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Grillen.

Sitzt am schönen Sommertage
Unter schattig kühlem Grase
Eine Grille; stimmt die Saiten,
Daß in diesen holden Zeiten
Sie ein Liebchen sich erblase
Mit gereimter Liebesklage.

Streicht den Flügel, ihren Bogen,
Leicht und hurtig auf und nieder;
Und melodisch tönt die Geige:
»Neige, du Verborgne, neige
Dein Gehör in meine Lieder,
Und dem Sänger sei gewogen!

Düster ist es in der Erde;
Mich umrauschen schlanke Palmen.
Laß zu süßem Spiel dich freien,
Wonnig lebt es sich zu zweien!
Nie wird uns ein Feind zermalmen,
Doppelt stark am eignen Herde.«

Sanften Herzens war die Grille,
Einte sich dem treuen Singer.
Aber bald beim Blumenlesen
Griff der Tod die zarten Wesen:
Abend wird's, ihr kleinen Dinger,
Kommt mit mir und schweigt nun stille.

»Müssen wir den schon verderben?«
Zirpt vergehend noch der Kleine.
»Ach was hat uns auch getrieben,
Unbedachtsam uns zu lieben?
Wahn, den ich zu spät beweine!
Unser Lieben war das Sterben!«

Aber mild im Weiterschweben
Sprach der Tod: Wenn in den Auen
Jene Perlen, eure Eier,
Wachen aus zur Frühlingsfeier,
Könntet ihr erkennend schauen:
Euer Lieben war das Leben!

*


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