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5. Kapitel

Als in diesem Jahr der Frühling kam, wurde auch der Zoo allmählich wieder lebendiger. Jochen und sein Freund Heinz machten alle paar Wochen eine Entdeckung. Entweder war ein Gnu oder eine Antilope eingetroffen, oder man sah endlich wieder einen Leoparden.

Dieser Heinz war ein kleiner Rotkopf mit dem Gesicht eines Skeptikers. Er war mit seinem vierkantigen Schädel, dem schnellen, kurzen Schritt und der etwas gebückten Haltung so etwas wie ein Professor im Kindesalter.

Wenn Jochen eine zoologische Frage stellte, die Heinz überholt vorkam, so sagte er wohl: »Du hast Hagenbeck sehr unaufmerksam gelesen« – oder: »Schlage nach, Schillings, Mit Blitzlicht und Büchse, Seite 211.«

Eine Zeitlang führten die beiden über jedes neu angekommene und jedes im Garten geborene Tier Buch. Auch versahen sie sie mit Namen. Dann aber wurde Jochen ein dreifarbiges Kurzhaarmeerschweinchen geschenkt, und ihn packte die unwiderstehliche Lust, eine Zucht aufzuziehen.

Allein die Mama war dagegen.

Zwar war das Geschenk ein Weibchen, doch den dazugehörigen Bock durfte sich Jochen nicht beschaffen. Papa suchte ja seinen Einfluß zugunsten des Sohnes geltend zu machen, aber er drang nicht durch. Da nun keine Entfaltungsmöglichkeit gegeben war, erlosch das Feuer der Begeisterung nach ungefähr sechs Wochen.

Doch eines Morgens, als Jochen nur eben schnell Futter in die Behausung seines Tieres werfen wollte, um bald in den Zoo zu kommen – da erstarrte er. Nicht zwei, sondern sechs schwarze Augen blickten ihn an.

Das Meerschweinchen hatte zwei Junge gesetzt. Junge Meerschweinchen laufen im Alter von zwei Stunden, sind bei der Geburt voll behaart, gefärbt und sehend. Die Freude war gewaltig. Die Mama, gerührt vom Liebreiz der Kleinen, gab sich geschlagen, und Papa half, den Stall zu erweitern.


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