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24. Kapitel

Jochen bezog sein erstes »Atelier«. Atelier war allerdings ein kühnes Wort. Es war ein kleines Zimmer mit Oberlicht, jedoch mit sehr wenig. Der Raum lag fünf Treppen hoch, die Tür ging auf das Treppenhaus, und es war in jeder Hinsicht mehr als primitiv. Aber Jochen, der bei seinen Eltern in einer großen, komfortablen Wohnung gelebt hatte, fühlte sich im Himmel. Das Gefühl der Ungebundenheit war ihm wie den meisten jungen Leuten mehr wert als alle Bequemlichkeit. Zwar änderte sich nicht viel in seinen Lebensgewohnheiten. Er ging auf die Schriftleitungen der Zeitungen und Zeitschriften, um seine Zeichnungen anzubieten, war für die jungen Mädchen begeistert, fuhr mit seinem Rennrad in den Wald und an die Seen, und vor allem ging er nach wie vor in den Zoo. Dort war, auch wenn man nicht zeichnete, immer irgend etwas los.

So hatte er vor einiger Zeit Gelegenheit, einer Ratten- und Terrierschlacht beizuwohnen.

Hinter dem Bärenzwinger war ein Platz, der dem Publikum nicht zugänglich war. Dort standen unter Büschen und Bäumen große Transportkäfige, Kisten und allerlei Gerät. Da hatten die Ratten sehr gute Schlupfwinkel gefunden.

Zwei Wärter hatten sich mit drei Foxterriern diese Brutstätte der eklen und schädlichen Nager vorgenommen.

Der eine der Männer rückte die Kisten und Käfige von der Stelle, der andere dirigierte die Terrier. Ganz Spannung standen die schnittigen, kleinen Hunde und warteten. Da schossen zwei Ratten zugleich hervor. Aber so schnell sie auch flitzten, die Terrier hatten sie, ehe die häßlichen Langschwänze zehn Meter weit gekommen waren.

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Der Foxterrier würgt die Ratte

Ein scharfes Quietschen und Kreischen der Ratten, wütendes Knurren und unterdrücktes Bellen der Hunde, und unmittelbar darauf das unbarmherzige Schütteln, das beide Ratten schnell erledigte. Inzwischen hatte auch der dritte Terrier eine Ratte gewürgt, die nicht weit gekommen war, und die – erst halbwüchsig – wenig Arbeit machte.

Und schon huschte wieder eine unter einem der Käfige hervor. Die Glatthaarhündin – die anderen beiden waren rauhhaarig – sauste hinterher, griff zu, packte aber zu weit hinten. Die Ratte fuhr mit schmerzlichem Kreischen herum und verbiß sich in die Lefzen der Hündin.

Die klagte laut, aber ließ nicht los. Da schoß auch schon der junge Rüde heran. Er faßte die Ratte dicht oben am Kopf, und sofort gingen ihre Kiefer auseinander, und sie verendete rasch. Sechzehn Ratten erledigten die Hunde in einer Viertelstunde. Die drei schneidigen Würger wollten auch dann noch nicht glauben, daß Schluß sei. Sie fuhren wie elektrisiert hin und her. In der für edle Terrier so typischen wippenden und federnden Art sprangen sie noch von einem Schlupfloch zum anderen, damit ihnen nicht etwa eine Ratte entwischte.

Die Direktion des Zoo hat es immer sehr bedauert, daß man nicht allen Aufenthaltsorten der Ratten mit Hunden beikommen kann. Gift verbietet sich wegen der Verschleppungsgefahr in jedem Tierpark, Gas aus ähnlichen Gründen. So werden die Ratten wohl immer eine Plage für alle Zoologischen Gärten bleiben, der man mit Hunden, Teschings und Fallen ständig zu Leibe gehen muß.


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