Gustaf af Geijerstam
Frauenmacht
Gustaf af Geijerstam

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Dreißigstes Kapitel

So wunderlich sind meine Erinnerungen, so vermischt mit Gut und Böse, vom Geringsten bis zum Höchsten, und ich bin froh, daß ich sie dir bis zu Ende habe erzählen können. Du selber hast uns alle drei beisammen gesehen, und du wirst also jetzt wissen, daß man nicht immer über eine menage a trois zu lachen braucht.

Die Jahre, welche nun folgten, waren in der Tat von einem seltsamen Glück für uns drei erfüllt.

Dann kam Karl Bohrns lange Krankheit und zerstörte unseren Kreis.

Ich habe mit Elise am Totenbette ihres Mannes gewacht, und ich habe ihn mit ihr in allen diesen Jahren betrauert. Und als sie selber starb – doch dies Ereignis liegt zu nahe. Darüber kann ich noch nicht sprechen. In allem, was ich dir erzählt habe, kannst du das Brausen hören von dem letzten Sturm, der mich noch in diesem Leben hat erreichen können.

Aber das will ich dir sagen, niemals hätte ich es über mich vermocht, so zu dir zu sprechen, wie ich es getan habe, wärest du nicht gerade zu dieser Stunde gekommen. Denn als du meinen Schatten von draußen gegen die Gardine sahst, ging ich hier auf und ab in meinen Zimmern, wo noch alles zu weilen schien, was ich im Leben geliebt habe. Die Tür zu meinem Heiligtum stand offen, ich schloß sie, ehe ich dir aufmachte. Ich war schon lange so gegangen, und ganz wie damals, als ich vor vielen Jahren auf dem Pfade draußen vor der Veranda meines ersten und letzten Sommerheims hin und her ging, als mein kleines Mädchen auf ihrem letzten Lager drinnen im Zimmer lag, ganz so ging ich hier und redete mit mir selber. Ganz so erklangen die Worte in mir, ohne daß ich sagen könnte, wer ihnen Leben gab. Es waren nicht dieselben Worte, sie hatten aber denselben Sinn. Von dem Schweigen angesichts jenes großen Unbekannten, vor dem die Stimmen des Lebens verstummen, selbst die der Liebe und des Hungers nach Glück, das uns aber den Weg öffnet zu dem einzigen Glück, an dem der Mensch ein unvergängliches Gut besitzt – zur Einsamkeit.

Ich bin alt genug, ich weiß, daß die Stimme, die ich jetzt zum letztenmal gehört habe, künftig von nichts anderem mehr übertönt werden kann.« –

 


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