das der eine oder andere zeitweise hören läßt, dröhnt durch das ganze Haus. Braun sah einmal, wie der Wärter, der den Ochsenfroschbehälter säubern wollte, von einem der Riesenfrösche angenommen wurde. Der Mann hatte kaum die Tür aufgemacht, als ihm auch schon einer der mächtigen braunen Gesellen mit großer Kraft und Schnelligkeit an die Brust sprang. Der Wärter bekam einen Schreck, schlug den Frosch zurück, wozu er den Besen benutzte, und blickte auf seine Arbeit nur mit einem Auge, mit dem anderen bewachte er den angriffslustigen Ochsenfrosch. Nicht ganz so groß, doch immerhin eineinhalb bis zwei Pfund schwer, sind die Hornfrösche. Sie sind grün, braun und rötlich gezeichnet, ihre Haut ist wie ein alter ziselierter Bronzeguß, und über den Augen haben sie hornartige Auswüchse. Mit ihren kräftigen Hinterbeinen vermögen sie sich sehr schnell einzugraben, so daß sie nur noch ganz wenig aus der moorigen Erde heraussehen. So liegen sie auf der Lauer, bis eine Maus, ein Frosch oder ein Vogel dicht an ihnen vorbeikommt. Dann schnellen sie ihre Zunge hervor und schnappen mit ihrem ungeheuren Maul das Opfer.

In derselben Abteilung, nur im anderen Flügel, hat die weiße Weichschildkröte ihr Bassin. Sie stammt aus Birma. Die Eingeborenen halten sie heilig, denn die weißen Exemplare sind sehr selten, die Art an sich ist grau. Die Weichschildkröte hat ein flaches, lederartiges Schild, das biegsam ist. Diese Schildkröte schwimmt vorzüglich. Die Händler aller Nationalitäten sind sehr auf die weißen Exemplare erpicht, nur kommen diese Albinos äußerst selten in den Handel, da die Eingeborenen jeden totschlagen, der sich an einem der heiligen Tiere vergreift.

Es sind vor allem Chinesen, die es unternehmen, an den dafür in Frage kommenden Flüssen den seltenen Tieren nachzustellen.

Es erfordert viel langwierige Vorarbeit, den Standort einer weißen Weichschildkröte auszumachen. Mondhelle Nächte, stundenlanges Liegen auf der Erde, unter den Büschen und Pflanzen ist nötig. Dabei droht immer die Gefahr, einen Speer in den Rücken gejagt zu bekommen. Wenn dann endlich mit Hilfe einer hakenbewehrten Schnur oder eines Netzes das Tier in den Besitz des Chinesen gelangt, muß es fortgeschafft werden, nicht nur aus dem Ort, nein, aus dem Lande. Jeden Tag aufs neue droht Entdeckung und Tod, wochenlang. Wenn die weiße Schildkröte auch vier- oder fünfmal so teuer ist wie die graue und sicherlich nicht unter 1000 bis 1500 Mark zu haben ist – es ist sauer verdientes Geld.

Das Exemplar im Aquarium war etwa vierzig Zentimeter lang. Weiß und unschuldig schwamm es in seinem Becken herum, und man konnte ihm die Erlebnisse, die es hinter sich haben mochte, nicht ansehen.


 << zurück weiter >>