Wolfram von Eschenbach
Parzival und Titurel
Wolfram von Eschenbach

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        Höret, urtheilt nun und sprecht,
Ob die Tafelrund ihr Recht
5   Bewahrte heut. Seit manchem Tag
Hing Artus dieser Sitte nach:
Kein Ritter durfte mit ihm eßen,
Wenn Aventüre noch vergeßen
Hatt an seinen Hof zu kommen.
10   Aventür genug ward heut vernommen,
Man darf zur Tafelrunde gehn.
Blieb sie gleich zu Nantes stehn,309, 12. Die Tafelrunde selbst, oder eigentlich die runde Tafel war zu Nantes geblieben, aber hier am Plimizöl ward sie durch ein kostbares rundes Tuch vorgestellt.
Man sprach ihr Recht auf blumgem Feld;
Nicht störte Staude noch Gezelt.
15   So hatt es Artus geboten,
Der den Ritter ehren wollt, den rothen,
Seiner Würdigkeit zu Lohn.
Ein Pfellel aus Akraton,
Fern aus der Heidenschaft gebracht,
20   Ward zum Tischtuch gemacht,
Nicht breit, doch rund geschnitten
Nach der Tafelrunde Sitten.
Denn so höfisch waren sie,
Vom Ehrensitze sprach man nie,
25   Die Sitze waren alle gleich.
Auch gebot Artus der König reich,
Daß man Herrn und Frauen
An dem Kreiße dürfe schauen.
Alles, was da Preis besaß,
Magd, Weib und Mann zu Hofe aß.

310  

Da kam die Köngin Ginover
Mit schöner Frauen viel daher,
Manch edle Fürstin in den Reihn;
Sie hatten minniglichen Schein.

5   Auch war der Tafel Kreiß so weit,
Daß ungedrängt und sonder Streit
Manche Frau bei ihrem Freunde saß.
Artus, zu aller Falschheit laß,
Führte den Waleis an der Hand.
10   Frau Kunneware de Laland
Ging ihm zur andern Seite,
Die er von Harm befreite.
Artus sah den Waleis an;
Hört, wie der König da begann:

15  

»Ich will euern klaren Leib
Küssen laßen mein Weib.
Ihr würdet Niemand zwar drum bitten,
Ihr kommt von Pelrapär geritten:
Da ist des Küssens schönstes Ziel.

20   Nur um Eins ich bitten will:
Daß ihr vergeltet diesen Kuss
In euerm Hause,« sprach Artus.
»Ich thu, wie ihr mich bittet, dorten,«
Sprach der Waleis, »und aller Orten.«
25   Ein wenig trat sie ihm entgegen
Und empfing mit einem Kuss den Degen.
»So sei verziehen,« sprach sie da,
»Das Leid, das mir von euch geschah:
Viel Kummer habt ihr mir gegeben,
Da ihr Itheren nahmt das Leben.«

311  

Diese Sühne schöpfte Thränenthau
Ins Aug der königlichen Frau:
Denn Ithers Tod that Frauen weh.
Man setzte König Klamide

5   Ans Ufer zu dem Plimizöl.
Bei ihm saß Jofreit fils Idöl.
Zwischen Klamide und Gawan
Der Waleis seinen Platz gewann.
Wie die Aventüre weiß,
10   Niemand saß in diesem Kreiß,
Der je Mutterbrüste sog,
Dessen Zucht so wenig trog.
Kraft und Tugend trug fürwahr
Der Waleis und ein Antlitz klar.
15   Wer Männer kennt, der muß gestehn,
Manche Frau hat sich besehn
In trüberm Spiegel, denn sein Mund.
Von seiner Farbe sei euch kund
Am Kinn und an den Wangen,
20   Sie wär zu einer Zangen
Wohl gut: sie wüste festzuhalten
Und ließe Unbestand nicht walten.
Ich meine Fraun, die wanken,
Von Dem zu Jenem schwanken:
25   Die Frauen feßelte sein Glanz.
Ihr Unbestand verschwand da ganz,
Ihr Blick getreulich an ihm hing,
Durch die Augen in ihr Herz er ging.

Ihm waren Mann und Weib ergeben:
So lebt' er würdigliches Leben

312   Bis an das klagenswerthe Ziel.
Hier kam, von der ich sprechen will,
Eine Maid, um Treue hoch zu loben,
Scheint ihre Zucht uns gleich zu toben:
5   Ihre Botschaft in viel Herzen schnitt.
Nun höret wie die Jungfrau ritt:
Ein Maulthier wie ein Kastilian,
Fahl, doch scheckig um und an,
Geschlitzter Nase, und verbrannt
10   Wie ein Pferd aus Ungerland.
Ihr Zaum und all ihr Reitgeräth
War schön gestickt und wohl genäht,
Dazu kostbar und reich.
Das Maul ging eben und gleich.
15   Fraulich war nicht ihr Erscheinen.
Weh, was mag ihr Kommen meinen?
Sie kam jedoch, das muste sein:
Sie bracht Artusens Heere Pein.

Die Jungfrau war der Künste voll,

20   Alle Sprachen sprach sie wohl,
Französisch, Heidnisch und Latein.
Sie hatt erlernt obendrein
Dialektik und Geometrie;
Auch von Astronomie
25   War ihr Alles wohlbekannt:
Kondrie wurde sie genannt.
Sorziere war der Zunamen
Der am Mund fürwahr nicht Lahmen,
Denn er sprach ihr genug,
Die viel hoher Freuden niederschlug.

313  

Diese Magd an Künsten reich
Sah doch denen wenig gleich,
Die man gerne beau gens nennt.
Ein Brautlaken wars von Gent,

5   Lazurfarben und noch blauer,
Das trug der Freuden Hagelschauer
Als einen Mantel wohl geschnitten
Nach französischen Sitten:
Darunter sah man Pfellel gut.
10   Von Lunders ein Pfauenhut
Unternäht mit Plialt
(Der Hut war neu, die Schnur nicht alt),
Hing ihr nieder auf den Rücken.
Ihre Botschaft glich wohl einer Brücken,
15   Die Jammer über Freude trug:
Behagens raubte sie genug.

Ueber den Hut ihr Zopf sich schwang
Bis auf das Maulthier: der war lang,
Schwarz und fest, nicht allzu klar,

20   Lind wie der Schweine Rückenhaar.
Genaset war sie wie ein Hund;
So ragten auch ihr aus dem Mund
Zwei Eberzähne spannenlang.
Jedwede Augenbraue schwang
25   Sich in langen Zöpfen nieder.
Wahr sprech ich, ob der Zucht zuwider,
Daß ich so muß von Frauen sagen;
Keine andre darf es von mir klagen.

Kondrie hatt Ohren wie die Bären;
Zu scheuchen zärtliches Begehren

314   War ihr Antlitz rauh genug.
Eine Geisel in der Hand sie trug;
Die hatte seidner Schwenkel viel;
Ein Rubin war der Stiel.
5   Von Farbe wie des Affen Haut
Trug Hände diese schöne Braut;
Die Nägel waren nicht zu licht:
Denn die Aventüre spricht,
Sie sahn wie Löwenklauen aus.
10   Um sie gabs selten Kampf und Strauß.

So ritt sie zu des Kreißes Rund,
Des Leids Beginn, der Freuden Schlund.
Sie hatte bald den Wirth erkannt.
Kunneware de Lalant

15   Aß mit König Artus;
Die Königin von Janfus
Mit Frau Ginoveren aß.
Artus der König herlich saß.
Kondrie ritt vor den Britten hin:
20   Ansprach sie auf französisch ihn:
Wenn ichs im Deutschen sagen soll,
Ihre Botschaft thut mir auch nicht wohl:

»Fils dü Roi Utpandragon,
Dir selbst und manchem Breton

25   Hast du geworben Schande.
Die Besten aller Lande
Säßen hier, ein würdger Kreiß,
Fiele nicht dieß Gift in euern Preis.
Hin ist die Tafelrunde:
Ein Falscher ist im Bunde.
315   König Artus, hoch erhob
Ueber deine Genoßen sich dein Lob;
Dein steigender Preis nun sinkt,
Deine schnelle Würde hinkt,
5   Dein hohes Lob wird tief geneigt,
Da Falsch an deinem Preis sich zeigt.
Der Preis der Tafelrunde
Muß erlahmen seit der Stunde,
Daß ihr aufnahmt Parzivalen,
10   An dem die Ritterzeichen pralen.
Ihr nennt ihn nach dem Ritter roth,
Der vor Nantes fand den Tod;
Doch ungleich sind die Zwei gewesen:
Von Niemand ward noch je gelesen,
15   Der so höchlich wär zu preisen.«
Von dem König ritt sie zum Waleisen.

Sie sprach zu ihm: »Ihr sollt mir büßen,
Daß ich versagen muß mein Grüßen
Artusen und den Rittern sein.

20   Verflucht sei euer lichter Schein
Und eures Wuchses Männlichkeit.
Hätt ich Heil und Seligkeit,
So blieben sie euch theuer.
Ich dünk euch ungeheuer
25   Und bin geheurer doch als ihr.
Herr Parzival, nun saget mir,
Wie sich das begeben hat:
Da ihr den traurgen Fischer saht
Freudlos sitzen, ungetröstet,
Daß ihr des Leids ihn nicht erlöstet?

316  

»Er zeigt' euch seines Jammers Last:
O ihr ungetreuer Gast!
Da sollt euch seine Noth erbarmen.
Möcht auch der Mund verarmen,

5   Der Zunge, mein ich, drinne,
Wie eur Herz ist rechter Sinne!
Der Hölle hat euch vorbestimmt,
Der im Himmel giebt und nimmt:
So soll euch auch auf Erden
10   Der Guten Abscheu werden.
Ihr Glücksverwiesner, Heilverbannter,
Vom Preis Verlaßner, Ungekannter,
Ihr seid an Ehre lahm und schwank
Und an der Würdigkeit so krank,
15   Euch kann kein Arzt mehr Heil gewähren.
Ich will auf euerm Haupte schwören,
Stabt mir Jemand solchen Eid,
Nie sah man größern Trug bis heut
An einem also schönen Mann.
20   Ihr tücksche Angel, Natterzahn!
Gab euch nicht der Wirth das Schwert,
Des ihr niemals wurdet werth?
Doch statt zu fragen, schwiegt ihr still;
Ihr seid des Höllenhirten Spiel.
25   Ehrloser Mann, Herr Parzival!
Trug man nicht vor euch hin den Gral,
Schneidendes Silber, blutgen Sper!
Ihr Freudenziel, des Leids Gewähr!

»Hättet Ihr zu Monsalväsch gefragt,
Eine Stadt im Heidenlande ragt:

317   Tabronit, die jeden Wunsch erfüllt:
Hier hätt euch Fragen mehr enthüllt.
Feirefiss Anschewin
Hat jenes Landes Königin
5   In scharfem Ritterkampf erworben.
An dem ist nicht die Kraft verdorben,
Die euer beider Vater trug.
Euer Bruder ist seltsam genug:
Wohl ist schwarz zumal und blank
10   Der Köngin Sohn von Zaßamank.

»Nun gedenk ich auch an Gachmureten,
Des Herz nie Falschheit hat betreten.
Von Anschau euer Vater hieß,
Der euch ein ander Vorbild ließ,

15   Denn wie ihr habt geworben:
Ihr seid am Preis verdorben.
Hätt eure Mutter je gesündigt,
So hätte mir eur Thun verkündigt,
Daß ihr sein Sohn nicht könntet sein.
20   Doch nein, sie lehrte Treue Pein.
Glaubt von ihr das Allerbeste
Und daß eur Vater ehrenfeste
War, zu aller Treue weise
Und weitfängig hohem Preise.
25   Die Welt erfüllt' er rings mit Schalle;
Großes Herz und kleine Galle,
Darob war seine Brust ein Dach.
Er war Reus und Netz und fängig Fach:
Seine Kraft, sein hoher Muth
Stellten nach dem Preise gut.
318   Nun ist eur Preis zu Fall gekommen.
O weh mir, hätt ichs nie vernommen,
Daß der Sohn von Herzeleiden
Sich vom Preise mochte scheiden!«

5  

Kondrie war selbst des Kummers Pfand,
Daß sie die Hände weinend wand,
Eine Zähre ihr die Andre schlug:
Groß Leid sie in den Augen trug.
Treue lehrte so die Maid

10   Klagen ihres Herzens Leid.
Sie kehrte wieder zu dem Wirth,
Wo sie noch Andres melden wird.

Sie sprach: »Ist hier kein Ritter werth,
Des kühner Muth nach Preis begehrt

15   Und nach hoher Minne Zier?
Ich weiß der Königinnen vier
Und vierhundert Jungfrauen,
Die man gerne möchte schauen.
Zu Chatel Merveil ists, wo sie sind.
20   All' Aventür ist nur ein Wind
Gegen Die; wer die Gefahr nicht scheute,
Der fände hoher Minne Beute.
Schafft mir die weite Reise Pein,
Ich will doch heunte dort noch sein.«
25   Traurig war die Magd, nicht froh:
Ohn Urlaub schied sie dannen so.
Die oft noch weinend um sich schaut,
»Weh!« ruft sie endlich überlaut,
»Weh Monsalväsch, du Jammers Ziel,
Weh, daß dich Niemand trösten will!«

319  

Kondrie la Sorziere,
Die unsüße, gleichwohl fiere,
Den Waleis schwer bekümmert hat.
Was half ihm kühnes Herzens Rath

5   Und wahre Zucht und Mannheit?
Der Beschämung blieb er nicht befreit,
All seines Thuns gereut' ihn doch.
Wahre Bosheit mied ihn noch:
Denn Scham giebt Preis zu Lohne
10   Und wird einst der Seele Krone;
Scham will alle Zucht bewahren.
Weinen sah man Kunnewaren,
Daß Parzivaln, den Degen werth,
Kondrie beschimpft hatt und entehrt,
15   Ein Geschöpf so wunderlich.
Vor Herzeleid ergoßen sich
Der Augen viel der werthen Frauen,
Die man weinend muste schauen.

Kondrie hats ihnen angethan.

20   Die ritt hinweg: da ritt heran
Ein Ritter, der trug hohen Muth.
All seine Rüstung war so gut
Vom Fuß empor bis an das Haupt,
Daß man sie theur und kostbar glaubt.
25   Reich ist der Helmschmuck, den er führt;
Ritterlicher Harnisch ziert
Das Ross wie auch des Helden Leib.
Er fand sie alle, Mann und Weib,
Bekümmert in dem Kreiße hie;
Dem ritt er zu; vernehmet wie:
320   Sein Muth stand hoch, doch Jammers voll.
Wie kann das sein? Ich weiß es wohl:
Mannheit gab ihm hohen Sinn;
Den Jammer lehrte Herzleid ihn.
5   Er kam dem Kreiße zugesprengt.
Ward da der Degen wohl gedrängt?
Viel Knappen sprangen näher gleich:
Da empfingen sie den Degen reich.
Sein Schild wie er war unbekannt;
10   Den Helm er nicht vom Haupte band.
Dem alle Freude war verwehrt,
Er trug in seiner Hand das Schwert,
Doch bedeckt von der Scheiden.
Da fragt' er nach den beiden:
15   »Wo ist Artus und Gawan?«
Die zeigten ihm die Junker an.

Da ging er durch die weite Schar.
Sein Wappenrock war reich und klar,
Mit lichtem Pfellel wohl geschmückt.

20   Als er den Wirth hatt erblickt,
Stand er still und sprach also:
»Gott mache König Artus froh!
Dazu den Herrn und Frauen,
Die meine Augen schauen,
25   Biet ich dienstbereiten Gruß,
Den ich Einem nur versagen muß:
Dem will ich nicht zu Diensten stehn,
Sein Haß mag wider mich ergehn:
Was er mit Haßen leisten kann,
Mein Haß ist seinem Haße Mann.

321  

»Wer Der sei, will ich euch sagen.
Wohl bin ich Armer zu beklagen,
Daß er so verwundet hat mein Herz:
Durch ihn ist allzugroß sein Schmerz.

5   Das ist hier der Herr Gawan,
Der sonst wohl hohen Preis gewann.
Er hatte Würdigkeit errungen;
Doch Unpreis hat ihn jetzt bezwungen,
Da seine Gier so weit ihn trug,
10   Daß er meinen Herrn im Gruß erschlug:
Judas küssender Verrath
Verführt' ihn zu der Missethat.
Es geht viel tausend Herzen nah.
Meuchelmörderisch war da
15   An meinem lieben Herrn gethan.
Läugnet das Herr Gawan,
Mit Kampf er sich befreien mag
Von heut am vierzigsten Tag
Vor dem Könige von Askalon
20   In der Hauptstadt Schamfanzon.
Kampflich fordr ich ihn heraus
Mit mir zu fechten Kampf und Strauß.

»Daß er sichs nicht entschlage
Und des Schildes Amt dort trage,

25   Will ich ihn ferner mahnen
Beim Helm und bei den Fahnen
Und allem Brauch der Ritterschaft.
Die hat zwei Schätze großer Kraft:
Rechte Scham und stäte Treu;
Der beiden Preis ist alt und neu.
322   Von Scham soll sich nicht scheiden
Gawan, will er bekleiden
Noch die edle Tafelrunde,
Die hier steht zu dieser Stunde:
5   Denn um ihr Recht wärs gethan
Saß ein Treuloser dran.
Ich bin zu schelten nicht gekommen;
Glaubt mir, denn ihr habts vernommen,
Ich fordre Kampf für Schelten.
10   Da soll der Tod nur gelten
Oder Leben mit Ehren,
Wenn das Glück es will gewähren.«

Der König schwieg und war unfroh;
Doch entgegnet er der Rede so:

15   »Herr, Gawan ist mein Schwestersohn:
Wär er todt, ich ginge schon
Selbst in den Kampf, eh sein Gebein
Beschimpft und ehrlos sollte sein.
Wills Gott, so macht euch Gawans Hand
20   Wohl im Kampfe dort bekannt,
Daß er Treue hält und ehrt
Und sich aller Bosheit hat erwehrt.
Hat euch anders Jemand Leid
Gethan, so wärs nicht an der Zeit,
25   Daß ihr ihn schmähtet sonder Schuld.
Denn erwirbt er eure Huld
Und beweist, daß er unschuldig ist,
So habt ihr hier in kurzer Frist
Von ihm gesagt, was euerm Preise
Schadet, sind die Leute weise.«

323  

Beaukorps, der stolze Mann
(Dessen Bruder war Gawan),
Der sprang empor und sprach zuhand:

»Herr, ich stelle mich zum Pfand,

5   Wohin ihr immer Gawan fodert.
Sein Schmähn hat mich mit Zorn durchlodert.
Laßt ihr ihn der Schmach nicht frei,
Haltet euch an mich, sein Pfand ich sei,
Ich will für ihn den Kampf bestehn.
10   Es kann mit Worten nicht geschehn,
Daß man höhern Preis erniedre,
Als den Gawan trägt, der Biedre.«

Er ging zu seinem Bruder hin,
Fußfällig bat er ihn;

15   Hört, wie er zu dem Bruder sprach:
»Gedenke, daß du manchen Tag
Mir halfst zu großer Würdigkeit.
Laß mich für dich in diesem Streit
Ein kampfliches Geisel sein.
20   Soll ich dann im Kampf gedeihn,
Stäts wird dirs Ehre bringen.«
Er wollt ihn flehend zwingen
Bei Bruderlieb und Ritterpreis.
Gawan sprach: »Ich bin so weis,
25   Daß ich dir, Bruder, nicht gewähren
Kann dein brüderlich Begehren.
Was mir der Streit soll, weiß ich nicht,
Auch bin ich nicht auf Streit erpicht.
Ungerne wollt ich dir versagen;
Doch müst ichs ewig Schande tragen.«

324  

Beaukorps fuhr zu bitten fort;
Da sprach der Gast an seinem Ort:
»Hier bietet Kampf mir ein Mann,
Des ich Kunde nie gewann.

5   Was hätt ich wider ihn zu klagen?
Stark, kühn, sonder Zagen,
Reich, getreu und minniglich,
Ist er das Alles völliglich,
So taugt er wohl zum Bürgen;
10   Doch ich will ihn nicht würgen.
Mein Herr und nächster Vetter ists,
Des Tod mich mahnet solchen Zwists.
Unsre Väter Brüder hießen,
Die nichts einander ließen.
15   Kein gekrönter König ist so hehr,
Dem ich nicht ebenbürtig wär,
Ihm kampflich Rede zu stehn,
Der Rache Pflicht zu begehn.
Ich bin ein Fürst aus Askalon,
20   Der Landgraf von Schamfanzon,
Und heiße Kingrimursel.
Tönt Herrn Gawans Lob so hell,
So kann er nimmer sich entschlagen
Gegen mich den Schild zu tragen.
25   Ich geb ihm Frieden durch mein Land,
Nur nicht von meiner eignen Hand.
Der Friede, den ich ihm verheiße,
Gilt allwärts außerm Kampfeskreiße.
Gott nehm euch All in Schutz und Hut;
Nur Einen nicht: ihr kennt ihn gut.«

325  

So schied der wohlgelobte Mann
Von des Plimizöls Plan.
Da Kingrimursel ward genannt,
Da war er Allen wohlbekannt:

5   Voll von seines Namens Preis
War das Land in weitem Kreiß;
Sie sprachen Alle, Herrn Gawan
Dürf im Kampf wohl Sorge nahn;
Kraft genug und Mannheit habe
10   Der Fürst, der dort von hinnen trabe.
Auch schuf es Manchem große Noth,
Daß man ihm hier nicht Ehre bot;
Doch solche Botschaft ist gekommen,
Ihr habt es selber wohl vernommen,
15   Daß leicht ein Gast des Wirthes Gruß
Diesen Tag entbehren muß.

Von Kondrieen erst vernahm man recht
Parzivals Namen und Geschlecht,
Daß eine Köngin ihn gebar,

20   Und der Anschewein ihr Gatte war.
Da hub wohl Mancher an: »Ich weiß,
Daß er sie vor Kanvoleiß
Ritterlich erworben hat
Mit mancher Tjost, die er that,
25   Und seine Mannheit unverzagt
Ihm erwarb die wonnigliche Magd.
Anflise, die geehrte,
Auch Gachmureten lehrte
Kurtoisie und reine Sitte:
Nun freue sich ein jeder Britte,
326   Daß der Held uns ist gekommen,
Da so viel Preises ward vernommen
Von ihm und Gachmureten auch;
Würdigkeit war stäts sein Brauch.«

5  

Artusens Heer war an dem Tage
Gekommen Freude so wie Klage:
Ein so gezweites Leben
War den Helden hier gegeben.
Sie standen auf überall:

10   Man sah sie trauern allzumal.
Die Besten gingen, wo im Kreiß
Sie Gawan und den Waleis
Beieinander fanden stehn:
Sie wollten sie zu trösten sehn.

15  

Klamide, den Degen wohlgeboren,
Gedaucht', er hätte mehr verloren
Als Einer, der da möchte sein;
Allzuscharf war seine Pein.
Da hub er an zu Parzival:

20   »Wärt ihr auch König bei dem Gral,
Doch müst ich sprechen sonder Spott:
Das Heidenland Tribalibot326, 22. Unter Tribalibot ist Indien verstanden.
Und des Kaukasus goldreicher Grund,
Was je von Reichtum las ein Mund,
25   Dazu des Grales Herlichkeit,
Die ersetzten nicht das Herzeleid,
Das ich vor Pelrapär gewann.
Ich armer, unselger Mann!
Mich schied von Freuden eure Hand.
Hier ist Kunware de Laland:
327   Auch ist als ihrem Ritter euch
So zugethan die Fürstin reich,
Daß sie andern Dienst nicht will,
Mag sie auch lohnen Rittern viel.
5   Doch verdröß es billig ihren Sinn,
Daß ich ihr Gefangner bin
So lange Zeit gewesen.
Soll ich zum Glück genesen,
So helft, daß sie sich selber ehrt,
10   Mir ihre Minne des gewährt
Ein Theil, das eure Kraft mir nahm,
Als der Freude Ziel mir ferne kam.
Getroffen hätt ichs, säumtet ihr!
Nun helft mir zu dem Mägdlein hier.«

15  

»Das thu ich,« sprach der Waleis,
»Wenn sie Bitten zu erhören weiß.
Ich tröst euch gern: denn die ist mein,
Um die ihr wollt unselig sein,
Sie, die da trägt den beau korps,

20   Kondwiramor.«
Von Janfus die Heidin,
Artus und die Königin,
Kunneware de Lalant
Und Frau Jeschute von Karnand,
25   Die traten tröstend hinzu.
Was wollt ihr, daß man weiter thu?
Kunwaren gab man Klamide:
Dem war nach ihrer Minne weh.
Er gab sich ihr zu Lohne
Und ihrem Haupt die Krone.

328  

Als das die von Janfuse sah,
Zu dem Waleis sprach die Heidin da:
»Kondrie nannt uns einen Mann,
Der als Bruder wohl euch freuen kann.

5   Seine Kraft reicht weit und breit.
Zweier Kronen Herlichkeit
Dient mit Furcht seiner Hand
Auf dem Meer wie auf dem Land,
Aßagog und Zaßamank,
10   Zwei mächtge Reiche weit und lang.
Seinem Reichtum vergleicht
Sich nur des Baruchs vielleicht,
Oder auch Tribalibot.
Er wird angebetet als ein Gott.
15   Seine Haut ist wunderlich:
Nicht weiß, noch schwarz, wie ihr und ich,
Nein, er ist schwarz und weiß zugleich.
Ich kam gefahren durch sein Reich:
Wohl große Mühe wandt' er an,
20   Von der Fahrt, die ich hieher gethan,
Mich abzuziehn; doch nicht vermocht er.
Seiner Mutter Muhmentochter
Bin ich: er ist ein König hehr.
Vernehmt von ihm der Wunder mehr.
25   Nie hielt wer Sitz vor seinen Tjosten;
Er läßt sich seinen Preis auch kosten:
Kein mildrer Mann ward je geboren.
Die Falschheit hat das Spiel verloren
Bei Feirefiss Anschewein;
Oft litt er Fraun zu Ehren Pein.

329  

»Zwar hatt ich wenig Freunde hier,
Doch reist ich her aus Neubegier
Nach Aventür und Ritterwerke.
Nun seh ich, blüht die höchste Stärke

5   In euch, daß alle die Getauften
Durch euern Preis sich Lob erkauften,
Wenn euch edler Anstand zählt,
Und wie sich Schönheit vermählt
In euch mit mannlichem Brauch;
10   Der Kraft gesellt ihr Jugend auch.«
Der reichen weisen Heidin
Gab Unterweisung den Gewinn,
Daß sie gut französisch sprach.
Der Waleis begann darnach.

15  

Also sprach er zu ihr:
»Gott lohn euch, Herrin, daß ihr hier
Mich so freundlich trösten wollt;
Mir zahlt doch Kummer nur den Sold:
Warum, laßt euch bescheiden.

20   Ich mag das Leid nicht leiden,
Das sich mir angekündigt:
Daß sich Mancher nun versündigt
An mir, der meinen Schmerz nicht räth
Und mich mit seinem Spott belädt.
25   In Frieden sieht mich Niemand mehr,
Ersah ich nicht den Gral vorher,
Es währe kurz oder lang.
Mich jagt dahin der Seele Drang;
Auch wendet nichts mir den Entschluß,
So lang ich bin und leben muß.

330  

»Trug Bescheidenheit und Zucht
Mir den Spott der Welt als Frucht,
So traf es wohl sein Rath nicht ganz:
Mir rieth der werthe Gurnemans,

5   Daß ich unbescheidne Frage miede
Und mich von allem Vorwitz schiede.
Viel werther Ritter seh ich hier:
Bei eurer Zucht, nun rathet mir,
Wie erwerb ich wieder eure Huld?
10   Man warf mir eine schwere Schuld
Hier mit strengen Worten vor.
Wessen Huld ich drum verlor,
Der ist mir ohne Grund nicht gram.
Wenn ich zu Preis einst wieder kam,
15   So seht, ob ihr darnach mich schätzt:
Von euch zu scheiden eil ich jetzt.
Ihr gelobtet mir Genoßenschaft,
Dieweil ich blüht' in Preises Kraft:
Deren seid nun frei. Hin zu dem Orte,
20   Wo meine grüne Freude dorrte!
Mein Herz soll tiefen Jammers pflegen,
Den Augen geb es immer Regen,
Seit ich auf Monsalväsch verließ,
Was mich vom wahren Heil verstieß,
25   O Gott, wie manche klare Magd!
Was je von Wundern ward gesagt,
Viel größre Wunder hat der Gral.
Der Wirth trägt seufzerreiche Qual.
Ach hülfeloser Anfortas,
Was half dir, daß ich bei dir saß!«

331  

Was sollen sie hier länger stehn?
Es muß nun an ein Scheiden gehn.
Da begann der Waleis
Zu Artus dem Bretaneis,

5   Den Rittern und den Frauen,
Ihren Urlaub woll er schauen
Und Heil erwünschen Allen.
Niemand wollt es gefallen,
Daß er so traurig ritt hindann.
10   Leid war sein Scheiden Weib und Mann.

Artus gelobt' ihm in die Hand,
Käm je in solche Noth sein Land,
Wie es von Klamide gewonnen,
So woll er ihm zu Hülfe kommen.

15   Auch bedaur' er, daß ihm Lähelein
Nahm zweier reichen Kronen Schein.
Viel Dienste Mancher noch ihm bot;
Den Helden trieb hindann die Noth.

Kunnewar die schöne Magd

20   Nahm den Degen unverzagt
Und führt' ihn an der Hand hindann.
Da küsst' ihn mein Herr Gawan.
Auch sprach der Held verwegen
Zu dem kraftreichen Degen:
25   »Ich weiß wohl, Freund, du must nun fahren,
Darfst dich in manchem Kampf nicht sparen.
Gebe Gott dir Glück im Streit
Und mir noch einst Gelegenheit
Dir zu dienen, wie ich es begehre.
Daß seine Kraft mir das gewähre!«

332  

Der Waleis sprach: »Weh, was ist Gott?
Wär der gewaltig, solchen Spott
Gäb er uns beiden nicht fürwahr!
Wär er nicht aller Kräfte bar.

5   Ich war mit Dienst ihm unterthan,
So lang ich bin und beten kann.
Ich will ihm künftig Dienst versagen:
Hat er Haß, den will ich tragen.
Freund, kommt deine Kampfeszeit,
10   Ein Weib beschütze dich im Streit.
Die müße segnen deine Hand,
An der du Keuschheit hast erkannt
Und weibliche Güte,
Ihre Minne dich behüte.
15   Weiß nicht, wann ich dich wieder sehe;
Ich wünsche, daß dir Heil geschehe.«

Zu Nachbarn gab ihr Scheiden
Nun Trauer diesen beiden.
Kunneware de Laland

20   Führt' ihn, wo das Zelt ihr stand.
Sein Geräth ließ sie ihm bringen:
Ihre linden Hände hingen
Es um den Gachmuretens Sohn.
Sie sprach: »Ich schuld euch solchen Lohn,
25   Da der König mich von Brandigan
Euerthalb zur Braut gewann.
Sonst giebt mir eure Würdigkeit
Noth und seufzerreiches Leid.
Wenn ihr euch Trauerns nicht erwehrt,
Eure Sorg an meiner Freude zehrt.«

333  

Nun war sein Roß mit Stahl verdeckt,
Ihm selber neue Noth erweckt.
Auch hat der Degen wohlgethan
Lichtweißen Eisenharnisch an,

5   Theuer, aller Mängel bar;
Korsett und Wappenrock ihm war
Geschmückt mit Gesteine.
Seinen Helm alleine
Hatt er nicht aufgebunden.
10   Da küsst' er unumwunden
Kunnewar die klare Magd;
Also ward mir gesagt.
Da geschah ein traurig Scheiden
Von den liebenden Beiden.
15   Wir laßen reiten unsern Helden;
Was die nächsten Abenteuer melden,
Das geht ihn so genau nicht an;
Doch hört ihr einst, was er begann,
Wohin er fuhr und wo er blieb.
20   Wem Kampf und Ritterspiel nur lieb,
Denk unterdessen nicht an ihn,
Räth ihm das sein stolzer Sinn.
Kondwiramor,
Dein minniglicher beau korps,
25   Wie oft der Degen sein gedenkt,
Was er dir Aventüren schenkt!
Schildesamt um den Gral
Uebt nun der Held, den mit Qual
Einst Frau Herzeleid gebar,
Der auch des Grals Anerbe war.

334  

Da fuhr des Ingesindes viel
Zu einem mühvollen Ziel:
Das Schloß zu erschauen,
Wo vierhundert Jungfrauen

5   Und vier Königinnen hehr
Gefangen hielt ein Zauberer.
Das Schloß heißt Schatelmerveil.
Was ihnen dort ward zu Theil,
Nicht beneid ich ihnen das;
10   Ich bin doch Frauenlohnes laß.

Da sprach der Grieche Klias:
»Ich bins, der da den Boden maß.«
Das gestand er öffentlich:
»Der Türkowite fällte mich

15   Hinters Ross zu meiner Schmach.
Von vier Königinnen sprach
Er mir. die da gefangen sind;
Zwei sind alt, und zwei noch Kind.
Die eine heißet Itonjê,
20   Die andre heißet Kondriê,
Die dritte heißt Arnive,
Die vierte Sangive.«334, 11–22. St. Marte hält diese Stelle für einen unechten Zusatz, weil die Nennung des Namens der vier auf Schatelmerveil gefangenen Königinnen ihre Verwandtschaft mit Artus au den Tag gebracht hätte, der dann nicht gesäumt haben würde, die Verschollenen sogleich mit Heeresmacht zu erlösen. Aber Klias sprach diese Worte nicht vor dem ganzen Hofe, sondern nur vor den Wenigen, die das Abenteuer auf Schatelmerveil zu beschauen auszogen. Auch steht ihm entgegen, daß die dreißig Zeilen, die eine Art Strophe bilden, bei Auslaßung dieser Verse nicht voll würden, und die ganze Verszählung in Unordnung geriethe. Die ganze allerdings entbehrliche Strophe für untergeschoben zu erklären, trage ich doch Bedenken, weil der Dichter auch sonst Gelegenheit nimmt, das Abenteuer auf Schatelmerveil vorzubereiten. Vgl. 66. 7.
Die Neugier trieb sie hinzugehn;
Doch konnt es anders nicht geschehn,
25   Sie musten Schaden dort erjagen;
Den Schaden will ich mäßig klagen.
Wer um Frauen duldet Noth und Streit,
Das giebt ihm Freude, wenn auch Leid
Wohl mitunter überwiegt:
So geht es wo die Minne kriegt.

335  

Auch Gawan machte sich bereit,
Er wappnete sich für den Streit
Vor dem König von Askalon.
Leid war es manchem Breton;

5   Von mancher Frau und mancher Magd
Ward es herzlich auch beklagt,
Daß er zum Kampf sollt reisen.
An Würdigkeit verwaisen
Sah man die Tafelrunde.
10   Gawan erwog zur Stunde,
Womit er möchte siegen.
Harte Schilde wohlgediegen
(Gleich galt ihm, wie die Farbe war)
Brachten Kaufleute dar
15   Auf Säumern, doch nicht wohlfeil:
Dreie wurden ihm zum Theil.
Auch erwarb der Degen hochgemuth
Sieben Ross zum Kampfe gut;
Zwölf scharfe Spere von Angram
20   Sich der Held zu Freunden nahm,
Starke Rohrschäfte drein
Von Oraste Gentesein,
Aus einem Moor im Heidenland.
Gawan nahm Urlaub zuhand
25   Und fuhr hinweg mit Mannheit.
Artus gab willig und bereit
Zu der Fahrt ihm reichen Sold,
Licht Gestein und rothes Gold
Und Silbers manchen Sterling;
Viel Mühen er entgegen ging.

336  

Nach der Heimat schiffte da
Sich ein die junge Ekuba;
Die reiche Heidin mein ich.
Allwärts hin zerstreute sich

5   Das Volk von dem Plimizöl.
Artus fuhr gen Karidöl;
Doch nahmen von ihm Urlaub eh
Kunnewar und Klamide.
Orilus der Herzog auserkannt
10   Und Frau Jeschute von Karnant
Nahmen Urlaub auch sofort;
Doch verblieben sie noch dort
Bis zum dritten Tag bei Klamiden:
Des Hochzeit sollte da geschehn;
15   Jedoch nicht laut, nur insgeheim:
Sie wurde größer bald daheim.
Denn wie ihm seine Milde rieth,
Viel Ritter, welche Reichtum mied,
Nahm er mit in seiner Schar;
20   Die Fahrenden noch alle gar.
Daheim in seinem Lande
Mit Ehren ohne Schande
Vertheilt' er ihnen seine Habe,
Versagte Niemand karg die Gabe.

25  

Auch Frau Jeschute fuhr zumal,
Und Orilus ihr Gemahl,
Klamiden zu Lieb gen Brandigan.
Das ward zu Ehren gethan
Kunnewar, der Königin:
Der ward die Krone da verliehn.

337  

Nun hoff ich, sinnge Frauen gut,
Haben sie getreuen Muth,
Die dieß einst geschrieben sehn,
Sie werden mir wohl eingestehn,

5   Daß ich Frauen beßer schildern mag,
Als ich einst von Einer sprach.
Belakane, die Königin,
Tadelsohne war ihr Sinn
Und zu aller Falschheit laß,
10   Da ein todter König sie umsaß.
Frau Herzeleiden füllt' ein Traum
Mit Seufzern aus des Herzens Raum.
Wie groß war Ginoverens Klage
An Itherens Todestage!
15   Auch fühlt ich ihren Kummer mit,
Da Jeschute solche Schmach erlitt,
Des Königs Tochter von Karnant,
Eh ihre Unschuld ward erkannt.
Misshandelt wurde Kunnewar
20   Und gerauft ihr schönes Haar:
Das seht ihr Beiden wohl ersetzt;
Sie haben Preis für Schande jetzt.

Diese Märe führe fort ein Mann,
Der Aventüre schlichten kann

25   Und Reime weiß zu sprechen,
Zu paaren und zu brechen.
Ich thäts euch gerne weiter kund,
Geböt und lohnt' es mir ein Mund,
Den aber kleinre Füße tragen,
Als die mein Ross mit Sporen schlagen.

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