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Peter der Große.

Peter stand, der junge Czar,
An Britanniens Meeresküste;
Sprach: Daß ich dich wie ein Aar,
Meer, zu überfliegen wüßte!
Daß ich von den Fischen lernte,
Wie die Welle sich erträgt,
Und sie mich, vom Wind bewegt,
Eilig länderweit entfernte!

Wogt mir nicht die Brust wie dir,
Drängt allmächtig weit und weiter?
Doch die Kette hängt an mir,
Aller Sterblichen Begleiter.
Sei er Bauer oder König,
Bleibt er, ob auch unverwandt
Seine Sehnsucht Flügel spannt,
Engen Schranken unterthänig.

Dieses Aug', das stolz ihm glüht,
Hat noch nicht ein Blatt durchdrungen;
Und enthüllt sich ihm der Süd,
Ward der Nord nicht einbedungen.
Und sein Geist, der Herrenrechte
Mit Triumph dem Thier beweist,
Bald begrenzt und dennoch dreist,
Macht der Sorge ihn zum Knechte.

Tausend Räthsel wandeln hin
In den ew'gen Sternen droben;
Eines Wunders Trägerin
Kriecht die Raupe, schnell zerstoben.
Zu unsäglicher Beschwerde
Dringen stets aus Flur und Hain
Stürmisch ernste Fragen ein
Auf das arme Kind der Erde.

Kaum wird je sein Durst gestillt,
Arm bleibt es und unerfahren;
Ob es Überfluß umschwillt,
Lernt es doch ein herbes Sparen.
Nichts verthan und nichts verschwendet:
Neigung, Arbeit, Zeit und Kraft!
Endlos ist die Wissenschaft,
Und das Leben früh beendet.

Wen'ges beut Gelegenheit,
Vieles bleibt uns stets verschlossen;
Und dem Nimmer angereiht
Ist, was dann wir nicht genossen.
Über einen winz'gen Falter
Sitzt der Kund'ge tiefgebückt,
Prüft und sondert und zerpflückt
Und verbraucht ein Menschenalter.

Um der Musen süße Gunst
Mühen tausend sich vergebens;
Ach, und unvollkommne Kunst
Ist der Auftrag ihres Lebens,
Wie des Körpers Qual zu mindern,
Lauscht ihm der Gelehrte ab,
Sinkt mit vielen jäh ins Grab,
Eh' er einem sie mag lindern.

In der Berge tiefem Schacht
Möcht' ich das Gestein bezwingen
Und als Führer in der Schlacht
Nach dem blut'gen Lorbeer ringen.
Flink zu drehn die Töpferscheibe,
Dünkt mich meines Fleißes werth;
Und des Schiffs gewalt'gem Leibe
Hab' ich sichern Gang gelehrt.

Doch im Weiterstreben dehnt
Größer stets sich das Entfernte;
Endlos wird was ich ersehnt,
Und geringer das Erlernte.
Wie die zu den Bergen fahren,
Aufwärts schreitend unverrückt,
Jeden Augenblick entzückt
Eine weit're Welt gewahren.

Nichts eröffnet mir das Thor
Zu verflossnen schönen Zeiten;
Schon der erste Mensch verlor
Endlose Vergangenheiten.
Über unserm Staube sprossen
Neue Lebenswonnen auf, –
Zukunft flieht im ew'gen Lauf
Vor der Gegenwart Genossen.

Wohl mir daß ich Herrscher bin!
In Millionen kann ich gießen
Meinen nimmersatten Sinn
Und vertausendfacht genießen.
Meine Menschlichkeit zu steigern,
Die ein Gott zu ärmlich schafft,
Leiht ein Volk mir seine Kraft,
Und die Welt soll mir nichts weigern!

*


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